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Wöchentlich erscheinen drei Nummern. Pränumeraüon« - Preis 22z Siwcrgr. (1 Thlr.) vicrteliähriich, Z THN. für das ganze Jahr, ohne Erhöhung. >n allen. Theilen der Preußischen Monarchie. Magazin für die Man pränumerirl aus diese« Literatur- Blatt in Berlin in der Erpeditlon der ANg. Pr. Staat«-Zeitung (Friedrich«- Straße Nr. 72); in der Provinz so wie im AuSlande bei den Wohllöbl. Post - Aemtern. Literatur des Auslandes. 86. Berlin, Donnerstag den 11. Mai 1843. England. Felicia Hemans und L. E. Landon. Von Louise von PloennteS. Ein Vergleich zwischen diesen beiden Dichterinnen wird jetzt, wo ihre Werke in Deutschland bekannter werden, hoffentlich nicht uninteressant er scheinen. Beide Frauen sind Albions liederreicher Insel entsprossen, beide sind von ihrer Nation anerkannt und gefeiert worden, beide haben fleckenlos in ihrem Wandel, liebenswürdig in ihrer Erscheinung in diesem Jahrhundert mit uns gelebt, geliebt und gelitten, beide find vor wenigen Jahren unserem theilnehmenden Blicke entschwunden. Der dunkle Schleier des Todes, welcher beide interessante Gestalten verhüllte, hat über die letzten Augenblicke der liebenswürdigen Landon einen noch tragischeren Schatten geworfen, welcher in der ersten Zeit, die ihrem frühen Tode folgte, das warme Interesse, welches wir an der Lebenden genommen, zu einer tiefen schmerzlichen Theilnahme für die Todte steigerte. Ja, einen Augenblick erfüllte uns der Wahn, L. E- Landon habe unserem Herzen näher gestanden als Felicia Hemans. Nachdem aber der erste Sturm des Schmerzes vorüber war, trat das klare Gestirn der Felicia Hemans wieder siegend hervor. Die hohe Kraft ihrer Poesie, ihre himmlische Klarheit dringt wie ein heiliger tröstender Strahl in das erschütterte Herz. L. E. Landon war durch die Lebhaftigkeit und Liebens. Würdigkeit ihrer Erscheinung ganz geeignet, uns im Leben zu bezaubern. Sie war selbst die anmuthige Repräsentantin der Liebe und Grazie, der Jugend mit all ihrem phantastischen Reiz. Der Zauber und Glanz, den sie auf ihre Dichtungen zu gießen wußte, umfloß sie selbst mit.einem reizenden Licht. Sie zog auf der Jluth deS Lebens an uns vorüber wie eine graziöse rvscnumkränzte Barke, umrauscht von Klängen der Harmonie, Liebe und Sehnsucht. Leichte Zephire schwellten spielend ihre rosenfarbenen Flaggen und schneeweißen Segel, daß sie leuchteten wie die Flügel von schwebenden Liebesgöttern. Entzückt folgte ihr unser Auge. Tausend Segenswünsche zogen ihr nach, als sie den Britischen Strand verließ und auf der weiten Sce unseren Blicken entschwand. Aber noch aus der Ferne klangen wie sehnsüchtige Liebesseufzer über die tren nenden Wogen die schönen Klänge ihres Liedes „die Nacht auf der See": Der Purpurglanz des Mittags ist entschwunden, Der aus die Fluth warf königlichen Schein, Daß sie von TyruS Purpur schien umwunden, Wenn ihn durchblitzt der Glanz der Edelstein'. 'S ist Nacht, der Himmel über mir erglühet, Aus dünnem Nebel zittern bleiche Stern'; Jedoch mein Herz in Schwermuthsträumen fliehet Zu andern Sccnen, ihrem Schimmer fern. Ihr, meine Freunde fern, Denkt Ihr an mich? Ich denk' an Euch so gern. Da erschütterte plötzlich die Schreckenskunde alle Herzen, diese herrliche Er scheinung sep untergegangen in dem furchtbarsten Sturm. Auf verschiedene Weise wird das schreckliche Ereigniß, welches ihr den frühen Tod brachte, er zählt, aber in jedem Fall scheint sich die traurige Wahrheit zu bestätige», daß ihre Lebensfackel gewaltsam gelöscht wurde. Nach dem Jenseits, welches einst alle diese Räthsel enthüllen wird, wendet sich fragend unser Auge, und bewegt gedenkt unser Herz des schönen Gedichtes der Holdseligen; „der ver lorene Stern". Aber unsere schmerzlich aufgeregten Gefühle widerlegen die Befürchtung, welche die Dichterin in der letzten Strophe ausspricht: Vergessner schöner Stern der Nacht, Viel tausend Sterne, hehr, Glüh'» königlich um Mitternacht, An Dich denkt Keiner mehr. Vielleicht ein Sänger, der gleich mir Der Schönheit Tod beweint, Und dem im Loos, das wurde Dir, Sein eigenes erscheint. Für die Erscheinung der Felicia Hemans finde ich kein bezeichnendes irdisches Bild. Wie eine schöne Wolke des Himmels leuchtet sie in dem tiefblauen Aether "der Poesie. Höhere Gluthen als die der Erde berühren sie mit ver klärendem Lichte. Das Morgen - und Abendroth, diese Lichterscheinungen des Himmels, schmücken sie mit herrlichem Purpur, und die ewigen Gestirne, Glaube, Liebe und Hoffnung, durchstrahlen ihre reine Brust. Die Thränen ihres heiligen Schmerzes fallen segensreich herab aus die reichen Keime ihrer Poesieen, daß sie erwachsen als starke kräftige Zweige, die auf ihr beweintes Grab einen stillen Schatten gießen. Während die liebenswürdige L. E. Landon mit warmem Herzen an der Erde hängt und ihre glänzenden Erscheinungen mit dem goldenen Nahmen einer reichen Poesie umfaßt, überschaut Felicia wie ein menschgewordener trauernder Engel die Erde. Ihre schönsten Er- scheinungen sind für sie nur die Fori», in welcher die ewige Liebe sichtbar er scheint. Wohl lebt, liebt und leidet auch sie mit der Menschheit, aber ihre Seele ist von der Erinnerung und Ahnung ihrer schöneren Heimat durch, drungen, und ihre Poesieen bilden wie ein schimmernder Regenbogen ihr die Brücke hinüber zu dem von ihr so schön besungene» „besseren Land". Um diese beiden Bilder anschaulicher zu machen, werde ich mir erlauben, einige Dichtungen der beiden Frauen mitzutheilen, welche, schlagender als alle Ver gleiche, ihre verschiedene Tendenz bezeichnen. Vor ungefähr acht Jahren erschien in London eine Reihenfolge von Stahlstichen (Dearb'x üoing«, nach Holbein), in welchen der Tod unter verschiedenen Situationen als herrschendes Motiv erscheint. Auf einem derselben ist er als Knappe dargestellt, welcher einen Kreuzritter wappnet und ihm den Helm überreicht. Beide Dichterinnen haben dazu eine poetische Erklärung gegeben. Das Gedicht der Felicia Heman« habe ich in meiner Lrirsnnis mitgctheilt, da es indessen wohl von Interesse ist, die Dichtungen zu vergleichen, so lasse ich eS demjenigen der Miß Landon vorangehen. Der Krieger und der Tod. Bon Felicia Heman«. Dein Helmbusch weht gar kühn herab dir vom Haupt in stolzer Ruh'! „Ich bin der Fürst vom stillen Grab, und mächtiger als du! Junger Held! Leb'wohl sag' deiner Dam', ein lang Leb'wohl sag' ihr! Wie der Morgenthau verweht ihr Gram und bald bist du bei mir! Wohl fliegt dein Schiff durch die wilde Well', dein Roß über Bergcshald' Doch sie tragen dich zu der Ruhcstcll', gar eng und still und kalt." „„War's deine Stimm', die ich hörte, Tod? Bist du so nah mir schon? Gern ström' ich ans im Morgenroth den Geist in des Sieges Ton, Wo Banner wallen, Siegsgetön mein sterbend Herz belohnt; Wo über'm Grab mir Palmen weh'» unter Syriens Horizont. In der KönigShall' schwillt manch ein Herz, wenn von mir der Barde spricht, Und das Äug' der Liebe weint im Schmerz. — Tod! Tod! dich kürcht' ich nicht'."" „Krieger! du hegst gar stolzen Sinn, doch mir beugt er sich wohl! Wer sagt dir, daß dein Geist entflieh'» in der SicgcSst unde soll? Vielleicht von deiner tapfern Band' bist fern, wenn ich erschein'; Vielleicht verschmachtend im Wüstensand, wenn ich dich nenne mein. Im Heidenthurme drückt vielleicht dich schwere Kettenlast; Mein Arm ost tief den Kühnen beugt, eh' er ihn führt zur Rast." Tod! Tod! es droht ein schwerer Tag, wenn wahr du redest, mir; Doch ans der Brust das Kreuz ich trag', drum beb' ich nicht vor dir! Trompeten, klingt! Mich ruft der Schwur für'S heil'ge Grab zur Schlacht. Dem Schluß des Himmels weich' ich nur, o Tod, nicht deiner Macht. Sehen wir jetzt den Krieger und den Tod von Miß Landon (ungedruckt). Es schwebte mit dem Morgenwind durchdringend Heller Klang, Trompetenruf das Echo weckt am fernen BergeShang. Und ernster wurde manche Stirn' bei diesem Kriegeslaut, DeS Streiter« Wange höher glüht, sein Auge stolzer schaut. Doch andre Wangen wurden bleich und trüb manch holder Blick; Das Weib theilt nicht die Kriegeslust, des Mannes wildes Glück. Bei jenem Ruf, der RuhmeSlust und Schlachtenmuth belebt, Erbleicht der Rosenmund der Frau — ihr finkend Her; erbebt. Stolz schmettert der Trompeten Ton durch Palästina'« Land; Ihr KreuzeSrittcr! hört den Rus und nehmt das Schwert zur Hand. Ei» Zelt durchdrang er, das allein an der Verschanzung Rand Gei manchem wilden Rankenstrauch und einer Palme stand. Den Krieger weckt er und sein Weib. Sein Weib dem Schlachtfeld nah? — Wen» Liebe sie beseelt, was wagt die schwache Frau nicht da! Der Kerker und die Krankensiätt' verkünden siegend dir, Ward ihrem Arm der Muth versagt, das Herz verleiht ihn ihr.