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Voiglländißher Anzeiger. Amtsblatt für die Gerichtsämter und Stadträthe zu Plauen, Pausa, Elsterberg, Schöneck und Mühltroff. 8iekenM1er Jahrgang. Verantwortliche Redactlon, Druck und Verlag von Morty Wieprecht in Plauen. Diese» Blatt erscheint wöchentlich dreimal, und zwar Dienstag-, Donnerstag» und Sonnabend-. Jährlicher A b o n n e me nt Sp r e i-, auch bei Beziehung durch die Post, 1 Thlr. lt) Ngr. — Annoncen, die bis Mittag» t2 Ubr eingehen, werden in die Tag- darauf erscheinende Nummer ausgenommen, später eingehende Annoncen finden in der nächstfolgenden Nummer Ausnahme. — Inserate werden mit 1 Ngr. für die gespaltene tLvrpuS-Zeile berechnet. Donnerstag. 35« 24. März 1859. Plauen, 22. März. Heute wehen wieder einmal — zur erfreulichen Abwechselung — fried lichere Lüfte durch die Zeitungen, wenn gleich sie sich vor der Hand nur auf Hoffnungen, nicht auf Thalsachen gründen, und äußerlich die Lage sich durchaus nicht verändert Hal. Man will den Riß, der gegenwärtig klafft, durch einen Kongreß, durch eine Zusammenkunft von Abgesandten der fünf Großmächte, der auch Frankreich und Oesterreich — letzteres aber nur bedingter Weise — ihre Zustimmung gegeben haben, schließen. (Siche die Zeitungen). Es ist freilich noch nicht gewiß, ob dieser Kongreß zu Stande kommen, noch ungewisser, ob es ihm gelingen werde, die italienische, rumainische und andere Fragen so zu regeln, daß der Friede wieder eine feste Grundlage gewinnt. „Die Hoffnungen auf einen Londoner Kongreß," sagt die öftere. Ostd. Post, „gehören in das Bereich der Muthmaßungen; dle zum Ausbruche drängenden Vorgänge in Sardinien gehören in daS Gebiet der Thatsachen. Der Ausbruch dieses Vulkans steht jeden Tag bevor, und ehe man in Paris und London mit den Vorbereitungen zu etwaigen Verhandlungen fertig ist, hat Piemont die Fackel in die Pulver tonne geworfen." Wir fürchten, daß diese Zeitung nur zu wahr spricht; tndeß auch unser amtliches Dr. Journal spricht die Ansicht auö, daß nach den neuesten vorliegenden glaubhaften Nachrichten die Aussichten für die Erhaltung des Friedens allerdings einige festere Anhaltepunkte gewonnen hätten, dle wahrscheinlich schon in der nächsten Zeit in klarer« Umrissen hervortreten würden, und so wollen wir wieder einige Hoffnung schöpfen. Wie und auf welche Weise freilich Sardinien, daS sich durch seine Erobe- rungSgelüste, die eS unter nationalem Streben und SchwindU versteckt, ganz außer Rand und Band gebracht hat, wieder in ruhige Geleise, wie dieser europäische Slörenirieb ohne Hiebe zur Vernunft und von den Freiheits- und Revolutionshelden, die sich in demselben, wie Geyer aus einem Aase gesammelt haben, loskommen soll, ist nicht abzusehen. Die Ocsterr. Zeitung sagt mit Recht: „Die sardinische Regierung hat sich aus ein Pulverfaß gesetzt, daS außer- oder innerhalb ihrer Grenzen platzen kann, und heute glebt eS kaum noch einen Menschen in Europa, der Nicht eingestehen muß, die Ruhe Europas sei durch Sardinien bedroht. Als treibe eS die Verzweiflung zur Nothwehr, hat Piemont alle regelmäßigen Kräfte erschöpft; es hat seine Schulbeniast um ein Beträchtliches vermehrt, hat nicht bloö alle verfügbaren Streitkräfte zusammengerafft, sondern auch die Reserven, die Soldaten, welche bereits ihre Dienstpflicht erfüllten, und die Milizen, die nur einige Wochen im Jahre dienen, unter die Waffen gcrusen re." Um eS kurz zu sagen, Sardinien hat, wie ein verzweiseller Spieler, Alles auf eine Karte gesetzt, und von diesem Staate ist sich daS Aergste, aber kaum ein kinlenken in eine vernünftigere Politik zu ver sehen. — Zeitungen. Sachsen. Plauen. Hauptverhandlungen vor dem Kgl. BezirkS- erichte hier Donnerstag den 24. März früh 9 Uhr wider Maric Sophie Degenkolb auS Kröstau wegen ausgezeichneten Diebstahls und gewerb- mäßigcr Unzucht, und Dienstag, den 29. März früh 9 Uhr, wider Johann Adam Reinhardt auS Pirk wegen Diebstahls. Jöhstadt, 19. März. Der Winter.bat uns Heuer wunderbarer Weise schon seit Anfang Marz verlaffen, und seit Fastnacht genießen wir das um diese Zeit hier seltene Schauspiel, die Leute auf den Feldern thätig zu sehen; — cs ist sogar von Einzelnen schon gcsäet worden. Da wir indeß über die eigentliche Winterperiode noch lange nicht hinaus sind, steht uns vielleicht noch ein tüchtiger Nachwinter in Aussicht. — AIS Merkwürdigkeit.theile ich Ihnen weiter mit, daß kürzlich Fleischer auS Oederan in unserm böhmischen Nachbardorfe Pleil für einen fetten drei jährigen Stier die Summe von 200 Thlr. bezahlt haben. Baden. Es ist bestimmt, daß unvcrweilt mit der Zwangsaushebung von 2900 Remontepferden begonnen werden soll. Oesterreich. Wien, 16. März. Das Gerücht, Sc. Majestät werde im eventuellen Kriegsfälle die Armee in Italien selbst commandiren, hält sich mit Beharrlichkeit aufrecht. Da die Reitpferde deS Kaisers in den jüngsten Tagen in der Reitschule so zu sagen schußfest gemacht wur den, wird man in diesem Glauben bestärkt. Nach der K. Z. gedenkt S. Maj. der Kaiser mit großem militärischen Gefolge sich im Laufe der Woche nach Italien zur Armee zu begeben. Ter Fcldzeugmeister, Baron von Heß, und der erste Gcncraladjutant, Graf Grünne, werden den Kaiser begleiten. — Nach demselben Blqtte haben auch die mittelitalienischcn Staaten die Erklärung abgegeben, daß sie die Fragen der inneren Verwaltung keinem Kongresse zur Lösung vor legen wollten. — Ueber den geheimen Artikel des zwischen Frankreich und Sardinien bestehenden Vertrages sollen von Loudon aus Andeutungen gemacht worden sein. Nach diesen handelte eS sich darin um Savoyen. Sardinien würde auf das Stammland seines Königshauses verzichten und zwar zu Gunsten Frankreichs, sobald es mit Hilfe deS letzteren sich in den Besitz der Lombardei gesetzt haben würde. Die Hof-Gendarmerie soll bereits die Weisung erhalten haben, sich derart in Verfassung zu setzen, daß sie 24 Stunden nach ertheiltem Befehl sogleich nach Italien abgehen könne, wohin S. Maj. der Kaiser am 23. d. von hier, abzureisen entschlossen sein soll. Wie dle „Miiit.-Ztg." meldet, hat S. Maj. der Kaiser im Bereiche deS KaiserstaateS Milttär-VerpflegSeommanden auszustellen angeordnet, an deren Spitze Stabsoffiziere stehen sollen. Wien, 20. März. CS kann nicht geleugnet werden, daß sich in den letzten Tagen die Lage etwas freundlicher gestaltet hat und die Frie- denshoffnungen im Steigen sind. Freilich sind cS vorläufig eben nur Hoffnungen, deren Bestätigung noch abzuwarten ist. Positive Daten liegen dafür noch nicht vor und Alles reducirt sich auf bloße Gerüchte. So will man wissen, daß der Erzherzog Johann auserlesen sei, in einer besonderen Mission nach London zu gehen, ferner soll in den Anschauungen deS dieS- seitlgcn Cabinets rücksichtltch deS von Paris auS gemachten Vorschlages, dle italienische Frage durch einen Kongreß zu lösen, ein diesem Anträge günstigerer Umschwung sich bemerkbar machen. ES liegt auf der Hand, daß alle diese und ähnliche Gerüchte nur mit Vorsicht ausgenommen werden dürfen. Wahr ist übrigens, daß auch von Paris auS gemeldet wird, die