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Adorker Wochenblatt. Mittheilungen über örtliche und vaterländische Angelegenheiten. Neunter Jahrgang. Preis für den Jahrgang bei Bestellung von der Post: I Thaler, bei Beziehung des Blattes durch Botengelcgenhcit: 20 Ncugroschcn. t 2. Erscheint .jede Mittwoche. 20. Mllirz 2844. Der Entwurf -er Strafprozessordnung des Großherzogthums Baden, m i t g e t h c i l t von Advokat Braun zu Plauen. (Fortsetzung.) Hiernachft kommen die Motive zu einer Beleuch tung des Anklngepriuzips. Nach unserm Prozesse soll, wie bekannt, der Richter von Amtswegen nicht allein die Untersuchung, wenigstens in der Ne stel bei den schwerern Verbrechen, cinlciten und fort- führen, sondern auch die einschlagenden Vertheidi- gungspuncte in die Acten aufnchmcn und daher den Ankläger wie den Bcrthcidiger und in gewissen Fäl len selbst nebst diesen den urtheilendcn Richter machen. Daß die Bereinigung dieser drei oder mindestens zwei Stellungen eine höchst unnatürliche ist, liegt zu Tage und ist mehrmals schon gerügt worden. Der Baden- sche Entwurf erkennt diesen tlcbclstand und beseitigt ihn, indem er die öffentliche Anklagschaft, das heißt die Staats-Anwaltschaft, in den Eriminalprozcß aufnimmt und hiermit, ohne die Obliegenheit des Rich ters, die Untersuchung von Amtswcgcn in allen Fäl len einzuleiten, wo nicht das Gesetz Ausnahmsweise die Anklage oder doch eine Anzeige des durch das Berbrechen Berichten erfordert, oder ohne die ideal- herrliche Pflicht des untersuchenden Richters zu Aufsu chung auch der sür die Berthcidigung des Angcschul- digtcn dienenden Puncte zu verändern, eine Behörde anfstellt, deren Aufgabe cs ist, in dem mündlichen Ver fahren durch Begründung und Erweisung der Ankla ge, dem Angeklagten und seinem Berthcidigcr gegen über, das Interesse des durch den Bcrbrcchcr verletz ten Staates zu schirmen und aufrecht zu erhalten. Gehört sonach der Wirkungskreis der Staatsanwalt schaft zunächst der öffentlich-mündlichen Hauptuntcr- suchung an, so ist er doch auch zugleich auf die vor gängige, die Hauptuntcrsuchung vorbereitende Vorver- handlung oder Voruntersuchung in der Art und zu dem Zwecke ausgedehnt, daß hier die Staatsanwalt schaft für die Vollständigkeit der Beweis-Erhebungen sorge und überhaupt in der Untersuchungsführung den Richter unterstütze. Dies sind ungefähr die allgemeinen Umrisse des in Rede gestellten Entwurfs, dessen Einzelheiten, da wir den Naum dieser Blätter für unsern Bericht nicht allzusehr in Anspruch nehmen dürfen, wir nur in folgenden Punkten hervorheben wollen: Nach Borausschickung einiger allgemeiner Bestim mungen handelt der Entwurf §. 5. — 16. von der Zuständigkeit der Strafgerichte, wobei er, wie zu erwarten war, den Gerichtsstand des begangenen Verbrechens als Regel und bei mehren in ver schiedenen Gerichtsbezirten begangenen Ver brechen oder eines auf der (Hrnnze zweier Gerichls- bczirke verübten Verbrechens den Gerichtsstand der Prävention (des Zuvorkommcns) als entscheidend auf- stcllt. Der 3. Titel tztz. 17. — 35. spricht von der Unfähigkeit zur Ausübung des Richteramts und Ab lehnung der Gcrichtspcrsonen. Hier ist (h. 21. — 22.) die Bestimmung getroffen, daß der Richter abge lehnt werden kann, wenn er Acußerungcn gcthan oder Nathschläge ertheilt hat, woraus seine Befangenheit in der Sache hervorgeht, und wenn der Richter au ßer den bestimmt bezeichneten Fällen ^der Vcrwandt- odcr Schwägcrschaft, zu dem Angeschuldigten oder zu dem durch das Verbrechen Beschädigten in einem sol chen Verhältnisse von Bcthciligung, Freundschaft, Feindschaft oder in einem solchen Pflichtvcrhältnisse steht, daß dem Betheiligten ein ungeschwächtes Ver-