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Dresdner Journal : 30.07.1880
- Erscheinungsdatum
- 1880-07-30
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-188007302
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18800730
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18800730
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1880
-
Monat
1880-07
- Tag 1880-07-30
-
Monat
1880-07
-
Jahr
1880
- Titel
- Dresdner Journal : 30.07.1880
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^17S FMag. dm M Juli 1880. I» 1,vt»cL«> Ii«t«N«: iLdrltcU: . . 18 ^)Lkrliod: 4 U»rk bO?s. Lioxiosttuwiosrn: 10 ?k 8«««rd«Id 6«6eot»ck«> keicke» tritt?o«t- vv6 8wmp«lrn«:kl»8 tliaiv. I»»en»te»pr»l»e: ^tlr 6«v k»am «Q«r ^«p»1tel>eli ?«titr«iie «0 ?t. voter äi« Lett, b0 kl. ZNÄlM ÄLMMl. Ln»e««l»o> r l^liek mit X«vLkm« 6er 8ovv- uv6 k'eiert»^ Xbevcl» tBr 6«o kol^snäeo ^»8 Verantwortliche Redaction: Oberredacteur Rudolf Günther in Dresden. lu»er»tenanni>Iim<> »n^^Srt»: Letpriz: F>. Cuiuui,»»i»uiU 6e» Dr«äovr 1ourl»»k; S»wdorU ->«rlt» Vt«» l.,ip»t^ 8»»«I - 8r«,I»a rriu»>ifu> t , M . ^/uaLenäte«» L ^vA/er,' N«rlm Vi,o-L»mt»uF kr»^-L«tP»ix-kr^kkllrt ». «. »üuek«»: /?>«</ .Vo««e/ I,rU»: §.^ornict'. /ni'aii<ie»t6«nt S-«w«n: L / Lr«,l»U' //. L'tanse»,'» Uürv»u; vdsmiUti: F>. kr»LLturt ». N.! F ^aeAe^neke u. C //rrrmun«- »cke I!»ckt>«n6Inn^; OorUt»: (/ LkMer, SE,v,r: O §c/«i-!K/'i,' k»rti-8«rU»-rr»LKk»rt ». « La»t>« L (>«.,- Lu»dLiU' ^4. St«»—r. N»r»u»8«d«r: Itoviel. Lrpeäitiov 6e» I>re»6ner IvurQltt«, NreKöen, Lvir>lkv"int«!« Ho. 80. Amtlicher Theil. Bekanntmachung. Daß von der Badifchen Schifffahrt» - Affe- curanz-Grsellfchaft in Mannheim den in 88 2 bis 4 der Verordnung über den Geschäftsbetrieb auS- ländischer BrrficherungSanstalten im Königreich Sachsen vom 16. September 1856 gegebenen Anordnungen allent halben Genüge geschehen und die Stadt Leipzig als Sitz der Anstalt im Königreich Sachsen erwählt worden ist, wird hiermit gemäß 8 6 der angezogenen Verordnung zur öffentlichen Kenntniß gebracht. Dresden, den 26. Juli 1880. Ministerium des Innern, Abtheilung für Ackerbau, Gewerbe und Handel. Für den AbtheilungSvorstand: v. Charpentier. Fromm. Nichtamtlicher Theil. U e b e r s i ch 1. Telegraphische Nachrichten. Zeitun-sschau. (Hamburger Nachrichten.) Tagesgeschichte. (Dresden. Berlin. Frankfurt a. M. Rom. London.) Zur orientalischen Krage. Ernennungen, Versetzungen ic. im öffentl. Dienste. Dresdner Nachrichten. Proviuzialnachrichten. (Geithain. Roßwein. Meißen.) vermischtes. Statistik und BolkSwirthschaft Feuilleton. Börsenaachrichten. Telegraphisch» Witterungsbericht» rageSkalender. Inserate. Telegraphische Nachrichten. Frankfurt a. M., Donnerstag, 29. Juli. (Tel. d. DreSdn. Journ.) Bei dem gestrigen Feuer werke auf dem Turnfestplatze erfolgte eine Explo sion durch Zerspringen eines eisernen Mörsers. Durch dir umhergeschleuderten Splitter wurde, so «eit bisher ermittelt, 1 junges Mädchen getödtet. 2V Personen wurden sehr schwer v»rwundrt; 4 der selben find bereits amputirt worden. Sämmtliche verwundete wohnen in Frankfurt, ausgenommen 1 aus Hanau und 1 auS Höchst. Lemberg, Mittwoch, 28 Juli, AbrndS. (Corr.-Bur.) Dem „Dziennik Polski" zufolge er gab die Untersuchung der angeblichen Grrnrver- letzung durch russische Grenzkosaken bei Podwo- loczySka kein positives Resultat. London, Mittwoch, 28. Juli, Abends. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung deS Unterhauses machte der Staatssekretär für Indien, MarquiS v. Hartington Mittheilung von einem der Regie rung zugegangenkn Trl»gramm auS Kandabar, deS Inhalts, daß die Truppenstreitmacht deS Ge- ueralS Burrow vernichtet sei und daß die eng- lisch» Besatzung von Kandahar sich in die Cita delle zurückziehe. General Phayre trlegraphirte, man möge alle verfügbaren Truppen sammeln und auf Kandahar marschiren lafs»n. Nach Simla erging der Befehl, w»nn nothwendig, eine weitere Brigade abgehen zu lassen. Im w»it»rn verlaufe d»r Sitzung verlas der MarquiS v. Hartiugton ein neueres, d»r Regie rung zug»gangen»S Telkgramm, nach wtlchem die Streitmacht Ajub Kban's, von welcher Burrow ange griffen wurde, 12 WO Mann und 36 gut bediente Kanonen zählte. 1700 bis LAW Mann Ver stärkungen rücken schleunigst in der Richtung auf Kandahar vor. General Phayre hatte Verbin- düngen mit dem General Primrose; die telegra phische Verbindung ist indessen jetzt abgrschnitten. General Phayre und Sandeman schlagen vor, die Linie von Nari aufzugeben und sich am Bolan- paß zu concentriren. Im weitern verlaufe der Sitzung wurde ein Antrag Hamilton's gegen die Erhöhung der Ein kommensteuer, mit 230 gegen 94 Stimmen abge- lrhnt. Biele konservative stimmten zu Gunsten der Regierung. Heber die Niederlage der englischen Truppen wird aus Simla vom heutigen Tage ferner ge meldet: General Burrow erlitt durch Ajub Khan eine ernstliche Niederlage; die Verluste find be deutend, die englischen Streitkräfte wurden zer streut und mußten die Flucht ergreifen, wobei fie auf eine Entfernung von 3 Meilen vom Feinde verfolgt wurden. Jetzt kommen fie in kleinen Ab- theilungen in Kandahar an. 2 Kanonen wurden vom Feinde genommen. London» Donnerstag, 2V. Juli. (Tel. d. DreSdn. Journ ) Gutem vernehmen nach hat die Regierung beschlossen, schleunigst Verstärkungen nach Indien zu senden. Belgrad, Mittwoch, 28. Juli, Nachmittags. (Tel. d. Presse.) Der Ministerrath hat heute unter d»m Vorsitze deS Fürsten Milan die Mobilisirung der Nationalarmre beschlossen. Dresden, 29. Juli. Seit der Begnadigung Tschung-Hau's hat in den Pekinger ReglerungSkreisen unläugdar die friedliche Strömung die Oberhand gewonnen. Die Reise des augenblialich in Berlin weilenden außerordentlichen bevollmächtigten Ministers in Paris, MarquiS Tseng- Dong, an den russischen Hof giebt hierfür Zeugniß, und während noch vor Kurzem auch im fernen Ost asien der Weltfriede bedroht erschien, dürfen wir uns heute der Hoffnung hinqeben, die russisch-chine sische Differenz demnächst beigelegt zu sehen. Die Nachgiebigkeit, welche die chinesische Regierung bekun det, wird alle Europäer in jenen fernen Zonen mit Befriedigung erfüllen. Bon dem Gesichtspunkte der europäischen Interessen aus muß die Frage zunächst beurtheilt werden. Ein Krieg zwischen Rußland und China würde von allen in China ansässigen Fremden mitempfunden werden, da er der chinesischen Regierung einen willkommenen Anlaß bieten würde, gegen die Ausländer vorzugehen und sie in ihren Rechten zu beschränken. Eme sehr interessante Beleuchtung der Angelegenheit und eine Erörterung der Rückwirkung derselben aus den europäischen Handel und Ver kehr enthalten die „Hamburger Nachrichten". .Gleichviel, welchem Lande sie angehören mögen", sagt der offenbar in China ansässige Coirespondent des han seatischen Blattes, .gelten die Fremden heute noch ebensogut wie zur Zeit der Errichtung der ersten Han- delSfactoreien den chinesischen Behörden sowohl wie der Masse deS Volkes nur als „Fankwei, fremde Teu ¬ fel", die man duldet, weil man sich ihrer nicht ent ledigen kann, und dasselbe identische Interesse ver einigt demnach Alle in dem einen Punkte, die sich immer stärker documentirende Abneigung der chinesi schen Regierung gegen jedes Vordringen derselben im Lande zu bekämpfen. Verfolgt man den Verlaus der Ereignisse seit dem Beginn unserS engern Verkehrs mit China, so zeigt sich periodisch, je nach einem Zwischenraum von ungefähr 20 Jahren, eine Wieder holung desselben Vorgehens und de« steten Versuchs seiten der Regierung in Peking, den Verkehr der Frem den im Lande auf das geringste Maß zurückzuführen, wenn nicht gänzlich zu unterdrücken. So entstand 1840 bis 1842 der erste Krieg mit England, 1858 der zweite mit England und Frankreich, der 186l mit der Einnahme von Peking und der Zerstörung des kaiser lichen Sommerpalastes seinen Abschluß fand. Seitdem ist wiederum ein gleicher Zeitraum verflossen, und nachdem die erhaltene Züchtigung nur zu schnell ver schmerzt und vergessen und China sich von den Nachwehen der schweren Niederlage erholt hat, glaubt man, allem Anschein nach, in Peking die Stunde gekommen, das ersehnte Ziel, wenn auch auf einem andern Wege, als früher erreichen zu können, und die Kuldfchadifferenz mit Rußland erweist sich dazu als ein höchst will kommener Vorwand. Daß diese Darstellung der Ver hältnisse auf Thatsachen dasin, läßt sich unjchwer nach weisen. Vor Jahren schon lagen dieselben selbst den weniger Eingeweihten in China klar vor Augen, und damals eben so wenig wie heute gab man sich irgend welchen Illusionen über den guten Willen der Chinesen hin, oder erwartete durch längern Verkehr mit ihnen irgend welche Besserung. Die chinesischen Staatsmänner, die in diplomatischen Kunstgriffen genügend bewandert sind, haben stets die große Kunst des geduldigen Abwartens geübt und sich dabei nicht schlecht befunden. So ließen sie denn, von vornherein über das nächste Ziel einig, den Dingen ruhig ihren Lauf und bereiteten sich ganz in der Stille auf eine Action vor, die, wenn auch erst nach Jahren, in Scene gesetzt werden sollte. War eS nicht möglich, was man vorzugsweise gern bewerkstelligt hätte, die Fremden ganz aus ihren Positionen und selbst aus den Hafenstädten zu entfernen, fo mußte doch einem, im Lause der Zeit zu erwartenden fernern Vordringen derselben vorgebeugt werden. Vielfache während der letzten Jahre bekannt gewordene chinesische Denkschriften ' geben interessanten Aufschluß über die in sogenannten gelehrten und weiteren Kreisen in Betreff dieses Punktes vorherrschenden Anschauungen und die dabei einzu- fchlagenden Wege. Alle stimmen aber darin vollkom men überein, daß unter keinen Umständen den Aus ländern, sei eS auf commerziellem oder auf sonstigem Gebiete, weitere Concessionen gemacht werden dürften. Wie wenig günstig die chinesischen ReglerungSkreife Ausländern im Allgemeinen gesinnt sein mochten, fo betrachteten sie von jeher vor Allem Rußland mit be- fonderS seindfeligen und argwöhnischen Blicken. Die Abtretung des Amur- und UssurigebieteS an letzteres trug nicht wenig dazu bei, diese feindselige Stimmung zu erhöhen, die man nur geschickt zu verbergen wußte und der kein thätiger Ausdruck gegeben wurde, so lange man nicht über eine genügende Machtentwicke lung verfügen konnte, um dem unbequemen Nachbar- reich entgegentreten zu können." Nach der Darstellung deS Berichterstatters der „Hamburger Nachrichten" be absichtigte die chinesische Regierung einen offenen Bruch mit Rußland, um, da sie sich militärisch und finanziell stark genug sühlte, den Krieg vom Zaune zu brechen und dann gegen alle Europäer vorzugehen. „Als erste Etappe auf dem Wege zum offenen Bruch bot die Kuldfchadifferenz einen sehr willkommenen Vorwand. Der Gesandte Tfchung-Hau wurde nach St. Peters burg geschickt, um wegen Rückgabe des seiner Zeit auf Wunsch des chinesischen Gouverneurs von russischen Truppen besetzten Gebietes zu unterhandeln. Daß dem russischen Staate an dem Besitz dieser GebietStheile selbst sehr wenig gelegen ist, geht auS der Bereitwilligkeit hervor, mit welcher die ka-serl. Regierung sich zur Retrocession derselben erbot, dabei aber gleichzeitig da» gewiß nicht unberechtigte Verlangen einer Entschädigung für die verursachten Kosten stellte. Es ist kaum anzu- nehmen, daß der chinesischen Regierung eine solche Forderung ganz unerwartet gewesen fern sollte. Man ist freilich fehr naiv in Peking, aber so naiv ist man selbst dort nicht, um irgend etwa» umsonst zu thun oder zu glauben, daß Ändere nicht dasselbe Princip verfolgen sollten. Es hat niemals verlautet, und eS wird schwerlich jemals bekannt werden, welcher Art die Instructionen gewesen sind, die Tfchung-Hau für feine Verhandlungen ertheilt wurden. Im höchsten Grade undenkbar ist eS >ndeß, daß derselbe unbeschränkte Vollmacht zum Abschluß des Vertrages gehabt, noch weit unwahrscheinlicher, daß selbst ein Beamter von dem hohen Range Tschung-Hau's gewagt haben sollte, gegen die Intentionen und da- Interesse seiner Re gierung eigenmächtig zu verfahren. Die Vermuthung liegt fehr nahe, daß man chinesischer Seit» auf irgend welche Entschädigungsansprüche vorbereitet und im Voraus entschlossen, diese zurückzuweisen, dem Ge sandten Instructionen so zweideutiger Art ertheilte, daß er vollständig im Sinne derselben zu handeln glaubte, und daß von vornherein die Absicht vorlag, ihn „herein fallen" zu lasfen und später zum Sündenbock zu machen. Derartige Fälle sind früher schon öfters in China vorgekommen, und noch während des letzten Krieges desavouirte man die ersten Abmachungen der mit Lord Elgin und Baron GroS verhandelnden Bevollmächtigten, infolge dessen der Vormarsch auf Ackin beschlossen wurde. In nichtruffifchen Blättern findet man häufig in letz ter Zeit, bei Besprechung einer wichtigen Angelegen heit, eine gewisse Genugthuung ausgedrückt über die Möglichkeit eines chinesischen Sieges über Rußland. Es steht zu hoffen, daß obige Darlegung der Frage in etwas dazu beitragen wird, die den Chinesen ent- gegengedrachten Sympathien auf das richtige Maß zurückzuführen. Für Diejenigen, die dieselbe als viel leicht zu schroff hingestellt anzusehen geneigt sind, mag daher noch das Folgenoe am Platze lein. Einer der hervorragendsten Sinologen, der die größte Zeit feine» Lebens in China und ausschließlich im Verkehr mit den chinesischen Behörden zugebracht hat und welcher heute als Gesandter sein Land in Peking vertritt, sprach vor ungefähr 13 Jahren seine feste Ueberzeug- ung dahin aus, daß die Chinesen innerhalb 15 bi» 20 Jahren den Versuch machen würden, alle Auslän der von ihrem Boden zu vertreiben. Diese damals viel bespöttelte Ansicht hat nach allem hier Angejühr- ten weit weniger Unwahrscheinlichkeit für sich, als man seiner Zeit dachte." Lagesgeschichte. Dresden, 29. Juli. Der kaifrrl. russische Ge sandte, Hr. v. Nelidow, begiebt sich heute auf Urlaub und wird zunächst zum Gebrauche des See bades nach Scheveninaen reisen. Während seiner Ab wesenheit wird der kaiferl. russische Gesandtschaftsattache, Hr. v. SilvanSky, als Geschäftsträger fungiren. * Berlin, 28. Juli. Se. kasserl. und königl. Hoheit der Kronprinz, welcher heute Vormittag auf Sr. Majestät Dacht „ Hohenzollern " daS Panzerge schwader verlassen hatte, traf Nachmittags 2 Uhr in Friedrichsort em und wohnte alsbald den von 2 bis 4 Uhr ausgeführten Torpedo- und Mliienübungen bei, bei welchen die Sprengung des „Barbarossa" erfolgt». Der „Barbarossa" sank auf den ersten Schuß. In Kiel ging sodann der Stapellauf der Panzercorvette 0 von Statten, welche Se. kaiserl. u. königl. Hoheit auf Feuilleton. Nedigirt von Otto Banck. Ei« Kleinod der Nordhäuser Gewerbeausstellung. Die Nordhäuser GewerbeauSstellung weist auch eine Anzahl alter Bücher, Flugblätter und Handschriften auf, welche ein hohe- Interesse erregen. Diefelben sind der Bibliothek der St. Blasiikirche in Nordhausen entnommen, welche eine große Menge solcher seltenen und interessanten literarischen Schätze besitzt; an Büchern allein ca. 400 Bände und 1000 Nummern. Sie waren ursprünglich Elgenthum de» eine halbe Stunde östlich von Nordhausen gelegenen, jetzt in eine Meierei umgewandelten ServitenNosterS Himmelgarten (bortus vooli), wurden bei der Zerstörung diese» Kloster» im Bauernkriege nach Nordhausen in da» Hau» eines Servilen gerettet und gelangten später in den Besitz der Blasiikirche daselbst. Diese Klosterbibliothek — denn al» eine solche haben wir die Sammlung an- zusehkn — hat einen bedeutenden antiquarischen Werth. Die Drucke sind Jncunabeln (alte Drucke von der Er findung der Buchdruckerkunst an — ca. 1450 — di» etwa 1530), und alte Wissenschaften, am meisten die mittelalterliche Theologie und Scholastik, sind ver treten, auch au» der Resormation». und humanistischen Literatur bietet sich viel. Dazu find die meisten der selben selten und werthvoll, wie denn gewisse Autoren in großer Vollständigkeit vorhanden sind, namentlich die Werke von Luther und vor allen Dingen die von Era»mu» von Rotterdam; auch eine Sammlung von Bibeln und «ine Zusammenstellung der Kirchenväter findet sich in der Sammlung, und was daS Gebiet der mittelalterlichen Philosophie betrifft, fo bekommt man Bücher zu fehen, die man kaum dem Namen nach kannte. Von diesen interessanten und lehrreichen Selten heiten ist nun eine ziemliche Anzahl auf der Gewerbe ausstellung der Besichtigung und Einsichtnahme eine» weitern Kreise» zugänglich gemacht. Die „Thüringer Post" enthält hierüber nachstehenden, auch für weitere Kreise interessanten Bericht. Die Auswahl der Bücher, die meist recht stattliche Folianten sind, ist eine der artige, daß man in fortlaufender Reihe die Entwicke lung der Buchdruckerkunst von 1475 bi» 1500 ver folgen kann. Die Güte de» Papier», der Buchbinder arbeit, sowie die Vorzüglichkeit de» Drucke» ist, wenn man die noch primitiven Instrumente und den Zu- stand der sich noch in den ersten Anfängen befindenden derartigen Gewerbe jener Zeit in Rechnung bringt, wahrhaft zu bewundern Der Druck ist kräftig und deutlich, da» Papier hat sich fehr gut gehalten, und der Einband ist außerordentlich fest und dauerhaft, va man, um zu verhindern, daß der Faden in das Druck papier einreiße, beim Heften theil» Schweinsleder, theil» Pergament verwandte. Viele der ältesten Bücher sind mit Holzschnitten, großentheil» fehr instructiven und mit theilweise fehr fein gepreßten Ledereinbänden versehen; einige sind mit prachtvollen Initialen ver liert. Auch ein paar libri catoaati (mit Ketten ver sehene Bücher) befinden sich unter den ausgewählten, an denen die Spuren der abgerissenen Kelten noch zu sehen sind. Besonders zu erwähnen sind: eine deutsche Bibelübersetzung vor Luther von Rymann von Oeringen, Aug»burg 1507; eine deutsche Bibel von Luther, gedruckt von Han» Lust, Wittenberg 1543; Luther'» Werke, lateinisch und deutsch, in Drucken aus Jena und Wittenberg; der Sachsenspiegel auS dem Jahre 1482 (ein wahrer Prachtvruck); plattdeutsche Postille von Spangenberg, Magdeburg 1556 (selten und auch als Sprachdenkmal nicht ohne Bedeutung); eine Collection von ReformationSliteratur; eine Anzahl alter Drucke auS PanS, Lyon, Venedig, Rom, Leyden, Straß burg u. f. w.; erste Ausgaben von Geyter v. KayserS- berg; Melanchthon'» griechische Grammatik; Schriften von Hutten, EraLmus, Zwingli, Wicleff u. A.; Drucke mit Holzschnitten von Albrecht Dürer. Interessant, wenn auch nicht gerade von großer historischer Bedeutung, sind die auf die Deckel einiger Bücher geschriebenen Notizen, ein Küchenrecept, einen kräftigen Spruch gegen Zahnweh, Nachrichten über Diebstähle, Weherufe über das entartete Menschen geschlecht, Glaubensbekenntnisse, Stammbänme u. dgl. enthaltend. Da in jener Zeit ein Buch ein kostbares Besitzthum war, so pflegte man dasselbe mit solchen Notizen zu versehen. Auch mehrere alte Handschriften aus der genannten Bibliothek sind zur Schau gestellt; so Bruchstücke auS einem Handmissale deS 13. Jahrhunderts, deSgl auS einer Perikopensammlung, Officium auf den heiligen Bonifaciu» und seine Genossen auS dem 12. Jahr hundert; deSgl. auS einer Parcivalhandfchrist; ein Blatt auS einem Benedictinerbrevier deS 11. Jahr hundert». Endlich sind die Flugblätter, welche in jener Zeit bekanntlich die Stelle der Zeitungen versahen und von Händlern durch da» Land getragen wurden, in mehreren Ex-mplaren vertreten. Sie find für die Zeitgeschichte und den Zeitgrschmack von großem In teresse. Auf einem derselben erblicken wir ein Mäd ¬ chen von Wunderzeichen befallen. Ein anderes, aus dem Jahre 1519 stellt Vermuthungen über die Geburt des Antichrists dar. Auf einem dritten ist abgebildet „der ehrbare Meister Johannes Bolggener auS Er furt, fo der berühmteste Waffenschmied in ganz Deutsch land gewesen." Der gefeierte Dichter Nikolaus MarS- calcus ThuriuS hat auf den Tod des Mannes ein Epitaph geschrieben und ein Gedicht, daS auf dem Blatte mltgetheüt wird. Auf einem vierten sieht man ein menschliches Gerippe, darüber steht: „^natbomia onsium totius buwani eorpvrio" (Anatomie der Ge beine des ganzen menschlichen Körpers); zur Rechten aber eine Erklärung und zur Linken: „I'reoeas tbowia per ckoctisoiwum virura kilaßistrum Uicbar- cluiu Ueland aitium et meäieine doctoreiu karissii salubriter oomposita. lüptLlc impresou ^uno 1501." (Diese Anatomie ist geschrieben von dem hochgelehrten Herrn Magister Richard Heiland, Doctor der freien Künste und der Medicin.) Um noch von einem fünf ten zu berichten, so zeigt es sonderbare Himmelser scheinungen, buntgemalt, „so im Jahre 1520 in dem Monat deS JennerS zu Wien in Oestreich alle nach eynander am Hymmel gesehen worden, wie eS dann hie by ieglichen zeychen geschriden stot, und haben» allwegen ettlich tusend Menschen gesehen". ES tritt dem aufmerksamen Beschauer aller dieser antiquarischen Schätze in Umrissen nicht nur die Ge- schichte der Buchdrucker-, sondern auch dcr Buchbinder-, der Holzschnitt- und Lederpreßkunst de» Zeiträume«, den sie repräsentiren, entgegen, desgleichen in einigen Zügen der damalige Culturstandpunkt und die dama lige Geschmacksrichtung.
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