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Erfcheiiwn: Dienstag, Donnerstag und Sonnabend mit Ausschluß der Feiertage. Kßoiu»eme>ll: Bicrteljülniich 10 Ngr. Großenhainer Werh altungs- M AMzebktt. Amtsblatt des Königlichen Gerichtsamts und Stadtraths zu Großenhain. Onseratenannahme: Bis Tags vorher spätestens früh 9 Uhr. Onserffonssielrage von auswärts sind in Post marken beizufügen oder werden durch Postvorschuß erhoben. Redaction, Druck und Verlag von Herrmann Starke in Großenhain. SS. Sonnabend, den 7. März 18V4. Bekanntmachung. Das dem StaatösiscuS gehörige, in Grotzdobriher Flur, da, wo die Großenhain- Dresdner und die Meißen-Radeburger Chaussee sich kreuzen, unmittelbar au der Chaussee gelegene ehemalige Chausseegeld-Einuahmehauö mit Hofraum, Seitengebäuden und Garten soll im Wege des öffentlichen Ausgebers den L8 März 1874 früh von 8 Uhr ab im Gasthofe zu Großdobritz unter den zuvor bekannt zu machenden Bedingungen der- ! tauft werden. Kauflustige haben sich zur gedachten Zeit und in dem erwähnten Gasthofe einzufiuden und bei den unterzeichneten Commissarien zu melden. Königliche Amtshauptmannschast und Ober-Steuer-Inspectorat Meißen, den 19. Februar 1874. von^gidy. Germann. Der dem Landstreichen und Betteln ergebene Armenhausbewohner Johann Gottlob Töpfer aus Lichtensee, 56 Jahr alt, mittler Statur, mit vollem rothen Gesicht, hat sich auf eine wider ihn vorliegende Anzeige zu verantworten und werden alle Polizei behörden und deren Organe ersucht, Töpfern, welcher sich jedenfalls wieder umhertrcibt, festzunehmen und mittels Schubes anher abzuliefern. Großenhain, am 27. Februar 1874. Das Königliche Gerichtsamt. Pechmann. Hpfr. Bekanntmachung. Die Reorganisation unseres Feuerlöschwesens bedarf gründlicher Borarbeiten und ein gehender Berathung, die jedenfalls noch ziemliche Zeit in Anspruch nehmen werden. Damit in der Zwischenzeit etwa entstehender Feuersgefahr wirksam entgegengetreten werden könne, macht sich eine provisorische Regulirung nothwendig. Um nun zunächst einen Ueberblick über den Mannschaften- und Geräthebestand zu erhalten, wolle kommenden Sonntag nach Beendigung des Vormittagsgottesdienstes die freiwillige Feuerwehr auf dem Rahmenplatze mit Apparaten antreten. Alle übrigen der Bürgerfeuerwehr angehörenden Mannschaften (Lösch- und Wachmannschaft) wollen sich mit den ihnen anvertrauten Löschgeräthen, Gewehr und Feuer- i Zeichen ebenfalls kommenden Sonntag jedoch nach Beendigung des Nachmittags- gattesdienstes und zwar die Löschmannschaften in der Bürgerschule, die Wach- mannfchaften in der Turnhalle einfinden. Die Nichtbeachtung dieser Ladung zieht eine Strafe bis zu 10 Thlr. — - — - event. entsprechende Haft nach sich. Großenhain, am 5. März 1874. Der Rath. Ludwig-Wolf, Brgrmstr. Die Ausdehnung der Civilehe auf ganz Deutschland. Die obligatorische Civilehe hat in Deutschland eine ganz merkwürdige, noch nicht abgeschlossene Geschichte. Diejenigen Staaten, welche diese Institution als ein Crbtheil der fran zösischen Revolution mit übernehmen mußten, thaten dies nicht gern. Aber die Civilehe ist an sich so veruünstig und zweckmäßig, daß sie da, wo sie einmal eingeführt war, nicht mehr beseitigt werden konnte. Schon bei früherer Gelegen heit haben wir darauf verwiesen, daß jene Zeit ja hinter uns liegt, in welcher die Kirche nicht bloö für das himmlische Glück der Gläubigen, sondern auch schon für das irdische Dasein derselben sorgen wollte. Daher griff auch in den Ländern, wo die Ehe ihres kirchlichen Characters entkleidet und als ein rein bürgerlicher Act aufgefaßt wurde, sehr bald die Ueberzeugung Platz, an der neuen Einrichtung mit aller Beharrlichkeit festhalten zu müssen. Die Civilehe blieb namentlich in den rheinischen Gebieten Preußens, Bayerns und Hessens in Kraft. Im Grunde genommen weiß Niemand, warum eigentlich in Berlin, München und Darmstadt eine so entschiedene Abneigung bestand, diese zweckmäßige Ein richtung auf das gauze Land anszudehnen, zumal bei derselben alle die großen Uebelstände wegfallen, die mit der privilegirteu kirchlichen Eheschließung verknüpft sind. Wie ost hat die Kirche nicht Ehen gebrandmarkt, oder geradezu verhindert. Wenn ein Geistlicher in seinem Gewissen sich verpflichtet fühlte, traute er einfach nicht. Die Civilehe schließt alle diese und andere Unzuträglichkeiten aus, und wenn sie trotzdem in Preußen und anderen Ländern schwer Eingang fand, so lag dies einfach im Belieben der Regenten, die von der kirch lichen Trauung Gott weiß welches Heil für den Staat erwarteten. Erst als die Rebellion der katholischen Hierarchie seit der Verkündigung des Dogmas von der päpstlichen Unfehlbarkeit auch auf dem Gebiete des Ehewesens völlig unerträgliche Zustände schuf und gar kein anderer Ausweg mehr offen stand, entschloß man sich in Berlin zur Einführung der obligatorischen Civilehe, behielt sich aber die Beibehal tung der geistlichen Standesbuchführung vor, was ungefähr so klingt, wie die Republik mit dem Großherzog, oder die Preßfreiheit mit Censur. Wahrscheinlich eingeschüchtert durch die Versicherung officiöser Blätter, daß die Civilehe am Veto der Regierung scheitern werde, wenn man dem Pfarrer nicht die Führung der Civilstandsregister überweise, ließ sich das preußische Abgeordnetenhaus die seltsame Combination gefallen, um unmittelbar nachher durch das Votum des Herrenhauses be lehrt zu werden, daß die Regierung auch nachzugeben ver steht, sofern sie nur auf energischen Widerstand stößt. Genug, Dank dem preußischen Herrenhause wird die obligatorische Civilehe unverfälscht in Preußen eingeführt und es bleibt nur noch der Wunsch übrig, daß dies auch in den anderen deutschen Staaten geschehen möge. Vor Allem würde dies in Bayern und zwar rechts des Rheins nothwendig sein, wo das Eherecht noch ganz und gar in den Banden der Kirche liegt, dergestalt, daß zwar für christliche Dissidenten die Noth-Civilehe besteht, die Ver- heirathung zwischen Protestanten und Katholiken aber äußerst erschwert und die zwischen Christen und Juden geradezu unmöglich ist, wenn nicht, wie es dieser Tage in München geschah, beide Theile bis nach vollzogener Trauung aus ihren respectiven Religionsgenossenschaften ausscheiden. Solche Zustände sind ebenfalls unhaltbar. Die bayrische Regierung wird aber das preußische Beispiel noch in der gegenwärtigen Legislaturperiode befolgen müssen, falls sie der Reichstag dessen nicht überhebt, weil sie in der folgenden einer ultra montanen Kammermehrheit sich gegenüber befinden könnte, welche derartige Reformen sicherlich vereiteln würde. In den übrigen deutschen Staaten würde die Sache, selbst wenn das praktische Bedürfniß nicht so dringend als in Preußen und Bayern wäre, ernsten Schwierigkeiten nicht begegnen. Im Reichstage bereitet man gegenwärtig einen Antrag vor, die Civilehe auf ganz Deutschland auszudehnen. ES ist nur dabei nicht recht klar, auf welchen Paragraphen der Neichsverfassung die Antragsteller eine Berechtigung des Reiches zu derartiger Intervention stützen wollen und wir glauben daher auch nicht an einen Erfolg des Antrags. Aber selbst ohne diese Intervention halten wir die Aus dehnung der Civilehe auf ganz Deutschland lediglich nur für eine Frage der Zeit, der sich auch unser engeres Vater land Sachsen nicht wird entziehen können. Lagesnachrichten. Dresden, den 5. März. Nachdem der deutsche Reichsverein zu Dresden es sich zur Aufgabe gemacht hat, alle reichstreuen Parteien und Einzelpersonen zu ge meinsamem Widerstande gegen die Anmaßung der offenen oder geheimen Reichofeinde zu vereinigen, kann man in demselben jetzt Fortschrittler: die Sladträthe Gruner und Klepperbein, Nationalliberale: Iw. wecl. Küntzelmann, Ober lehrer Harich, kW. Schnorr v. CarolSfeld rc., endlich Con- servative: Herr v. AlvenSleben, tagen sehen. Stadtrath Advocat Kretzschmar's Erklärung, daß er die Wahl zum Auöschußmitgliede nicht annehmen könne noch wolle, weil er als Fortschrittler glaube, daß der Verein nur national liberalen Tendenzen huldige, wird von ihm selbst bedauert. Sie hat Anlaß zu dem von reichsfeindlicher Seite, sogar in der „Leipziger Zeitung" enthalten gewesenen Gespött über die Schöpfung des Neichsvereins gegeben, das nun wohl verstummen wird. Es wäre allerdings besser, einfluß reiche Zeitungen, wie die genannte „Leipziger", förderten überall die Bildung von Reichsvereinen, denn damit wür den sie nicht nur dem Reiche, sondern auch unserem Sach sen einen großen Dienst erweisen. Ein solcher Verein ist geeignet, die Parteien unter einander versöhnlicher zu stim men und in dem Gefühl, durch Reichstreue den Frieden im Reiche zu sichern, zu einigen. Ueber das Parteitreiben in unserem Sachsen enthält die „Constitutionelle Zeitung" izi Dresden einen lesenswerthen Artikel, der von der Zei tung in Extra-Abzügen zu erhalten ist. Er betitelt sich „Reichsfreunde und Reichsfeinde in Sachsen" und ist für 13 Gr. (auch iu Postmarken) in 25 Exemplaren von der Expedition in der Schloßstraße oder vom Advocat Siegel, Moltke-Platz, zu beziehen. Daß Herr Siegel mit dem bevorstehenden Eingehen seiner Zeitung eine ehrenvolle journalistische Laufbahn beschließt, hat die ihm von allen Seiten bei seinem 25jährigen Journalisten - Jubiläum am 1. März zu erkennen gegebene Theilnahme bewiesen, Uebri- gens weiß man ja, daß die „Dresdner Presse" so ziemlich dieselbe Tendenz wie die „Const. Ztg." verfolgt, doch gehört kW. Döhn, der Redacteur derselben, sowohl der FortschrittS- wis der nationalliberalen Partei an; man kann also sagen, daß er so recht der Mann des deutschen NeichsvereineS ist, wie er denn auch als Ausschußmitglied demselben angehörk. Ob es ein günstiges Zeichen für die Verständigung aller reichstreuen Parteien ist, daß vor einigen Tagen sogar die „Dresdener Nachrichten", welche den Nationalliberalen bis her nicht genug lieblos nachreden konnten, sich mild über deren Bestrebungen äußerten, muß abgewartet werden. Jedenfalls würde es dem Blatte nur zur Ehre gereichen, wenn es eine große politische Partei gerechter zu würdigen unternähme. Sachsen. Nach der jetzt erschienenen Betriebsübersicht wurden im Jahre 1873 auf den k. sächsischen StaatSeisen- bahnen 10,858,920 Personen und 140,519,602 Ctr. Güter befördert, 1,444,074 Personen und 17,353,737 Ctr. Güter mehr als im Jahre 1872. Die Gesammteinnahme betrug 13,284,534 Thlr., 1,596,971 Thlr. mehr als 1872. Die Bahnlinien hatten eine Betriebslänge von 131,r Meilen. Aus Meerane schreibt das dortige „Tagebl.": Räuberische Anfälle und freche Diebstähle, über welche wir früher höchst selten zn berichten hatten, scheinen auch in unserer Gegend jetzt Modesache zu werden. Ani Freitag voriger Woche, Abends gegen 10 Uhr, passirte ein hiesiger Bürger das Seifertitzer Gehölz, um sich zn einem im „Tivoli" stattsindenden Vereins- fesle zu begeben. Plötzlich sah er einen handfesten Kerl auf sich zustürzen, der ihn an der Schulter packte und mit un gestümen Worten und Geberden Geld forderte. Der Ange griffene hatte während dieses Vorganges seinen Hausschlüssel aus der Tasche gezogen und übte jetzt mit demselben einen so gewaltigen Stoß gegen die Stirn des Räubers aus, daß dieser zurückprallte und der Bürger Vorsprung gewinnen und sein Wanderziel erreichen konnte. Kurz vor dem Attentat hatten zwei andere, an dem Feste im „Tivoli" theilnehmende hiesige Einwohner, welche gleichfalls durch jenes Gehölz gegangen waren, denselben Straßenräuber in verdächtiger Haltung erblickt, sie waren aber nicht von ihm behelligt worden. Wie dem „Zwick. W." mitgetheilt wird, ist ein kaum 20jähriger Bergschüler, der durch unverhältnißmäßige Geld ausgaben die Aufmerksamkeit auf sich lenkte, als des in vor. Nr. d. Bl. erwähnten Mordes an einer Witwe in Niederplanitz verdächtig zur Hast gebracht worden. In Kainsdorf bei Zwickau hat am 28. Febr. eine Frau ihr zweijähriges Kind auf den Rand eines mit kochendem Wasser gefüllten Kessels gesetzt. Das arme Kind ist in j einem unbewachten Augenblick in den Kessel gefallen und infolge der hierdurch erlittenen totalen Verbrennung Tags darauf gestorben. In der Oschatzer Communwaldung ist am 2. März ein nicht unbedeutender Brand dadurch entstanden, daß ein Waldarbeiter bei einem kleinen Wärmefeuer nicht die nöthige Vorsicht beobachtet hat. Das Feuer verbreite sich bei hef tigem Winde über eine Fläche von ungefähr 10 Ackern und hat nicht blos die Waldbodendecke, sondern auch die 8- bis 18jährigen Holzbestände so beschädigt, daß die letzteren werden abgeschlagen werden müssen. In Oppeln bei Löbau brannte am 2. März das Häus chen einer Witwe dadurch ab, daß der vierjährige Knabe derselben sich Streichhölzchen zu verschaffen gewußt uud damit in dem angebauten Schuppen ein Feuerchen an- gezündet hatte. Deutsches Reich. Der Reichstag berieth am 3. Mär; bei überfüllten Tribünen den Antrag der elsässischen Ab geordneten auf Aufhebung des § 10 des Gesetzes vom 30. December 1871, betreffend die Einrichtung der Ver waltung von Elsaß - Lothringen. Die Reichsregierung er klärte sich durch den Reichskanzler Fürsten v. Bismarck und den Bundescommissar Geh. Rath Herzog entschieden gegen den Antrag, der schließlich mit 196 gegen 138 Stimmen abgelehnt wurde. Die Reichstagscommission für die Gewerbeordnungs- Novelle hat die erste Lesung der Vorlage beendet und die Bestrafung des Contractbruches mit 13 gegen 5 Stimmen abgelehnt.