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Sächsische Volkszeitung : 24.10.1923
- Erscheinungsdatum
- 1923-10-24
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-192310249
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19231024
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19231024
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1923
-
Monat
1923-10
- Tag 1923-10-24
-
Monat
1923-10
-
Jahr
1923
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 24.10.1923
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Nummer 207 — 22. Jahrgang v mal wöchentl. verngsprel;: 4. Okt.-Woche 800000000 M. llnrkitien: Schlüsselzahl der Der tichcn Zeitungen: LOOttOOO. Vrundpreise: Die eingesp-PetitzeUe »OM., s.Familien« u. DerrinSanzeigen, Gesuche 30 M. Die Petit.Reklamezcite, ^ 8vmm breit. 25« M. Osscitengebühr für Selbstabholer 30M. bei Nebelsendung durch die Post außerdem Portozuschlag. kreis slir Ule hin r einummer i50000000 Mark .Geschäftlicher Teil: Loses tzoymann, Dresden SiicklWe Mittwoch, 24. Oktober 1923 sm Falle höherer Gewalt erlischt jede Verpflichtung aus j üescrung sowie Erfüllung von Anzeigen-Aulträgen und Leistung von Schadenersatz. Für undeutlich und durchFein- ^ sprechrr übermittelte Anzeigen übernehmen wir keine Ber» antwortung. Unverlangt eingesandte und mit Rückporto nicht versehene Manuskripte werden nicht ausbewahrt. Sprechstunde der Redaktion 5 bis S Uhr nachmittags Hauptschristleiter! Dr. Josef Albest, Dresden, volfsmiung Tageszeitung für christliche Politik und Kult« Siedonetoi, un» weschüjtostelle: rreodeo.tzlltstadt 10» Hvlbeinstraf,» 4« * Fernruf 82722 / Postscheckkonto Dresden 14707 UW»« W» WW ' Ae Well »kl All » M « M» Druck und Berlag, Saxonia » Buchdruckerei 18. m. b. H. Dresden-Altstadt 16, Holbeinstraße46 Nm Soßalisilitt« Wenn man heute die Sozialdemokratie an der Arbeit sicht, so merkt man, daß sie auf dein ihr nach der geschichtlichen und theoretischen Seite hin ureigensten Gebiete, nämlich dem sozial wirtschaftlichen. die Flocke ihres Zukunftsglaubens immer mehr zurückstcckcn mußte. Man findet in den sozialdemokratischen Zeit- schriften heute verhältnismäßig wenig Ausführungen über die Förderung ihres grundsätzlichen Programms. Dagegen beschäf tigt man sich fast ausschließlich mit den Einzelforderuuaen der Tagespolitik, sei es große oder kleine Koalition, s?i eS Verbindung mit den Kommunisten, sei es französische Orientierung, sei eS Achtstundentag. Von Sozialisierung, von Vergesellschaftung der Produktionsmittel, ist verhältnismäßig wenig mehr die Rede. Un ter dem parteipolitischen Einfluß des Kampfes gegen rechts ist man pazifistisch geworden, eine Einstellung, die mit dem ursprüng lichen Marxismus nun auch gar nichts zu tun hat. ES ist wohl mehr eine Zeiterscheinung, hervorgerufen durch die Verelendung unserer Tage, daß der KInsseukainpfgedanke in den proletarischen Massen noch so breiten Boden findet. Im übrigen aber zeigt der sozialistische Kampf gegen d?n Kapitalismus eine Niederlage nach der anderen. Trotzdem hat die Sozialdemokratie noch sehr stark den Glauben an sich, an ihre Existenzberechtigung »md an ihre Zukunft. Aber dieser Glaube hinwiederum ist kein einheitlich ge färbter. ES gibt unter den geistigen Führern der Sozialdemokra tie die verschiedensten Auffassungen und Strömungen. Sie hän gen jeweils davon ab, wi? der einzelne Sozialist die Dinge des Tages betrachtet und sich in den Lauf der Geschehnisse einfügt. Die Entwicklung, welche der Bolschewismus in Rußland ge nommen hat, hat auch viele strenggläubige Sozialisten stark er nüchtert und sie suchen nach neuer theoretischer Orientierung, nach neuer Fundierung ihres überkommenen Glaubens an das alte sozialistische Heer. Aber eben weil der Glaube der Sozialdemo kratie an den Sozialismus noch sehr stark ist und weil das Elend der heutigen Zeit ihr immer wieder neue Anhänger und Gefolg- schäften zutreiben wird, — mögen diese nun Bolschewisten werden oder Unabhängige oder Mehrheitssozialisten oder Nationalsozia listen — deshalb bleibt es notwendig, sich mit dem sozialistischen Problem noch damxrnd auseinander zu setzen. Diese Bewegung, der ja auch immer noch ein starker Teil der deutschen Jugend znströmt, in ihrem Wesenskern, in ihrer Geschichte und in ihrer vielgestaltigen Erscheinung zu studieren ist für die eigene poli tische Betätigung, für die eigene Weltanschauung auch daraus den richtigen Nutzen zu ziehen. Eine gute Geschichte des Sozialismus ist das Buch des ungarischen Professors der Nationalökonomie, Dr. Bela Földis in Budapest: „Die Hauptströmungen der sozialistischen Gedankenwelt" (Otto Elsner, Ver- lagSgesellsckaft, Berlin, 1923). Der Verfasser steht dem Sozia- lismus auch sehr nahe. Er sympathisiert mit den: sozialistischen Gedanken außerordentlich stark; aber er ist auch nicht ohne Kritik gegenüber den sozialistischen Strömung?», und seine Geschichte läuft letzten Endes darauf hinaus, eine Vermittlung zwischen Ka pitalismus und Sozialismus herbeizuführcn. Er findet, daß der Sozialismus, weil er eine rein sozial-wirtschaftliche Bewegung und nur eine solche ist, der Kompliziertheit des Lebens nicht Herr werden kann. Er ist auch genug Wirklichkeitsmensch, um einzu- schen, daß der Kapitalismus ein mächtiger Faktor des Wirtschafts, lebens bleibt, der selber aus den fürchterlichen Ereignissen der letzten Jahrzehnte schwerwiegende Lehren geschöpft habe. So er- gibt sich denn für ihn die Notwendigkeit einer Shntese von Kapi talismus und Sozialismus. Der Sozialismus müsse und werde hoffentlich in Zukunft der rationellen Sozialpolitik die Hände rei- chen. Auch schließe die Weiterentwicklung der Gesellschaft ja wich tige demagogifche Postulate in sich. Die Menschheit müsse eine soziale Erziehung erhalten, eine Erziehung, die auf die Harmonie des Jndividums und der Gesellschaft als Zielpunkt hinarbcitet. Doch auch den höheren Idealen soll der Weg durchaus nicht ver- sperrt werden. Die menschliche Organisationsarbeit bleibt stet» eine unvollkommene, und so müßten immer neue Ideale aufge- stxllt werden, und auch diese würden für die Träumer nie alles »imfassen können. Der Verfasser scheint geschichts-phklosophischer Nelativist zu sein, insofern, als er für die jeweiligen Phasen der geschichtlichen Entwicklung besondere Wahrheitsgehalte und Wahrheitskoinplexe in Anspruch nimmt. „Die Wahrheit", sagt er an einer Stelle, „liegt nicht im System, sondern in besten V?rhältnis zu seiner Zeit." Wenn man von einzelnen schiefen Urteilen über das Ver hältnis der katholischen Lehranschauungen zur sozialen Frage ab- sicht, so ist das Buch des Budapests» Professors sehr instruktiv. Er geht geschichtlich vor, indem eS die einzelnen Strömungen nach ihren Hanptvertretern zusammenfaßt. All die sozialistischen Mationalökonomen d?r Geschichte bis hinauf ins graue Altertum werden besonders vorgenommen und in ihren Lehren amfgezeigt. Hin und wieder hätte man eine schärfere Abgrenzung der ein zelnen Lehrmeinungen gegen einander gewünscht. Den Sozialismus mehr als geschlossenes System behandelt tdaS bekannte Buch des Jesuitenpaters Viktor Cathrein im Verlag Herder in Freiburg, Br., das jetzt in der 14. bis 16. Auf lage neu herausgekommen ist. Gegenüber den früheren Auf lagen hat die neue Ausgabe einige Kürzungen erfahren. DaS Buch ist hinreichend bekannt und bedarf keiner weiteren Empfeh lung mehr; auch die Ansichten des Verfassers kennt man zur Genüge. In dem neuesten Vorwort spricht er als sein Bekennt» !»is aus, daß augenblicklich der Kampf g?gen den Sozialismus viel notwendiger sei als der Kampf gegen den Kapitalismus. Wenn einmal in Deutschland die Landwirtschaft, die Industrie, der Handel und das Verkehrswesen wieder in geordnete Bahnen eingelenkt haben und gedeihen, mag man den Kampf gegen die Auswüchse des Kapitalismus in Angriff nehmen; aber bei dem gegenwärtig?» Darniederliegen aller wirtschaftlichen Verhältnisse ch'ird man durch sozialistische Experimente nichts erreichen, als daß man die ehrlichen Unternehmungen am En,Vorkommen hin- dert, dagegen unlautere Machenschaften: Schleichhandel, Wucher uud dergleichen begünstigt. In dieser autodiktatorischen Form wird ein solche» Bekenntnis wohl nicht restlos Anhänger finden. Im Verlag für Sozialwistenschast G. m. b. H., Berlin, hat Hermann Wendel eine LebenSskizze über August Be bel im Erinnerung an seinen Tod vor zehn Jahren) heraus» DieAusdehrrmlgdesSeparatisteiiMtsches Der Schutz der Besatzungstrupprn — Die ergebnislosen Verhandlungen mit der feanjösisch'belgiirhtn Regie — Betriebseinstellungen großer industrieller Werke — Blutige Zusammenstöße in Hamburg — Ausschluß des Reichspräsidenten aus der S. P. D. m Frankfurt, 23. Oktober. Die Sonderbündler habe» gestern abend auch in Wiesbaden die rheinische Republik auSgc. rufen. Auf den Nachause weht die griin-weiß-rote Fahne. DaS Rathaus nnd die Regierungsgcbäudc sind von den republikanischen Truppen beseht. D?r Telephonbrrkchr mit Wiesbaden dauert noch an. München-Gladbach, 23. Oktober. In München- Gladbach zogen die Stoßtrupps der Separatisten nach Viersen weiter, wo nachmittags zwischen 3 und 4 Nhr die Rheinische Republik ausgerufen wurde. Bon hier n»S ging der Zug nach Krefeld. — Auf dem Rathaus zu Düren wurde ebenfalls die rot-wciß-grünc Fahne gehißt. Bürgermeisterei, LanoratSamt, Post und Amtsgericht wurden beseht. Der Verkehr wurde gestattet. In der Stadt selbst ist alles rnhig. — Auch Erkelenz ist von den Sonderbündlern besetzt. — I» VüSbach bei Stollberg sind die Polizei nnd das Bürgermeisteramt durch Sonderbündler in Verwaltung genommen worden. Frankfurt a. M.» 23. Oktober. AnS Koblenz liegen jetzt genaue Nachrichten über de» Verlauf des separatistischen PutscheS vor. Danach sind die Sonderbündler bereits um 4 Nhr morgens vor das Rathaus gezogen und verlangten vom Bürger meister die vollständige llebcrgabe der Stadtverwaltung. Dieser wirs sie ab und erklärte, er werde nur der Gewalt „'eichen. Darauf zogen die Sonderbündler ab nnd erschienen um 10 Nhr abermals vor dem Nathans. Die Kunde davon war nntcrdesien wie ein Lauffeuer durch die ganze Stabt gedrungen, so baß zur gleichen Zeit auch elne ungeheure Volksmenge versammelt war, als die Sonderbündler erschienen. Es kain sofort zu einer schweren Prügelei, In deren Verlauf die Sonderbündler unter Zurücklassung von 8 Schwerverletzte» fluchartig bas Feld räumten. Sic haben in Koblenz eine schwere Abfuhr durch die empörte Bevölkerung erlitten. Ein Gegenstoß in Aachen Berlin, 23. Oktober. Von zuständiger Seite wirb zu den Vorgängen in Aachen mitgeteilt: Die Bevölkerung hat der Bc- satznngSbehörde mitgeteilt, daß sie den von den Separatisten ge schaffenen Zustand nicht anerkennen kann und sie würde mit allen Kräften versuchen, die Sonderbündler aus den von ihnen besetzten Orten wieder z» verdränge». Das Vorgehen der Polizei dürfte Klarheit über die Stellung der Belgier schaffen. Alle «IS Führer in Betracht kommenden Männer, wie alle Parteisekretäre, leitende Beamte» sind sranzösischcrseitS bereits auSgewicscn worden, so daß maßgebende Persönlichkeiten für die Bevölkerung fehlen. AllsdieSovderbjjndlttdarfmljit Massen werden Bonn, 23. Oktober. Der französische Obcrdclegierte Hai am Sonntag der Stadtverwaltung Bonn mitgeteilt, daß die Polizei bis 4 Uhr nachmittags sämtliche Schußwaffen abzu- geben habe. Auf den Protest der Stadtverwaltung hi» erging schließlich die Mitteilung, daß der Befehl zurückgezogen werde. Die Polizei könne ihre Wafftn behalten. Gestern nachmittag 4 Uhr erhielt die Stadtverwaltung neuerdings die Mitteilung, daß soeben ein Armeebefehl ergangen sei, daß auf die Son derbündler nicht geschossen werden dürfe. Die französische Gendarmerie sei zur Beobachtung ber Vorgänge in Bonn brreltgestellt, »m festzustellen, wer bei etwaigen Zusammen stößen zuerst schießen werde. Französisches Militär liege zu sofor tigem Eingreifen bereit. Nach sicherem Vernehmen beabsichtigten die Sonderbündler, ihre Truppen zu sammeln nnd, mit Karabinern bewaffnet, heute nachmittag sich gewaltsam aller öffentlichen Ge. bände Bonns zu bemächtigen. Infolge deS französische» Schirß- verbotS ist die deutsche Polizei fast machtlos. Die Franzosen liefern also die durch jahrelange Bedrückung mürbe gemachte Bevölkerung den landesvrrräterischcn Verbrechern, die zahlenmäßig einen verschwindenden Bruchteil der rheinischen Bevölkerung barstellen, völlig wehrlos aus. Dir Melleck» Nnhaxdimik» mit der Regie Die vorbehaltlosen Bedingungen. Berlin. 23. Oktober. Zwischen der französisch-belgischen Regie und Vertretern der deutschen Eisenbahnvcrwaltung haben k„ den letzten Tagen Ver handlungen zwecks Wiederaufnahme der Arbeit statt gefunden. Im Verlauf dieser Besprechungen stno von der Regio ein? Reihe von Bedingungen gestellt: Die deutsche Eisenbahnver waltung sollte ihre Hand bieten zur Einrichtung eines neue» selb ständigen Eisenbahnnetzes, das sich auch noch erstrecken soll auf die im unbesetzten Gebiet liegenden Strecken Emmerich—Wesel u id Gerresheim—Wornis. Ferner sollten, und das ist besonders be zeichnend für die französische Absicht, der Regie übergeben werocn auch die in der britischen Besatz ungszo ne gele genen Linien. Tie deutsche Eisenbahnverwaltnng sollte fer ner die Verpflichtung übernehme», auf ihre Kosten die festen Anlagen der Regie wieder instandzusetzen, die Vorräte, insbesondere die Kohlenvorräte, auf die normale Höhe zu bringen, den gesamten Lokomotiv- und Wagenpark des Netzes unter von der Regie ein seitig näher festzusetzcnden Bedingungen nach Zahl und Güte wic- derherzustellen. Die Regte forderte ferner volle Selbstäu- digkert in den Fragen der T a r i s g e st a l tu n g. Sie be anspruchte daS Recht, die Tarife in F r a n k e n w ä h r n » g und nach eigenem Ermessen aufzustellen und gemeinsame Tarife mit den deutschen Eisenbahn- und Nachbarverwattungen zu vereinbaren. Dir RrichSrcgirnmg hat es ab gelehnt, sich disen Bc- dingungcn zu unterwerfen, die den Nahmen eines mw»s vivendi weit überschreiten un'd deren Annahme den Standpunkt der Negierung bei lüiMige» Reparationsverhandlmigr» «ns das schwerste beeinträchtigt. Denn an diesen Verhandlungen sino nicht nur die in der Regie vertretenen Mächte, sondern auch Eng land und Italien besonders beteiligt. Die Reichsbahnen stellen im Reparationsproblem einen äußerst wichtigen Faktor dar. Dis deutsche Negierung hat sich im Meniorancmm vom 7. Juni be eil erklärt, die deutschen Reichsbahnen al-S geschlossenes Ganze i» oeN Dienst der Reparationen zu stelle». Tie deutsche Regierung kann die schweren Opfer, zu denen sie sich entschlossen hat, nur unter der Voraussetzung erfüllen, daß ihr die Reichsbahnen als wert vollstes Element der Wirtschaft unverkürzt zur Versüguug stellen. Sie kann sich daher schon unter diesem Gestchtsvunkt nicht damit einverstanden erkläre», daß ihr einer der kostbarsten Teile der Reichsbahnen entzogen würde. Tie Reichsbahn ist aber heute nach durchaus bereit, die eingeleiteteu Verhandlungen über die das Pei> sonal berührenden Fragen und über Richtlinien zur schrittweisen Ingangsetzung des Eisenbahnverkehrs sortzusetzen uno hat hierfür alle erforderlichen Kräfte und Unterlagen zur Verfügung gestellt. Auf ein in diesem Sinne an die Regie gerichtetes Schreiben bat diese geantwortet, daß sic die Besprechungen als abgeschlossen be trachte. Sie hat zugleich hervorgshobe», daß sie unter vielen! Verhältnissen nicht in der Lage sei, den normalen Gesamtvsr- kehr im besetzten Gebiet einerseits und mit den Nachbarvcrwal- tungen der Regie einschließlich der deutschen Eisenbahnvcwwal- tung anderseits wieder ausznnehmen. Endlich weist sic noch dar auf hin, daß sie infolge der Ablehnung der Unterzeichnung deS Mainzer Protokolls gezwungen sei, die Wiedrreinstellnng einctc großen Zahl des sich zur Wiederaufnahme der Arbeit meldenden deutschen Eisenbahnpcrsonals hinauszuschiebe-1. Tie Oessentlich- keit wird sich durch diese Erklärung der Regie in ihrem Urteil nicht beirren lassen. Von seiten der deutschen Eisenbahnverwal- tung ist tm Interesse ihres Personals, im Interesse des Ver kehrs und im Interesse der Bevölkerung der besetzten Gebiete atle-S geschehen, was unter den obwaltenden Verhältnissen geschehen konnte. Die schweren Folgen, die sich aus der Ablehnung weiterer Verhandlungen durch die Regie e geben, müssen einzig und allein von der französischen Negierung verantwonet werden. Auch die Verhandlungen mit Stinnes gescheitert Gclsenkirchen', 23. Okiobcr. Die gestrigen Verhandlungen d r Herren StiieneS und Klöckner mit der fraii-äisch-belgisb n Inge» nicurkommisslole sind ergebnislos vrelausen. Essen, 23. Oktober. Der Mnlhcimer Industrielle Fritz Thyssen hat an de» General Degoutte ein Schreilien gerichtet/ in dem er erklärt, daß er die Aufforderung, Verhandlungen mit der französischen Behörde über die Wiederaufnahme des Betriebes einzuletten, ab lehnen müsse. Er sei als Privatmann nicht berechtigt, mit den Vertretern einer fremden Macht über eines der wichtigsten Rechte eines souveränen Staates, nämlich über das Recht der Besteuerung, zu verhandeln nnd sogar den Betrag d-r Steuer an cnieu fremden Staat abzusiihre». Zn solche» Verhand lungen sei aus schließlich die N e i ch s r c g i c r n n g zu ständig. Zum Schluß Weist Thyssen ans den furchtbaren Ernst der Lage hm nnd erklärt, die Industrie de) Rahrgcbietes sei der artig erschöpft, daß, wenn nicht in kürzester Zeit sich die Mög lichkeit für die Wiederaufnabme der Betriebe ergäbe, die Schlie ßung der Werke unausbleiblich sei. Die Verantwortung für die daraus sich ergebenden Folgen treffe ausschließlich die scannt i che Behörde, die alle Möglichkeit, wirtschaftlich zu arbeiten, verhindere. gegeben, daS sehr flott geschrieben ist und nicht ohne Leidenschaft und hauptsächlich der sozialistischen Agitation dient. DaS Lebens- bild dieses alten Führers der sozialistischen Partei ist aber recht plastisch gesehen und scharf Umrissen. Großes Interesse weckt natürlich immer noch der Sozialis mus in seiner bolschewistischen Form, wie man ihn in Rußland zu verwirklichen gesucht hat. Heute ist Rußland in seiner Wirtschaft- licken Organisation und Neuorganisation für den Politiker und Wirtschaftler ja kein Geheimnis mehr. Die Tage, wo Berichte über russisch? Zustände uns wie Reiseberichte aus fernen Gegen den anmuteten, sind heute vorüber. Trotzdem weckt die Wirtschaft, liche Entwicklung Rußlands unter dem sowjctistischen System im mer noch unser höchstes Interesse, zumal diese Entwicklung noch nicht zu einem Ruhepunkt gekommen ist. Besonders rege wird dies Interesse, wenn man die Zustände geschildert liest in einem so lebendig und frisch anschcmlich geschrieben?»! Buche, wie das von Fritz <schottbö.f?r.lFrgnkft!rtrr Sozietätsdruckerci, G. m. b. H.): „Sow j e tr u ßl an d im Umbau, Eindrücke nnd Stu dien von einer russischen Reise". DaS Buch er scheint in zweiter Auflage. Seit der ersten Auslage haben sich in Rußland noch weitere Acnderungen vollzogen, die aber in der Neuauflage im großen und ganz?» berücksichtigt sind. Die sozialistische Bewegung als solche dürfte wohl noch lange nicht sich ausgelaufen haben. Sic ist ja — wenn mau daS Wort „Sozialismus" in weitem Sinne nimmt — so alt fast wie, die Geschichte der strebenden Menschheit überhaupt. Die Form deS Sozialismus hat viele Wandlungen erfahren, aber die Be wegung hat auch viele thpische Vertreter und Führergestalten gezeitigt. Wenn auch heute eine gewisse Müdigkeitsphase in die.^ ser sozialistischen Bewegung cingctreten zu sein scheint, so bleibt^ wie gesagt, diese Bewegung doch immer interessant und mitbe« stimmend für den gesamten Entwicklungsgang der Menschheit?« gcschichtc überhaupt, so daß wohl verlangt werden kann, eine ob^ Aktive Stellung zu ihr zu gewinnen.
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