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Freitag. 101 29. December 1860. Weißeritz-Ieitung Ersckeint Dienstag« und Freitag«. Zu beziehen durch alle Post« anstalten. Amt«- Md IMigc-Dlatt der KSmglichc- Gkkichts-Irmttr Md §l,dlr«hc M DippoldiMaldt, /rmmßti» md Illrnbcr^ 10 Rgk. Inserate die Spalten-Zeile 8 Pfg. Verantwortlicher Redacteur: Carl Jehne in Dippoldiswalde. Sylvester I88V Wieder bist D» da, alter Freund mit dem ernsten Blick! Du vergißt doch das Wiederkommen nicht! Wäre Alles in der Welt so gewiß, als Dein Erscheinen, es würde Manches anders sein! Ob besser, ob schlechter, wer mag's behaupten! Doch was bringst Du dies Mal für Botschaft mit? Was wir vom scheidenden Jahre gehabt, das, alter Freund, könnten wir wissen ohne Dich! Das Rad des Schicksals ist unaufhaltsam über uns hingerollt: Dem hat es Fluch und Jenem Segen gebracht; hier hat es Thränen des Kummers ausgepreßt, dort welche getrocknet; dxn an Hoffnung Reichen hat cS vielfach und schmerzlich getäuscht, den Armen hat es mit nichtgeahn tem Glück überrascht: Alle aber hat es um eine Spanne Zeit ärmer gemacht! Es ist Keiner unter uns, der nicht wüßte, was er mit dem Jahre 1860 abzurechnen hätte: die Rechnung aber abzuschließen, daran erinnerst Du uns noch zu rechter Zeit, ehe der zwölfte Glocken schlag in den neuen Abschnitt nnsers Erdenpilgerlebens hinüberführt. Aber wir möchten noch mehr von Dir! Du sollst uns weissagen von der Zukunft! Dein Blick reicht doch schon ein gutes Stück in's neue Jahr hinein! Man erwartet von 1861 des Guten wenig, des Bösen Viel! Es geht eine bange Ahnung durch die Geister von schwerer Zeit, von Krieg und Blutvergießen, von gewaltsamem Umsturz menschlicher Ordnungen! Soll wirklich solche Trübsal über nns kommen? Du schweigst! Ja dein Schweigen ist auch eine Antwort! Du willst unssagen: „Sehet an die Zeichen desHimmels! Hier lagert am äußersten! Rande eine Wetterwolke, dort wieder eine, zwar jetzt noch ungefährlich, aber nur eines kräftigen Windstoßes wird es bedürfen, und sie fahren brausend und verheerend am Firmamcnte herauf. Habt Ähr eine Wetterscheide zwischen Euch und der dunkeln Wolke? Wo nicht, so thut dazu, solche aufzurichten: Seid einig, einig, einig." Wir danken Dir, Freund Sylvester, für Deine Mahnung! Was das neue Jahr in seinem dunkeln Schooße bergen möge: welche schwere Zeit vielleicht eS uns beschieden hat: der alte, treue Gott lebt noch! Er hat noch niemals was verseh'« in seinem Regiment! So wird auch Trübsal uns zum Besten dienen. Zer streuen sich aber die drohenden Wolken wieder und sind unsere Sorgen vergeblich gewesen und wird auch im neuen Jahre die Sonne des Friedens, der Ordnung und des Wohlstandes in ungetrübtem Glanze über uns leuchten, dann kannst Du darauf rechnen, Freund Syl vester, daß Du bei Deiner Wiederkehr aus Aller MMde den Lobgesang vernehmen wirst: Herr, unser Gott, wir preisen Dich Mit dankendem Gemüthe! Du herrschest unveränderlich Mit Weisheit und mit Güte! Theil' Deinen Segen ferner aus, Auf unser Land, auf jedes Haus, Du bist ja Allen gütig. Mit solchen Gedanken und Hoffnungen verab schieden wir uns von Euch, Ihr lieben Leser, für dieses Jahr mit der bestimmten, frohen Erwartung: Euch insgesammt im neuen Jahre wiederan unsrer Seite zu finden! Die alten Freunde zu behalten und neue zu erwerben, darauf soll auch in Zukunft unser Hauptaugenmerk gerichtet sein! Wir werden aus dem Gebiete der Tagesges chichte, der gewerblichen und socialen Verhältnisse in dem Kreise unserer Leser sowohl, als auch im ganzen Vaterlande, stets dasNeuesteundWissenSwerthesteznrBelehrir'ng und Unterhaltung mitzutheilen und auf diese Weise uns immermehr die Zufriedenheit der Leser zu erwerben bemüht sein. Möge das verehrliche Publikum unserm Streben durch gesteigerte Theilnahme nachhaltige Auf munterung verleihen! Mit diesem herzlichen Wunsche rufen mir Allen ein fröhliches Glückauf zum neuen Jahre zu! Tagesgeschichte. * Altenberg, 23. Decbr. Heute Abend fand in unserer Kinderbcwahranstalt die Christbescheernng statt, welche der Frauenverein den Zöglingen derselben, 10 an der Zahl, in Gegenwart der Herren Geistlichen und Lebrer und anderer Theilnehmer, bereitet und ste mit nöthigen Kleidungsstücken, Stollen u. s. w. bedacht hatte. Unser Herr Pastor Hartenstein sprach hierbei, vom Ehristuskinde ausgehend, in längerer, alle Herzen gewinnender Rede vor anberm seinen Dank Denen aus, welche die Kindlein heute zu sich kommen ließen, sowie Denen, welche mit Samcritcrstnn zur Erhaltung der Anstalt beitrugen, gedachte unseres Königs und des königl. Hauses und schloß mit einem innigen Gebete. In dem Danke, den schlüßlich ein Zögling Allen dar brachte, sprach der Kleine unter anderm: Wer Andern Freude macht, macht sich selbst die größte Freude, und wer ste armen Kindern bereitet, bereitet sich den Himmel auf Erden. Hätten so Biele, die an den Segen einer solchen Anstalt noch nicht recht glauben wollen, die dem Sammler ihr Scherflei» versagten, das erfreute Antlitz dieser armen Kinder gesehen, gewiß, sie würden diesen