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Wochenblatt für für Erscheint wöchentlich 8 Mal (Dienstag und Freitag) NvonnementSpreiS vierteljährlich 1 Mark Eine einzelne Nummer kostet 10 Pf. Juseratenannabme Montags u. Donnerstags biß Mittag 18 Uhr. für die König!. Amlshauptmannschaft zu Meißen, das König!. Gerichtsamt und den Stadtrath zu Wilsdruff. Neunund-reitzigster Jahrgang. Erscheint wöchentlich 2 Mal (Dienstag und Freitag) Abvnnementspreiß vierteljährlich 1 Mark. Eine einzelne Nummer kostet 10 Pf. Nossen, Siebenlehn und die Umgegenden 187». Nr. 81 Dienstag, den 14. October Wer fernen Hund ohne die für das laufende Jahr gültige Steuermarke am Halsbande außerhalb der Häuser und sonstigen geschlosse nen Räume herumlaufen läßt wird, infoweit keine Steuerhinterziehung vorliegt, mit 3 Mark bestraft. Diese Strafe wird auch eingehoben, wenn solche Hunde vom Caviller eingefangen und binnen der gesetzlichen Frist, 3 Tagen, bei demselben wieder abgebolt werden. Hinter ziehungen der Hundesteuer werden außerdem noch mit Erhebung des dreifachen Betrags der letzteren geahndet. Wilsdruff, am 11. October 1879. Der Stadtgemeinderath. Ficker, Brgmstr. Ueber die zeitgemäße Bedeutung der Sparkasse». „Sparkasse" — welchen Trost, welche Beruhigung gewährt dieses Wort in Zeiten der Noth und des Mangels Denjenigen, der auch in Zeiten des Ueberflusses ihrer gedachte! — Wie es nun im Leben des Einzelnen einen solchen „Wechsel der Zeiten" giebt, wo einer andauern den Ebbe die Resultate einer mäßigen Fluth sehr zu statten kommen, so auch in der Gesammtheit ganzer Volksklassen. Namentlich ist es die Klasse der Arbeiter, deren Erwerb, in guten Zeiten wenigsteüs, über das geringste Maß hinauszugehen pflegt, welches, selbst bei der grüßten Einschränkung, zur Beschaffung des Unentbehrlichsten erforderlich ist, für die solche Anstalten, welche die Ansammlung und Sicherung von Nothpfennigen zu erleichtern suchen, von besonderem Interesse sind. Diese Klasse umfaßt einen großen Theil der Gesammtbcvvlkerung Deutschlands, aber dennoch ist es von dieser immer nur ein geringer Bruchtheil, welche die Sparkassen benutzen um einen kleinen Theil ihres Einkommens zurückzulsgen. Viele spotten in ihrem unwirthschaftlichen - Sinne der Zukunft und zehren aus dem gefüllten Beutel, bis Ve» - mögen und Leistungskraft meist der so sehr verbreiteten Leidenschaft j des Branntweingenusses, zu den die Gelegenheiten nur aUzuverschweu- j derifch geboten sind, zum Opfer gefallen. — Darum ist es in Zeiten, wie die gegenwärtige, wo Handel und Gewerbe unter dem bleiernen Druck der Leblosigkeit schon so lange daniederliegt, doppelt nothwendig, die allgemeine Aufmerksamkeit auf die Bedeutung der Sparkassen zu lenken. — Als wirksamste Mittel zur Anregung des Sparsinnes sind erfahrungsmäßig zu bezeichnen: einmal das Beispiel, denn wo sich der Sparbetrieb in einem Kreise eingebürgert hat, da reizt er auch An dere zur Nachahmung. Diese wird nun aber zweitens wesentlich un terstützt durch reichlich gebotene Gelegenheit zur sicheren Anlegung der Ersparnisse, vor allen Dingen also in dem Vorhandensein und der gehörigen Verbreitung der Sparkassen. Die Erfahrung bestätigt es, daß die Sparkassen von Denjenigen am meisten benutzt werden, denen sie sich am nächsten befindet. — Einen Beleg dasür, daß die Benutznyg der Sparkassen eine um so häufigere ist, je mehr Spar kassen vorhanden sind, liefert die Sparkasseu-Slatistik des Königs reichs Sachsen, wo unter allen Continentalstaaten das Sparkassen wesen am höchsten entwickelt ist, gegenüber derjenigen Preußens, wo verhältnißmäßig eine nur geringe Entwicklung nachzuweisen ist. Es kamen danach in dem Jahre 1875 je 1 Sparkasse aus 17146 Ein wohner in Sachsen, auf 25621 Einw. iu Preuße». Von 100 Ein wohnern belheiligten sich in Sachsen 26,58, und in Preußen 8,58 an den Sparkassen; das eingezahlte Guthaben betrug in Sachsen 94,77 Mk. und in Preußen 43,23 Mark pro Kopf der Bevölkerung. — Sachsen hat also nicht nur eine im Verhältnis! zu seiner Bevölker ungsstärke ungewöhnlich große Anzahl von Sparkassen, sonder» gleich zeitig eine umfassende Benutzung dieser Kassen aufzuweiseu: mehr als der vierte Theil feiner sämmtlichen Einwohner betheiligte sich an den selben, während dieses in Preußen nur vom 12. Theile der Bevöl kerung der Fall war. Tagesgeschichte. Man berichtet von gut unterrichteter Seite, daß der Ausfall der preußifchen Landtagswahlen den Reichskanzler persönlich keineswegs sehr befriedigt hat. Ihm wäre eine liberal-konservative Majorität viel lieber gewesen, als daß er die Hilse des Centrums in einem Augenblick in Anspruch nehmen muß, in welchem die Verhandlungen mit der römischen Kurie noch andauern. Die zahlreichen Altkonser- vativen stehen übrigens dem Centrum im Kampfe gegen die Maige setzgebung bei, und es kann sich leicht das überraschende Resultat er geben, daß die Regierung den zu weit gehenden Forderungen beider Parteien in Bezug auf Kirche und Schule entgegentreten muß. Die Ultramontanen sind außer sich vor Siegesfreuden. Die Ger mania verkündet, das Centrum werde seine ausschlagende Rettung mit großer Klugheit und Festigkeit ausnutzen, „ein Interesse des Volkes und zum Siege der erhabenen Grundsätze, für die es immer gestritten hat und weiter kämpfen wird." Das Volk, heißt es da, habe von Neuem den Kulturkampf mit laut vernehmlicher Stimme verurtheilt, und fordert wiederum von der Regierung religiöse Freiheit und die Rechte der Kirche zurück; es erwarte, daß die Regierung endlich den unseligen Kampf beende, der nun schon seit sieben Jahren daS Land verwüste. Das Blatt hofft nicht mehr, es „fordert" bereits — das kennzeichnet die Situation. Der Fortschrittspartei hat bei den Wahlen die schlecht ge wählte und sehr unzeitgemäße Devise: „Weg mit Bismarck!" am meisten geschadet. Sie begeht den Fehler, daß sie diesen Schlachtruf beibehält und in ihrem Organ verkündet, der Ruf werde in drei Jahren von allen aufrichtigen Deutschen ertönen. Das ist ein Jrrthum, denn Bismarck ist uns zur Zeit nöthiger als je, wenn man die Konstellationen der auswänigen Politik in Rechnung zieht, auch hält man es der Mühe Werth, sein wirthschaftliches System zu erproben. Wenn daher die Fortschrittler meinen, in drei Jahren „werde der Karneval der Reaktion zu Ende sein, der Katzenjammer des Aschermittwochs werde sich ein stellen", so täuschen sie sich, denn die Reaktion, soweit Wan auf dem winhschastlichem Gebiete von ihr sprechen kann, entspringt dem Be dürfnis; nach Ruhe und nach einer Prüfung der neuen Handelspolitik. Die Berliner Börse, das empfindlichste Wetterglas, war dieser Tage auffallend unruhig, halb aufgeregt, halb verstimmt, kurz ganz nervös, etwas von der Art: „ich weiß nicht, was soll es bedeuten". Sie wußte es wirklich nicht. Die Herren flüsterten sich dunkle Ge rüchte aus Paris und aus Livadia u. s. w. zu, etwas wie eine Krifis und schwere Entscheidung lag in der Luft und in den Gliedern. Die Herzen und die Curse hüpften erst wieder, als Bismarck sammt Weib und Kind nach Varzin reiste. Also ist nichts Gefährliches los! sagte man sich. Bismarcks Neisekoffer gilt als ein viel besseres Wetterglas als weiland Louis Philipps Paraplüe. Der Reichskanzler Fürst Bismarck wird sich während seines mehrmonatlichen Urlaubes nicht aller Dieustgeschäfte entledigen, vielmehr läßt er sich täglich ein Quantum schriftliches Material aus der Reichs kanzlei nach Varzin nachschicken. Außerdem erhält er täglich auf seiner eigenen Telegraphenleitung nach Varzin mehrere große chisfrirw De- pejchen. Den sogenannten „schwarzen Reiter", Bismarcks berittenen Leibschutzmann, sieht man täglich mit den für den Reichskanzler be stimmten Schriftstücken früch Morgens nach der Stettiner Bahn durch die Straßen sprengen. In Frankfurt a. M., wo das erste große deutsche Schützenfest stattfand, soll im nächsten Jahre ein allgemeines deutsches Turnfest abgehalten werden und trifft man schon fetzt Vorbereitungen dazu. Schleswig. Hier ist der Typhus ausgebrochen. Bis jetzt sind 27 Personen daran erkrankt, und zwar wird die Ursache auf schlechtes Trinkwasser zurückgeführt, das von zwei alten mit Unrath fast ganz gefüllten Brunnen geliefert wurde. Auch die Thronrede, mit welcher der österreichische Kaiser das erste cisleithanische Vollparlament eröffnete, muß ihrem friedlichen Wortlaut nach die Italiener, die doch ein wenig mit bösem Gewissen Oesterreich gegenüberstehen, sehr erfreut haben. Diese Thronrede, welche die Czechen zum ersten Male seit zwölf Jahren im Wiener Reichsrath begrüßte, war in ihrer Art nach der formellen, wie nach der inhaltlichen Seite hin ein kleines Meisterwerk. Sie ermuthigte die Slaven, ohne die Deutschen Oesterreichs vor den Kopf zu stoßen, und löste so für einen Augenblick diese Quadratur des österreichischen Cirkels. Merk würdiger Weise fehlt in diesem Aktenstücke die Betonung des intimen Verhältnisses zum deutschen Reiche, welches doch eben in Wien durch den Fürsten Bismarck besiegelt sein sollte. Indes; giebt es in solchen Dingen auch eine Art des beredten Schweigens, welche von allen Be theiligten verstanden za werden Pflegt. New-Jork, 6. October. Nach hier eingegangenen Nachrichten sind bei einem heftigen Orkane, der an der Küste von Mexiko wüthete, unweit Tabasco das norwegische Schiff „Helgoland", das deutsche Schiff „Elise Escuch", das holländische Schiff „Amölia", das dänische Schiff „Grijalva" und die französischen Fahrzeuge „Lawrence" und „Melaine- gescheitert. Deutliches und Sächsisches. Meißen, 9. Okt. Unsere Stadt hatte gestern wieder einen Fest tag. Die öffentlichen städtischen Gebäude, fowie viele Privathäuser waren mit Flaggen geschmückt und ein Zng von Schulmädchen mit ihren Lehrern, dem Stadtrathe und Stadtverordneten bewegte sich durch die Straßen nach dem Neumarkte, wo es galt, die neugebaute, außerordent lich stattliche Mädchenschule einzuweihen. Nachdem die Zeremonie der Schlüsselübergabe beendet war, betraten die Theilnehmer am Zuge das Prächtige Gebäude, wo in der Aula der Weiheakt stattfand. Das in Renaissance ausgeführte Gebäude genügt jedenfalls den Ansprüchen > vollkommen, welche jetzt die Schulgesetze an die Gemeinden stellen. Das Gebäude ist dazu bestimmt, die Klassen der höheren und mittleren Mädchenschule aufzunehmen. Es ist seit zwei Jahren die zweite neue Schule, welche hier bezogen wird. Welche Opfer der Stadt durch diese Baue auferlegt werden, kann man aus folgenden Zahlen ersehen. Die Kosten der vor zwei Jahren erbauten Schule betrugen gegen 175,000 M- und die der gestern eingeweihten 350,000 M.