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Woche«- und KnchrichlMM zugleich 8Wfts-UWM für WMf, Militz, Berisiorf, Nüsiorf, St. Wien, SeinWort, Mariennn uni> Miilsen. Amtsblatt für den Stadtrat ;« Ltchtenftein. ————-—-—— ——— 4«. Jahrgang. ———————— — - —— Nr. 146. Freitag, den 27. Juni 1890. Dieses Blatt erscheint täglich (außer Sonn» und Festtags) abends für den folgenden Tag. Vierteljährlicher Bezugspreis 1 Mark 25 Pf. — Einzelne Nummer 10 Pfennige. — Bestellungen nehmen außer der Expeditton in Lichtenstein, Markt 179, alle Kaiser!. Postanstalten, Postbote«, sowie die Austräger entgegen. — Inserate werden die viergespaltene Korpuszeile oder deren Raum mit 10 Pfennige» berechnet. — Annahme der Inserate täglich bis spätestens vormittag 10 Uhr. Deutscher Reichstag. Sitzung vom 25. Juni, 12 Ubr. Am Bundesratstische: von Caprivi, von Bötticher, von Verdy, von Maltzahn. Das Hans ehrt das Andenken des verstorbenen Abg. Grafen Bernstoff durch Erheben von den Plätzen und setzt dann die zweite Beratung der Militärvor lage fort. Abg. von der Decken (Welfe): Die Gegner des Sep tennats, die s. Z. als Neichsfeinde gebrandmarkt worden sind, erhalten mit dieser Vorlage eine glänzende Genugthuung. Es zeigt sich heute, daß die Septennatsfrage keine Bedeutung hatte. Die Notwendigkeit neuer Steuern erscheint uns nicht dargethan. Für die Beschaffung neuer Geschütze niag das Urteil der verbündeten Regierungen ja maßgebend sein, sind hierfür aber Mehrf.-rderungen nötig, so muß die Militärver waltung an anderen Punkten sparen, die neuen Militärfor mationen in Frankreich und Rußland bieten für uns keinen Anlaß zur Erhöhung unserer Fricdenspräsenz; jedenfalls sollte diese nicht bewilligt werden, ohne gleichzeitige Einführ ung der zweijährigen Dienstzeit, bezüglich deren wir ja gestern eine runde Absage vom Herrn Reichskanzler empfangen haben. Bei dieser Militärlast verfällt das Volk immer mehr der Verarmung und wird der Sozialdemokratie in die Arme ge trieben. So kann es nicht mehr weiter gehen und wir lehnen darum die Vorlage ab. Abg. Frhr. v. H ü u e (Ztr.): Der Abg. Windthorst hat gestern unseren Standpunkt klargelegt, wir werden dem gemäß für die Vorlage stimmen. Dem gegenüber ist aber die ablehnende Haltung des Reichskanzlers gegenüber den von der Kommission vorgeschlagenen Resolutionen bedauerlich, dadurch muß die Annahme verstärkt werden, daß die Militär verwaltung noch besondere Zukunstspläne hat und neue große Forderungen vorbereitet. Die Zukunftspläne haben in der That tiefe Beunruhigung in weite Kreise der Bevölkerung getragen und unsere Aufgabe ist es, diese Beunruhigung wieder zu beseitigen. Diese Vorlage ist nun allerdings eine Notwendigkeit, wir müssen also von Kompensationen das Mögliche nehmen und nicht das Unmögliche fordern. Die uns zugestandene Erhöhung der Disposittonsurlaubcr um 6000 Mann ist keine Lappalie und Herr Richter hätte nicht so geringschätzig gestern davon sprechen sollen. Die zwei jährige Dienstzeit ist in der That populär, aber nicht minder richtig ist, daß dagegen ernste militärische Bedenken bestehen. Auch wäre es eine Ungerechtigkeit, wenn die Mannschaften der Kavallerie und Artillerie drei Jahre, die bei der Infan terie aber mir zwei Jahre dienen sollten. Alle diese Bedenken müssen in Betracht gezogen werden. Die freisinnige Partei verlangt nun eine Verfassungsänderung, um die zweijährige Dienstzeit durchzusetzcn. Was würden die Herren aber wohl sagen, wenn in ähnlicher Weise, so ganz nebenbei, eine andere Verfassungsänderung, z. B. über das allgemeine Stimmrecht, verlangt werden würde? Ein solches Verfahren ist un würdig! Herr Richter meinte gestern, die Artillerie würde nur zu Paradezwecken vermehrt. Das ist doch grundfalsch. Herr Richter hält auch alles für gut und ausreichend bei uns. Dieser Mut auf anderer Kosten ist ja billig. Herr Richter mag die Vorlage ablehuen, wir sind bereit/ zu be willigen, was zur Erhaltung des Ansehens und der Ehre des Reiches nötig ist. Reichskanzler v. Caprivi: Der Herr Vorredner hat von den Zukunftsprojekten des Kriegsministers gesprochen. Ich will dazu nur bemerken, daß für mich nicht Projekte einzelner Personen in Betracht kommen, sondern nur Pro jekte der verbündeten Regierungen. Da kann ich nur wieder holen, solche Projekte bestehen nicht. Wir haben es heute nur mit der dem Hause unterbreifeten Forderung zu thun und bitte nochmals nm deren Genehmigung, da die Not wendigkeit derselben ganz außer allem Zweifel ist. Bezüglich der Vermehrung der Dispositionsnrlanber nm 6000 Mann will ich nur noch bemerken, daß diese Erleichterung eine dauernde sein soll. Staatssekretär v. Maltzahn : Herr Rickert hat gestern von den fortwährenden Steuerforderungen gesprochen, die das Volk belasteten. Er hat aber Vonden fortwährenden Steuer erleichterungen kein Wort gesagt, die allein in Preußen 78 Millionen betragen. Diese Summen müssen doch auch in Anrechnung gebracht werden. Ob zur Durchführung der Militärforderungen neue Steuern nötig sein werden, weiß ich nicht, ich kann heute also keine bestimmten Vorschläge machen. Daß Mehrausgaben kommen, ist zweifellos; diese werden schon durch die Alters-Invalidenversicherung hervor gerufen, wie die Herren ja wissen. Ob die Militärausgaben so bedeutend fein werden, um für sich neue Steuern nötig zu mache», kann ich, das wiederhole ich, nicht sagen und des halb habe ich auch früher nichts gesagt. An eine Aufhebung der Getreidezölle ist heute jedenfalls nicht zu denken. Die Finanz» crhältnisse der Einzelstaaten sind nicht so schlecht; daß sie bedeutende Einnahmen vom Reiche haben, ist ja doch unstreitbar. , Abg. Bebel (Soz.): Die gestrige auffallende Rede des Abg. Windthorst ist nur daraus zu erklären, daß die Zcntrumspartei im Begriff ist, Regierungspartei saus xbrass zu werden. Das Zentrum hat heute alle seine Versprechungen von den Wahlen her vergessen. (Oho! Unruhe im Zentrum.) Wenn Sie diese Vorlage ablehnen, so wird dadurch der Be stand des Reiches in keiner Weise gefährdet, lassen Sie sich doch nicht bange machen. Daß heute eine allgemeine Ab rüstung noch nicht zu verwirklichen ist, will ich zugeben, allein die Neuforderungeu der Militär-Verwaltung müssen ein Ende haben. Die ganze heutige unerquickliche Lage ist geschaffen durch die Annektion von Elsaß-Lothringen. Wir haben die selbe damals für einen Fehler erklärt, und die nun ver strichenen zwanzig Jahre haben uns recht gegeben. In Frankreich besteht in weiten Kreisen das Bestreben, Elsaß- Lothringen wieder zu gewinnen, und das hat zu dem Bündnis zwischen Frankreich und Rußland geführt. Rußland ist der Erbfeind des deutschen Reiches. Deutschland aber ist in seiiM Rüstungen stark genug, nm bei einem Kriege an zwei GrMzen Sieger zu bleibe». Rußland würde höchstens einen Verteidigungskrieg mit Erfolg führen, bei einen: Angriffs kriege aber müßte es bedeutende Truppenmassen an seiner Südgrenze festlegen. Aehnlich stehen die Verhältnisse in Frankreich und diese Zustände kommen für die Kricgsbereit- fchaft Deutschlands ganz erheblich in Betracht. Im Prinzip ist es wohl richtig, alle waffenfähigen Deutschen auszubilden, aber die Dienstzeit ist eine zu lange. Das Institut der Ein jährig-Freiwilligen, welches heute nur zu Gunsten der Be sitzenden besteht, ist der beste Beweis dafür, daß die Dienst zeit bedeutend verkürzt werden kann. Mit Recht sind Uebel stände in unserem Militärwesen gerügt, so namentlich der übermäßige Paradedrill. Im amerikanischen Kriege und auch, im letzten deutsch-französischen Kriege haben diejenigen Armeen die größten Erfolge erzielt, die ohne vorherige Ausbildung gegen den Feind geführt wurden. Die Militär-Verwaltung sollte lieber die Freudigkeit am Soldatenberuf fördern, dann bekommt sie auch leistungsfähige Soldaten und die Selbst morde in der Armee werden anfhören.. Für die Beseitigung des Messings an der Uniform sollte die Militär-Verwaltung besorgt sein; das Leben unserer Soldaten wird dann mehr geschont und überflüssiger Prunk und Flitter beseitigt. Wenn etwas böses Blut in der Bevölkerung zu machen geeignet ist, so ist es die vorhin gehörte Erklärung, an den Getreidezöllen solle nicht gerüttelt werden. Die ärmeren Klassen der Be völkerung tragen also alle Lasten dieser Vorlage allein, die Blutsteuer und die Geldsteuer. Die Resolutionen des Abg. Windthorst sind wertlos, es sind mir Dekorationen, hinter denen er seinen Rückzug verbirgt. Mit solcher Koulissen- schieberei wollen wir nichts zu thun haben. 6000 Mann Dispositions-Urlauber mehr sind keine Kompensation für die umfangreichen Neuforderungen. Wir stimmen darum gegen die Vorlage. Kriegsmiuister v. Verdy: Die Angriffe, welche der Herr Vorredner gegen die Militär-Verwaltung erhoben hat, sind in ^er That nicht begründet. Die Soldaten werden von den Offizieren nicht schlecht behandelt, sie wissen vielmehr, daß sie an denselben treue Berater haben. Die Zahl der Selbstmorde in der Armee hat heute schou in der erfreulichsten Weise abgenommen, es ist also auch hier eine Besserung ein getreten. Ich widme aber gerade diesem Pnnkfe die fort gesetzte Aufmerksamkeit. Herr Bebel hat ferner angedeutet, wir möchten die Reichslande an Frankreich zurückgeben. Dies würde nur die Folge haben, daß Frankreich ein sehr bequemes Ausfallthor gegen uns erlangt, wir unsere Wehrkraft schwächen und die französische Wehrkraft verstärken. Wenn im ameri kanischen Bürgerkriege, auf den Herr Bebel ebenfalls verwies, einer der beiden Teile über eine gute Armee hätte verfügen können, so wäre dieser Krieg schnell und mit geringen Opfern beendet. Gerade der Umstand, daß die Truppen nicht geübt waren, hat den Krieg so in die Länge gezogen. Wir dürfen uns nicht im Ruhme des letzten großen Krieges sonnen, meine Herren, die Verhältnisse von damals sind andere geworden, die Lage ist heilte für nns sehr ernst. Die gegenwärtige Vorlage schafft für unsere Armee dieselbe Grundlage, welche in Frankreich gesetzlich besteht, wir sind also den Franzosen noch nicht voraus. Die Zustimmung zu dieser Vorlage bindet Niemanden für spätere Forderungen, wenn noch welche kommen. Das können wir heute richt wissen. Ueber die Möglichkeit und Zulässigkeit der zweijährigen Dienstzeit sind die Gut achten aller kommandierenden Generäle nnd höheren Offiziere eingefordert. Es liegen 200 Gutachten der berufensten Offiziere vor, nnd von denselben spricht sich nur einer für die Möglichkeit der zweijährigen Dienstzeit ans, alle anderen dagegen. Auch in der Artillerie ist Frankreich uns heute wett überlegen. Wir haben deshalb fordern müssen, was unbedingt notwendig war. Wir haben ja nichts dagegen, wenn Sie hier im Reichstage abweichende Ansichten äußern, aber machen Sie keine Kraftprobe, ringen Sie uns nichts ab, wofür wir immer einqetreten sind und schaffen Sie daraus keinen neuen Handelsartikel. (Beifall.) Abg. Frhr. v. Marschall (kons.): Herr Bebel hat gegen die Vorlage gesprochen, aber seine Worte enthielten viele wichtige Gründe für dieselbe. Unser Verhältnis zu Frankreich würde auch daun kein anderes sein, wenn wir unseren Nachbarn die Reichslande belassen hätten. Die Nieder lage allein beherrscht die Franzosen und spornt sie zu immer größeren militärischen Leistungen. Die Angriffe auf die Kornzölle sollten die Herren von der Linken lieber lasse», denn dabei kommt für sie nichts heraus. Wie wollen denn die Herren die Ausgaben decken? Die Opposition gegen diese Vorlage wird in der Bevölkerung nicht verstanden werden. Es besteht die Notwendigkeit, also müssen wir auch dafür eintreten. Abg. v. Kouierowki (Pole): Namens meiner poli tischen Freunde habe ich zn erklären: Obwohl die Steuer kraft bereits auf das Höchste angespannt ist, und die Polen in ihren heiligsten Rechten, Kirche, Schule und Sprache be drückt werden, wollen wir einstimmig die Vorlage genehmigen, weil wir gewohnt sind, für Thron und Altar einzntreten. (Lebhaftes Bravo!) Wir wollen mit dieser Zustimmung unsere Anhänglichkeit au das deutsche Reich bekunden nnd hoffen, daß wir fortan demgemäß behandelt werden. Sollten wir darin uns irren, so werden wir später daraus die Schluß folgerungen ziehen. Hierauf wird die Weiterberatnng auf Donnerstag Mittag vertagt. a ',2 >6 41, 15, 72, 2, 79, 4, 36, 8, 51, 13, ^/6 -,2 1,4 11 8 50 505 141 5 234 36 16 2 25 ähnlich einem Meteor, beobachtet. Die Erscheinung, in Form einer glänzenden Kugel mit langem Schweif, nahm die Richtung von West nach Ost, und ver schwand, so schnell wie sie bemerkt, am östlichen Himmel. *— Hohndorf, 26. Juni. Die morgen Freitag nachm. ffs4 Uhr hierselbst stattfindende Feier der Grundsteinlegung zum neuen Schulge bäude wird in folgender Ordnung vollzogen: 1) Allgemeiner Gesang mit Musikbegleitung; 2) Rede durch Herrn Diak. Riedel; 3) Vorlesung der in den Grundstein einzulegenden Urkunde; 4) Einlegung derselben in den Grundstein unter Gesang von Schulkindern; 5) Hammerschläge, von Weihesprüchen begleitet; 6) Gesang; 7) Gebet; 8) Schlußgesang. — Eine eigentümliche Krankheit befällt, wie der „Dresd. Anz." bemerkt, in diesem Jahre ziemlich häufig die Birnbäume. Die Aeste der Bäume sterben ab, ohne daß die Ursache hierfür erkennbar wird. Die königliche landwirtschaftliche Hochschule zu Berlin hat sich jetzt mit der Ergründ ung dieser Erscheinung befaßt und erklärt dieselbe damit, daß die Larven einer Borkenkäferart: Loeop- toMstor ruAuIus, welche die Saftgänge zerstören und so das allmähliche Vertrocknen des Zweiges herbeiführen, in den eingesandten Zweigen vor handen waren. — Dresden, 24. Juni. Se. Maj. der König hat genehmigt, daß der Kaufmann Bruno Wunderlich in Loschwitz den ihm von Sr. Maj. dem Schah von Persien verliehenen Sonnen- und Löwenorden 3. Klasse annehme und trage. — Se. Königl. Hoheit der Prinz Friedrich August, Herzog zu Sachsen, ist gestern nachmittag von Potsdam wieder hier eingetroffen. — Die Flucht des Sträflings Neubauer aus Dresden ist die Ursache gewesen, daß sich ein spiritistischer Hellseher bös blamiert hat. Er meldete atemlos der Polizei, daß einer seiner Schüler in somnambulem Zustand soeben den Neubauer in einer Restauration in Cölln sitzen gesehen. Der Hellseher hatte deshalb auch an die Cöllner Polizei telegraphiert. Diese untersuchte sofort den ganzen Ort und sogar die einlaufenden Bahnzüge, während inzwischen der Mörder in gerade entgegengesetzter Richtung von Dresden gefangen ward. *— Lichtenstein, 26. Juni. Nach Inhalt des nunmehr in Kraft getretenen neuen Flurbuchs über Lichtenstein hat unsere Stadt nebst Weichbild einen Gesamtflächeninhalt von 1036 du 71,g a. Davon entfallen: *— Gestern auf Gebäude, „ Hofräume, ,, Gärten. „ Ackerland, „ Wiesen, „ Weiden, „ Hochwald, „ Niederwald, „ Teiche, „ Sand- und Lehmgruben, „ Wege rc. lls. 46, g abend gegen 9 Uhr wurde von mehreren Spaziergängern eine Himmelserscheinung,