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Schönburger Tageblatt Richeim täglich mit »«-nähme der T«ge n»ch Tonn- «nd Festtagen. hbmahm« von Inseraten für die nächster- Meinende Nummer bi-8ormittagt Ä« Abonnement-Prei- beträgt viertehähr- I 5V Pf. Einzelne Rrn. ^ U proZeile 10 Pf.,für ««»wärt« 1bPf. tabellarischer Latz wird doppelt berechnet. reu- Walienburger Ameiger. Filialen: in »ltst«dtwawenb«rg bei Her«, Otto Förster; inLallenberg beiHrn.Ttr««^ roirker Fr. Herm. Richter; in Kanfungen di i Herrn Fr. Janaschek; in LangenchurSdorf b,i Herrn H. Stiegler: in Penig bei Herrn Wil» Helm Dahler; in Roch-burg bei Herr» Paul Zedl; inWollenbnrg bei Herrn Herm. Wil»« > Ham; in Ziegelheim bei Herrn Ld««rd Itirst«» Amtsblatt für das Königliche Amtsgericht und den Stadtrat zu Waldenburg. — Zugleich weit verbreitet in den Städten Penig, Lunzenau, Lichtenstein-Callnberg und in den Ortschaften der nachstehenden Standesamtsbezirke: Altstadt-Waldenburg, BrLunSdorf, Callenberg, St. Cgidien, Ehrenhain, Frohnsdorf, Falten, Grumbach, Kaufungen, Langenchursdorf, Langenleuba-Niederhain, Lanze: - leuba-Oberhain, Niederwiera, Oberwiera, Oberwinkel, OelSnitz i. E., Reichenbach, Remse, RochSburg, Schlagwitz, Schwaben, Wolkenburg und Ziegelheim. 222 1906. Dienstag, Zen 2S. September WitternugSbericht, ausgenommen am 24. September, Nachm. 3 Uhr. Varo«tterftaud 770 mm reduziert aus den MeereSivieget. Thermometerkand -j- 10° O. (Morgens 8 Uhr -s- 9° 0. Tiefste Nachttemperatur -s- 8,»° 6.) Keuchttstkettt» Erhalt der Luft nach Lambrechts Polymeter 46',«. Laupnolt — 1" O. Kindrichtuug: Nord. Niederschlagsmenge in den letzten 48 Stunden bis früh 7 Uhr: 7,r mm Taber WitternnasaaSnchten ^iir den 25 September: Halbheiten "Waldendnrg, 24. September 1908 Zum diesjährigen sozialdemokratischen Parteitage hat Herr Bebel seine Freunde und Gegner um sich versammelt. Es ist nicht zu bestreiten, und aus dem sozialistischen Blätter- Walde klang es schon vor Beginn der großen Versammlung in Mannheim recht deutlich heraus, daß die Zahl der sozial- demokratischen Genossen, die von dem Bebclschen ZukunstS- staate wenig, um so mehr aber von der lebendigen Gegen wart misten wollen, bedeutend gewachsen ist. Diese Tatsache wird freilich nicht hindern, daß es auf dem Mannheimer Parteitage genau so kommt, wie auf den letzten Zusammen künften in Jena und in Dresden, daß Bebel als Partei- gewaltiger obsiegen wird. Die deutsche Sozialdemokratie hat Niemand, der dem Reichstagsabgeordneten Bebel die Stange halten kann; Misten, Rednergabe, Temperament und Energie finden sich bei keinem Angehörigen der Partei, wie bei Bebel, und eS ist vorauszusehen, was folgen wird, wenn er nicht mehr so wirken kann, wie heute. Nicht, daß die extreme Partei von heute auf morgen verschwindet, wohl aber, daß sie an Autorität bei ihren Anhängern verliert. Schon heute ist die Anziehungskraft geringer als einst, schon heute ist die Selbständigkeit der Einzelnen größer geworden; und wenn ein überlegener Wille schließlich doch die Einigkeit wieder durchsetzte, bei den großen Masten, namentlich außerhalb der Bevölkerungszentrcn, ist die Erkenntnis stark im Wachsen, daß der Sozialismus ihnen nichts bringt» was sie nicht in anderer Weise ebenso gut haben könnten. Die Verhandlungen deS Parteitages sind früher sehr stark auch in bürgerlichen Kreisen beachtet worden. Seit Dresden hat sich das gc- ändert; die großen Worte haben nicht mehr die zahlreichen Wunden Stellen am Körper des Sozialismus verdecken können. Und ganz anders, als es geschehen, würden sich bereits die Dinge gestaltet haben, ^wenn der bei den Wahlen festge- schlosten marschierenden L-ozialdemoklratie die gleiche bürger liche Geschlossenheit gegenübcrgestellt worden wäre. In dieser Uneinigkeit lag der Nutzen für Bebel und seine Freunde! August Bebel ist, wenn man den Ausdruck gebrauchen will, ein sozialdemokratischer Idealist, er spricht nicht nur vom Zukunftsstaat, er glaubt fest an ihn, nicht weniger fest, wie ein Menschenfreund auf ein ewiges Friedenszeitalter in Zu- kunst hoffen mag. Herr Bebel kann das, trotzdem er dem Greisenalter sich nähert, denn er tst, waS er ja seiner eigenen Tüchtigkeit zu danken hat, der Sorge um das tägliche Brot enthoben. Aber die Tausende, die bisher sozialistisch wählten, haben doch mehr und mehr erkannt, daß das Streben, sich in der Gegenwart eine sichere Existenz zu schaffen, wichtiger ist, als das Denken an den Zukunstsstaat, und dies Mühen für die heutige Zeit ist der Angelpunkt in allen wirtschaftlichen Bewegungen und Strömungen. Die jetzige Generation hat einen ziemlich nüchternen Charakter, sie hält wenig vom Idealismus, um so mehr von Geld und Vergnügen, und diese unbestreitbaren Kennzeichen lassen auch die Sozialdemokratie nicht unberührt. Eine ge- schloffen- Organisation, wie sie namentllch in den Groß- städten besteht, vermag den Ausbruch von Unlustigen zu ver- hindern, aber überzeugungStreue Genossen schafft sie heute nicht mehr in dem Maße wie früher. Tie Zeiten haben sich dafür doch geändert So wird man auf dem Mann- Heimer Parteitag wieder die internationale, revolutionäre Sozialdemokratie feiern aber das Echo wird immer schwächer antworten. Nicht nur früher änderten sich Zeiten, auch heute noch, und wir ändern uns mit ihnen. Tie wirtschaftliche Tätigkeit in Deutschland ist eine solche, daß der deutsche Arbeiter recht wohl der Gegenwart leben kann und nicht erst von einem Zukunftsstaat Großes zu erwarten braucht. Politische Stund sch au. Deutsches Reich. Ter Kaiser, die Kaiserin und Prinzessin Viktoria Luise trafen am Sonnabend früh 4 Uhr auf dem Bahnhyf Groß- Rominten ein. Der Kaiser begab sich sofort auf die Jagd und erschien nach 6 Uhr im Jagdschlösse. Tie Kaiserin war mit ihrer Tochter bis 7 Uhr im Hoszuge verblieben. Königin Wilhelmina von Holland trifft am heutigen Montag zu sechswöchiger Erholung in Dresden ein. Der Braunschweiger Landtag wird sich morgen Dienstag prinzipiell über die weitere Behandlung der Thronsolge- frage äußern. Wie man allgemein annimmt, wird nicht sofort ein neuer Regent gewählt, sondern der Regentschafts' rat, der zeitweilig die Regierung leitet, aufgefordert werden, eine bestimmte Erklärung des Herzogs von Cumberland, des bisher .behinderten" Thronerben herbeizuführen. Fällt diese nicht derartig aus, daß sie seine Thronbesteigung ermöglicht, so wird dann späterhin selbständig eine definitive Regelung herbeigeführt werden. An die Absendung einer Deputation an den Herzog wird nicht gedacht, und es liegt da auch kein Grund vor, denn der Herzog hat, wenn er auf seine Rechte pocht, auch Pflichten, es steht nicht in seinem Belieben, die Braunschweiger auf eine unbegrenzte Zukunft warten zu lassen. Eine «diplomatische Affäre", so erklären Londoner Blätter, hat die deutsche Regierung aus der Behandlung des Dampfers .Meteor" in dem englischen Kriegshafen Ports mouth gemacht. Dem gegenüber stellt die .Nordd. Allg. Ztg." amtlich fest, das Auswärtige Amt habe sich darauf beschränkt, wie aus Hamburg, so auch von der deutschen Botschaft in London einen Bericht über Vas Vorgesallene einzusordern. Englischerseits beharrt man bei der Behauptung, der Kapitän des .Meteor" habe Fehler begangen und die Weisung, statt einer für Kriegsschiffe vorbehaltenen Boje eine solche für Handelsschiffe aufzusuchen, fälschlicherweise als eine Auffor derung zum Verlassen des Hafens überhaupt aufgefaßt. Die Gestaltung des Reichsarbeitsmarktes war nach amtlicher Mitteilung im letzten Monat besser, als im August 1905. Im Kohlenbergbau war die Produktion stark an gespannt, doch herrschte Wagenmangel. Die besonders gün stige Lage in fast allen Zweigen der Metall- und Maschinen industrie hielt an, die Löhne stiegen. Eine befriedigende Gestaltung der Arbeitsverhältnisse wiesen, von einzelnen Aus namen abgesehen, auch die elektrische, die Gespinst- und chemische Industrie auf. Im übrigen wurde die Gestaltung des Arbeitsmarktcs von den Saisoncinflllssen in einer Reihe von Gewerben in maßgebender Weise beeinflußt. Im Breslauer Krawall-Prozeß gelang es erst am Sonnabend, die Beweis-Aufnahme zu schließen. Tie Ver handlung ward auf Montag vertagt, wo die Plaidoyers des Staatsanwalts und der Verteidiger beginnen werden. Tas Agitations-Komitee der Bergleute im großen Ruhr- gebiet will in .eine neue Lohnbewegung eintreten und sich zu diesem Zweck auch mit den ausländischen Bergarbeiter- Verbänden in Verbindung setzen. Mögen die deutschen Berg leute nur daraus achten, daß sie nicht von den fremden als Vorspann benützt und hinterher im Stich gelassen werden! Tie Klagen über die sich bemerkbar machenden höheren Fl cisch preise werden wieder so lebhaft und allgemein wird die Reichsregierung zur Ergreifung von zweckentsprechenden Maßnahmen aufgefordert. So führt die .Tägl. Rdsch." aus: .Die Fleischversorgung der Bevölkerung wird an den maß gebenden Stellen einen Gegenstand sorgsamer Behandlung bilden müssen. Tie Teuerung hat die Gemüter ohnehin schon zu lange beunruhigt und nicht zum wenigsten dazu beigetragen, die radikalen Strömungen im politischen Leben zu stärken. Wir sind weit entfernt, in den Ruf einzu- stimmen: .Tie Grenzen aus!" Denn neben den Interessen der Konsumenten verlangen auch die der Produzenten ge bührende Beachtung. Aber wir haben doch gesetzliche Be- stimmungen, die eine vorübergehende Verstärkung der Fleisch- einsuhr ermöglichen. Gerade der Umstand, daß nach den übereinstimmenden Erklärungen der preußischen und bayeri schen Regierung die Aussichten auf einen Rückgang der Fleischpreise geringe sind, läßt es dringend geboten erscheinen, die Fleischversorgung deS Volkes wieder auf eine gesunde Grundlage zu stellen." Der Stapellauf des Kreuzers .Stuttgart" ging in Danzig glücklich von statten. In seiner Taufrede sagte der Stuttgarter Oberbürgermeister Gauß u. a.: .Planvoller Sinn liegt in dem kaiserlichen Gedanken, durch die Wahl der Namen deutscher Länder und Städte für deutsche Kriegsschiffe die Marine in den großen Gemeinwesen des Reichs und die großen Gemeinwesen in der Marine heimisch zu machen, die beide der Ausdruck erstarkender Vater- ländiscker Kraft sind. Je ferner Stuttgart vom Meere liegt, desto stolzer ist die schwäbische Hauptstadt darauf, ihren Namen auf den Wogen zu wissen, und umso dankbarer. Ich danke dem Kaiser für diese hohe Ehrung, ich danke den Arbeitern wie den Baumeistern und Ingenieuren, deren vollendetes Werk den Meister lobt, und ich danke dem Offizierkorps und der Mannschaft, die ihr Schicksal mit dem der .Stuttgart" zu verketten tapfer bereit sind. Du stolzes Schiff sei allezeit ein starker Schild für daS Reich, seinen Welthandel und seinen Unternehmungsgeist, laß deine Flagge wehen als Zeichen, daß Deutschland der Nachbar aller Völker geworden ist, Pflüge das furchtbare Meer, grüße die fernen Ufer, fahre wohl und kehre glücklich wieder in die Heimat, die eins ist in Nord und Süd, von Danzig bis Stuttgart. Die Wahl eines deutschen Ordensbruders zum General des Jesuiten-Ordens ist bekanntlich sehr beachtet worden. Wie das „20. Jahrhundert" mitteilt, find aber auch die Ordens-Generale einer ganzen Reihe von anderen Kongre gationen Deutsche. So die Leiter der Franziskaner (Pater Schuler), der Minoritcn (Pater Reuter), der Kapuziner (Pater Bernhard von Andermatt), der Kermeliter (Pater Mayer), und der Barmherzigen Brüder (Pater Gasser). Der sozialdemokratische Parteitag ist gestern Sonntag, Abends um 7 Uhr, im Festsaale der Zentralhalle in Mann heim eröffnet worden. Die Sonntagssitzung galt lediglich der Konstituierung des Parteitages, der Festsetzung der Ge schäfts- und Tagesordnung und der Wahl der Mandats prüfungs-Kommission. Am heutigen Montag werden die üblichen Geschäftsberichte erstattet, an die sich späterhin die Debatte über die Maifeier und über den Hauptpunkt der diesmaligen Beratungen, über den politischen Massenstreik anreiht. Am Sonnabend vorher waren bereits die Genossinnen in Mannheim zu löblichem Tun vereinigt, als Gäste waren zahlreiche russische und polnische Genossinnen erschienen. Tie blutige .Rosa", d. h. die Rosa Luxemburg, die die russische Polizei vor einigen Tagen laufen ließ, die sich jetzt aber wegen einer Brandrede auf dem vorjährigen Parteitage in Jena vor einem deutschen Gericht zu verantworten hat, war am Sonnabend noch nicht anwesend, wird aber sicherlich nicht ausbleiben. Ist doch Frau Rosa unter den Genossinnen, was August Bebel unter den Genossen ist, unbedingte Autorität, der sich Jedermann zu fügen hat, wenn er nicht .fliegen" will. Ter Sitzungssaal der sozialdemokratischen Frauenkonfercnz war mit roten Fahnen und Guirlanden ge schmückt. Ter Versammlung lagen zahlreiche Anträge vor, darunter auch ein solcher, der das gesetzliche Verbot der gewerblichen Arbeit von Wöchnerinnen auf die Dauer von 13 Wochen ausdehnen und während dieser Zeit eine Unter stützung in der vollen Höhe des Krankengeldes gewährt wissen will. Reichstagsabgeordneter Molkenbuhr begrüßte die Anwesenden im Namen des Parteivorstandes, indem er die Mündigkeit der sozialdemokratischen Frauen feierte, die die bürgerlichen Frauen noch nicht erreicht hätten. NamenS der Mannheimer Genossinnen begrüßte Frau Hofmann die Erschienenen und gab ihrem Bedauern über die Abwesenheit von Rosa Luxemburg Ausdruck. Sie ist ja wieder da, sie kommt! riesen die zielbewußten Frauen, und bald konnte fcstgestellt werden, daß Rosa bereits da sei. Viel Weihrauch wurde begreiflicherweise den anwesenden russischen Soziali- stinnen gestreut. Namentlich von Frau Klara Zetkin, die den Geschäftsbericht erstattete und den Russinnen zurief: