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HllMlmger tnaMüt und Waldenburger Anzeiger Amtsblatt für den Stadtrath zu Waldenburg. Sonnabend, den 15. Juli 1882 ^162 Erscheint täglich mit Ausnahme der Tage nach Sonn- und Festtagen. Beiträge sind erwünscht und werden eventuell honorirt. Annahme von Inseraten für die nächster scheinende Nummer bis Mittags 12 Uhr des vorhergehenden Tages. Der Abonnementspreis beträgt vierteljähr lich 1 Mk. 5« Pf. Alle Postanstalten, die Expedition und die Colporteure dieses Blattes nehmen Be stellungen an. Einzelne Nummern 8 Pf. Inserate pro Zeile 10 Pf., unter Eingesandt 20 Pf. Die auf den 2 Termin fällige Einkommensteuer ist den 15. dieses Monats zu entrichten. Stadtsteuer-Einnahme Waldenburg, am 13. Juli 1882.' Holzauktion auf Remser Revier. Im Rosenfeld'schen Gasthofe in Remse sollen Montag, den 24. Juli 1882, von Vormittags » Uhr an in den Districten Klostcrholz, Abth. 1, 2, 3, 7, 8 und 9, Vogelberg, Abth. 11, Gersdorf, Abth. 16, 17, 18 und 19 und am Breitenbacher Vorwerk 11 eichene Stämme von 18 bis 27 om. Mittenstärke, 6 bis 11 in. lang, 468 Nadelholz- - - 11 - 32 - - 10 - 26 - - 21 eichene Klötzer - 18 - 63 - Oberstärke, 2 - 5 - 1 lindener Klotz - 36 - - 4 - - 2 Nadelholz-Klötzer - 30 und 36 - - 5 - - 3770 Stangen- 3 bis 15 - Unterstärke, 3 - 16 - Bon Nachmittags 1 Uhr an 3 Rmtr. Laubholz-Brennscheite, 92,8 eine Partie Nadelholz-Reisigstreu eine Partie Nadelholz-Stöcke, 47,4 Wllhdt. Laubholz-Reisig, Nadelholz- und 108 - Nadelholz- - (worunter ca. 15 Rmtr. sehr gute Scheite befindlich) 3 Rmtr. Nadelholz-Brennrollen, unter den vor Beginn der Auction bekannt zu machenden Bedingungen und bei den Stämmen, Klötzern und Stangen entweder gegen sofortige Bezahlung oder zum mindesten gegen Erlegung des fünften Theils der Erstehungssumme, bei allen übrigen Hölzern nur gegen sofortige Bezahlung versteigert werden. Nähere Auskunft erlheilt Revierförster Pöschmann in Remse. Fürstlich Schönburgische Forstverwaltung zu Remse. ^Waldenburg, 14. Juli 1882. Zur Lage in Alexandrien. Die Forts in Alexandrien sind verlassen. Die Armee ist demoralisirt und im vollen Rückzüge in der Richtung nach dem Innern. In Alexandrien wüthen Feuersbrünste, die in Freiheit gesetzten Sträflinge legten an mehreren Orten Feuer an und begingen große Grausamkeiten; das europäische Ouartier ist vollständig zerstört. Etwa hundert Europäer, die sich in die „Banque ottomane" ge flüchtet halten, sind nach verzweifelter Gegenwehr niedergemacht worden. So lauten die überaus traurigen Nachrichten aus Alexandien, die sich allerdings auch voraussehen ließen. Mit dem Aushilfen der Parlamentärflagge war es also nicht ernst gemeint, es geschah blos, um den Truppen zu gestatten, die Stadt zu räumen. Hieran anknüpfend, lassen wir noch einen Bericht des Korrespondenten des „Daily Telegraph" betreffs der Situation vor Alexandrien folgen. Derselbe lautet: „Nachmittags um 5 Uhr am 12. Juli fuhr ich in einem offenen Boot nahe an Land, um den angerichteten Schaden anzusehen. Von dem „Adjemi- Fort" beginnend, fand man alle gegen die See gerichteten Batterien zerstört und die Kanonen demon- tirt. Ein Araber theilte mit, daß viele hundert Mensche» zwischen Adjemi und Alexandria getödtet , worden seien, und eine einzige Explosion allein > sämmtliche im Midway-Fort Anwesende tödtete. Der Palast des Khedive ist durch die Granaten und Bomben ungemein beschädigt, der linke Flügel desselben vollkommen zerstört. Die Kasernen bren nen noch. Das hinter denselben gelegene Araber- Viertel ist ei» wahres Chaos und vollständig zerstört, denn alle Bomben, welche die Forts verfehlten, schlugen hier ein. Die ganze Gegend sieht wahrhaft schreck lich aus. Von den Einwohnern sind mehrere hun dert getödtet, viele Soldaten lagen überdies rings umher. Ich fuhr sodann nach Pharos-Fort. Auch hier sind sämmtliche Batterien zerstört. Wie mir der obenerwähnte Araber mittheilte, flogen die Bom ben weit über den Isthmus hinaus und tödteten viele Menschen nahe dem Fort Napoleon, zerstörten auch viele Häuser. Während der letzten Nacht blieb fast Niemand in Alexandria, alle Einwohner flohen. Häuser sind nicht geplündert. Der Khedive und Derwisch-Pascha seien wohlbehalten in Ramleh. Aarabi commandirte die Truppen." Der Correspon- dent melüet ferner, daß nach dem Urtheil aus ländischer Flotlen-Osfiziere die englischen Schiffe artilleristisch sich nicht sehr ausgezeichnet hätten, denn die Hälfte der Geschosse fiel ins Wasser. Die Kanonen ruhen. Was soll aber nun ge schehen? Mit der Kanonade von Alexandrien ist die egyptische Frage doch noch nicht gelöst. Im Gegentheil, es müssen da noch recht ernste Sachen in der Schwebe sein, denn die französischen Rüstungen werde:: eifrig weiterbetrieben. In dem Arsenal von Cherbourg wird Tag und Nacht gearbeitet. Sämmt liche Kriegsschiffe werden armirt. „Reine blanche", „Flandre", „Gauloise" und „Jnfernet" sind bereits seebereit. Nur 3 Schiffe, der „Fulminant" und zwei zum Kriegsdienst unbrauchbare, bleiben im Hafen als Küstenwächter. Zunächst wird die Conferenz ihre Sitzungen wieder aufnehmen, eine Collectivnote bezüglich der türkischen Intervention wird beschlossen und der Pforte über reicht werden, die Pforte wird ablehnen und so tritt dann die westmächtliche Intervention mit Zuziehung Italiens in den Vordergrund. Die deutsche Presse spricht sich über dos Bom bardement und die Action Englands sehr reservirt aus, dagegen geht die russische Presse ziemlich stark ins Zeug. Petersburger Blätter nennen das Bom bardement eine Räuberthat, die empörendste, unver zeihlichste Räuberei. Man begreife nicht, daß Europa solche Handlungsweise geduldig mit ansehe. *Waldenburg, 14. Juli 1882. Politische Rundschau. Deutsches Reich. Unter dem Titel: „Sorgen des Welthauses Rothschild" veröffentlichte kürzlich die „Kreuz-Zei tung" an der Spitze ihres Blattes einen leitenden Artikel, in welchem sie die Wellmachtstellung des Hauses Rothschild besprach und diese mit der Welt macht des alten Römer-Reiches vergleicht. So sehr nun der Artikelschreibec von der financiellen Groß macht des genannten Hauses auch überzeugt zu sein scheint, so spricht er doch von allerlei Gefahren, welche die Macht dieses Hauses bedrohen. Der Artikelschreiber meint, daß die Aufhaltung der Pa riser Börsen-Krisis durch das genannte Haus dem selben große Verluste bereitet hätte; ferner würde die Aufrechthaltung des österreichisch - ungarischen Kredites dem genannten Hause gleichfalls gefährlich werden müssen. Auch in Egypten drohe dem Hause ein harter Schlag. Um alle Börsenkrachs im Laufe der Jahre aufzuhalten, habe das Haus Rothschild die colossalsten Opfer gebracht, und in derselben Lage befinde es sich jetzt der Krisis gegenüber, welche die egyptische Frage den Börsen zu bereiten drohe. Das Haus Rothschild fungire als „großartige Lösch anstalt." Es sei ein furchtbares und gewaltiges Ringen um die Innehaltung einer Weltmacht, wie sie seit dem bestandenen alten Römerreiche nicht vorhanden war. Aus alledem folgert der Leitartikel schreiber einen Niedergang des Hauses Rothschild und schließt mit dem Satze: „Auch das System Rothschild findet einmal seine Grenze." Wir haben den Inhalt des erwähnten Artikels zu skizziren ver sucht, weil man den anticapitalistischen Anschauungen der „Kreuz-Zeitung" eine größere Bedeutung beizu legen pflegt. Kenner der einschlägigen Verhältnisse werden aber schwerlich die Tyatsache zugeben, daß das Haus Rothschild etwas an seinem Vermögen oder seinem Einflüsse in der letzten Zeit eingebüßt hat, und es wird, trotz aller gegentheiligen Schilde rungen, wohl noch auf dem Gebiete ves Börsen- und Bankwesens lange so bleiben, wie es jetzt ist. Am allerwenigsten hat man aber, nach dem Aus spruche eines bekannten, schlagfertigen Financiers, Ursache „sich den Kopf des Herrn Rothschild zu zerbrechen." Inzwischen hat sich nun die egyptische Angelegenheit sehr verschärft, und man ist in Paris in großer Besorgniß. Die Börse hat sich in den letzten Tagen sehr gut gehalten, aber nur deshalb, weil die Rothschild's, die von ungeheuren Verlusten bedroht sind, wenn es zu einer wirklichen Krisis kommen sollte, alle „Reports" machten, um dis Course zu halten. Es wird sich also bald zeigen, ob es wahr ist, was der Volksmund sagt: „Diese Herren wissen immer, wo sie bleiben." In Eydlkuhnen ist der preußische Minister v. Puttkamer u. A. auch von dem dortigen Comito für die aus Rußland auswandernden Juden empfan gen worden. Der Vorsitzende dieses Comitö's erklärte dem Minister, daß sich dasselbe auflöse werde, weil sonst der Zudrang von Juden aus Rußland nicht aufhören würde, indem alle Ankommenden unterstützt sein wollten. Der Minister v. Puttkamer soll dar auf den Wunsch geäußert haben, das Comitö möge sich noch nicht auflösen, er wolle noch über diese Angelegenheit mit dem auswärtigen Amte in Ver handlung treten. Ungarn. Obwohl man sich die erdenklichste Mühe giebt, die Juden in Eszlar von der Ermordung des Christenmädchens Solymossy in der dortigen Synagoge rein zu wachsen, häufen sich die Schuld beweise. Wäre Ungarn nicht so durch und durch verjudet, so würde die Untersuchung schon längst zur Ueberführung der Schuldigen geführt haben. Selbst die judensreundlichsten Blätter müssen aber Folgendes bekennen: David Herschko, der verhaftete jüdische Flößer, hat ausgesagt, er hätte die Kleider Esther Solymossys von einer alten Jüdin erhalten, die in Tisza-Esylar, wo demselben alle Judenfrauen vorge führt wurden und er diejenige erkannte, welche ihm die Kleider gegeben. Die Frauensperson ist ver haftet worden. Aus wohlinformirten Kreisen ver lautet, daß es der Untersuchungs-Commission ge lungen wäre, folgende Resultate zu erzielen: 1. Auf welche Weise die Kleider der Esther Solymossy auf den fremden Leichnam geriethen und dieser in die Theiß gelangte. 2. Soll erwiesen sein, daß sehr viele jüdische Personen an dem Verbrechen theil-