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Nr. «4 Freitag Weißerih-Ieitung Verantwortlicher Ledacteur: Lari Fehne m Dippol-iswalVe. 18. August 1871. Preis pro Quartal 10 Ngr. Inserate die Spalten-Zeile Postanstalten. ' - - - 8 Pfg. Amts- und Anzeige-Matt der Königlichen Gerichts-Ämter und Atadträtht zu Aippotdismatdr und /raurusteiu. Erscheint Dienstags und Freitags. Zu beziehen durch alle Tagesgefchichte. Dippoldiswalde. Wie wohl vorauszusehen war, ist der am Montag und Dienstag hier abgehaltene Jahrmarkt ein überaus schwach besuchter gewesen, und dies gilt von Verkäufern und Käufern. Viele der aufgebauten Buden blieben unbesetzt und vor den übrigen wollte sich gar kein lebhafter Verkehr entwickeln, denn es war besonders von auswärts äußerst wenig Besuch erschienen: Alles wird die der Ernte so ausnehmend günstige Witterung genützt haben zur baldigen und trockenen Bergung der vorzüglich gerathenen Feldfrüchte. An Sehenswürdigkeiten mangelte es ganz, — ja sogar die Pulsnitzer u. a. fremde Süßigkeitenhändler sollen schlechte Geschäfte gemacht haben. — Am Mittwoch Morgen wurde aus einem der hiesigen Teiche der Leichnam der in den 40er Jahren stehenden verw. Weber Müller gezogen und gerichtlich aufgehoben, die jedenfalls in einem Anfalle von Tief-, sinn ihren freiwilligen Tod gesucht hat. — Auf das nächsten Sonntag im hiesigen Schieß haus-Saale stattfindende Concert des Hrn. StabS- trompeter A. Böhme machen wir hierdurch noch ganz besonders aufmerksam. Dresden. Die neuerdings immer häufiger und heftiger auftretenden Differenzen zwischen Arbeitsgebern und Arbeitern haben bereits wiederholt den Gedanken angeregt, nach dem Beispiel anderer Länder auch bei uns mit der Bildung gewerblicher Schiedsge richte vorzugehen. — Die Verwaltung der Leipzig-Dresdner Eisen bahngesellschaft ist mit Vorbereitungen zur Einführung einer vierten Wagenclasse für den Personenverkehr beschäftigt. Chemnitz. Ein Theil der früheren hiesigen Garnison ist am 13. August hier wieder eingerückt, freudig bewillkommnet und von der festlich geschmückten Stadt gespeist und mit Geld beschenkt. — Die sociali- stischen Comitee's haben es so weit gebracht, daß auch hier „endlich" ein Maurerstrike zu Stande kam. Die beim Bezirksgericht beschäftigten Maurer erklärten, daß sie die Arbeiten einstellen würden, wenn sie nicht pro Stunde 1 Pfg. Zulage erhielten. Der Baumeister empfing die Deputation, versprach die geforderte Zulage und verlangte in trocknen,, lakonischen Tone: „keine Geschichten zu machen," worauf denn auch nach 1'/»- stündiger Pause die Striker ihre Arbeit wieder aufnahmen. Grimma. Die hiesige Schützengesellschaft und der Schützenverein laden zu einem Preisschießen ein, das am 27. und 28. August gehalten werden soll. Berlin. Der Kaiser Wilhelm ist am 13. Artss. in dem jetzt mehr als überfüllten Curorte Gastein eingetroffen und wird dort 3 Wochen zur Nachcur verweilen, auch auf der Rückreise Besuche in München und Stuttgart machen. Alsbald nach seiner Ankunft gab er dem österreich. Reichskanzler Grafen Beust eine anderthalbstündige Audienz; dann begrüßte ihn der Eultusminister v. Mühler. — Fürst Bismarck traf am 12. August in Berlin ein und reiste am 14. über Leipzig nach Gastein, wo er am 16. August eintraf. Er wird daselbst die Badecur gebrauchen und deshalb nicht in ein Seebad gehen. Aus dem Umstande, daß sich ein Geheimrath und ein Beamter des auswärtigen Ressorts in seiner Begleitung befinden, wird zu folgern sein, daß der Fürst seiner amtlichen Thätigkeit während der Cur nicht ganz fern bleiben wird. v. Bismarck soll aus drücklich den Wunsch geäußert haben, mit Hrn. v. Beust in Gastein zusammenzutreffen. Hoffentlich wird dst mündliche Gedankenaustausch der beiden einflußreiche» Diplomaten nur »och mehr dazu beitragen, die eingp leiteten guten Beziehungen Oesterreichs zu Deutschland zu befestigen. Jedenfalls wird die Begegnung dst beiden Männer höchst interessant sein, deren persönliche Beziehungen bis jetzt nichts weniger als freundlichst Natur waren, und die sich nun zum ersten Male seit vielen Jahren freundschaftlich die Hände reichen sollest. — Die Dotationen sind nunmehr bereits aus gezahlt; die davon Betroffenen sind die fünf Kriegs minister v. Roon, v. Fabrice, v. Prankh, v. Wagener und v. Beyer; ferner die drei Staatsmänner Delbrück, Bray und Mittnacht, und endlich die acht Generale v. Moltke, v. Blumenthal, v. Stichle, v. Manteuffel, v. Fransecky, v. Werder, y. Kirchbach und v. Goeben. — Obgleich an einzelnen Stellen die Maurer wieder die Arbeit begonnen haben, so ist in einer Generalversammlung am 13. dennoch beschlossen, auf den früheren Beschlüssen zu beharren, und kein Gesell soll auf irgend einem Baue arbeiten, gleichviel, ob dies bei einem einwilligenden oder abwehrenden Meister ist. Die Meister aber haben mit gleicher Festigkeit sich ge einigt, nicht nachzugeben. Der Strike der Maurer hat jetzt bereits die fabelhafte Summe von 30,000 Thlr. verschlungen. — Eine gewiß seltene Unterschrift trägt die Todes anzeige der am 11. August in Berlin verstorbenen verwittweten Frau Prediger Wilmsen, geb. Zenker. Dieselbe ist unterzeichnet: Die Hinterbliebenen Kinder, Schwiegerkinder, Enkel, Ur-Enkel und Ur-Ur»Enkot. Die Dame starb im 90. Lebensjahre.