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MMuffer Tageblatt für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Anzrigrnprri,: die 8 gespaltene SUumueile 20 Apfg., die l gespaUen« Zeile der amtlichen BekanntMachnnaen 40 Leich,« Pfennig, die 3gespaltene Ncklamezeite i« textlichen Teile I Leich»mark. Rachweisung,gebohr 20 Sieichrpfenuige. Bae» geschrieb-u. Lrscheinun,,. tage und Platz» arschriftr» werden uach MSgiichkeit Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 berücksichtigt, «neri^a. annahmebi, ooem.lOUHr. — — — - bür die Richtigkeit der durch FernrufLbermitteltenRnzeigeu übernehmen wir keine iSarrntie. JederRabattanspruch erlischt, wen« derBetregdmrch «läge eing^ogen merden mutz oder der Auftraggeber in Koukur, gcrüt. Anjeigen nehmen alle Vermittlungsstellen entgegen. Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, Wochenblatt für Wilsdruff v. Umgegend ^üungnl entgegen. 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Das außerordentlich komplizierte — aber in einer Geschäftsordnung nie festgelegte — parlamentarische Gewohnheitsrecht Englands schlägt diesen Weg ein, wenn es sich darum handelt, daß rasch, entschieden, ohne allzu langes Reden und unter Teilausschaltung sonst zulässiger Oppositionsrechte gehandelt werden soll. Das aber gerade will ja dieses in seiner Zusammensetzung so seltsame Kabinett Macdonald und so knüpfte es an den Beschluß einer solchen Umkonstituierung die Vertrauensfrage. Sie wurde mit 59 Stimmen Mehrheit bejaht. Nun wird es sich zeigen, ob d i e Aufgabe, die eine und einzige, derent wegen das „Notkabinett" gebildet wurde, auch wirklich zu lösen vermag: den schwer erschütterten englischen Haus halt wieder auszugleichen und damit den Kredit Englands wieder aufzurichten und - das Pfund Sterling zu stabili sieren, es aus der bisherigen Gefahrenzone herauszu bringen. England, sein Kredit und seine Währung soll wieder auf feste Füße ge stellt werden. Und wenn das Kabinett mit Hilfe des jetzigen Parlaments dieses Programm durchgeführt hat, dann soll in Neuwahlen das englische Volk sein Urteil fällen. Hinter Macdonald — Snowden — Thomas sitzen nur noch etwa ein Dutzend Parlamentsmitglieder der Arbeiter partei. ihnen gegenüber, in schärfster Opposition, die rest lichen mehr als 250 unter Hendersons Führung, der bis vor kurzem als Außenminister Macdonalds Kollege und Gesinnungsfreund war. Jetzt trennt beide — aber nur in der Politik und im Parlament, nicht im Leben — ein um so tieferer Abgrund, als ja nicht etwa nur die Negierung selbst, sondern auch die Opposition ein Sanierungs- Programm aufgestellt hat. Mehrheit und Opposition haben also dasselbe Ziel: Beseitigung des Defizits im Haushalt, - aber sie verfolgen dieses Ziel natürlich auf sehr verschie denen Wegen. In der Hauptsache — auch Macdonalds Rede spitzte sich sehr rasch darauf zu — ist es die finanzielle Seite der Arbeitslosigkeit, also die Arbeitslosenunterstützung, um sie von hüben und drüben her der Streit geht. Auch in England ist ebenso wie in Deutschland dies der Strudel, in den immer größere Staatsmittel hineingerissen wurden und werden. Die Mehrheit des Parlaments — Konser vative, Liberale und die wenigen Anhänger Macdonalds aus der Arbeiterpartei — wollen neben großen Streichun gen bei den Staatsausgaben die Leistungen und damit Vie Kosten der Arbeitslosenunterstützung herabdrücken. Die Opposition lehnt das letztere schroff ab und will den Ausgleich vor allem durch Steucrerhöhungen Herbei führen Was dort als nächste Folge der Reform der Arbeitslosenunterstützung gefürchtet wird, ist ein allge meiner „Angriff" auf Löhne und Gehälter und dann die Einführung nicht mehr bloß von Finanzzöllcn, mit der sich große Teile der Labourpartei und der Gewerk schaften absinden würden, sondern des von den Konser vativen verlangten Schutzzollsystems, das im Unterhaus vom Führer der Rechten, dem bekannten Lord Wunston Churchill fast triumphierend befürwortet wurde. Bei den nächsten Neuwahlen wird das englische Polk darüber zu entscheiden haben, ob es wirklich in dem grundsätzlichen Übergang zum Hochschutzzollsy st em das Heilmittel mr seine Wirtschaftskrise und damit auch gegen die Ar beitslosigkeit sicht. . Siehr man aber ein wenig hinter das Äußere des politisch-parlamentarischen Geschehens, so muß man in diesem nicht zuletzt auch den Ausdruck für eine Zu - fpitzung der sozialen Gegensätze sehen, wenn man will: der Klassengegensätze. Denn der Drehpunkt ist letzten Endes — auch für die Not der Staatsfinanzen, des Kredits, der Währung — immer wieder die Wirt- schastskrife mit ihrer sozialen Auswirkung einer Arbeits losigkeit von rund 3 Millionen Menschen. Sie zu über winden ist dem Führer der Arbeiterpartei Macdonald als Ministerpräsident und seinem Kabinett nicht gelungen. soll das „Notkabinett" Macdonald eine gewiß nicht aber begrenzte Aufgabe lösen: die Erschütterung vcs -oeltvertrauens zu England zu beseitigen. Deutsche Volkspartei und Nr. Curtius. Die Beratungen der Reichslagsfraktion. Die Pressestelle der DVP. teilt mit: „Die Reichstags- stanton der Deutschen Volkspartei hat in zwei fast völl- sähllg besuchten Sitzungen eine umfassende politische Aus sprache gepflogen. Der erste Teil der Beratungen galt den manziellen und wirtschaftlichen Problemen. Der gemein- ame Gedanke der Vorträge und der Aussprache bewegte die daniederliegendc Wirtschaft und du?ck> kreditpolitische Lockerungen, Her- Prod Manien Lüsten und Verminderung der Kleben und damit auch die Gesun- mng der °f enmchen Finanzen herzustellen. litiscben Laa/ ^""0,«gen galten der allgemeinen po- üt.schcn Lage, insbesondere der Außenpolitik, über die der Die große Was werden die nächsten Notverordnungen bringen? Sparmaßnahmen tm Beamlenrechl. Die Arbeiten an den Retchsnorverordnun- gen gehen innerhalb der Ressorts der Ministerien fori. Zu den Fragen, die gemeinsam für sämtliche Länder durch Reichsgesetz geregelt werden sollen, dürfte auch die der sogenannten Großpensionäre gehören, zu deren Regelung das Reichsfinanzministerium bereits eine Vor- läge fertiggestellt 6at. Es ist anzunehmen, daß hierbei das Pensionskürzungsgesetz, das vom Reichstag bisher noch nicht verabschiedet worden ist, durch Reichs notverordnung in irgendeiner Form eine Erledigung findet. Dieses Gesetz wrrd, wie verlautet, alle Pensionen kürzen, die den Betrag von 12 000 Mark im Jahre übersteigen. Die darüber hinausgehenden Pensions beträge sollen so gekürzt werden, daß entsprechend der An zahl der Jahre, die der Pensionsempfänger in der seiner Pension zugrunde liegenden Besoldungsstufe gestanden hat, eine Kürzung von 10 bis 50 Prozeni eintritt. In der Notverordnung dürfte auch noch eine Reihe anderer beamtenrechtlicher Fragen geregelt wer den. Wie verlautet, handelt es sich dabei u. a. um die Herabsetzung der Höch st Pensionsgrenze von 80 aus 75 Prozeni und um die Erhöhung der Ausrük- kungsfristen in die nächste Gehaltsstufe von zwei aus drei Jahre. Gleichzeitig sollen unter diese Bestimmungen auch die Beamten und Angestellten der öffentlich-rechtlichen Körperschaften fallen, über die Frage der Verfas- sungsrechtlichkeit der Pensionskürzungen sind die Auffassungen an den zuständigen Stellen noch geteilt. Es scheint jedoch hierbei der Begriff der „angemessenen Versorgung" eine Nolle zu spielen, wobei man sich auf ein Reichsgerichtsurteil vom lO. Juli 1931 sowie auf ein Urteil des Reichsfinanzhofes vom 25. März 1931 stützt. Die Notverordnung soll noch für Ende September in Kraft treten. Das preußische Kabinett steht vor dem end gültigen Beschluß über die Sparmaßnahmen. Es ist ge plant, diejenigen Maßnahmen, die allein aus Preußen Bezug haben, unmittelbar nach der Verabschiedung durch das Kabinett zu veröffentlichen, jedoch wird eine Reihe von Fragen, die im Zusammenhang mit einer Notverord nung des Reiches veröffentlicht werden sollen, zunächst noch zurückgestellt werden. Es handelt sich hier u. a. um beamtenrechtliche Fragen und einige weitere Punkte, die für alle deutschen Länder Gültigkeit haben werden. Aufrückungssperre. In der Vorlage, die neben den Pensionskürzungen auch die reichsgesetzliche Regelung anderer beamtenrecht licher Fragen bringen soll, ist auch eine Ausrückungs sperre enthalten, derzufolgc für zwei Jahre ein Auf rücken der Beamten in eine höhere Gehaltsstufe unter bleiben soll. Sparwelle. Die Beamtenschaft protestiert. I Gegen die Notverordnung vom 24. August. Die Vertreter des Landesbundes Sachsen des Deut schen Beamtenbundes haben erneut zur Notver ordnung des Reichspräsidenten vom 24. August, dem be sonderen Rundschreiben des Reichsfinanzministers dazu an die Länderrcgierungen vom 27. August und dem Bericht! über den Sachstand in Sachsen, soweit er überhaupt be kannt geworden ist, Stellung genommen. Im Namen ihrer- Verbände lehnen sämtliche Vertreter einmütig alle dew Ländern zur Durchführung angesonnenen Sondermaß nahmen gegen die Staatsbeamten, Gemeindebeamten und Lehrer oder gegen einzelne Gruppen innerhalb dieser Sparten mit Nachdruck ab. Der Landesbund verlangt, daß die von der Regierung selbst aufgestellten sachlichen Ver gleichs- und Leistungsgrundsätze des geltenden Besol dungssystems nicht zum Nachteil einzelner Gruppen ver letzt werden. «r Auch der Reichsbund der Amtmänner wendet sich in einer Entschließung des Landesverbandes Sachsen gegen die Verordnung des Reichspräsidenten vom 24. Aug., die das Berufsbeamtentum zu entrechten drohe. Der Reichsbund tritt für maßgebende Mitbeteiligung des Be amtenbundes bei der Neugestaltung seiner Verhältnisse ein. Rückkehr -er Nationalsozialisten in den Reichstag. Dr. Frick über Gegenwarls- und Zulunftssragen. In einer Versammlung der NSDAP, in Hannover sprach Staatsminister a. D. Dr. Frick über politische Gegen- warts- und Zukunftsfragen. Einleitend wandte er sich scharf gegen die Erfüllungspolilik und besonders gegen das Kabinett Brüning. Die Vertretung des deutschen Polkes in Genf sei durch Dr. Curtius erfolgt, die jedes andere Land mit der Forderung auf sofortigen Rücktritt des Ka- binefts beantworten würde. Der Redner übte dann scharfe Kritik an den Notverordnungen, die zur Unter drückung der nationalen Opposition erlassen seien- Dis NSDAP, verlange Rücktritt des Gesamtlabinetts Brüning, Auflösung des Reichstages und des Preußischen Land tages. Sie werde am 13. Oktober bei Wiederzusammeu- tritt des Reichstages wieder in den Reichstag cinzichen, um dem Kabinett Brüning ein baldmöglichstes Ende zu bereiten. * preußische Gparnotverordnung fertiggestellt. Das Kabinett beendete die Beratungen über die Spar maßnahmen der preußischen Sparnotvcrordnung. Die Ver öffentlichung der Maßnahmen wird erst nach Abschluß der Beratungen über die Reichssparnotvcrordnung erfolgen. Vorsitzende, Abg. Dingcldcy, den einleitenden Bericht er- hattete. Von den Verhandlungen des Parteiführers mit Neichsaußcuministcr Dr. Curtius wurde zustimmend Kenntnis genommen. In der inneren Politik fordert die Fraktion mit aller Entschiedenheit ein rasches und ent schlossenes Handeln der Neichsregierung. Das Zögern der staatsführung in der Durchführung oft angekündigter, wringend erforderlicher Maßnahmen könne von der Deut schen Volkspartei nicht länger geduldet werden." Wieder Vergrößerung der Mlendeckung. Verringerter Notenumlauf. — Erhöhte Goldbestände. Nach dem Ausweis der Retchsbank vom 7. Septem ber 1931 hat sich in der verflossenen Bankwoche die ge samte Kapitalanlage der Bank in Wechseln und Schecks, Lombards und Effekten um 170,2 Millionen aus 3279,8 Millionen Mark verringert. An Neichsbanknolen und Rentenbank scheinen zusammen sind 101,4 Millionen Mark in die Kassen der Neichsvank zurückgeflossen, und zwar hat sich der Umlaus an Reichsbanknoien um 91,8 Millionen aus 4292,1 Millionen Mark, derjenige an Rentenvankscheinen um 9,6 Millionen auf 4l0,4 Millionen Mark verrtn- gert. Die fremden Gelder zeigen mit 434,1 Millionen Mark eine Abnahme um 74,5 Millionen Mark. Die Bestände an Gold und veckungssähigen Devisen haben sich um 48,6 Millionen auf 1771 Millio nen Mark erhöht. Im einzelnen Haven die Goldbestände um 4,4 Millionen auf 1370,5 Millionen Mark und die Bestände an deckungsfähigen Devisen um 44,2 Millionen auf 400,4 Millionen Mark zugenommen. Die Deckung der Noten durch Gold und deckungs fähige Devisen beträgt 41,3 Prozent gegen 39,3 Prozent in der Vorwoche. Zum Verliner Besuch Lavals und drian-S. Das Programm. Das Programm der Berliner Besprechungen ist be reits während des Besuches des Reichskanzlers Brüning und des Außenministers in Paris in großen Linien fcst- gelegt worden und umfaßt sämtliche aktuellen, die Bezie hungen zwischen Deutschland und Frankreich berührenden Fragen, darunter auch die endgültige Regelung der Saar- jrage. Wieweit die deutschen Ostfragcn während des Be suches zur Sprache kommen werden, ist noch nicht end gültig entschieden. Die endgültige Ausstellung des Ver- handluugsprogramms für den Berliner Besuch erfolgt in dem gegenwärtigen Gedankenaustausch zwischen Laval und Reichskanzler Brüning und in den Genfer Unter redungen zwischen dem deutschen und dem französischen Außenminister. * Francois-Poncet am 20. September in Berlin. Wie in Paris zuverlässig verlautet, soll Franyois- Poncet den Berliner Botschafterposten am 20. September antreten. Das Stillhalteabkommen unterzeichnet. Das Stillhalteabkommen ist durch die drei beteiligten deutschen Stellen — Neichsbank, Deutsche Golddislont- bank und Bankcnkomitäe — unterzeichnet worden. In Kraft tritt das Abkommen an dem Tage, an dem sie Bank für Internationalen Zahlungsausgleich an die beteiligten Stellen die Mitteilung gelangen läßt, daß sämt liche Vertragsparteien den Vertrag gezeichnet haben. Der Text wird bckanntgcgeben werden, sobald der Vertrag m Kraft getreten ist.