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M 19 Weißeritz-Zertung VeranNvortlicher Nedacteur: Carl Jehne in Dippoldiswalde. 4 Mär) 1856. Inserates werde« mit, 8 Pfg. für die Zeile berechmt u«d in alle« Expeditionen angenommen. Dienstag. Erscheint Dienstags und Freitag». Zu beziehen durch alle Postanstal ten. Preis pro Quart.10 Ngr. Ein unterhaltendes Wochenblatt für den Bürger und Landmann Tagesgefchichte. , Altenberg, 2. März. Wie eine unbescholtene, in gutem Rufe stehende Familie in, Gefahr kommen kann, in ein schlechtes Licht gestellt zu werden, davon zeugt folgender Vorfall. Vor drei Wochen kommt ein junger untersetzter Mensch in den hiesigen Gasthof zum alten AmtShauS und bietet dem Wirth, der Bä ckerei mit betreibt, Getreide an; der letztere lehnt daS Anerbieten ab mit dem Bemerken, daß er kürzlich erst eine Fuhre Getreide von der Wittwe Vogler in Johnö- bach erhalten habe. „Das ist meine Nachbarin," äußert hierauf der junge Mensch; eS wird aber Wei teres über den Handel nicht gesprochen. Hierauf tritt ein Mann — Friede! auö Hennersdorf — in den Gasthof, und ersucht den Wirth, ihm 7 Cassenbillels zu wechseln; vicS'geschieht, und unter den erhaltenen Thalern befindet sich ein ganz neuer, der dem jungen MeliMmgefälli, so M er genannten-Mel-kN Vltter, ihm demselben abzulassen, wozu sich letzterer auch be- reit findet. Zn letzter Woche nun kommt Friedel wieder in den Gasthof und erkundigt sich bei dem Wirth, wer der Mensch gewesen, der sich den neuen Thalcr gewechselt; derselbe habe ihn zwar genommen, aber einen anderen nicht gegeben. Der Wirth konnte nur die 'Mskunst geben, daß er der Nachbar der Wittwe Pogler in Zohnsbach sei. Dorthin begiebl sich Friedel, und findet als letzteren den Gutsbesitzer August Schwenke, der mehrere Söhne und darunter auch einen von der beschriebenen Statur hat. Der Vater fühlt sich gekränkt durch das Ansinnen Friebelö und stellt ihm. seinen, überall als solid bekannten Sohn vor, den ersterer aber nicht als den er kennt, dem er den Thaler gegeben. Da nun zu fällig ein dritter Sohn Schwenke's an jenem Tage durch Altenberg gereist ist, so glaubte der Vater, rö seiner Ehre schuldig zu sein, daß er dem Wirth in Altenberg seine Söhne verstellte, unter denen jedoch feiner als der anerkannt wurde, welcher daS Getreide ihm angeboren und das Geld an sich genommen hatte. — Wir glaubten den Fall der Oeffentlichkeit über geben zu müssen, weil durch falsches Hin- und Her reden die achtbare Familie Schwenke in einen Übeln Ruf gelangen könnte, und dann auch Jedermann vor dem Menschen — wenn anders Friebel'S Aussage auf Wahrheit, braucht — zu warnen ist. Vielleicht gelingt es unserer Polizei, den Schwindler ausfindig zu ma chen, 'der leicht, .derselbe' sein kann, der kürzlich einem Mühlenbesitzer unter Schmiedeberg 2 Schffl. Weizen verhandelte, sich für - einen gewissen Tetschen aus Sohnödorf auSgab, sich auch einen Schffl. vorauS- bezahlen ließ, um mir (Hrldc xj,, jp Dippoldis ¬ walde bestelltes Pferdekummet zu bezahlen, was Alles aber sich als Unwahrheit herauSstellte; auch soll der Müller heut noch seinen erhandelten und zur Hälfte bezahlten Weizen erhalten. Freiberg, 29. Febr. Vor einigen Tagen ging zu großer Befriedigung der hiesigen Ginwohnetschaft bei dem Stadtralhe die offizielle Mittheilung ein, baß bas Finanzministerium gemeint sei, die Stadt Freiberg in das bestehende Telcgraphennetz aufzunehmen. Der Stadtrath beschloß sofort, der dankenSwerihen Fürsorge des Ministeriums möglichst entgegenzukommen, und zwar sowohl durch unentgeldliche Ueberlaffung eines zur Unterbringung des TelegraphenbüreauS geeigneten LoralS, als auch dadurch, daß die Zulassung und Be festigung der oberirdischen Drahtleitungen durch die Comwun selbst vermittelt werde. . Gin Schifter der Ncichenberger Realschule, Slockböhme von Geburt, und Sohn armer Aeltern, hat seit einiger Zeit einen religiösen MysticismuS gezeigt, der sich zu einem Grade religiöser Schwärmerei steigerte, welcher an der Ge sundheit seines Geistes Zweifel entstehen ließ. Durch einen Lehrer der genannten Anstalt wurde seine Auf nahme in daS große vorzüglich eingerichtete städtisch^ Krankenhaus vermittelt, in welchem die Krankenpflege vorzugsweise von fünf barmherzigen Schwestern ge übt wird. Lange vernahm man nichts Genaues mehr über den Zustand des Kranken, da die Regeln des HauseS den Besuch fremder Persoyen nicht gestatten. Nach und nach aber verbreitete sich besonders durch Vie Dienerschaft des HauseS auch in der Stadt daS Ge rücht, daß der junge etwa achtzehnjährige Mensch für eine von Gost ganz besonders begünstigte Persönlich keit gelte, daß er die Wundenmale Christi an seinem Leibe zu tragen gewürdigt worden sei, daß dieselben alle Freitage von Neuem bluleten, daß er selbst, um Christo noch ähnlicher zu sein, sich an einem großen hölzernen Kreuze in keinem Zimmer anbinden lasse, sich selbst für eine Art Nachfolger Christi halte und auch von den Nonnen im Krankenhause, so wie von dem Geistlichen desselben, dem Caplan R., knieend ver ehrt werde. Selbst der Arzt sej in der letzten Zeit nicht mehr zu dem Kranken gelassen worden, angeb lich, weil dieser zu schwach sei, ihn zu empfangen, Als nun auch jener Professor, der sich von dem Befin den des Kränken überzeugen gewollt, abgewjesen wurde, begaben sich auf geschehene Mittheilung sofort der Bürgermeister von Rcichenberg und der Vvrsteber dcS Krankenhauses, der Kaufmann S., dahin.' Auch sie mußten erst ihre ofsicielle Stellung dem geistliche^