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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 05.11.1891
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1891-11-05
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18911105024
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1891110502
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1891110502
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1891
-
Monat
1891-11
- Tag 1891-11-05
-
Monat
1891-11
-
Jahr
1891
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JnsertionSpreiS Moraen-Au-gabe: die 6 gespaltene Petlt- «eile 2» -j, R e c l a in e n unter dem Redacttons« strich (4 geipallens 50 «j, vor den Familien- nnchrichte?. lt> gespalten) 40 F Abend-Ausgabe: die 6 gespöttene Petitzeile 40 Reklamen unter dem Redoeticmsstrich >4geivaltent l,-l, Familiennachnchten und Aizeigei! verlorener cstegenständt istgespatteu) 20 < Größere Ochriften taut uuierem Preis- verzeichntß. Dal ellarijcher und Ziffernscch nach höherem Tarif. (dptra Beilagen (gekalzts, nur mit der Ms, en-Ausgabe, ob ne PostbeiZrdernng /l 60.—, mit PvsibeiörLerung .« 70.—. ^nimtimkschivk für Inserate: Adend-Ansgabe: Vorrnittag» 10 Udr. Morgc »-Ausgabe: Nachmittags 4 Uhr. Soun- und Festtag« früh 0 Uhr Bei de» Filialen und Annahmestellen i« eine halbe Stund» früher. Jnsrratr sind stet« an die vtzpeditt«« zn richten. 85. Jahrgang. Leipzig, 5. November. * Der Kaiser hat auf den von dem Eultusminister Grasen von Zedliy gehaltenen Vortrag daS Ministerium der geistlichen, IliilerrickkS und Medieinal Angelegenheiten er mächtigt.dem Ecntralaiikichuß zur Fö rdcrung der Jugend lind Ballspiele in Deutschland eine einmalige Staats- beihilfe von 8000 z„ gewahre». Aus Grund dieser Aller höchsten Ermächtigung hak der Enltnsniinistcr die löniglicke Regierung in Liegnitz angewiesen, diesen Betrag an de» CentralauSschiiß, welchem die Leiter der deutschen Turncr- schast und eine Reibe anderer um die Pflege der Iugend- und BolkSerzichung verdienter Männer augekoren, zu zahle». * Die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung" sucht in einem überaus gewundenen Artikel die Ernennung Stablewki's zum Erzbischof von Posen zn rechtfertigen. Die giebl zu, daß damst den Polen ein wichtige» ZugcstänLniß gemacht ist, und meint, dass cs nicht an Stimmen fehlen würde, die ihre Bedenken dagegen nicht zurückhallen dürsten. Es heißt dann weiter: Soll von vornherein in keiner Weise bestritten werden, daß es sich vorwiegend nni Mciiinug-äußerungen Wohlmeinender handeln möchte, so wird doch ichon eine dlosic Durchmusterung der Reihe deigenigcn Persönlichkeiten, welche für La« hohe Amt einer Erz bischof« von Pose» in Frage kamen, die Gewißheit ergeben, daß ein Ueberflnß an geeigneten Nräjlen jedenfalls nicht vorhanden ge- wesen ist, 'Alsdann aber bietet der Umstand an sich, las; ein ans den Erzlnschosestubl in Posen-Gnesen erl ebener Eandidat Nichtpole ist, in keiner Weile bessere Bürgschaften, als ein Kirchensürst polnischer Nationalität dafür, das, er sich solchen Einflüssen unzugänglich erweisen werde, die vom preiisiiich-deulschen reip, nalionaipoütijchen Eiandpniicic an« al: bedenklich »nd gefährlich angesehen werden missen. Tie Erfahrung ha! im Gcgenthcil gelehrt — und es ist die? auch psychologisch leicht z» erklären —, daß gerade solche Personen, die in dem betriebt von naiionaler Eigenart und Begehrlichkeit weniger Bescheid wissen, wie der eigent liche Landsmann, weit eher Gefahr lausen, sich von unberechtigten Strebungen in? Schlepptau nehmen zn lassen, als der Eingeborene, der in dem Maße, in dem ihm außer der Keiiittiiis; von Land und Lcuien auch das Berirauen der letzteren zur Seite steht, um io eher im Stande ist, sich Ansprüche zn versage», die er klar als solche erkennt, durch deren VerfolMiig er sich i» Widerspruch bringt mit den Pflichten des übernommenen Amtes. Liegt für die preußischen Untcrthanen polnischer Zunge gerade in der augenblicklichen politischen Constcllatioa ein doppelter Antrieb, ihren Anschluß möglichst fest nach der Seit« zu nehmen, von welcher man idnen ein sehr große? Maß von Wohlivollcn und Vertrauen entgegen- bringt, so kann die Erwartung, eä werde sich au? der Ernennung des bisherigen Propstes v. Wirschen zum Erzbischof von Posen- Gncseu ein verstärkter Grund hierzu ergeben, auch durch den Umstand nicht hcrabgemiiidert werde», daß Herr vr v. Stablewski zur Zeit des CulturkampseS i» der vordersten Reihe der Streiter gestanden hat. Die besten Streiter werden sehr oft, wenn der Kampf zu Ende geführt ist, die besten Stütze» de? Frieden?, nud wie es sich immer incihr zur allgemeinen Erkenntnis! durchringt, daß die Wahrnehmung eine? pariiculariftischen Stand- punctes, soweit derselbe als ein berechtigter angesehen werden darf, durchaus nicht im Gegensatz zn stehen braucht mit der Bethäligung einer echt nationalen Gesinnung, so wird auch der neue Erzbischof von Posen-Gnesen nacht deshalb eine minder zuver lässige Stütz« des inneren und äußeren Friedens sein, weil er dis vor geraumer Zeit ein sehr streitbarer Fcaction-genofle gewesen ist und au» seinen polnischen Gesinnungen nie ein Heb! gemacht hat. Mnß ohne Frage auch bei den polnischen Be strebungen unterschieden werden zwischen berechtigten und »n- berechtigten, so steht das Eine jedenfalls nach wechselvollen Er- sahrungen vieler Jahre unumstößlich fest, daß eine sehr starke Bürgschaft für die Möglichkeit des Inschrankenbalten? der un berechtigten nationalpolitischen Tendenz» n darin liegt, daß inan aus nationaldeutschrr Seite dasjenige nationale Selbstbewusstsein und diejenige staalliche Selbstachtung ninnner verläugnet, die ebenso vereinbar mit einem großen Maße von Duldung anderer Art, wie unvereinbar mit einer Art van Abneigung dagegen, wo es sein muß, da? tolerari pvsüs hoch zn halte», welche dadurch, daß sic herau?sordernd wirkt, die nativnal-polnischen Bestrebungen erst recht zu gefährlichen sich au?wachsra läßt. Ist da? Euchen und Finden eines wcnius vivemki mit den Nnterthancn polnischer Zunge eine Aufgabe, die immer wieder von Rauem an die Siaotsregicrung und die Behörden heraotritt, so werden die Polen selbst zur Mil- iwrliing an derselben »m so größere Bereitwilligkeit zeigen, je mehr Berständniß für ihre Eigenart sie auch insbesondere bei dem Kirchcn- iursien voranssetze» dürfen, indem sie ikr geistliches Haupt an- > »kenne», und je entschiedener dieser in tctzler Zeit mehrfach bekundet l at, daß er die Verpflichtung zn erfülle» voll und ganz bereit ist, weiche auch die Polen dem preußische« Staate gegenüber haben, dem sie nach Gotte? Rathschluß angeböoen. Die Wiedereröffnung der ReicbStagSsitzungen ist nunmehr auf den 17. November, Nachmittags 2 Ubr an- 1 craumt, mit der Tagesordnung: Erste Beralbunz des Gesetz entwurfs. betreffend die Bestrafung des Sklavenhandels, und Petitionen. * Im vorigen DagungSabschnitt LcS Reichstags ist be- lanntlich auch ein Gesetz über die Errichtung eine- RcickSschuldbuchcS zu Staude gekommen. Es ist anzu- ii.-kinen. daß die Eintragungen in das Rcichsschuldbuch schon im nächsten Jahre zu Eiunahmcn sichren und daß diese auch im nächsten ReichSbauSbaltSetat ibre Enväbnung finde» werden. Es würde damit im Etat der RcichSsckuld zum ersten Male cni Einnahmeposten erscheinen. * Die „Hamb. Nachr." treten in eine Besprechung der Broschüre „Adlchncn oder annebnien" ein. Das Blatt führt aus, daß die Verfasser ein gutes Urtkcil und ^achkennlniß mit Fleiß nud scharfer Logik vereinigen und daß „>' sich von patriotischen Absichten leite» taffen. DaS Blatt st ' s;t sich dein Endvoinm der Brosctmre, daß ein Handels vertrag mit Oesterreich-Ungarn schädlich sei, in vollem Um fange an. ' In einem „Das persönliche Regiment" über- schriebenen Artikel der gul reichStreu »nd konservativ ge sinnten „Schlesischen Zeitung" lescm wir ». A.: „Die Verstimmung und das Geiühl d« Mißbehagens, welche seil dem Rücktritte des Fürsten Bi«marck weite und patriotische Kreise i» unserem Balerlande ergriffen buben, wollen nicht weichen . . . Mehr oder weniger deutlich und »nverhült wird von vericbiedenen Seiten der bei ieder Gelegenheit bervortretende persönliche Edaraktrr des gkgcnivariig in Preußen und tnn Reiche geübte» Regierungs- 'rstenis als eine der vielen Ursachen bezeichne», welchen die Schuld an dem, zum Theil wenigsten?, unleugbar ernsten Geiainmtbildr der »licntlichen Angelegenheiten in Deutschland beizumcffen lei. 'Während e nzeine Blätter Lieien Wandel in bei Handbabnng der Heuichergewait freudig begrüßten, hoben anldere ans dos Geiäbrtiche tze< Vorstandes tzu>wri>eu zu müssen geglaubt, daß «rnmrhr der Monarch selbst seine Anichannngrn und Enlichlitßungcn zum Gegen- lande der öffentlichen kt.itik gemocht habe, was von ickiädtichcr Rück wirkung ans das inonarclnichc Geiuht nn Volke sei» müsse. Allmälig hac man sich daran gewöhnt, daß das öffentliche Unheil in allen Fällen, in welche» eine neue Maßregel berechtigter oder nnberech- ligter Weise ans die persönliche Enttcliließung des Kauer« znriick- geiührt wird, an diesen selbst nnd nick;:, wie bisher, an die Minister, die berufene» Bcrather der.Krone, appelürt. Wenn irgend ein Erlaß unieres Herrscher- nicht von einen, Minister gegengezeichnet il , so wird dein Ministerium die VerciniwoNnng inr Len Inlialc einer solchen Kniidmaclning bereitwilligst von dir öffentlichen Meinung ertasten, und die Kritik Wendel pch an den Träger der Krone.... W.r niiiererskii« halte» an der inoraluchcii Vcranlwvrttichkeil des Rcich.'lan,Ier> und des Ministerium« sur Alle«, war seit dem Rücktritte de« Fürsten B:«marel grscbedeii ist, unerichiilterlich fest. Der Reich«Ianster und die Minister sind nicht lediglich eiussnhrende Lrgline de iilonarehischkn Willen«. Sie sind d,e Beraiher der Krone, welche mit ihren Namen olle Maßregel» der Staatsgewalt mit zu decken habe». Sobald die Polnil de« Reiches nnd Staates Bahnen einschlägt, welche mit ibren llcler engungen in Widerspruch stehen, werden sic al« gewissenhafte Männer ans ihren Posten icherlich nicht verbleiben." Es liegt in den vorstehenden Darlegungen viel Wahres und cö ist nur zu wünschen, daß die jetzt an der Spitze der Negierung Stehenden Notiz nehmen von der Verstimmung, die in de» weitesten Kreisen de» deutschen Volke» vorhanden ist. * Aus Berlin wird geschrieben: Die amtlichen Zm-ück- weisnnge» der Verantwortlichkeit für das etwaige Vorgehen Emin Paschas in fremdes Gebiet sollten offenbar der Vcr- werlbiing der Sache seitens gegnerischer Lager zuvcrkommen, und die englische Regierung bat das ja auch dankbar aner kannt. Damit ist indessen Emin'S angebliches Unternehmen elbst noch nicht kiargcstctlt. Ter Hinwei» der früheren amt lichen Erklärung, nach welcher außer den von der Station Tabora cingcgangcnenNachrichten keine andern vorliegen, deutele allerdings an,da§ Berichte von Emin selbst fehlen, gab aber doch auch Ibalsächlich zu versieben, daß die bisherige» von anderer Seile noch der Ergänzung bedürfen. Kenner der afrikanischen Verhältnisse sind der Ansicht, die Angabe» über Emin'S Marsch nach Wadclai könnten, wie oft ähnlich in Afrika geschieht, durch nickt ganz zuverlässige Reisende nach Dabora gelangt sein. Man dürfe Emin also nicht sogleich vcrurtbcilen. Einige Londoner Blätter hätten sich natürlich mit ihren Angriffen beeilt, und die diesseitige amtliche Zurückweisung wird auch diesem unnützen Skreit vorgebcugt baden. Selbst der Deutschland nickt sehr freundlich gesinnte Stanlev bat sich sanerzcit in Brüssel, wie versichert wird, über Eniin's Haltnog und Pläne mit Anerkennung auSgc- 'prochcn. Am meisirn wird Emin von deutschen Gegnern unserer Eolonialpolöik angegriffen, aber bekanntlich auS anderen Gründe». * Die oppositionellen Elemente der Social- dcinoiratie in Berlin haben sich jetzt unter der Firma „Verein der unabhängigen Socialdeniokraten" zusammeiigctban. Indessen in dem Sache, daß vor Allem Geld in die Partei- cassc gctban werden müsse, stimmcn alter und »euer Glaube noch immer zusammen Die „Unabhängigen" habe» Bo»S »nd Marken „für dem NnkerstütziingSsonos der unabhängigen Socialdemokratic" zum Verkauf gebracht, was dem „vor wärts" zn einigen recht häßlichen, l'rodneitischen Bemerkungen Veranlassung gilbt. Er spricht auch sehr geringschätzig über daS Flugblatt, daS die Unabhängigen auSgegcbcn haben. Man tönne daraus nicht entnehmen, was sie eigentlich wollen. Aber damit beweisen sic gerade, daß sic die Höhen des „wissen- ckastlichcn SocialiSmnS" erklommen haben. KantSky, nach dessen Vorschlägen jetzS daS neue Parteipropramm angenommen worden ist, bat ja muck für die Alten erklärt, daß man von dem Znkiinsisslaatc, ja selbst von den Prinzipien, auf denen er sich ansbauen werde, nichts wissen könne. * Ans Glciwitz meldet der „Obcrscklesische Anzeiger": Telegraphisch bestimmt austretendcn Nachrichten zufolge soll die Glciwitzcr Garnison erheblich verstärkt werden. Außer dem ganzen lllancnregiment von Katzler sollen zwei Brigadcsiäbe und Artillerie nach Glciwitz verlegt werden. Ferner soll ein thüri»gischeS Husarenregimcnt in Sorau und Plcß garnisonirt werden. * Zu der von uns bereits besprochenen RcichStagS- wabl im Kreise Stolp-Lauenburg wird von dort geschrieben: „Stolp, 2. November. In unserm Wahlkreise ist der konservative Eandidat namentlich durch die ländlichen Stimmen geschlagen worden, welche der Leicung de« »eu begründeten „Kanern-Bereins gefolgt sind und die Wahl eines liberalen bäuerlichen Besitzers der eines Eonjcr- vativen aus der Fractio» des früheren Abgeordneten vorgezogen bade». Inden kleinen Städten wie in Leba sind die konservativen Stimmen »och in der Maiontät von 4:l geblieve». aus dem Lande dagegen siel eine meist sehr große Majorität der Stimmen auf den liberalen Candidatcn. Also die ländliche Bevölkerung hat hier in einem Wahlkreise, der, seit d«c Verfassung epistirt, immer konservativ ge- wädlt hat, de» Ausschtag gegeben für eine liberale Wahl. Diese auffällige Umstimmung der ländlichen Bevölkerung ist durch den Eindruck der letzteren berdeigetührl worden, daß ihre Interessen durch die konservative Partei in längster Zeit unzureichende Ber- tretung gefunden baden, insbesondere bei den Verhondlungen über die Landgemcindeordnirng, deren Undeqnemlichkeiien nnnincdr, nach bald Jahresfrist, dem Uande klar geworden sind. Die Unbequemlich keiten bilden eine sein günstige Grundlage für die geschickte Agitation der fortschrittlichen Emifiaire in den Laiidgemei: den. Der vorige Abgeordnete war unser lktziger Sberpräsident, der frühere Minister v. Pult sanier, dessen parlamentarische Einwirkung sur die Annahme der Landgeweindevrdniuig besonders schwer ins Gewicht gesallen isl." Wir glauben, so sagen die „Hamburger Nachr.", daß sich der Eindruck der ländlichen Bevölkerung von der »nznjäng- licbcn Vertretung ihrer Interessen durch ibre bisherigen conscrvativcn Vertreter nicht aus di: pommersche Provinz beschränken, sondern io allen übrigen brtbeiligtcn Provinzen zur Geltung kommen wird. In zweiter Linie bat bei der Verstimmung der Landbewohner wobl das plötzliche nnd rapide Fallen der Scbwcinepreise mitgcwirkt, da der Vcrkan von ein oder zwei Schweinen oder von einer Anzahl von Ferkeln den kleine» Leuten einen nach Bcrbaltniß ihres Budget- großen Zuschuß zu liefern pfleg» Wir haben schon vor einigen Tagen berichtet, daß die Prci^e der Fc k>! vo» 10 — 20 aus -so—>o -z gefallen sind, die Waarc also so gut wie unverkäuflich ist, da die Kosten des Markt- besuckS nicht gedeckt werden. Die Unzufriedenheit der bisher conservativen Wähler mit der mangelhaften Vertretung der ländlichen Interessen durch ihre Abgeordneten dürste in den östlichen Provinzen wenn mcht allgemein, doch >» weiten Kreisen für die nächsten Wahlen maßgebend sein. Mst der Stimmung der ländlichen Bevölkerung im Westen und Süden Deutschlands wird auch die EcntrumSparlci rechnen müssen, öwcit sie aus bäuerliche» Svmpalkie» begründet ist. Der ländliche Wähler bat kein Verständnis; für die politischen Ve rechmingcn nnd Strebungen der Fraciionssübrer. seine wielb schastlicben nnd localen Interessen siebe» iöm in berechtigter Weise näher. * Der Finanzausschuß der Abgeordnetenkammer in München genehmigte den MilitairnacktragSetat für 1800 01, welcher sich banpisäcblich aus die Ncliseeinaiioii der 5. baverischen Division bezieht, nnd sich aus 0 208 dltO beziffert. Davon entfallen 8.'>ä4!!i» --e ans die dauernden Ausgaben. Der KriegSminisler balle gebeten, aus Grund des RcichsgcsctzcS vom l'>. Juli 1800 Indemnität zu er tbcile». Die Summe von l stW, 000 .C sür Ausbildung der Beurlaubte» mit dem neuen Gewehr fällt künsiig fort Die Friedensstärke de- baverischen HecreS stellt sich aus> Mann. * Im LandtagswablkrciS .Kaiserslautern wurde an tatt des kranlbeitskatbcr zurückgeirctcnen Ist' Knecht Guts besitzcr Karl Spieß zn Schmalseld, nalionaUiberal, niit >82 Stimmen gewählt. »>I Stimmen sielen ans den demo kratischen Gegenkandidaten Butz Kirchbeim. * llcbcrdie bereits gemeldeten drei würtembcrgiscbcn 8 andtagSwahlc» wird aus Stuttgart geschrieben: Heute habe» drei Ersatzwahlen für die Kammer der Abgeordneten iattgcsiinden nud zwar in den SberaiiitSbezirke» Vebringen, tlherndors und Ncucnburg. Im Bezirk V ebringen stauten sich gegenüber der bisherige Abgeordnete Leeman», der durch seine Berufung aus eine volkSwirlkscbastlichc Professur in Tübingen gcnötbigt war, fein LantlagSniandal niedcrzn legen (wie sc!» Reich»tagSinaiidat für den XI. wiirllcm- bergischc» ReicbstagswablkrciS), und der Landwind Hart mann Leemann gekört der naiionalliberalcn Partei an nnd ist xrononcirtcr Verfechter der Kornzölle, Hart mann ist Demokrat, gekört dem Wahlbezirk an und batte dadurch schon gegenüber dem „Professor" einen gewissen Vom prnnz. Er wurde denn auch gewählt. Ter Wahlkamps war ehr heftig nnd brachte selbst sein gehässige Erscheinungen zu Tage. — Auch die Wahl im EIberanitsbczirk !Sbcrndors war durch eine Beförderung veranlaßt. Der bisherige Ab- 1 cordnete Leibbrand bat in Folge seiner Ernciinung vom Oberbanratb zum Dircctor sein Mandat niederlegcn und einer Neuwahl sich unterwerfen müssen. Leibbrand gehört der iiationalliberaleii Partei an und gilt als consesstonell conciliant und als hervorragendes Mitglied der Kammer. AuS dem Bezirk selbst trat ihm kein Gcgencaudidat ent gegen, dagegen aus Stuttgart Herr Gatter (Musikalien händler) von der Volkspartei. Letzterer isl Katholik, hat sich aber gegen die Jesuiten und sür die Eniaiicipation der Schnle von der Kirche erklärt; da« kiesige Organ der Katho liken, daS „Deutsche VolkSblatl", empfabl deshalb de» zahl reichen Katholiken des Bezirks (über zwei Drittel) die Pabl des Direktors. Letzterer wurde denn auch gewählt. — Der Obcramtöbezirk Ncucnburg war früher vertrete» durch den Schultheißen Bcutter von Herrenalb, daS Prototyp des württcmbergischcn Schulzeiiabgeordneten. Dieser unterlag überraschenderweise bei der letzten Wahl dem deiiiokratischcn Fabrikanten Bleyer, der aber kaum zur Ausübung des Mandats kam, da ibn schwere Krankbeil befiel, der er vor einiger Zeit erlag. Ein Wahlkampf fand in diesem Bezirk nicht statt; einziger Eandidat war der Sägwerkbcsitzcr Commercll, der politisch erstmals eine Rolle spielt. Er siebt nach seinen Erklärungen auf dem linken Flügel der deutschen Partei und isl auch von der Deuwkralie acceptirt. Er wurde denn auch einhellig gewählt. ' » * » * Die „Neue Freie Presse" widmet dem Rücktritt de- langjährigen Präsidenten deö obersten österreichische» Gerichts hofes, Anton von Schmerling, von seinem hohen Am», einen längerem Artikel, den sie mit folgenden Worte» beschließt: Was lndeß Schmerling auch gefehlt haben mag — sein Ver dienst, Oesterreich dauernd die constiiutionellc Regirrnngsforni ge geben zu hoben, bleibt nnsicrblich. Die geringichayig aus seine Schöpfung hernbblicken zu können glaube», vergessen, mit welchen. Mißtraue», mit welchen Vorurlheiten er zu käinpien hatte Nach den Ausschreitungen des Radicalisinus vom Jahre 1848, nach der furchtbaren Zerrüttung, in welche die Revolution das Reich gestürzt hatte, hatten auch Palrioten, die das alte Polizei- Regiment haßte» und der Freiheit nicht abhold waren, ei» Giaucn vor der Wiederkehr solcher Zustände nnd maßen mit ängst lichem Blick jeden Schritt ans der constitutionelleii Bahn. Im Volke andererseits hatte» der Bach'sche Absolutismus »nd das Priesler-Regiinent der Eoncordatszeit eine solche Muthlojigkeil. einen so hockigradigen Pessimismus erzeugt, daß stets der Ernst der con- slitutionclle» Absichten bezweifelt wurde Nur ei» Mann wie Schmerling, dessen österreichischer Patriotismus nnd dniiastischc Verläßlichkeit unanlnstbar waren und der zugleich Proben seines moderne» Geistes und seines Sinnes für freiheitliche Reform gegeben batte, vermochte damals das schwierige Persassungswerk ans dein aller- seit« unterwnhlten Bode» zn »nteriiehinen Was inan auch einwenden und an ihm tadeln mag: diese« Werk hat erbegründet und es hat sich a>? lebcnssähig erwiesen. Die Zeit »nd die Ereignisse haben Viele« daran verändert, Manche« ausgeschicden, Manches vervollkommnet, aber in, Weien ist das Februar-Patent Schmerling's heute noch die Grundlage unseres geltenden öffentlichen Rechts, und selbst der ungarische Ausgleich ist ohne diese Grundlage nicht zu denken; Schmerling's gtwalcigslcr Gegner. Teak, boiie seine Idee nichi verwirklichen löime», wenn nicht diesseits der Leitha eben durch Schmerling verlass,,»gsinäßigc Zustände wären geschaffen worden. Wie Schmerling »ach seinem Scheiden ans den, Ministerium Schwarzenberg in, Jahre I8.nl sich aus seinen ursprünglichen rictnerlichen Berns zurückzog, so lhal er auch seit seinen, Rücktritte von der Regierung im Jahre I8i>.'>. Sei! damals, durch sechsundzwanzig Jabre, »and er an der Spitze de« Oberste» Gerichislwses, nnö wahrlich, eine windigere Bekrönung des Gebäude« der österreichischen Insttz, als durch diese gcschichi- liche, den österreichischen Patriotismus und das Staalsbcwnßtsein verkörpernde Persönlichkeit wäre nicht zu denken gewesen. Er war wie qeichaffen kür diesen Ekrenplntz, dem er ebensoviel Glanz verlieh, als er von demselben rntlehnte, und wer immer lei» Nachiolger wird, einen besseren veer nur gleich ebrivuroiqe» Nainc» wird er aus denselben schwerlich mitbringen. Halle nicht da« Alter Schmerling s bis in die jüngste Zeit noch kochragende Gestalt gebeugt, wäre nicht seine körperliche Nrast zu sehr geschwächt, um noch die Arbeit dieses ver antwortungsvollen Amte? zn vollbringen, Io bättc seine richterliche Wirkiainkelt wohl nur erst mit seinem lEben geendcl. Nun auch er, der unverwüstlich schien, der Natur den Tribut hat zollen müssen. bleibt nur zu wstn'chen, daß der österreichische Geist, mit welchem er den Oberste» G^uinslnst ,,etra»l! batte, diesem Areopag erhalten bleibe, »nd das; der ins Pttpoilebe» znriicklreteiidr Patriot sich der wvblverdieitte» Rübe »ocki lange ei ne nn möge. Er darf mit den, Bewiißiseni zniückireten, das; er ine Jeden, der im Dienste unseres Smnie« slebl, ein ,>„>rreickne« Muster nnd Vorbild bleibt. Wen» auch iem Name an« de» Verzeichnissen der Slaalssunetionairc ver schwindet. ans den Büchern der Geichichte wird er niemals ver schwinden. ^ Die interparlamentarische FriedenSconserenz zn Nom bat gestern, wie schon gemeldet, in der ibrer würdigen 'Weite, nämlich mit einem inleniationalen Scantalc die Tbäl fett begonnen. Die stalittari'cbe Vorschrift, daß gewisse, als bciklc Probleme z» erachlcndc Punetc nickt erwähnt werden dürfe», kielt den Franzosen Douvillc Maltesen nickt ab, vo» den „territorialen Verstümmelungen Frankreichs" »nd von dessen wiedergewonnener Stärke zu sprechen: Frank reich fürchte keinen Gegner mehr in Europa und auf seme» Bannern siebe die Losung des Rechtes Das ist denn dock deutlich genug gesprochen, »nd daß nicht blos Bonghi »nd Hodgson Prall die dreiste Herausforderung Deutschlands durch Frankieich gleich in der ersten Sitzung der „Fricdens"- Eonserenz verstände» haben, bewies der srcnctilchc Jubel, mit welchem die „Friede»«' Worte des kecken Fraiizot'c» vo» den versammelte» „Friedens" Apoile!» ausgcnommcu wurde». DaS war denn a»ch das i ck-iige Fahrwasser für den durch seine ParlaiiienISscandalc biiilängliä, bekannten irrcdcnl>stiscbe»Fran- zoscitschwärmer Imbriani. Wie er cs sonst gewohnt ist, so Nichte er auch hier die wirklich zum Friede» sprechenden späteren Ncrncr durch agitatorische Zwischenrufe zn stören nnd zn bccin trächtigen. Die anwcsenken kcntschen Deputirten sollen fick von diesen Vorgängen peinlich berührt gefühlt kaben — wir können ihnen, so schreibt selbst ein Blatt wie die „Münchener Neuesten Nachrichten", kein Mitleid hierüber enlgegenbriiigen; wären sic zu Hause geblichen: denn daß sic aus einem nur a»S Franzosen und Französlinge» bestehenden Eongrcssc nichts sür den Frieden finden können, Kälten sic auch ohne die de»t- licben 'Warnungen der deutschen Presse wissen sollen. Sie haben gestern eine» Kranz aus das ('stab Victor EmauucI S »ictcrgclcgl und damit dem geeinten Italien eine Huldigung dargcbrackl. Wen» sie kein: geradezu nnbcilbarc» Idealisten sind, dann benutzen sie di: .Zeit, welche sie der „Frickeiis"- Eonfercn; widmen wollten, dazu, fick» mit den wundervollen Schönheiten der Natur und der Kunst ZtalienS eingehend vctrant z» mache»; sie baden dann wenigstens nicht Zeit und Mübc verloren. * lieber den Proceß Eagnassi-Livragbi wird ge meldet: I» der gestrigen Verhandlung sprach Ä'usha cl Akkab die llcbcrzcuguiig aus, das; an de» zn seinem Verderben anS- gespoimciic» Verleumdungen Eagnassi und Livragbi die Haupt- urbcber seien, diese Kälten das Zitterest . sich seiner zu ent ledigen, gehabt, da ihnen bekannt gewesen war, daß er die von den Gendarinc» begangenen Verbrechen bei dem Eoin- missar zur Anzeige bringen wollte. Livragbi babc. nachdem Akkad verkästet worden war, Geld und Schmuck aas dessen Eassc» entwendet. Eagnassi habe Badmasser den 'Vorschlag gemacht, seinen Gcsäbric» Assau» bei Seite zn schassen und ihm zur Dingung der Mcnchelmördcr 200 THaler Namen- der Regierung gegeben. * Die Zahl der ans der Seite des Erzbischofs von Aiz, Gonthc Sonlart. siebenden französischen Bischöfe beträgt nur 82, also ein Drittel tcS ganzen Episkopat- Frankreichs. * Das Eapitcl „Die Zrländer unter sich" bat durch eine gegen den Abgeordneten Timothy Healn verübte Gewaltlhat eine neue Bereicherung erfahren, lieber den Vorfall werden folgende Einzelheiten berichtet: London, 4. November. In Dublin macht der gestern dort gegen den Abgeordne'-n Hcaly verübte Ikättiche Angriff viel von sich reden. Healy saß gestern in der Bibliothek des Jusiizgebäudes von Dublin, mit juristischenRrbeiten beschü-tigt, als er ins Kasseeziminer gernse» wurde. Dort erwarlece il,» ein i»»gcr Abvocat, Namens Tudor Mac Dcrmott, ein Neffe Parnell's, ber ihn beim Ein treten sofort am ttrogc» packte und mit einer Reitpeitsche 80 bis 4o Hiebe verabreichte. Hcalst war nicht im Stande, Gegenwehr z» leisten. Ein Schutzmann wurde herbcigerusen, der Mac Tcrmvlt verbauen wollte: aber Heulst sagte: „Laßt ihn laufen, er ist be trunken." Mae Teriiiolc stellte dies entrüstet tn Abrede, gab dem Schutzmann seine .(taue und entfernt.' sich. 'Wie verlautet, unter nahm Mac Termott de» Angriff, weil Hcalst in seiner letzlen am Sonntag in Longsord gebattencn Rede Parnell's Witttve ein laster haftes Weib genannt hatte. * Wie ans Bukarest berichtet wird, gehen die Be strebungen der Rnssopbilen, nachdem sie cinscbcn, daß eS Wohl aussichtslos wäre, eine» ihren Wünschen entsprechenden Aus gang der Minisierkrisis berbeizutübren, nn» dakin, zu be wirken, daß die vakanten Gcsandtschastsposlc» mit ihren Ge sinnungsgenossen besetz, werde». Auch diese Bestrebungen dürften ohne Erfolg bleibe». Der Procurator des heilige» russischeil Syuod, Herr Pobcdonoszcw, wünscht anscheinend seine lange Laufbahn als Verfolger seiner andersgläubigen Mitbürger mit unerhört grausamen Maßregeln gegen die Protestanten und deren Gcsi»n»ngsverwandtc zn krönen Seine letzte Gewaltthat war die vor Kurzem erfolgte Verhaftung der vier bisher noch aus freiem Fuß befindliche» Hanptsiibrer der protestantischen oder skundistischeii Bewegiing l desLeilers der armenischen Protestanten, Bagdasarianz, des Leiters der deutsche» Baptisten, Kalvcrt, des LbcrpreSbytcrs der russischen Molokancii, Mozaycw» und de» Leiters der Methodisten, Levasiow. Alle vier wurden od»c jede vorherige Mitlbcilung ans dem (kreise ibrer Familie gerissen und unter polizeilicher Bedeckung nach einem Berg- ristrict in der Nabe der persi'cbcii Grenze gebracht, wo sie fünf Jabre inmitten fanatischer Muselmänner zuzubringen habe» Außerdem sind türzlicb Ilo Mitglieder protestan tische; Seelen, als Baptisten, Methodisten, Molokanen u s. w, ob»c Unterschied des Geschlecktes, nach einem »einen Torf in der Provinz Elisabctbpol verbannt worden. Sic befinde» sick daselbst nn größten Elend und sind ge zwungen, sich ibr läalichcc Brod von een Armenier» und Tataren zu betteln. Besonders empörend ist die berechnete Grausamkeit, mit welcher die russischen Behörden die .Heiligkeit des Familienlebens verletzen »nd Eltern und Kinder von ein ander trennen Unter den 110 Verbannten in Gerüst befinden sich eine ganze Zahl, deren Kinder tkalsäcblich entführt nnd zu griechisch-orthodoxen Pslegecltcru gebracht worden sind. Es »st
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