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Achsisch e Staalszeilung Staatsan^eiger für den Zreiftaat Sachsen Erscheint Werktag« nachmittag» mit dem Latum de» Erscheinung»»«-«-. Bezugspreis: Monatlich 3 RM. Einzelne Nummern 13 Pf. Schristleitg. u. Geschäftsstelle DreSden-A. 1, Gr. Zwingerstr. 16. Ruf 14374 u. 81295. Postscheck-Konto Dresden 2486 / Staatsbank-Konto 674. Anzeigenpreise: 32 wm breite, 3 mm hohe Grundzeile oder deren Raum 35 Pf., 66 mm breit im amtlichen Teile 70 Pf., Rellamezeile 1 RM. Ermäßigung aus GeschästSanzeigen, Familiennachrichten und Stellengesuche. Schluß der Annahme vormittag» 10 Uhr. Zeitweise Nebenblätter: Landtags-Beilage, Ziehungsliste der Staatsschuldenverwaltung, Holzpflanzen-VerkausSliste der StaatSsorstverwaltung. Nr. 211 Verantwortlich für die Cchrislleitung: OberregierungSrat Han» Block in Dresden. > ! L —'-L- ' —— _ — Dresden, Sonnabend, 2S. November ^9SD Die Untersuchung gegen die hessischen Nationalsozialisten. Offiziöse SrlUirungen. Berlin, 27. November Büro Wolfs schreibt: Im Zusammenhang mit den Berichten über die Ermittlungen gegen die hessischen national- sozialistischen Führer wegen de» bekannten Doku mente« von Assessor vr. Best sind m der Presse vielfach entstellende und unrichtig« Nachrichten über die Zusammenarbeit der einzelnen beteiligten Regierungsinstanzen im Umlauf. Insbesondere werden an die gestrige Erklärung de- Ober- reichSanwalt» vor Vertretern der Presse eine Reihe von mißverständlichen Schlußfolgerungen geknüpft. Au» Kreisin deSReichSjustizministeriumS erfahren wir dazu, daß der Reichsjustizminister den Oberreichsanwalt um einen Bericht über die Einzelheiten dieser Unterredung gebeten hat. All dem Bericht des OberreichSanwalt» geht eindeutig hervor, daß er in dieser Unterredung keine abschließende Stellung über das Er gebnis der von ihm geführten Untersuchung genommen hat. Der OberreichSanwalt hat lediglich zum Ausdruck gebracht, daß rein juristisch betrachtet daS Borliegen deS Schriftstückes des vr. Best für sich allein ihm kein genügearder Bewe4- sür die Hbficht eine» gewaltsamen Umsturze- ^scheine. Der Oberreichsanwalt hat weiter aus- orücklich die Möglichkeit für gegeben bezeichnet, daß sich aus der Art, wie daS Schriftstück in den Kreisen der hessischen National sozialisten behandel» worden sei, Dinge ergeben könnten, die den Sachverhalt än derten. Zunächst die Frage, ob tatsächlich Hoch verrat vorliege, könne daher erst nach weiterer Untersuchung beantwortet, werden. Bon seilen des Reichsjustizministe ri »ms wird weiter zu der Darstellung eines Berliner Mittagsblattes über den Gang der Unter suchung festgestellt, daß der Reichsjustiz minister dem OberreichSanwalt keine aus, drückt! chen Weisungen für die Behandlung der Angelegenheit gegeben habe. Ebenso ist die Betrauung des Sachbearbeiter» bei der ReichSanwallschaft nicht auf Weisung des Reichsjustizministeriums, sondern auf Grund des ordnungsmäßigenGeschäfts- verteilungSPlanes erfolgt. Zu der Be hauptung, die preußische Regierung be absichtige bei der Reichsregierung ihr Be fremden über das Verhalten de» Oberreichsanwalts zum Ausdrucke zu bringen, wird mitgeteil», daß die preußische Regierung bither keinerlei Schritte bei der Reichsregierung unternommen habe. Mit Bezug aus die Stellungnahme der hessi- scheu Regierung hat der OberreichS anwalt an den hessischen Minister des Innern ein Schreiben gerichtet, in dem er entsprechend seinem Bericht an den Reichsjustiz minister die Einzelheiten seiner gestrigen Erklärung erläutert. In diesem Schreiben betont der OberreichSanwalt, daß die Behaup tung, er habe von einem mysteriösen Weg gesprochen, den die Anzeige gelaufen sei, nicht zutreffe. Der Oberreichsanwalt habe lediglich davon gesprochen, daß eine bestimmte Stelle vr. Schäfer air den Frankfurter* Polizeipräsidenten gewiesen habe. Wie wir dazu erfahren, handelt eS sich bei dieser vom OberreichSanwalt erwähnten gewissen Stelle nicht etwa um eine hessische Behörde, sondern um eine Privat person. Wen» in dem obenerwähnten Mittagsblatt m einer Erörterung über die gesamte Untersuchung behauptet wird, der Reichsinnenminister habe eine besondere Abteilung ein gerichtet, die sich ausschließlich mit den Bor gängen bei den Nationalsozialisten beschäftigen solle, so wird auch diese Darstellung von feiten deS Reichsinnenministerium» als absolut unzu treffend und auS der Luft gegriffen bezeichnet. ES handelt sich keineswegs um ein Sonderdezernat, sondern lediglich darum, daß der Reichsinnen minister in diesen Lagen ohne jeden Zusammen hang mit irgendwelchen Untersuchungen einige Referate seine» Ministeriums zu einer sogenannten Ministergruppe zusammengesaßt hat, deren Auf- gäbe sein soll, ihm sür besondere Wünsche al- Sachbearbeiter zur Verfügung zu stehen. Der in dieser Ministergruppe zusammengesaßte .engere Mitarbeiierkreis de» Ministers entspricht einer seu Jahren in jedem Reichsministerium geübtere Ge pflogenheit. Irgendeine organisatorisch« Änderung innerhalb des Miniswriums ist nicht erfolgt. * Hessische Beschwerde beim Aeichskanzler. Darmstadt, 27. November. Tie Erklärung des OberreichSanwalt- hat heule zu einem Schritt der hessischen Slaatsregierung beim Reichskanzler geführt. Im Auftrag der hessischen StaatSregie- rung, insbesondere des hessischen Innenminister-, ist heute nachmittag der hessische Gesandte beim Reichsjustizminister und Reichs- kanzler vorstellig geworden wegen der Be handlung, die die HochverratSangelegenheir des hessischen nationalsozialistischen Landtagsabgeord- nelen und Amtsanwalts vr. Best in formeller wie sachlicher Hinsicht durch den Oberreichs anwalt in der Presse erfahren hat. Man darf annehmen, daß dabei auch auf die Stellung nahme deS OberreichSanwalt- bei der entscheiden- den Besprechung im preußischen Ministerium de» Innern vor der HauSsuchungsakiion hingewiesen wurde s» Ein Antrag der Staatsparkei. Berlin, 27. November. Lie preußische LandtagSsraktion der Staatspartei hat einen Anirag eingebracht, in dem e- heißt, da- beschlagnahmte Material zeige erneut, daß wenigstens Teile der NSDAP ge willt seien, u-nter Anwendung von Gewalt de« heutigen Staat zu stürzen einTerror-Regiment brutalsterArt ein- zusühren und die Wirtschaft restlos zu zer stören. Die Regierung wird ersucht, vorbehaltlich aller von Preußen zu treffenden Maßnahmen auch auf die ReichSregterung mit allemNachdruck dahin einzuwirken daß den Reichsbeamten und Beamten der Reichsbahngeseklschast entsprechend der Regelung in Preußen jede Betätigung für revolutionär» Bewegungen untersagt nnd damit eine gleichmäßig rechtliche Behandlung der Beamten des Reiches nnd Preußen» herbei- geführt werde. Aufruf des sozialdemotrokifchen Partei« Vorstandes. Berlin, 27. Novenrbei Der Bor st andder Sozialdemokratischen Partei Deutschlands erläßt einen Aufruf, indem erklärt wird, da« Programm der hessischen nationalsozialistischen LandtagSabge- ordneten für illegalen Regierungsantritt flehe in schneidendem Widerspruch zu den LegalitätSfchwüren Adolf HiNerS. Nach Ickwrsen Angriffen gegen die NSDAP., der u. a. Doppelzüngigkeit, Heuchelei ' und Terror .vorge- worsen wird, cheißt e« in dem Ausruf weiter, Hitler habe dem Reich-innenminister Groener Material überreicht, au» Hem hervorgehen soll, daß dieNationalsozialisten die Angegriffenen seien. Diesen Betrug werde die sozialdemokratische Partei nicht ge statten. Bei ihr häuse sich da« Material, da« sür die Blutschuld der Nationalsozia- listen erdrückende Beweise liefere. Zur Ergänzung diese» Material- fordert der Aufruf dazu auf, zweckdienliche Angaben möglichst in aktenmäßig belegter Darstellung der Terror- Abwehrstelle dem sozialdemokratischen Partei vorstand in Berlin, Lindenstraße 3, zu übersenden. Der Ausruf betont schließlich, daß die SPD. aber Terror- und Gesetzwidrigkeiten nicht nur abwehren, sonderv zum Angriff gegen den Nationaksozia- NSmu« übergehen »erde. ReichsarbeitSlnillister vr. Siegenvald über die Lage. Berlin, 27. November. In einer Berliner Zentrumsversammlung des Bezirke» Mcabit-TierKirten sprach heute Reichs arbeitsminister vr. Stegerwald über die wirtschasts- und sozialpolitische Lage. Er begründete in seinen Ausführungen folgende drei Leitsätze: 1. von der Lohnseite her allein ist die deutsche Wirtschaft bestimmt nicht zur Gesun dung zu bringen. 2. der staatliche Lohnschutz kann während der größten Krisis eines Jahrhundert» den Arbei tern nicht verweigert werden: er muß aber verstärkt aus die Realitäten und daS Lei stungsvermögen einer kranken Wirtschaft Rücksicht nehm«». 3. die gesetzliche Sozialversicherung kann mit den gegenwärtigen Leistungen, die während einer Scheinblüte festgesetzt worden und wofür die erwarteten Einnahmen au-geblieben sind, nicht über die geivaltige Krisis der Gegen wart und der nächsten Jahre hinüber gerettet werden. Zu Punkt 1 führte der Minister u. a. auS, in der deutschen Wirtschaft dürften im lausenden Jahre an Arbeiter und Angestellte rund 25 Mil liarden M. Löhnö und Gehälter gezählt werden. An dieser Tatsache gemessen, beständen in der deutschen Volkswirtschaft folgende Größenver- hältnisse: Im Jahre 1931 beliefen sich die Steuern und öffentlichen Abgaben in Reich,' Ländern und Ge meinden, ohne gesetzliche Sozialversicherung, aus rund 15 Milliarden RM., die Zinsen, die die deutsche Volkswirtschaft aufzubringen habe, aus etwa 8 bis 9 Milliarden RM-, die Beamien- gehälter aus rund 7 Milliarden RM., di« Pen sionen, Hinterbliebenenrenten, Wartegelder usw. auf 1,8 Milliarden.RM-, der Aufwand für die gesetzliche Sozialversicherung söhne Ar- beitSlosenfürsorge) auf rund 3,7 Milliarden RM. und die ArbeitSlosensürsorge auf gilt 3 Milli arden RM. Wa« Punkt 2, den staatlichen Lohnschutz, betreffe, so werde von Arbeitgeberjeite weitgehend seine restlose Beseitigung gefordert. Die» sei völlig unpolitisch, ja grotesk. Politische Unruhen großen Stil» und ein Kleinkrieg in den einzelnen Be ttieben wären die verheerenden Folgen Nicht minder falsch sei die Auffassung daß in einer kranken Wirtschaft die Lohnhöhe beliebig durch Schiedssprüche von Staat» wegen bestimmt werden "könne. Tas Primäre sei nicht der Schiedsspruch, sondern die Rentabilität der Betriebe, eine in sich ausgeglichene Gesamt Wirtschaft. Mit Schiedssprüchen und BerbindlichkeitSerklärungen sei leine Rentabili tät der Betriebe zu erzielen: auch könne bei den großen Tarifverträgen der Lohn weder nach dem bestrentablen, noch nach dem am schlechtesten sich rentierenden Betriebe festgesetzt werden. Freilich sei ein gewisser Lohn schütz in den nächsten Jahren in Deutschland eine absolute Staats notwendigkeit. Was Punkt 3 betreffe^ so wolle die Reichs regierung die Sozialversicherung in allen ihren Zweigen ebenfalls erhalten. Eine Er höhung der Beiträge zur Sozialversicherung sei aber gegenwärtig nicht möglich, -ebensowenig wie die Erhöhung des Renhtjuschusies kaum erreichbar sei. Man müsse daher zu organisatorischer Ver einfachung und Verbilligung und zu vorüber gehender Lei stun gslürzung schreiten, um die Unfallversicherung und die Inva lidenversicherung zu retten. Ter Minister betonte zum Schluß, daß, solange er ArbeitSminister sei, die Sozialversicherung nicht zerschlagen werden dürfe. Hauptausschußsihung -es Reichsverbandes der Deutschen Industrie. Berlin 27. November. Der neue Vorsitzende des Reichsverbandes der Teutjchen Industrie, vr. Krupp v. Bohlen und Halbach, eröffnete heute nachmittag die Haupt- auSschußsitzung des ReichSverba»des der Deutschen Industrie mit einer Rede, in der er ausführte: Im Einvernehmen mit dem Vorsitzenden des ZentralverbandeS de» Deutschen Bank- und Bankier gewerbe-, Herrn ve. Solmssen, de» Demschen In- dustrie- und HandelstageS, Herrn v. Mendelssohn, der Hauptgemeinschaft des Deutschen Einzelhandels, Herrn Grünfeld, de- Reick-Sverbandes deS Deutschen Groß- und Überseehandels, Herrn Geheimrat Ra ven», deS ReichSverbandes des Deutschen Hand- iverks, Herrn TeNien, des ReichSverbandes der Privatversicherung. Herrn Geheimrat Riese und der Bereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, Herrn v. Boisig, kalte ich e» sür geboten, folgende Erklärung abzugeben: „Die deutsche Wirtschaft ist seit Monaten Zeuge von Vorkommnissen innerhalb ihrer Reihen, deren Zahl di« Gefahr herauf- beschwört, daß sie nicht al» Einzel- erscheinungen, sondern al« Zeichen eine« allgemeinen Niedergänge« der kaufmännischen Ehrbarkeit g'ewertet werden. Wir weifen darauf hin, daß zu allen Zeiten schwerer politischer und wirtschaftlicher Krisen, wie solche Deutschland seit nunmehr Jahrzehnten be drängen, einzelne »erstanden haben, die Umschichtung der Verhältnisse unter Verletzung von Treu und Glauben znm Schaden der Gesamtheit sür sich au»zunutzen Der gesunde Sinn der deutschen Kaufmannschaft lehnt derartige Machen schaften entschieden ab. Sie betrachtet unbestechliche Ehrbarkeit al« höchste Pflicht aller Beruf-angehörigen und ist nicht gewillt, ihren guten Namen durch Duldung lauer Moralbegriffe gesährden zu lassen. Über die Ahndung krimineller Vergehen durch den Strafrichter hinaus wenden wir un» dementsprechend auch gegen jede Hand lungsweise, die in Widerspruch zu dem Grundsatz der kaufmännischen Ehre steht und mißbilligen jeden Verstoß gegen die Pflichten, die dem Unter nehmer gegenüber seinem Betrieb und gegenüber der 'Allaemeinhelt obliegen Wir erachten es als unsere besondere Pflicht in dieser Zeit, alle Kräfte an die Selbstreini gung der deutschen Wirtschaft zu wenden gegenüber jedem der vom Wege deS ehrbaren Kaufmanns abweicht, eine scharf «Trennung S- linie zu ziehen und in vorkommenden Fällen die weitere Zugehörigkeit der Betroffenen zu den Organen der Spitzenverbände von dem Ergebnis der zu treffenden Feststellungen abhängig zu machen*. Abschließend erklärte er dann «S dürsten aller dings aus den traurigen, aber immerhin im Ver gleich zu der großen Gesamtheit der Unter nehmungen vereinzelt nur vorzekommenen Übel ständen nicht Verallgemeinerungen ge folgert werdrn. Wir erleben e» tagtäglich, daß noch immer — nicht einmal böswillige — Be sucher au- dem Anslande auf gewiße äußere Fassaden in ihrem Urteil Bezug nehmen und das furchtbare Elend hinter dieser Fassade nicht sehen wollen. Wir dürfen nicht zögern, auch in der Frage der Reich! reform die Schritte zu unter nehmen, die von dem Zwange zu einer spar samen, übersichtlichen und einheitlichen Verwaltung diktiert sind. WaS die Reparationsfrage betrifft, so ha« die Entwicklung dieses Jahre» mit aller Deut lichkeit gezeigt, daß die Reparationen nicht nur sür Deutschland eine unhaltbare Belastung dar stellen, sondern daß sie auch, weltwirtschaftlich ge sehen, ein Wahnsinn sind. ES ist sür den ReichS- verband selbstverständlich, daß er in der Front derer steht, die in dem Versailler Vertrag keine endgültige Regelung sehen, die Jahrzehnte und Geschlechter überdauern kann. Im Interesse der europäischen Völkergemeinschaft muß und wird eine Lösung gesunden werden, die den Gedanken der fruchtbaren Zusammenarbeit der Völker einen neuen Austrieb gibt. Zur Währung-srage über gehend, erNärte der Redner: Pflicht de« Reichs- verdande« ist, jed« Maßnahme, die die Währung zu erschüttern geeignet wäre, auf da« entschiedenste abzulehnen und jede Maßnahme zu unterstütze», die der Sicherung der Währung dient Wir wünschen und wollen, so schloß Vr Krupp v. Bohlen feine Rede, daß die deutsch« Arbeiterschaft unter materiellen Be»