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Wchmh-Mling Anzeiger für Dippoldiswalde und Umgegend Amtsblatt für die Königliche UmiÄMplmannschaft, das Königliche Amtsgericht und den Stadtrath zn Dippoldiswalde. Die „Weiheritz-Zeitung" erscheint wöchentlich drei- rnal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend und wird an den vorhergehen- denMenden ausgegeben. Preis vierteljährlich l M. 25 Pfg-, zweimonatlich 84 Pfg., einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern tv Pfg. — Alle Postan- palten, Postboten, sowie «insere Agenten nehmen Bestellungen an. Inserate, welch« bei der bedeutenden Auslage de» Blattes eine sehr wirt- saine Verbreitung finden, werden mit I2Psg., solche aus unserer AmtshaupO manuschast mit 10 Pfg. die Spaltzeile oder deren Raum berechnet. — Ta bellarische undcomplicirte Inserate mit entsprechen dem Ausschlag. Einge sandt, im redaktionellen Theile, die Spaltenzrilr 20 Pfg. Verantwortlicher Mdacteur: Paul Irhne. - Druck und Verlag von Carl Jehne in Dippoldiswalde. Mit achtseitigem „2U«strirten Unterhaltung,blatt". Mit land- und haurwirthschaftlich« Monat,-Beilage. Nr. 42. Donnerstag, den 17. April 1902. 68. Jahrgang. Die Vergütung für die von den Gemeinden im Monat April dieses wahres an Militär-Pferde zur Verabreichung gelangende Marschfonrage beträgt: für 50 Kilo Hafer 8 M. 75,<) Pfg., „ „ „ Heu 4 „ 72,s „ „ „ „ Stroh 3 „ 92,3 „ Dippoldiswalde, am ll. April I902. Königliche Amtshauptmannschaft. Lossow. S«. Fischerei-Verpachtung? Die Fischerei-Nutzung der sogenannten Reinholdshainer Teiche soll Freitag, den 18. April d. I., Bormittags 11 Uhr, im Sitzungszimmer des Rathhauses anderweit auf 10 Jahre verpachtet werden. Die Pachtbedingungen werden im Termin bekannt gegeben. Dippoldiswalde, am 10. April 1902. Der Stadtrath. Voigt. Bekanntmachung. Die diesjährige Hauptübung der beiden Feuerwehren (freiw. und Pflichtseuer- wehr) findet an einem Sonntage des April oder Mai auf besondere Alarmirung statt. Der Stadtrath. Voigt. Die revolutionäre Bewegung in Belgien. Erneut geht in dem industriereichen Belgien der Geist der sozialen Revolution um, welches Land während der letzten Jahrzehnte ja schon wiederholt ernste Arbeiter- emeuten gesehen hat. Infolge der systematischen Wüh lereien und Hetzereien der belgischen Sozialistenführer zu Gunsten des allgemeinen Stimmrechts ist es in der Haupt stadt Brüssel selbst wie in einer ganzen Reihe gröberer Provinzialstädte im Laufe der verflossenen Woche zu theil weise recht blutigen Zusammenstöben zwischen Polizei und Gendarmerie einerseits unv den aufgeregten Arbeiter massen anderseits gekommen. Speziell in Brüssel trugen die Unruhen den Charakter eines vollendeten Stratzen- aufruhrs, es gab hierbei zahlreiche Verwundete und sogar einige Todte, auch wurden an mehreren Punkten bereits regelrechte Barrikaden errichtet, die von den Eendarmerie- mannschaften mit stürmender Hand genommen werden muhten. Von derartigen blutigen Straßenunruhen bis .zur offenen wirklichen Revolution ist es nur noch ein Schritt, und die belgische Negierung verkennt denn auch den Ernst der Lage keineswegs, was die getroffenen um fassenden militärischen Vorsichtsmabregeln und die Ein berufung der Bürgergarden in Brüssel und den Provinzial hauptstädten bekunden. Verschärft wird die bestehende Situation noch dadurch, dab sich zunächst unter den Berg leuten Belgiens gerade jetzt eine abermalige Streik bewegung bemerklich macht, welche rasch wächst und hie und da bereits einen gewaltthätigen Charakter aufzuweisen beginnt. Der Eeneralrath der belgischen Arbeiterpartei will überhaupt die Parole eines allgemeinen Ausstandes der Arbeiterschaft des Landes zur Erzwingung der poli tischen Forderungen der Arbeiter ausgeben, an diesem Dienstag sollte er, wie es hieb, anheben. Es ist aber ohne weiteres klar, dab ein allgemeiner Streik die zu Allem entschlossenen Elemente in der Arbeiterschaft Belgiens mit einem Male zur Geltung bringen würde, und dann könnte ein Klötzer Ausstand sich allerdings leicht in einen gefährlichen Aufstand verwandeln. Zunächst freilich fehlt den jetzt in Belgien wiederum zu Tage tretenden revolutionären Bestrebungen offenbar noch die nothwendige Organisation, die verschiedenen Putsche in den einzelnen Städten waren bis jetzt lokaler Natur und lictzen eine einheitliche, planvolle Leitung vermissen. Viel leicht gelin'gt es darum der Staatsgewalt auch diesmal, das Heft in Händen zu behalten und die entstandenen Unruhen wieder zu unterdrücken, ehe sie sich zu einer das ganze Land durchwühlenden Aufstandsbewegung ent wickeln. Viel, ja eigentlich Alles kommt indessen hierbei darauf an, ob sich das Militär als treu erweist und im Nothfall den Rebellen rücksichtslos zu Leibe geht, ist doch gerade in Belgien die sozialdemokratische Propaganda mit ihren revolutionären Tendenzen schon vielfach in die Armee eingedrungen, und auch jetzt wieder ist von dort über sozialistenfreundliche Kundgebungen eingezogener Re servisten berichtet worden. Die belgische Regierung spielt daher mit der Aufbietung des Militärs gegen die meutern den Arbcitermassen zweifellos ein etwas gewagtes Spiel, dessen Ausgang völlig von der Gesinnung der Truppen abhängt. Sicherlich haben aber in dem uerhältnitzmätzig noch jungen Belgien die monarchistische Treue und die Ergebenheit gegenüber der Dynastie noch lange nicht so feste Wurzeln in der Nation geschlagen, wie es in den allermeisten der älteren monarchischen Staaten der Fall ist. Weder Leopold I. noch Leopold II. ist es gelungen, sich und ihr Haus recht populär im Lande zu machen, trotz der mancherlei ausgezeichneten persönlichen Eigen schaften und der Regcntentugenden, die bereits der erste Herrscher Belgiens aufwies und welche auch seinen Sohn und Nachfolger schmücken; käme es nun doch zu einer wirklichen Revolution, so würde es demnach an der wahren Grundlage zur Bekämpfung derselben, an der Volksthümlichkeit der Dynastie, fehlen. Das klügste wäre es jedenfalls, wenn die belgische Regierung den sozialistischen Nevolutionsmachern den Wind aus den Segeln nähme, indem sie wenigstens ein erweitertes Stimmrecht zugestände, leider scheint es indessen nicht, als ob sich das jetzige Ministerium de Smet de Nayer zu einer solchen Konzession an die Arbeiterpartei entschließen werde, zumal es auf die reaktionäre Kammermehrheit Rücksicht zu nehmen hat. Aber schließlich steht das Staatswohl höher als alle Parteiinteressen, und gerade die gegenwärtige belgische Regierung sollte sich dessen erinnern, daß ihr Vorgänger, das klerikale Kabinet Vandenpeereboom, im Jahre 1899 seine durchaus ungenügende Wahlreformvorlage infolge der hochgradigen Entrüstung im Lande wieder fallen lassen und zuletzt selber zurücktreten mußte. Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde. Am kommenden 1. Mai wird auf den sächsischen Staatseisenbahnen der neue Sommer fahrplan in Kraft treten, welcher ja auch für die Bahnen unserer Umgebung mehrfache Aenderungen bringt. So z. B. Linie Hainsberg -Kipsdorf. Diese Linie wird wieder mit den bekannten Sonn- und Festtagszügen ausgestattet, die aber zum Theil nur bis Ende August verkehren. Vom 17. Mai bis 30. August werden an Sonnabenden die beschleunigten Züge von Kipsdorf 12 Uhr 40 Minuten Mittags nach Hainsberg—Dresden (Ankunft 2 Uhr 23 Minuten) und von Dresden Hauptbahnhof 3 Uhr 30 Minuten, von Hainsberg 4 Uhr 2 Minuten Nach mittags nach Kipsdorf (Ankunft 5 Uhr 13 Minuten) ab gelassen. — Linie Klingenberg -Frauenstein. Die tägliche Zugszahl ist von 4 auf 3 in jeder Richtung vermindert worden. Die Früh- und Abendzüge sind unverändert, die Mittagzüge erhalten Anschluß 12 Uhr 20 Minuten von Dresden Hauptbahnhof und zum Zuge 2 Uhr 6 Minuten Nachmittags in Dresden. — Bon seltenem Jagdglück begünstigt, schoß Herr Restaurateur Wustlich dieser Tage auf dem großen Teiche einen Haubensteißfuß, Lol^mbus cristatus. Dieser schmucke stattliche Vogel hat die Größe einer Ente, der Kopf trägt als Schmuck einen getheilten Federbusch. Der Oberkörper ist glänzend schwarzbraun, die Kehle weiß, der Kragen rostroth und der Unterleib glänzend atlasweiß. Er kommt in Europa, Asien und Amerika vor, bewohnt aber nur größere Wasserflächen und ist daher bei uns nicht ein heimisch, sondern eine Seltenheit. — Als ein Kuriosum bei de« neuen Briefmarken ist cs sicherlich zu betrachten, daß auf dem linken runden Brustschildchen der Germania deutlich die Zahl 15 zu lesen ist. Diese Sonderlichkeit ist durch die eigenthümliche Schattenvertheilung entstanden. Zuerst bereitet es Schwierig keiten, die Zahl zu sehen; hat man das Phänomen aber erst einmal entdeckt, so geht es Einem wie mit den be rühmten Verirbildern „Wo ist die Katz?" — man sieht es fortwährend. — Eine aufregende Fahrt gab cs am Sonnabend für die Fahrgäste in einem Wagen vierter Klasse eines von Meißen nach Dresden fahrenden Zuges. Ein Schieferdecker aus Döbeln hatte sich der Länge nach auf den Boden ausgestrcckt, wodurch er viel Platz megnahm. Als er zum Aufstehen aufgcfordert wurde, schlug der Mensch wüthend um sich und verletzte mehrer« Personen, ja er wollte sogar nach seinem Schicferdeckcrhammer greifen, wurde aber daran verhindert. Man mutzte die Nothleine ziehen und den Mann fesseln lassen. In Dresden wurde der Wütherich von der Polizei in Empfang genommen. Schmiedeberg. Ani morgenden Donnerstag konzcrlirt im hiesigen Gasthofe wieder die vollbesetzte Stadtkapelle aus Dippoldiswalde, die noch vom Neujahrstage her hier in angenehmer Erinnerung steht. Sie tritt diesmal uni- formirt auf und bietet ein vollständig neues, sorgfältig vorbereitetes Programm und verspricht der Besuch des Konzertes ganz lohnend zu werden. Reinhardtsgrimma. Am vorigen Sonntage ward hier ein hochinteressanter, seltener Genuß geboten, wie man ihn sonst nur in der Großstadt haben kann. Der hiesige Radfahrer-Klub veranstaltete im „Erbgerichte" ein Konzert, wozu er die Mitwirkung der Kunstmeisterfahrer Döring und Müller gewonnen hatte. Gewöhnlich wird auf Reklameplakaten die Sache weit übertrieben, und diese alte Erfahrung wird auch die Ursache zu dem nur mittel mäßigen Besuche genannter Veranstaltung gewesen sein. Allein diesmal übertraf das Gesehene alle, selbst die höchsten Erwartungen, und viele Leute werden es bereuen, die Gelegenheit verpaßt zu haben; denn die Leistungen der beiden Herren grenzten an das Unglaubliche. Wer es nicht gesehen hat, der hält es einfach für unmöglich, daß auf dem Zwei- oder gar auf dem Einrade von einem bez. zwei Herren derartige Produktionen ausgeführt werden können, und doch schienen die mit vollendeter Sicherheit und anmuthiger Gefälligkeit vorgeführten Uebungen kinder leicht zu sein. Man nahm den Eindruck mit nach Hause, daß dem bisher unerreichten Kunstreiter des Zirkus in dem Kunstfahrer ein ebenbürtiger und gefährlicher Rivale erstanden ist. Der veranstaltende Klub selbst trat mit einem ziemlich schwierigen Reigen, der auch von 6 Mit gliedern zur vollsten Zufriedenheit ausgeführt wurde, zum ersten mal vor die Oeffentlichkeit. Börnersdorf. Nachdem bereits im vergangenen Jahre unseren! Kirchschullehrer Schneidenbach für seine Bemühungen um den Gesang in Schule, Kirche und Haus eine Anerkennung seitens der Gemeinde aus Staats mitteln zu Theil werden konnte, ist ihm am Osterfest nun auch die staatliche Anerkennung zu Theil geworden in Gestalt des „Kantor"-Titcls. Chemnitz. Die hiesigen Sozialdemokraten tragen sich, weil ihnen keine Säle zur Verfügung stehen, mit der Absicht, in der Ostvorstadt ein Gewerkschaftshaus zu errichten, und zwar auf genossenschaftlicher Grundlage. In einer am Sonnabend abgehaltenen Versammlung wurde bekanntgcgebcn, daß 300000 Mk. Kapital in sicherer Aussicht stehen, daß ein großer Versammlungssaal, mehrere Vereinszimmer, Gaststube und Garten geplant seien; auch soll eine der Neuzeit entsprechende Herberge untergebracht werden. Eine bezügliche Resolution wurde einstimmig angenommen. Reichenbrand bei Chemnitz. Dieser Tage wurde einem der ältesten Arbeiter Deutschlands, dem95 Jahre alten Strumpfwirker Ferdinand Klemm, der jetzt noch seiner Arbeit obliegt, durch Amtshauptmann I)r. Hallbauer ein Diplom überreicht. Lichtemvalde bei Chemnitz. Beim Vrunnengraben stieß man hier auf ein >/4 Meter dickes Steinkohlen flöz. Es werden Untersuchungen angestellt werden, ob es nach der Tiefe hin an Mächtigkeit zunimmt. Riesa, 12. April. Ein schwerer Unglücksfall er eignete sich heute Mittag 12 Uhr am Alberiplatz, indem das dreijährige Töchterchen des Hammcrarbeiters Thiele hier, Kastanienstraße 7 wohnhaft, von einem Straßen bahnwagen überfahren und dabei am Kopfe so schwer verletzt wurde, daß es sofort todt war. Wie verlautet, hat das Kind einem anderen Geschirr, das die Straße daher kam, ausweichen wollen, es ist dabei unglücklicher Weise gerade auf der Straßcnbahnjtreckc gefallen und so unter den inzwischen heranrollenden und wohl nicht mehr aufznhaltcn gewesenen Straßenbahnwagen gekommen.