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VoiBlNlMcr Anzrigtr. Amtsblatt für das Königliche Bezirksgericht zu Plauen, sowie für die Königlichen Gerichtsämter und Stadträthe zu Plauen, Pausa, Elsterberg, Schöueck und Mühltroff. 'ümsttniMtreilWsti'r Jahrgang. Verantwortliche Redaction, Druck und Verlag von Moritz Wieprecht in Plauen. Dieses Blatt erscheint wöchemlich viermal, und zwar Dienstags, Mittwochs, Donnerstags und Sonnabends. Jährlicher Abonnementspreis, welcher präaum»- p»ml<» zu entrichten ist, auch bei Beziehung durch die Post, I Tblr. 26 Ngr. — Annoncen, die bis BormittagS 1t Uhr eingehen, werden in die Tags darauf erscheinend« Nummer ausgenommen, später eingehende Annoncen finden in der nächstfolgenden Nummer Aufnabme. — Inserate werden mit 1 Ngr. für die gespaltene CorpuS-Zeile berechnet. Einzeilige mit 2 Ngr. — Für die auswärtigen Königl. GcrichtSämter und Stadträtbe, für welche der Boigtländische Anzeiger Amtsblatt ist, bestehen die Geschäftsstellen in Pausa bei Herrn Rathelellerpachtcr A. Oschütz, in Elsterberg bei Herrn F. W. Feustel, in Schöuecl bei Herrn Eduard Meyer, in Nlühltroff bei Herrn Chausseegelder-Einnehmer Holzmüller. « S8 IS. Mm 1884. Donnerstag. -7 Ter berühmte franz. Staatsmann Thiers, der mit Recht von sich sagt: „länger als dreißig Jahre habe ich die parlamentarische Nednerbühne bestiegen, die Angelegenheiten nicht nur Frankreichs, sondern der ganzen Welt besprechen hören und die ganze Welt hörte mit zu," hat ohnlängst in der 2. französischen Kammer die Finanzlage des Kaiserreichs so klar und faßlich dargelegt, daß diese Darlegung nicht nur für die Franzosen, sondern eben so sehr für jeden Gebil deten in Europa von hohem Interesse ist. — Das letzte Budget der Juli monarchie und der Fcbruarrepublik betrug 17)00 Mill. Franken; 1862 betrug es 2219 Mill.; 1863 über 2300 Mill., und eben so hoch wird es 1861 sein. „Wie sind wir," fragt Thiers, „so hoch gekommen?" 1832, 1853 nnd 187.4 waren gute Jahre, die indircctcn Einnahmen stiegen um 100 Mill. Aber das Kaiserreich lieble zu sehr den äußern Schimmer der Macht. Es erhöhte zu sehr die Beamtengehaltc nnd beschäftigte die Geister i:n Innern durch ungeheuere Bauten, nach Außen durch große Unternehmungen. Mit beiden letzteren ist Thiers nnr einverstanden, wenn die Bauten die Grenzen zwischen dem Nütz lichen und dem Lupus nicht übersteigen, die Kriege aber im nationalen Interesse geführt werden. Schon 183 4 wa?en die Zinsen der Staatsschuld um 8 Mill., die Dotationen nm 28, die Eivillifte um 27., die Besoldungen für höhere bürgerliche und militärische Beamte um 23 Millionen gestiegen, wurden aber durch vermehrte Einnahmen gedeckt. Nun kam der Krimkrieg, den Thiers nütz lich für die Macht Frankreichs hält, während dessen das Budget auf 2100 M. stieg, dann der italienische, während dessen es 2217 Mill, betrug. Nach dem Krimkriege war daö Friedeusbudget 1806, nach dem italienischen Kriege 2000 Mill. Die Zinsen für die Staatsschuld Frankreichs betrugen 1851 jährlich 398 Mill., 1865 aber betragen sie 699 Mill., folglich 301 Mill. mehr. Tie Mehrausgaben betragen gegenwärtig für Rechtspflege 6, für Eultus 6, für auswärtige Angelegenheiten 5, für den öffentlichen Unterricht 4, für daS Innere 54, für den Krieg 71, für die Marine 56 Mill. Tas neu geschaffene Ministerium des kaiserlichen Hanfes kostet jährlich 12 Mill., Handel und Ackerbau bekommen 6 Mill, weniger, eben so kosten die öffentlichen Arbeiten 2 und die Finanzen 11 Mill, weniger. Gegen 1851 bringt also Frankreich im Ganzen 636 Mill, mehr auf. Da aber die Einnahmen zu den Ausgaben nicht reichten, so mußte natürlich geborgt werden, daher die vielen Anleihen. Tie schwersten Ausgaben findet Thiers in den Budgets der Provinzen, um die sogenannten Wunderwerke von Paris und andern großen Städten aus- zuführen. DaS Budget von Paris ist von 50 auf 150 Mill, gestiegen; Bor- deaux, früher die verständigste Stadt von Frankreich, hat sein Budget von etwas über 21/2 M. auf 5 Mill, erhöht; Lille erweitert um den Preis von 20 Mill, seine Ringmauer und hatte 1860 noch etwas über G/2 M., heute 7 Mill. Budget; Rouen gab 1860 noch 3, heute giebt es 12 Mill, jährlich aus; Lyon ist von 6 auf 16 Mill, gestiegen. Marseille hatte 1852 ein Budget von 7, 1862 allerdings vorübergehend von 48 Mill. Der neue Präfekturpalast (Kreis- directorwohnung) in Marseille kostet bis jetzt 8^/2, und wenn er fertig sein wird, 14 Mill. Gegen die Erhöhung des Kriegsbudgets um 71 Mill, findet Thiers nichts einzuwenden, Frankreich müsse stets 400,000 M. unter den Waffen haben; dagegen tadelt er die 10 Mill, mehr für die Reserve und die 12 Mill, für die Garde. Alle diese ungeheuer« Mehrausgaben erklären sich daher, daß man alle 4 bis 5 Jahre einen großen Krieg und dazwischen kleinere, entfernte und darum theuere führt, außer den schweren Kosten für Umgestaltung der Armee und Flotte Geld für auswärtige Expeditionen ausgiebt und die Ehre haben will, Throne und Kaiserkronen zu verschenken. Man weise zum Beweis, daß man viel Geld ausgeben könne, auf die steten Fortschritte des öffentlichen Reichthums hin. Diese Fortschritte seien eingebildet, da die wachsenden Staatseinnahmen nicht von regelmäßig wachsenden Erträgen der unverändert gebliebenen Steuern herrührten, sondern von der Einführung neuer Steuern. Man gebe jedes Jahr 2—300 Mill, mehr aus, als man einnehme. In Wirklichkeit nehme man 1980 Mill, ein, gebe aber 2200 ja 2300 Mill. aus. Man gebe fortwährend Hoffnung auf Verminderung der Ausgaben, allein es sei zu schwer, eingeführte Ausgaben zu streichen oder wesentlich zu vermindern. Die angefangenen Bauten müßten vollendet werden, die Armee könne man nicht verringern. Wenn man der Kammer zumuthe, an eine mexikanische Entschädigung zu glauben, so treibe man Spaß. Auch kämen noch die Zinsgewährleistungen für das zweite Eisen bahnnetz im Betrag von 20, 30, 40 u. 50 Millionen in Anschlag. Wie aus solcher Klemme herauskommen? Man müsse verständig werden und in Frieden mit Europa bleiben, so lange die Größe und Ehre Frankreichs nicht bedroht sei. Es hänge nur von Frankreich ab, den Frieden zu behalten. (Sehr wahr!) Dann könne man in wenigen Jahren, zumal wenn man der Verwaltung Zurück haltung in Geldauögaben vorschreibe, durch einen Ueberschuß von 30 — 40 Mill, das Gleichgewicht wieder Herstellen, die Steuerlast vermindern. „Frankreich be darf der Kriege nicht mehr, um dem verzehrenden Thatendrang seines Genius neue Nahrung zu geben, sondern der Freiheit im Frieden." Die Schluß betrachtung des großen Redners ist wahrhaft klassisch: „Eine Betrachtung, deren Wahrheit Sie mir zugeben werden, die Sie wohl sämmtlich schon ge macht haben, so wie das Land und ich selber gar oft, eine Betrachtung ist und bleibt die, daß, wenn auch die Freiheit -alle Nachtheile besitzt, die man ihr beilegt, es jedenfalls sehr theuer zu stehen kommt, wenn man sie durch etwas Anderes ersetzen will." Zeitungen. Fachten. Ein für sehr gut unterrichtet gehaltener Correspondent der K. Z. schreibt: Herr v. Beust wird die bevorstehende Pause dazu benutzen, um sich mit dem Kaiser Napoleon zu besprechen, und er will sich zu diesem Zwecke nach Paris begeben. Tie Meinung, daß Herr v. Beust eimr Aufforderung des Fürsten Latour folge, welcher sich zu dieser Einladung durch den Umstand veranlaßt gefühlt haben soll, daß der sächsische Minister-Präsident sich den französischen Congreßideen geneigt zeige, verdient Bestätigung. Aus dem eben veröffentlichten Rechnungsabschlusse der allgemeinen Brand- versicherungsgcsellschaft sächsischer Lehrer auf die Zeit vom 1. Januar bis 31. December 1863 ist zu ersehen, daß dieses nützliche Institut 81 Bezirke zählt, 3389 Thlr. (2280 Thlr. Prämien, 940 Thlr. Vergütigungen aus der Bank für Deutschland wegen Brand- und Räumungsfchäden, resp. Taxationsgebühren) vereinnahmt und 2597 Thlr. (1029 Thlr. Prämien au die für Deutschland, 90k Thlr. Brandschäden an 5 Vereinsmitglieder) verausgabt hat. Bei dem Reserve fond war die Einnahme 1866 Thlr. und die Ausgabe für Werthpapiere 307 Thlr., so daß ein Bestand von 1559 Thlr. verblieben ist. Die Zahl der Mit glieder war im Herbste v. I. bereits auf 1733 gestiegen. Der Vorstand des Vereins, der seinen Sitz in Schönefeld bei Leipzig und in Leipzig hat, besteht