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Mbeaö-Ausgabe o-zugspr-is«: L'« monatlich 1.2SM., »ierteyährlich r.7» M. Set »,r ch«schSft»st«u», unser« zulale« un» Nu»gab«ft«ll»a abgeholt i monatlich >M.,vt»rt»YSHrlich SM. durch öl» Post, lnnerhald veutschlanü» und Ser »rutschen tlolonira monatlich t^S M., vlerteyährllch «.r» M., au»schli«ßlich postbestrUgelü. Va» Lelpzigeriragedlatt rrschelnt Werktag» rmai, Sonn.«. Zrlrrtag»tmal. Sn Leipzig, »en Nachbarorten un» »en chrten mit eigrnrn Zilialrn wir» »ir NdenSausgabe noch am ftden» »ro Erscheinen» in» hau» geliesrrt. »rrliner ReSaktion rSn Sen Zelten 17, Zernsprech.flnschluA: Moabit Nr. «47. ^mrdelsFeitung ArrrtsbüM des Rates und des polyernrutes der Stadt Lerpzrs ltrSaktion un» SefchSftssteUer Zohannisgaff« Nr.». » Zernsprech-Nnschluy Nr. l«»»2, l«t»S un» 14»»«. WS. Jahrgang küe Snserat, au» leipzig UN» Umgebung »i« /inzeigenpreife. ispalt>g,p.tin»ii«2sp,.,»>.n.ttam.,.»lrim., vonau»«ärt»sapf., Nrklamen l.ro M., Kirin« »»zeigen Sirpetitzeil« nu» 20ps.d.wl»»«rbol.Kab.,dnserat« vonSrbSrSrn im amtlichenLeU »le Petit» -eil« so ps. cheschästran,eigen mit plahvorschrist im Preis» erhöht. Nabatt nach Varis. Veilageni chesamtaufl.SM.üa» Lausen» aurschl.Postgebühr, flnzrigen.stnaabm«, 1ohanni»gasse». bei sämtlichen Filialen Se» Leipziger Sägeblatt«» un» allen stnnonc«n.Sxpe»i»ion«n Se» Sn. un» stuslanSe». Seschaflsstell« für Vertin u. üt« pr. Sranürndurg. virekttonwalterZlirgel, Serlia S.l4, Vreeü«nrrStra8«»7. Zernsprech-flnschluyi Morihpiatz 1S72I. Nr. 377 MliNtSg, Len 27. Juli. 1914. AusWkn ««f eine MriinkW der Krikgsgksiihr. Oer Aaiser ist in Berlnr eingelroffen. — Die Unterredung des russischen Ulinifters des Auswärtigen ^sasonow nut dem österreichischen Botschafter Grasen Lzapary befriedigend verlaufen. — Uustland verlangt jetzt von Oesterreich eine Zusicherung der Matzrung des serbischen Besitzstandes. — England erstrebt ein vorläufiges Ueutralitätsabkommen mit Rußland und Frankreich. — Italien hat seine Uebereinstinunung nut dein vorgehen Oesterreichs den anderen Ulächten amtlich kundgegeben. Zur Lage. Wenn nicht vieles trügt, ist bereits eine Verminderung der ans dein Vorgehen Oesterreichs enrstandenen Gefahr eines Welt- triegeS eingetreten. Oder ist es nnr die natur- geinäs; jeder großen Erregung sotgende Ab-- ivaun'ing'? Mit der Auscinandcrsc'iulng zwischen Oesterreich nnd Serbien hat inan sich soweit ab gesunden. Die Dinge weroen ihren Gang gehen und hoffentlich wird das Tempo so beschleunigt, das; in kurzer Frist die entscheidende Wendung ciutrilt. Montenegro wird wohl mit dem bluts verwandten Nachbar gemeinsame Sache machen, womit man indes in Wien von vornherein ge rechnet haben wird. Im ungewissen ist noch die Haltung Rußlands. Wie aus heute vorliegenden Meldungen her vorgehr, steht die Sache nicht so, als sei ein Ver handeln zwischen Oesterreich und Rußland ebenso wenig möglich wie zwischen Oesterreich und Ser bien. Wir verweisen auf die in unserer Morgen nummer euihallene Wolfsschc Drahtnachricht "aus WierSbnrg, wonach der Minister des Auswärti gen, Ssasonow, mit dem Botschafter Oester reichs eine Unterredung halt', die nicht ungünstig vcruef. Auch andere Meldungen deuten ans e:ne in Beters bürg bis seht noch vorwaltenoe Nei gung znr Mäßigung, obwohl die Mobilmachung m erwarieü ist. Sehr wichtig sind weiter die wuuich bestimmt austretenden Anzeichen für den wiuschluß Londons, sich auf das Abwarten zu verlegen und etwaige, von Rußland und Frank- ieicb tommende Forderungen, die auf eine Hilf e- leistung im .Kriegsfälle hinauslaufen würden, abzulehnen. Damit würde wiederum e.uc gewisse Gewähr für die Eiuschränrung der Kriegsgefahr gegeben sein. Wie wir dies vor- ausgesagr, werden die Mächte, und zwar cin- ichtießlich Franireichs, den Versuch machen, eine Einigung über die „Lokaüjierstng" des öster- r c i ch i scl) - se r bisci) eu K r i e g e S h erbeizilfi i hren. T ie Frage, lvorauf die Haltung Serbiens lehren Endes beruhe, läßt sich mit Bestimmtheit je», nicht beantworten. Es fehlt eine amtliche Eestä.igung der Nachricht, das; Rügland den Aus- sclgag für d.e tru'gerische Wendling Serbiens durch das telegraphische Ersuchen: „Bitte zu mobilisieren" gegeben habe; nachdem indessen Rußland in Wien sich um eine Fristverlängerung bemüh, hat, liegt der Schluß nahe, daß die ieroischc Ablehnung der österreichischen Horde rungen durch Rußland hcrbeigeführt wurde. Angesichts e.ner solchen Wahrscheinlichkeit muß der weiteren Haltung des Petersburger Kabinetts nut verdoppelter Spannung entgegen gesehen werden. Die panslawistische Akrions- varrer an der Newa drängt ohne Zweifel nach tricacrischen Maßnahmen, wie sie es bei den Konflikten der jüngsten Vergangenheit gleichfalls ge.au har. Mit Bestimmtheit aus eine Erfolg losigkeit dieses Drängens zu rechnen, wäre falsch. Rian muß im Gegen,eil darauf gefaßt sein, daß Rußland auch jetzt militärische Maßnahmen an der österreichischen Grenze trifft. Aber selbst eine russische Mobilisierung muß feine» Angriff auf die Donaumonarchie im Gefolge haben. Würde dieser Angriff erfolgen, dann wäre für das Deutsche Reich der Bündnisfall gegeben. Hierüber ist keinerlei Zweifel möglich und hieran ändert auch die Tatsache nichts, daß wir mit Rußland weder Streit haben, noch vom Zaune brechen wollen. * * * Aus Berlin wird nns von unserer dorti gen Redaktion geschrieben: „Der Schlüssel der Page liegt heute wie gestern wie im Grunde die ganze Zeit über vec Rußland. Und über die voraussichtliche Hal tung Rußlands war an hiesigen amtlichen Stellen gestern nichts bekannt. Deshalb bleibt einstweilen nichts anderes übrig, als in Ruhe und Kaltblütigkeit der Dinge zu harren, die kommen können und vielleicht auch kommen wer den. Tas Rezept empfiehlt sich um so mehr, als zweifelhaft unsere Nerven in den nächsten Tagen noch mancher Attacke ausgescßt sein werden. So würden wir, um nur ein Beispiel herauszu greifen, schon heute ratcu, die Nachrichten über russische KriegSvorbercitungcn, an denen es ja nicht fehlen wird, mit einiger Gelassenheit hin- zunchmcn. Selbst wenn in Rußland eine allge- nicinc Mobilisierung erfolgte, wäre das noch nicht der Kriegsfall. Der Kriegsfall oder — drücken wir es anders aus — der casus koc-ckeris würde erst vorlicgen, wenn Rußland in die öster reichisch-serbischen Auseinanderseßungen ein griffe. Mit anderen Worten: Wenn Rußland Oesterreich dafür bestrafen wollte, daß es für den von Serbien aus planmäßig vorbereiteten Mord von Serajewo sich Genuginnng zu ver schaffen wünschte. Hier und da — auch in den Kreisen von Abgeordneten — wurde heute von einer Ein berufung des Reichstages gesprochen: davon kann natürlich vorläufig gar kecue Rede sein. Tie Einberufung des Reichstages wäre der Anfang vom Ende; vom Ende des Friedens nämlich. Bevor wir marschieren, würde, da dann immerhin allerlei Vorlagen zu erledigen wären, der Reichstag selbstverständlich einzuberufen sein. Aber soweit sind wir noch lauge nicht. Und es besteht immer noch die Hoffnung, daß wir soweit überhaupt nicht kommen. Einstweilen bleibt alS ein sehr erfreuliches Moment, an dem auch das Ausland nicht achtlos vorübergehcn sollte, die gehobene Stimmung zu verzeichnen, die alle Schichten der Bevölkerung ergriffen hat. Wir haben, offen gestanden, der gleichen nicht erwartet. Der „Vorwärts" sucht sich durch alberne Phrasen über den trunkenen ZanHagel herauszureoen, der durch die Berliner Sonnavcndnacht rollte. Gewiß, unter den Leu ten, die in der Nacht zum Sonntag um U, um 4, ja noch um 5 Uhr in den Eafehäuscrn immer wieder „Die Wacht am Rhein", „Heil dir, im Siegcrkranz", den Marsch vom edlen Ritter Prinz Engen und „Gott erhalte Franz, den Kaiser" verlangten uuo jedweden mit bemerkens werter Unfreundlichkeit behandelten, der dabei nicht inittat und mitsang, mag der eine oder andere schon seine ansehnliche Schvppenmenge vertilgt haben. Das ist nun einmal nicht anders nnd ist nie anders: „ohne gute Trünke", hat ein Studienfreund Heinrich v. Treitschkes diesem ein mal geschrieben, „kann bei uns Deutschen nichts gedeihen". Aber diese starken, nnd zum Teil ganz ernsthaften feierlichen Kundgebungen be gannen schon in den frühen Abendstunden, in denen der Berliner noch in kein Wirtshaus Zn gehen pflegt, und sie seßten sich den ganzen nüchternen Vormittag hindurch fort. Immer wie der strömten die Mässen, vaterländische, soll heißen deutsche nnd deutschösterreichische, Lieder singend, zur österreichische!: Botschaft, stauten sich vor dem Generalstabsgebäude und ließen ihre Hoch rufe über den weuen königsplaß erschallen. Und die es so ans häuslicher Ge,chloßcnheit znr gemeinsamen öffentlichen Belundignng ihrer Empfindungen drängte, waren kein „Janhagel", keine unreifen, lärmenden, jungen Burschen, son dern es ivar einfach ein Ausschnitt aus der deut schen Nation, waren Junge und Alte, waren Männer nnd Frauen ans allen Scannten der Bevölkerung." * * * Der Kaiser in kiel. Kiel, 27. Juli. Der Kaiser ist heute morgen um 7 Uhr an Bord der „Hohenzollern" hier cinge- troffen. Die Abreise nach Berlin ersolgt um » Uhr. Die Ankunft ans Station Wildpark wird um 3 Uhr erwartet. Berlin, 27. Juli. Die Kaiserin ist um 7,33 Uhr von Wilhelmshöhe ans Station Wild park eingetrofsen und hat sich nach dem Neuen Palais begeben. Einschränkung -es Nachrichten-ienstes. Berlin, 27. Juli. Aus Wien, dem gesamten Oesterreich-Ungarn und Serbien, zum Teil auch aus den russischen Westgouvernements, sind seit Samstag nacht keine politischen Prioattelegramme mehr hier eingegangen. Das vorliegende Tatsachenmaterial über die beginnenden Truppenbewegungen beschränkt sich nur auf die ossiziellen Telegramme. Londoner und Pariser Blätter verbreiten wieder Sensations meldungen, deren Wiedergabe zwecklos ist, weil diese Telegramme weder bei einem österreichisch-ungarischen noch bei einem serbischen Telegraphenamt aufgegeben werden konnten. Wie die Siideuropäischs Korrespon denz auf Anfrage bei der österreichischen Postbehörde erfährt, sind die Landestelegraphenämter angewiesen, keine Privattelegramme über den Kriegszustand mehr zu befördern, deren Inhalt nicht mit den amtlichen zur Veröffentlichung zugelassenen Berichten sich deckt. Die gleich« Verfügung ist durch di« ungarisch« Ne- girrung für di« ungarischen Postaustulten ergangen. Keine -rutschen Mobilisierungsmaßnahmen. Berlin, 27. Juli. Die Gesandten und Botschafter der in Berlin beglaubigten Staaten sind im Laufe des gestrigen und heutigen Tages aus ihrem Urlaub nach Berlin zurückgekehrt. Nur der griechische Gesandte ist zurzeit noch in Süddeutschland abwesend. Irgendwelche deutsche Mobilisie rung s m a ß n a h m e n sind bisher, wie bestens ver sichert werden kann, nicht oorgenommen worden. Die höheren süddeutschen militärischen Behörden haben lediglich gestern ihre beurlaubten Beamten, besonders die der Jntendanturvcrwaltungen, aus ihrem Urlaub vorzeitig zurückberufcn. Vie serbischen Vereine in Serlin. Berlin, 27. Juli. Die Berliner Polizei hat den österreichischen Behörden das Material über wiesen, das bei der leßten polizeilichen Bean standung des Serbisch-kroatischen Ver eins in Berlin über die Bestrebungen zur Los- trennnng der österreichischen Rcichslande Bosnien nnd der Herzegowina von der habsburgischen Monarchie ermittelt worden ist. Wie bereits ge meldet, gehören den serbischen Agitationsver- eincn des Reiches sehr viele Oesterrcicher an. Die letzthin von dem Berliner Serbenverein ver öffentlichte Presseauslassung, die Untersuchung gegen ihn sei negativ verlaufen, ist eine Ente. Die Berliner Polizei konnte allerdings Zwangs maßnahmen gegen den Verein, da er sich gegen die Reichsgesetze als Stndentenverein nicht ver gangen hatte, nicht ergreifen. Daß die Unter suchung nicht negativ verlaufen ist, beweist der behördliche Antrag an die Universitüts- bc Hörden auf Maßnahmen gegen diese Stu dentenverbindung. Strafverfahren gegen -en „vorwärts". Berlin, 27. Juli. Die Staatsanwaltschaft hat aus Grund des am Sonnabend mittag in den Straßen Berlins ausgeteilten sozialdemokratischen Flugblattes, das die Aufforderung an die Ar beiterschaft enthielt, den Kriegstreibern in den Arm zu fallen, in welcher Aufforderung angesichts der gegenwärtigen politischen Lage eine Ctrafhandlung nach tz 112 RStGB. erblickt wird, ein Strafverfahren gegen den „Vorwärts" als Herausgeber des Flug blattes eingeleitet. Wir hoben den Inhalt des Ausrufs in unserer Sonntogsnummer mitgcteilt. Die „Leipziger Volkszeitung" bringt heute einen neuen, ähn lich gehaltenen Aufruf und kündigt eine Massen versammlung für Mittwoch abend auf dem Meßplatze in Leipzig an. vom Kaiser Zranz Joseph. Bad Ischl, 27. Juli. Der Kaiser arbeitete den ganzen gestrigen Tag aufs angestrengteste. Er be findet sich vollkommen wohl. Abends kam es im Kurtheater zu begeisterten Kundgebungen für Kaiser Franz Joseph, Kaiser Wilhelm und die verbündeten Reiche. Auf Anordnung des Direktors wurde bei Beginn der Vorstellung die Volkshymnc gespielt, die vom gesamten Publikum stehend an gehört wurde. Es erschollen brausende Hochrufe auf Kaiser Franz Joseph. Vor Beginn des zweiten Aktes wurd-e „Heil dir im Siegcrkranz" ge spielt. Da die begeisterten Kundgebungen nicht en den wollten, wurde die deutsche Hymne unter dem Jubel des Publikums, das stürmische Hochrufe auf die verbündeten Herrscher und Reiche ausbrachte, wiederholt. Eine Unterre-ung mit Pasitsch. Paris, 27. Juli. Der Belgrad«» Korrespondent des „Journal" hatte eine längere Unterredung mit dem serbischen Ministerpräsidenten Pasitsch, der u. a. erklärte: Wenn die serbische Negierung klein beigegebe» hätte, so hätten wir unsere Konstitution voll kommen ändern und geradezu «inen Staats streich begehen müssen. Das konnten wir natür lich nicht. Wir sind bereit, vernünftig e Konzessionen zu machen und wollen auch die Verbrecher, falls sie tatsächlich Helfershelser an dem Drama von Serajewo gewesen sind, nach dem serbischen Gesetz bestrafen. Wir können aber nicht die Mitarbeit der österreichischen Polizei auf unserem Gebiet annehmen. Die Note enthält außerdem noch eine Neihe anderer unerfüllbarer Bedingungen. Was auch immer geschehen möge, wir sind entschlossen, nicht nachz». geben und hoffen, das; sich die ganze öffentliche Meinung Europas auf unsere Seite stellen wird. (?!) Vie militärische Lage Serbiens. London, 27. Juli. Der Sonderkorrespondent der „Daily Mail" in Belgrad meldet seinem Blatte: Die militärische Lage Serbiens ist augen blicklich äußerst schlecht, da die gesamten Trup pen sich im Süden und an der albanischen Grenze be finden. Belgrad und die umliegenden Städte sind somit von jeder Verteidigung entblüht. In serbischen politischen Kreisen erklärt man, daß die österreichische Note eine Beleidi» gung dar stelle, wie sie in der Geschichte der Diplomatie unerhört sei. Die Bevölkerung Belgrads ist auf das äußerste entrüstet, doch herrscht in der Stadt Ruhe. Gehorsamsverweigerungen im serbischen Heere. Sofia, 27. Juli. In Ristowatz verweigerten bei der Mobilisation der Wardardivision 160 maze donische Reservisten den Gehorsam. 17 wurden auf Befehl des Generals Bojowits standrechtlich erschossen. Gleichfalls bei der Wardardivision sind mehr als -100 Fahnenflüchtige gc,zählt, die alle nach Bulgarien flüchteten. (Die Meldung kommt, wie zu beachten ist, aus Sofia.) Die Stellung Englan-s. (Eigener Drahtbericht.) London, 27. Juli. Wie „News" erfährt, hat die britische Regierung ungeachtet der russischen Erklä rung zu dem österreichisch-serbischen Konflikt direkte Verhandlungen mit den europäischen Kabinetten ausgenommen zur Herbeiführung einer bedingungs weise» Neutralitätserklärung der Grohmächte im österreichisch-serbischen Streitfall. London, 27. Juli. Der Ton der heutigen Mor genpresse ist zwar noch immer auf einen ernsten Ton gestimmt, überall kommt jedoch die feste Zuversicht zum Ausdruck, daß ein allgemeiner Weltkrieg ver mieden werden kann und der österreichisch-serbische Konflikt lokalisiert wird. Der „Daily Telegraph" äußert sich folgender maßen: Ein allgemeiner Weltbrand ist seit einigen Jahren der Alpdruck für die europäischen Diploma ten. Bei der augenblicklich so schweren Krisis wird sicherlich jeder Häuptplatz, und ganz besonders Lon don, an der friedlichen Lösung des Problems ar beiten. Der „Daily Cbronicle" erinnert an den großen Dienst, den Sir Edward Grey anläßlich ter Bal- kankrise durch Einberufung der Botschafterkonfsrcnz der Sache des Friedens erwiesen hat, und gibt der Hoffnung Ausdruck, daß der Staatssekretär des Aeußcrn auch diesmal eine ähnliche Lösung durch di plomatische Verhandlungen in Paris, Berlin, Pe tersburg und Rom finden wird. Der „Standard" erteilt der englischen Regierung den Rat, in freundschaftlicher, aber fester Weise in Wien den Standpunkt zu vertreten, daß England jedweden Eroberungskrieg Serbien gegen über mißbilligen muß. Der „Daily Graphik" meint: Wenn seht ein Krieg zwischen Oesterreich und Serbien ausbricht, so ist es Serbiens eigene Schuld. Aber wir können nicht . n- nebmen. daß deswegen gan> Europa in seinen Grundfesten erschüttert werden soll. Die „Times" betonen zwar, daß England unter allen Umständen an seinen Freundschaften festhalten wird und muß, daß jedoch die Regierung die Pflicht hat, bis zum letzten Augenblick alles zu versuchen, um die Sache des Friedens triumphieren zu lassen. Die Stimmung im Publikum selbst ist äußerst erregt uns sehr besorgt. Die Blätter ver öffentlichten gestern, ganz entgegen der englischen Gewohnheit, fortwährend Sonderausgaben. Große Erregung bemächtigte sich des Publikums, als ein Londoner Blatt die unrichtige Meldung von einer österreichischen Kriegserklärung an Serbien veröffentlichte. Die Stimmung ist im allgemeinen Oesterreich gegenüber durchaus ungünstig. Vielfach wurde der Ansicht Ausdruck gegeben, daß Serinen in seiner Antwortnote soweit gegangen sei, wie es mit seinem Rationalgefühl überhaupt vereinbaren konnte. Man glaubt auch in London nicht, daß di« Regierung des Deutschen Kaisers das Schwert in die Wagschalc werfen wird, sondern neigt der An-