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Aii'lnmer 44 — ^ayrqanq Smol wöch. Bezugsprel» für Februar 8.00 elnschl. Keilell,,<>>.'» Anzeigenpreise: Die Igelp Petitzeile 89^, Stellengesuche 2» ^ Die Petitreklamezeile. 89 Milli, meier dre» 1 Dsteriengebühren lür Selbstabholer 2» L bei Ueberlenoung vurch sie Post außeroem Porioznichlaa Einzel Nr >ü ^ Sonntags-Nr >5 H. Deschästl. Teil: Fr»e»rich »i«t«r in Dressen. WcschäsiOfteUe, Lr»lk und v-rla»: Sa-oiim- Buchdrmterci GiiidH., Tit-dcn Ä. I. Poii-rHrl ße 17. peinr»! I0>2. Püsltchc"lonlo Trc-dcn i >NN. Vant'eiiwi tk-cedii-r Knnk. D-c-den. SittdlMe Miilwoch. 23. )^evruar 1U27 Im Falle höherer Genxilt erlischt jede Verpflichtung aut Lieserung sowie Erfüllung v Anzrigenaulträorn u. Leistung o Schaäenersatz Für unocutl u b Fern, ruk übermitt Anzeigen Ubernebmen wir keine Ver. antworkuna Unverlangt eingelansie u m Rückporto nickt mrsebene Manuskripte werk nick» auibewahrt. SnreckstunSe oer Resaktion 2 8 Ukr nachmittags Hauptlchriktleit.: Dr. Joseph Albert Dresse,» Für christliche Politik und Kultur pelrrvsnen k1ü»e O f^ie^nlek vesgen tHIInilre, !öti. 4b t<ui 27479 Stcda.oon der Sächsische» «i.lke»»«,»», Dresdeii-Allil^dl I. kolie jtr.itze N. .rernnv ÄNII ,,„d »INI i. i! Finanzminister 0r. Köhler Von Dr. A. Flügler (Dresden). Wohl selten hat eine Etatrede in der Öffentlichkeit und im Reichstag derartige Zustimmung gefunden wie die des neuen Finanzministers. Wenn er sich auch grund sätzlich auf den Standpunkt gestellt hat. wie sein Amts vorgänger, daß Wirtschaft und Finanzpolitik innig Zu sammenhängen, so sind doch tiefgreifende Unterschiede in der Auffassung der tatsächlichen Lage zutage getreten: dort ein Optimismus, der auf vielleicht zukünftig ein- tretende Entwicklungen Zahlen aufbaute, hier der kläre nüchterne Rechner. Kein vernünftiger Mensch kann heute wünschen, daß die Steuerlust des deut schen Volkes erhöht wird, denn sie hat das tragbare Maß wohl schon überschritten, aber es hat erst recht keinen Zweck, etwa Experimente auf finanzpolitischem Gebiet zu machen, die später sich bitter rächen würden und den gegenwärtigen Zustand nur verschlimmern könnten. Aus den verschiedenen Reden im Reichstag trat fast überall die Befürchtung hervor, daß der jetzige Etat den tatsäch lichen Verhältnissen keine Rechnung trägt, daß die Ein nahmen zu hoch eingestellt, die Ausgaben aber zu niedrig geschätzt oder daß solche, die man mit Sicherheit voraus sehen kann, überhaupt nicht ausgenommen worden sind. Vorsicht bei der Etataufstellung ist ein gutes, altes Prin zip. insbesondere dürfen Hoffnungen und Wünsche in einem Etat nicht in Rechnung gestellt werden. Ein Etat darf auck nicht so aufgestellt werden, um für eine vor gefaßte Meinung Recht zu bekommen. Mit deni Recht des erfahrenen Praktikers hat der neue Finanzminister auf M i ß st ä n d e hingewiesen, die zu allererst beseitigt werden Müssen. Daß neue Steuererhöhungen und neue Steuergesetze für das lau fende Jahr eine Unmöglichkeit sind, hat er mit begrü ßenswerter Deutlichkeit zum Ausdruck gebracht. Daß es weiter notwendig ist, behördenorganisatorisch zu ar beiten, daß eine Vereinfachung der Veranlagung einer seits, eine gle'chmäßige und richtige Veranlagung ande rerseits eine Rotwendigkeit ist, hat er mit Recht betont. Ls ist fast erschütternd, wenn man von einem Finanz minister hört, daß er für die Art der Veranlagung eine Verantwortung nicht übernehmen könne! Welche Zu stände müssen da herrschen, wenn ein Mann das sagt, ;er die Verhältnisse genau kennt? Der neue Finanz- minister hat wohl auch nicht übertrieben, wenn er an deutete, daß die Finanzämter mit der Arbeit einfach nicht mehr Nachkommen und tatsächlich vor dem Bankerott stünden. Was der Finanzminister in dieser Hinsicht sagte, ist für den. der im Wirtschaftsleben steht, schon längst kein Geheimnis mehr. Die Beamten kommen einfach nicht mehr nach. Sie kommen weder nach in den laufen den Arbeiten, noch haben sie die unbedingt notwendige und wünschenswerte Kenntnis von den einzelnen Be stimmungen der Steuergesetze, weil ihnen die Zeit fehlt, um sich damit vertraut zu machen. Das ist kein Vorwurf, sondern lediglich die Konstatierung einer Tatsacke. Hier gilt es praktische Arbeit zu leisten. Allerdings Gelegen heit zu großen Reden wird diese Arbeit nickt geben, eben sowenig wie sie reichen Beifall ernten wird, weil es in erster Linie eine stille intensive Arbeit innerhalb des zu ständigen Ressorts überhaupt ist. Aber darüber muß man sich klar sein, eine solche Arbeit kann nur ein erfahrener Praktiker wie Köhler leisten, der einerseits die Büro kratie genau kennt, andererseits aber auch die nötigen Kenntnisse mitbringt, die tiefgreifende Verbesserungen auf diesem Gebiet allein ermöglichen. Es ist eine bekannte Tatsacke, daß die Reparations leistungen ihre volle Höhe erst im Jahre 1929 erreichen werden. Dem oberflächlichen Beschauer unseres Wirt schaftslebens könnte es scheinen, als ob wir in der größ ten Hochkonjunktur lebten. Wer geneigt ist. die Börse als Gradmesser des Wirtschaftslebens anzusehen, kann in dieser Auffassung nur bestärkt werden. Leider aber stehen gewissen Aktivposten, die die gegenwärtige Wirtschaftsbewegung zweifellos aufwei'st, auch sehr starke Passivposten gegenüber. Wir erinnern nur daran, daß noch über zwei Millionen Menschen lm Deutsclscn Reiche arbeitslos sind. Wir möchten die Optimisten darauf Hin weisen. einmal den Handelsteil unserer großen Zeitun gen. wo über die Eeschäftsergebnisse der einzelnen Unter nehmen berichtet wird, genau durchzusehen. Abgesehen von einzelnen großen Unternehmungen, die aber zum Teil erst das Exempel auf die Rentabilität zu beweisen haben werden, kann man täglich von Unterbilanzen, Zu sammenlegungen. Sanierungen lesen. Betrachtet man sich diese Passivposten, so kommt v "n zum mindesten zu einer vorsichte ren Beurteilung des gegenwär tigen Standes unserer Wirtschaft. Dabei darf auch nicht vergessen werden, daß schließlich außergewöhn liche Ereignisse wie der englische Kohlenstreik nickt unwesentlich zur Belebung der Wirtschaft im Fahre 1926 beigetragen haben; außerordentliche Ereignisse. die Reichskanzler Dr. Marx über die Verständigung zwilchen Deukschland und Frankreich Die neue deutsche Regierung führ! d e bewährte Autzenpolikik fort — Deukschiand wün-ch! keinen Konflikt mit Po en Nochmals auf die Grundlinien der deutschen Politik Im allgemeinen zuruchkommend, betonte der Reichskanzler zum Schluß, wie er schon im Sommer 1924. als Reichspräsident Eberl ihn an die Spitze der deutschen Negierung berusen habe, sich im Einoeinehmcn mit Dr. Stresemann das Fiel gesetzt habe, die Differenzen zwischen Deutschland und Frankreich zu besei tigen, da er dal»n die Grundlage zu einer großen Befriedi gungsaktion erbst:!» habe. Mit der Billigung des Reichspräsi denten von Hindenburg hätte» sich die Deutsche» Delegierten dann nach Locarno und nach Genf begeben. Er. der Reichs kanzler, habe die absolute Ueberzeugung. daß man trotz der vor handenen Schwierigkeiten den Friesen erreichen werde Für Frankreich und für Deutschland oebe es keine andere Zukunft als die Verständigung. Nur so könnten Deutschland und Frank reich und die ganze abendländische Kultur vor unübersehbaren Katastrophen bewahrt bleiben. Paris, 22 Februar. Das radikale Abendblatt „Le Soir" hatte einen Sonder- berichterstatter nach Deutschland mit der Aufgabe entsandt, eine sachliche Erforschung der polilischen Lage in Deutschland durch- zuführe». Dieser Versuch wird zum ersten Male von einem aus gesprochen linksstehenocn französischen Matt gemacht, das aus. richtig für die deutsch-französische Verständigung arbeitet. Der Sonderberichterstatter beginnt seine Veröffentlichung mit einem Interview, das Reichskanzler Dr Marx ihm gewährt hat. Der Reichskanzler erklärte auf die Bemerkung, daß ge wisse Kreise der öffentlich»!, Neigung in Frankreich über den Eintritt der D e u t s ch n a t i o n a I e n in das »eugebildeie Kabinett beunruhigt seien: „Ich begreife sehr wohl, daß in ge wissen französischen Kreisen die Erweilenmg der Koalition der Mitte nach rechts Beunruhigung hinsichllich unserer Außeiipoliiik auskommcn lassen könne. Aber das bezeugt eine vollkommene Verkennung der Tatsachen. Dis iinnbweisbnre Not vendiakrit einer friedlichen Versiändlgungsarbelt der europäischen Völker ist heute von der übergroßen Mehr'sit des deutschen Volkes ohne Unterschied der Parteirichlung anerkannt worden. Uedrigens können dera lige Beunruhigungen riur durch saulastische oder ungenaue Nachrichten geschossen werden Reichskanzler Dr. Marx erwähnte alsdann die Grundlagen der Verständigung des Zentrums mit der D-ulschnalwnalen Partei, indem er darauf kigwieß. daß der Entschluß der Deutschnationalen. i» die Regie- rungskoalition einzutreten, sich ans die Politik von Locarno stütze und der Versländioung zwischen Frankreich und Deutsch- lanü nur dienlich sein könne. Auf die deutsch polnische » Differenzen hin weisend. erklärte der Reichskanzler, es hand'e sich n'chl mn einen Abbruch der Verhandlungen sondern um eine provisorische Unterbrechung, die zum Fiele habe, eine ziemlich heikle Frage, nämlich Sie Frage des Ausenthallsrcchtes der Deutschen und Polen zu regeln. Es sei vollkommen abwegig, diese Unter brechung als die Folge der Umbildung des Kabinetts zu bezeich nen. Seit Monaten habe man mil steigender Beunruhigung die .Haltung der polnischen Behörden gegenüber den deutschen Staatsangehörigen sesljlellen müssen. Die Ausweisung van vier Deutschen aus Polnisch-Oberschlesie» habe die Regierung ge- zwungen. Maßnahmen zu ergreifen, die sie schon seit langem Halle in Erwägung ziehen müssen Noch unberechtigter sei es. wenn man in der Haltung Deutschlands das Abzeichen für einen aggressiven Geist erblicke» wolle Wenn er. der Reichskan-ler pojemisioren wollte, könnte er leicht zeigen, aus welcher Seite ein Geist der Aggressivität vorliege. Deutschland habe ein Interesse daran, zu einem modus vivendi mit Po'en zu gelangen. Diesem Fiele habe die deutsche Politik immer zngestrebt und niemand bedauere mehr als die dculsche Regierung oic Haltung ihres östlichen Nachbarn, die verhindere, das gesteckte Ziel zu erreichen. zwar, wie wir hoffen, noch recht lange sich auswirken werden, die aber doch immerhin als außerordentliche Ereignisse zu bewerten sind. Das Schlimmste ist. wenn das Ausland zu der Auffassung kommen sollte, als wenn Deutschland nun mehr über jede Schwierigkeit hinweg wäre, daß in Deutschland ein blühendes Wirtschaftsleben herrsche, eine Hochkonjunktur sondergleichen, wie sie eigentlich aus der Börsenhausse zu schließen wäre. Eine derartige Beurtei lung des Auslandes müßte für uns geradezu katastrophal werden. Es ist sicker nicht obne Bedeutung, daß die Etat rede des neuen Finanzministers gerade in den Ver einigten Staaten großes Aussehen erregt hat Die Bereinigten Staaten haben allerdings Grund gen»g. sich mit der Etatrede und mit dem gegenwärtigen Zustand unserer Wirtschaft genau zu befassen, denn ihre Inter essen sind zum großen Teil eng mit der deutschen Wirt schaft verknüpft. Wir erinnern nur daran, daß es ja gerade die Bereinigten Staaten waren, die nach Deutsch land Milliarden und Abermilliarden Geld vergehen haben. Sie sind deshalb mit in allererster Linie inter essiert am Wohlergehen der deutschen Wirtschaft, sind aber auch interessiert an der Regelung der Neparaticms- frage. Daß in dieser Hinsicht das letzte Wart nach nicht gesprochen ist, muß jeder wissen, der die Verhältnisse kennt. Erfreulich aber ist cs. daß der Finauzminislcr den Mut gefunden hat, mit aller Deutlichkeit auf die Unmöglichkeit hinzuweisen, diese Lasten auf die Dauer zu tragen. Es wäre für Deutschland ein nationa les Unglück, wenn die Ausfassung im Ausland sich durch setzen sollte, daß die Reparationslasten getragen werden könnten. Diese Auffassung müßte durch irgendwelche rednerische Schönfärberei unbedingt bestärkt werden. Daran aber können wir am allerwenigsten Interesse haben! Wir können nur wünschen, daß das Ausland die Verkältnisse in Deutschland nickt nack der Okerllüci« der Völksrb'mö rmö WirtschasispolMK Ein Portrag Loucheurs in Brüstet. Paris, 22. Februar. Der Abgeordnete L o u ch e u r. der als einer der hervorragendsten Führer der französischen Industrie auch in Deutschland bekam» ist. hat gestern in Brüssel vor der Univcrsitalsvercinigung sür den Völkerbund einen Vortrag über „Deutschland und die wirtschaft lichen Ausgaben des Völkerbünde s" gehalten. Er erinnerte an eie Bedingungen, unter denen Deutschland ui den Völkerbund eingetreten ist Das Fiel des Völkerbundes sei die A u s r e ch l c r h a I t ii n g des Friedens durch poli tische Mittel (Abrüstung und Schiedsgerichtsverfahrenl und durch wirlschaftllche Mistel. Diese Mittel wirken auf der Welt, wirlschaftskonserenz des Näheren geprüft werden Hinsichtlich des Programms oer Weliwiriscknsls- kon serenz müßten zwei Punkte besonders berücksichtigt wer den ^ erstens Zollpolitik, zweitens die i n d u st r i e l I e Organisierung Europas. Lkis- den ersten Punkt betreue, so müsse man sragen. ob man die Vereinigten Staaken von Eii'vpa verwirklichen könne, indem man kurzerhand die die Völker trennenden Zollschranken niederreiße Aus polilischen Gründen, wie aus-Grünoc» derS.cherhei! sei eine so eiuiackc For mel unmöglich zu verwirkliche». Da aber Europa mit den gegen wärtigen prohlbiten Tarifen n'cht weiteebcstch»» könne, müs ie eine Aendernna erwl»en. Was die industrielle Organ sterling Euro pas betreffe. so sei der Wert von Kartellbildungen u-ch! abzu streiten Jedoch bergen sie Gefahren sür die Arbeiter-Klage und für die Verbrauclp-r. Infolgedessen sei eine Kontrolle nostven- dig. Diese Kanlrolie minie lvgischerwriie der Völkerbund über nehmen Bei der wirtschgstlichen Reorganisierung der Welt spielte» Deutschland und Amerika eine hervorragende Rolle Dinge beurteilt, sondern lies in sie eindringt. Es wird dann om allerbesten von der Rotwendigkeit der Verrin gerung der Reparationsleistungen überzeugt werden. Es ist zu begrüßen, das; der neue Finanzminister mit aller- ivünscl enswerter Deutlichkeit gerade aus diesen Punkt hingewiesen und offen erklärt hat, daß er keine Mög lichkeit sähe, die ungeheuren Reparationsleistungen aus dem Etat zu bestreiten. Wir zweifeln nicht daran, daß die maßgebenden Instanzen und auch der Amtsvorgön- ger Dr. Köhlers sich bemüht haben, dem Aimlande die Unmöglichkeit derartiger Reparationsleistungen darzu- legen, aber die Mühe könnte leicht vergeblich sein, wenn auf der andern Seite die Staatsfinanzen und d-e Aus sichten unseres Wirtschaftslebens, und zwar ohne Berück sichtigung der realen Verhältnisse im rasigsten Lichte ge schildert werden. Der neue Finanzminister hat auch ein Wort über den Finanzausgleich gesunden. Das Reich über alles, sagte er. aber historisch Gewordenes soll nicht zer stört werden, sv lange es berechtigt ist. Wir hoffen, daß es Dr. Köbler gelingen wird, durch einen Finanzaus gleich das Gefüge des neue» Staates, der lediglich auf das Volkstum als solches gestellt ist, noch fester zu ge stalten. Haben den Zusammenbau früher dynastische Verträge und letzten Endes das überragende preuß sche Militär bewirkt, so muß nunmehr das Bewußtsein der Bolkszusammengchörigkeit und freudige Mitarbeit am Reich die rechtlichen und äußeren Machtmittel ersetzen. Innerliches muß an die Stelle von Aeußerli ch e m treten: nur so kann das Reich zusammengcbaUen wer den. Die dauernden Konflikte zwischen Reich und ein zelnen Bundesstaaten müssen aus die Dauer das feste Ge füge des Reiches erscküneru. Man mag die historische Entwicklung des Teuisciien Reiches bedauern, man mag es bedauern, daß wir heute noch so und so viele Dutzend Vaterländer balvn „kor mit dem Geaebcnen muß man