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Schönburger Tageblatt Mittwoch, den 8. Juli 1925 Nr. 156 47. Jahrgang Zugleich weit verbreitet in den Ortschaften der Standesamtsbezirke Altstadt Waldenburg, Bräunsdorf, Callenberg, Frohnsdorf, Falken, Grumbach, Kaufungen, Langenleuba» Niederhain, Langenleuba-Oberhain, Langenchursdorf, Niederwiera, Oberwiera, Oberwinkel, Reichenbach, Remse, Schlagwitz, Schwaben, Wolkenburg und Ziegelheim. un- Val-enburger Anzeiger Dieses Bla« enthält die amtliche« Bekanntmachungen des Amtsgerichts und des Stadtrats zu Waldenburg. Ferner veröffentliche» zahlreiche andere staatliche, städtische u. Gemeinde-Behörden ihre Bekanntmachungen im Schönburger Tageblatt. Verantwortlich für Redaktion, Druck und Verlag E. Kästner in Waldenburg Sachsen. Mitglied d«» «Schstschen und d«» Deutsch«» Zettungroerleger-Berein« (L. v.) — Verlagiorl Waldenburg Lachsen. Erscheint werktägl. Nachm. Bezugspreis monat lich im voraus 150 R.-Pfg. freibl., ausschl. Trägerl. Einzelne Nr. 10 Reichspf., Sonntags-Nr. 20 R.-Pf. 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Lermann Richter; in Langenchursdorf bei Lerrn Lermann Esche; in Molkenburg bei Lerr» Linus Friedemann; in Penig bei Firma Wilhelm Dahler; in Ziegelheim bei Lerrn Eduard Kirste». Im Falle hbherer Gewalt, Krieg, Streik, Aussperrung, Maschine» bruch, Stdrungen im Betrieb der Druckerei oder unser Lief,.«» bat der Bezieher keinen Anspruch aus Erhalt der Zeitung ode« Rückzahlung der Bezugspreises. Für Richtigkeit der durch Fern» spreche! aufgegebenen Anzeigen übernehmen wir kein« Lewähe Sehr ernste Lage für die Franzosen in Marokko. Amtlicher Teil. 8 Rmtr. Vrenn-Rollen sowie Laub- u. Nadelholzreisig hat abzugeben Fürstliche Parkverwaltung. Der Verband deutscher Luftfahrzeug-Industrieller prote stiert gegen die Rote »er Botschafterkonfereuz. Der Hansabund veranstaltete in Leipzig eine Protest- knndgebnug gegen die geplante Steuerreform. Die deutsch-französische« WirtschaftSverhaudlungeu stehen vor einer Vertagung »iS zum Herbst. Die LiukSsozialisteu brachten gestern i« sächsische« Laud tag ,i«eu Antrag a«f Auflösung ein. Au Belgien steht rin Generalstreik der Metallarbeiter bevor. An Paris «acht sich über die bevorstehende Airtwort Deutschlands in der Sicherheit«frage eiue tiefgehende Ner vosität bemerkbar. In der frauzösisch-spanischeu Konferenz wnrden Fried««-- Vorschläge au Mdtl Krim beschlossen. Au Pole» sind große lleberschwemmuuge« arrfgetreterr. In die Schatzkommer der Pcterskirche in Rom wurde riugebrochr«. Au Polzk in Rußland explodierte eine der größten Mu nitionsfabriken. Fez ist von der Riskabylen nmziugelt. Die Europäer in Langer flüchte». Waldenburg, 7. Juli 1925. zvseu im Zuge der Londoner Beryanoumgen ema, gongen sind. Ein erneuter Verzug m dieser ^Ruh. räumung wäre ein neuer Völkerrechtsbruch H-rank- rcichs gegenüber Deutschland. Hierauf mutz von deut schem Interesse ans mit altem Nachdruck immer und immer wieder hingewiesen werden, zumal die fran zösische Presse dieser Tage es sich in echt franzömcher Art angelegen seilt lägt, diese Nuhrräumung als em Entgegenkommen gegen Deutschland hinzustellcn. Allein die Tatsache, daß Frankreich diese verspro chene und zugestandene Ruhrräumung fast bis zum anperstcn Termin hinausgeschoben, obwohl die Ver- Mniotnngen der Londoner Konferenz nicht den gering- darüber ließen, daß das gesamte Nuhr- als eines der schlimmsten Fanst Ichlägegcgen die ewig feststehenden Richtlinien des Völkerrechtes an^ ist, sind ein sprechender Beweis dafür, mit welchem Widerwillen Frankreich an die Erfüllung der Londoner Abmachung herangeüt, ein sprechender Beweis dafür, daß trotz allen Geredes über den sogenannten neuen Ncgierungskurs in Frankreich dort der Poinearismus just gerade noch so sehr Trumpf ist, wie vordem. Wir dürfen vom deut schen Interesse aus weiter nicht vergessen, daß während der Londoner Verhandlungen der französische Poiu- carismus eine in die Augen springende Sabotage der Briandschcu Politik in London betrieb, eine Sabotage, die für die deutsche Politik als nichts mehr und nichts weniger als wie ein flammendes Warnungszeichcu gegenüber neuen gallischen Knebelungskünsten angc- sprochen werden muß. Es muß weiter gerade in diesen Stunden darauf hingewicsen werden, daß die bei den Londoner Ab machungen sofort zugestandene Räumung der söge-, Nannten „Flaschenhälse" sich in einer Art verzögerte, Mit der Ruhrraumung scheinen nuu die Fran zosen wirklich Ernst zu machen. Wenigstens kann man jetzt täglich in der deutschen Presse Mitteilungen aus dem nenbcsctzten Gebiet lese», die auf Vorbereitungen zur Nuhrräumuug schließen lassen, so aus Neckliua- hausen, Gelsenkirchen, Bochum usw. Die Durchführung der Ruhrränmnng bis zum 16. August d. Js. entspricht einer Art völkerrechtlicher Bindung, auf die die Fran zosen im Zuge der Londouer Verhanüluugen ein^e- oie unumwunoen ais ein potimcyer Skanoai gegen den Geist der Londoner Versprechungen augesprochcn werden mutz. Ein politischer Skandal, der noch we sentlich dadurch vertieft wurde, daß Frankreich die Truppen aus den sogenannten „Flaschenhälsen" seiner Zeit nicht znrückzog, sondern nm diese Truppen die übrigen „Nuhrgarmsonen" verstärkte. Ja, der offene Hohn des französischen Poinearismus auf Briands Politik in London ging so weit, daß nach der Räumung der Flaschenhälse die französische Besatzung all der Ruhr zum Teil weitere recht kostspielige Kascrneu- neubauten anforderte und zum Teil auch erzwang. Auf jeden Fall wirkte sich die „Räumung" Dortmunds in -er kalten, nüchternen Praxis dahin aus, daß die Besatzungslage in Bochum, Essen und Gelsenkirchen, um nur ein paar Namen zu nennen, sich wesentlich bis auf den heutigen Tag verschärfte. Das war ein neuer, unerhörter Bölkerrechtsbruch Frankreichs ge gen Deutschland, ans den in diesen Stunden hinzuwei- sen, deutsche Pflicht ist. Nun kommen jetzt fast täglich ans dem altbesetzten Gebiet allerlei Nachrichten, die darauf schließen lassen, -aß Frankreich bei -er nunmehrigen größeren Ruhr räumung denselben Dreh in. Szene setzen will. Die kürzliche Anwesenheit Petain's im altbesetzten Gebiet und in Düsseldorf läßt die begründete Befürchtung nicht von der Han- weisen, daß Frankreich die Absicht hegt, die freigewordenen Ruhrtruppen nicht abzu transportieren, sondern um diese Ruhrtruppen die Besatzung im altbesetzten Gebiet zu verstärken, die Vefatzungslage des schwergeprüften Rheins zu ver schärfen. Wir erwarten von der Deutschen Reichsregie rung, daß sie beizeiten auf diese Vorkommnisse ein recht wachsames Auge wirft und nichts unversucht läßt, um einen derartigen, neuen Bölkerrechtsbruch Frankreichs zu verhüten. Gerade in diesen ernsten Tagen der Verhandlungen um Sicherheitspakt und Entwaffnungsnote hat unserem Ermessen nach die deutsche Neichsregicrung die ernste Verpflichtung war nend ihre Stimme gegen weitere unerhörte nnd un berechtigte Verschärfungen des Versailler Diktates zu erheben. ilm den Sicherheitspalt. , Nervöse Stimmung in Paris. , In Paris orakeln bereits die Blätter über die angekündigte deutsche Zwischennote. Alle diele Presse stimmen spiegeln die Nervosität Frankreichs wieder, ob Deutschland auch die rigorosen Bestimmungen der Genfer Einigung schlucken wird. Dasselbe Spiel, wie ""wer bei den Vorstößen Frankreichs gegen deutsche Wirtschaft, deutsche Souveränität. Der „Temps" stellt heute schon fest, daß Verhandlungen auf Grund der sogenannten volksparteilichen Richtlinien nicht „die ge- Aussicht für eine Verständigung böten". Einige Blätter veröffentlichen Berliner TeleLramme, we.3"^ ""Üblich auf Informationen unterrichteter Kreise stützen, und die bereits in der Lage sein wollen, den Aer brutschen Antwort mitteilen zu können. Der „New Aork Herald" faßt diese Berichte dahin zu sammen, daß sich Berlin für Verhandlungen aus spreche. Die deutsche Negierung werde jedoch daraus Hinweisen, daß die französische Note zu den Erklärun gen Chamberlains im Widerspruch stehe. Deutschland werde nicht selbst eme Konferenz Vorschlägen, sondern es England überlassen, diesen Vorschlag zu machen. Allen diesen Meldungen gegenüber ist sestzustellen, daß eine Berliner Kabmettssitzung in dieser Frage noch nicht stattgesunden hat, daß alle diese Meldungen als französische Nervosität auzusprecheu sind. Sie Aot der deutschen Wirtschaft. Eine Protestkundgebung des Hansa-Bnudes. In Leipzig hielt unter starker Beteiligung aus dem Reiche der Hansa-Bund für Gewerbe, Handel und Industrie eine Protestkundgebung gegen die ge plante Steuerreform ab. * Der Präsident des Hansaknmdes, Reichstagsabgeord neter Dr. Hermann Fischer-Köln, erstattete das Haupt- referat. «nverantweetlicher Raubbau an dcr deutschen Wirt schaftskraft se, es gewesen, die Substanzzcrmürbung fcrt- zusetzcu, während der ReichShaushalt einen 4VProzenti» gen Ncbcrschuß erzielt habe. Durch ein finanzwirt- schaftlichcö Grundgesetz müsse scstgelegt werden, daß die ge samte» steuerlichen Anforderungen dcr nächste» Jahre für die inneren Vcrwaltungsanfgabc» über eine Höchststeuer-! summe nicht hinausgchen dürften. Hand in Hand damit müsse eine Reform des Steuerwescns gehen. Alle Kräfte 1>es deutschen Nntcruehmrrtnms müßten zur schar fen Abwehr dcr gegenwärtigen Finanz» und Steucr-olitik anfgernfc» werden. Es gehe nicht nm die Existenz dieses' oder jenes Wirtschaftszweiges, es handele sich um unsere wirtschaftliche Zukunft. j Hierauf wurde einmütig eine Entschließung an-, genommen, in der an die Reichsregierung und den Reichstag die dringende Forderung gerichtet wird, drei gegenwärtig zur Beratung stehende Steuerreform! vor ihrer endgültigen Verabschiedung weit mehr den wirtschaftlichen Min destforderungen an zupassen. als dies bisher geschehen sei. ErzieWWagen. StaatSmiuistcr a. D. Dr. Boelitz über die Schule « der Zukunft. j In Hamburg lieh sich in einer bemerkens werten Rede der frühere preußische Kultusminister! Dr. Boelitz über die Schulzieleder Deutschen! Volk spartet aus. Die Deutsche Volkspartei erstrebe in Preuße» eine durchgreifende Reform -er Reifeprüfung. Weiterhin verlangte Redner politische «nd religiöse Frei heit. Die Zugehörigkeit zu einer politischen Partei dürfe unter keine» Umständen ei» Hindernis für die Lchrbciütt- gung sein. Auch dürfe die Parteipolitik nicht in die Schule! hineingetragen werden. Seine Partei verlange die Frei heit dcr Schule als Staatsschuld Neben die Erziehung zur Freiheit trete die Erziehung zur Persönlich keit. Aufgabe unseres höhere» Schulwesens müsse die Nebcrmittlung eines großen Maßes formaler Bildung sei». Z» einer der erste« Aufgaben -er höheren Schule« gehöre auch die stärkere Betonung der Willensbi l- - « « g. Auch die sportliche Betätigung gehöre znr har monischen Ausbildung der Jugend. Grobe Aufmerksamkeit muffe der Frauenbildung gewidmet werde«. Auch die Kräfte im weiblichen Geschlecht seien dem Wiederaufbau -eS Staates dienstbar zu machen. Zum Wesen dcr Persönlich« kcit gehöre die Religion, die einer -er wesentlich sten Erzichungsfaktorcn sei. Trete hierzu noch -er Sinn für -as Soziale, oder, nach Fichte, die Erziehung zur So zialität, so gelange man zum S t a a t s b c w » ß t s e i n, mit -cm jeder junge Deutsche erfüllt werden müsse, anch -er, dcr dcr heutigen Staatssorm nicht mit Liebe gcgenübcr- stche. Franzosenireiken in der Pfalz. Eine englische Nrahnung an Frankreich. lieber die derzeitige Lage in der Pfalz veröffent, licht die Londoner Westminster Gazette einen Bericht ihres Korrespondenten, der davon ausgeht, dah ein4 Zeitlang durch die Unterzeichnung des Londoner Ab kommens eine bessere Atmosphäre zwischen den Be wohnern des besetzten Rheinlandes und den französi schen Behörden geschaffen worden sei, die letzten Nach richten aus der Pfalz zeigten jedoch, daß der Geifi der Unterdrückung, der das Regime des Generals de Metz unter der Aera Poincare kennzeichnete, noch,' nicht vollständig ausgerottet sei. Die Bevölkerung der Pfalz erhebe Klagen über eine Politik ständiger Nadel-, stiche im täglichen Leben. Der Bericht weist daraufs hin, daß die Bevölkerung vor allem sehr ungehalten sei über die jüngsten Befehle der Rheinlandkommissioi» anläßlich der Jahrtausendfeker. Die Beschwerden gin gen dahin, daß, während die britischen Behörden diesen Befehl in einer vernünftigen Weise auslegen, der fran zösische Oberdelegierte in der Pfalz darauf bestehe, allo Versammlungen, selbst die harmlosesten Aufzüge von Schulkindern, zu untersagen. Nicht den Buchstaben des Gesetzes, sondern den Geist, in dem es angewend^t werde, hält die Westminster Gazette für das Ent scheidende und gibt daher der Meinung Ausdruck, dass die Franzosen so wenig als möglich in die Freiheit der Bevölkerung des besetzten Gebietes eingreifen soll-