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Donnerstag» Nr. 20 l. 28. August ISS«. Leipzig.» Die Zeitung erscheint mit Ausnahme des Montags täglich und wird Nachmittags 4 Nhr aus gegeben. Preis für das Vierteljahr l'/r Thlr.; jede einzelne Nummer 2 Ngr. Deutsche Mgeminc Zeitung. «Wahrheit und Recht, Freiheit und Tesch!» Zu beziehen durch alle Postämter des In- und Auslandes, sowie durch die Erpedition in Leipzig (Querstraße Nr. 8). Jnsertionsgebühr für den Nanin einer Zeile 2 Rgr. Deutschland. Preußen. Die Breslauer Zeitung bringt über das neuliche Gefecht der Corvclte Danzig an der afrikanischen Küste noch einen Brief aus Gibraltar vom 8. Aug., dem wir folgendes Thatfächliche entnehmen: Wir gingen während der Nacht (zum 7. Aug.) so langsam als möglich, um mit Tagesanbruch bei Cap TreS Forcaö recognosciren zu können. Um 6 Uhr Morgens waren wir ziemlich dicht an der Küste und fuhren mit den Booten längs derselben, ungefähr Dasselbe wie bei Badis wahrnchmcnd. Gegen 10 Uhr kamen die Boote wie der zurück, um etwas noch die östlichen Theile des Cap zu untersuche«. Der Prinz Adalbert hatte vorher das Ofsiziercorvs herbeirusen lassen und ihnen eröffnet, daß er zwar durchaus keinen Angriff der Küstenbewohner beabsichtige, daß dieselben aber an erkannt eine räuberische Horde wären, was die vor drei Jahren an dieser Stelle er folgte Wegnahme der preußischen Brigg Flora erweise, und daß er beabsichtige, die Schlupfwinkel der Räuber möglichst genau zu erforschen. Infolge aber der räuberi schen Gesinnung dieser Stämme halte er cs für nöthig, das Schiff, wie die Boote, in schlagfertigem Zustande zu halte» Das Schiff sowol wie die Boote sollten keine Flagge zeigen, bis von Land eine Feindseligkeit einen Angriff erheische, wo dann das Aufstecken der Flagge das Zeichen dazu-scin solle. Um 10^ Uhr :c. fuhren die Boote zum zweiten male ans Land, während die Danzig draußen ankerte. Sobald dieselben sich dem Lande näherten, sielen von dort aus scharfe Schüsse. Der Prinz, der sich selbst im ersten Kutter befand, ließ die Boote näher heranrndcrn und auf die Räuber eine Salve ans sämmtlichen Gewehren geben, zugleich wurden die Flaggen aufgefteckt. Die Danzig lichtete auf dieses Signal sofort Anker, hißte ihre Flagge und feuerte einige Bomben, wo die Räuber sich gesammelt hatten, hi», in einer Distanz von circa 3000 Schritt vom Schiffe ab. Die Boote kehrten unterdessen an Bord zurück. Wir gingen nun dem Lande näher, fortwährend Bomben nach den Stellen, wo die Feinde sich gesammelt hatten, werfend, und ankerten dann in einer Entfernung von 10t) Schritt von dem Platze, wo der Prinz ein^ Landung beabsichtigte. Es wurden unsere beiden Kutter und die Jolle bemannt und bewaffnet, und unter Befehl der fol genden Offiziere ans Land geschickt. Im ersten Kutter befand sich der Admiral und sein Adjutant Lieutenant Niesemann, unser erster Lieutenant v. Bothwell und Lieute nant Batsch, Lieutenant Ewald vom Seebataillon, sowie dcr BootScadet und unser Stabsarzt l)r. Bcrcht. Im zweite» Kutter Lieutenant Grapow, Fähnrich Pietsch und zwei Cadetten, in der Jolle Fähnrich Chudc» und zwei Cadetten. Im Ganze» be fanden sich in den drei Booten 02 Mann, unter denen, wie zu ersehen, unverhält- nißmäßig viel Offiziere und Cadetten ivaren, da natürlich jeder begierig war, die Lan dung mitzunlachen, eS den obenerwähnten aber nur crlaudt wurde. Bon dcrDanzig aus wurde nun zuvörderst der Landungsplatz durch wohlgezicltes Bombenfeucr von Feinden gesäubert und dann landeten die Boote und schifften ihre Besatzung aus. In der Hitze des Landens dachten die Meiste» nicht an ihre Patronen und ließen diesel ben naß werden, da man, um ans Land zu kommen, erst 1ü Schritt durch das Was ser waten mußte. Der zum Landen ausgewählte Platz hatte etwa die folgende für uns noch immer sehr ungünstige Beschaffenheit. Der Strand lief allmäiig an bis etwa 30 Schritt von der See, wo sich eine Anhöhe erhob mit einem Abhange nach dem Strande zu von etwa 60 Grad Böschung. Dieser Abhang wurde mit Hurrahgeschrei von den Unserigen erklettert, obgleich die hcrabrollcndcn Steine schon hier einige starke Beschädigungen der unten Kletternden verursachten. Der etwa 200 Fuß hohe Abhang war in einigen Minuten erstiegen und es sammelten sich die Unserigen auf Ler obern Fläche des Hügels, der als Ebene ziemlich sanft nach dem Inner» Hinaufstieg und sich in einer Entfernung von 600 Schritte» an die hintcrlicgenden Berge anlehnte; rechts und link« bestanden sich bewaldete Schluchten, die nach der See hin auslitfen. Sobald die Feinde unsere Landung bemerkt Halle», stürzten sie mit Wuthgeschrei von asten Bergen herunter und auö asten Schluchten auf die Ebene des Hügels, wo selbst fle von de» Unserigen mit wohlgezieltem Gcwchrfcuer empfangen wurden- In Schußweite angelangt, machten die Räuber Halt, sammelten sich und rückten darauf, einen weiten Halbkreis um die Unserigen bildend, zerstreut vor, indem sie mit großen Sätzen hinter einige einzeln liegende Felsblöcke und Sträucher sprangen und sich so vor dem Feuer der Unserigen, die noch etwa 400 Schritte verrückten, möglichst schütz ten. Jetzt sing der Feind an, den Unserigen cinige» Schaden zuznsügen. Ein See- > soldat, der am weitesten vorgerückt war, siel, zu gleicher Zeit von drei Kugeln durch bohrt. Ein VootsmannSmat, ein 60jährigcr Mann, hatte eine von den Bootsflagaen ergriffen und schritt noch weiter vor, den Matrosen zurufend, ihm zu folgen- Die Flagge war im NU von einen; Dutzend feindlicher Kugeln durchbohrt und der BootS- mannsmat erhielt einen Schuß in den Kinnbacken, ohne deshalb umzukehreu oder seine Flagge zu verlassen. Der Feind hatte sich jetzt bis zu einer Stärke von circa 300 Mann aimesammelt und rückte, von Stein zu Stcin springend und von denselben ge deckt, austdem Bauche liegend, ladend und feuernd langsam vor. Unsere Mannschaften griffen, trotz der durch Erkletterung des Abhangs verursachten Erschöpfung, mit Unge heuern; Fouer und der größten Kaltblütigkeit an und^zwangen den Feind, sich wie- dorum einige Hundert Schritte znrückzuziehen, wobei einige der Feinde mit dein Ba- yonnrt getödtet wurden. Da trat infolge des NaßwerdeuS eines Theils der Munition auf einmal Mangel an derselben ei», weshalb sofort vom Admiral der Bcfehl gegeben wurde, sich bei seiner Flagge, die von dem Lieutenant Nicsemau» getragen wurde, zn sammeln. Im Augenblick darauf erhielt Lieutenant Niesemann einen Schuß durch die Brust und der Admiral eine» durch den rechten Oberschenkel. Beide sowie mehre an dere lebensgefährlich Verwundete wurden nach den Booten zurückgebracht, wodurch die Sluzahl der Unserigen bedeutend abnahm. Es wurde sofort ein langsamer Rückzug be fohlen, der in größter Ordnung stattfand, indem fleißig gefeuert wurde, soviel cs die wenig« Munition zulicß. Ein Schiffsjunge lag hinter einem Stcine und fuhr fort zu feuern, obgleich ihm verschiedene male zugerufen wurde, sich zurückzuziehe». Da der Feind jedenfalls unsern Mangel an Munition bemerkte, stürzte er wiederum mit Wuth vor, wobei der erwähnte Junge in seine Hände siel, aber wahrscheinlich nicht mehr lebend, da vorher eine ganze Salve auf ihn aegebe» wurde. Sobald die Unserigen bis an den Abhang gekommen waren, stürzten sich Aste zugleich den Abhang hinunter nach den Booten. Der Fcind war im Nu am Rande de« Abhang« und feuerte von dort herunter auf die wehrlosen Unserigen, die keinen Schuß mehr erwidern konnten, da tio Munition vollständig zu Ende gegangen war. Die Boote waren fertig zum Absetzen, i als auf einmal bemerkt wurde, daß Lieutenant Niesemann nicht in; Boote sei. Mehre der Cadetien »nd Mannschaften sprangen ans Laud und fanden ihn an; Strande, sich erhebend und den Booten zuwinkend, nnr ohne ihn abzufabren. Er wurde sogleich ausgenommen und in ein Boot getragen, worauf dieselben abfuhren, nicht ohne durch diesen Verzug bedeutende Verluste zu erleiden, da dcr Feind jetzt das bequemste Zie len halte. Hier erhielt mein alter Kamerad Pietsch einen Schuß durch Ober- und Unterarm zugleich. Während dieser Gesichts an; Lande war die Danzig nicht müßig gewesen. Auf beiden Seiten des erwähnten Abhangs liefen, wie ich schon bemerkte, Schluchten nach der See hinaus. Durch diese suchte ein Haufe der Räuber nach dem Landungsplatz der Boote zu dringen, um diese von den auf dcr Ebene fechtenden Unserigen abzuschuci- den, da wir eine Wache von sechs Mann bei den drei Booten zurückgelassen hatten. Wäre dieser Plan gelungen, waren natürlich aste die Unserigen verloren. Wir durch schauten aber sofort ihre Absicht und warfen unausgesetzt Bomben in die Schluchten, welche die Feinde zu einem schleunigen Rückzug aus denselben zwangen. Während der Einschiffung in die Boote bestrichen wir die Ebene des Berges, von wo die Räuber auf unsere Boote schossen, und nöthigten sie bald zu einer schleunigen. Flucht. Natür lich konnten wir mit unsern Geschossen auf dem Kampfplatze selbst die Unserigen nicht unterstützen, da dieselben mit dem Feinde in Einer Schußlinie standen; wol aber war fen wir in alle Schluchten, wo wir Leute sahen, unausgesetzt Bomben. Sobald die Boote an Bord, die Verwundeten und Todten herausgeuommen waren, lichteten wir Anker und gingen in See, nach Gibraltar hinsteuernd. Einige Stunden lang bot un ser in aller Eile zu»; Lazareth eingerichtetes Hinterdeck einen alle Gcmüther mit Wuth und Rachegedanken erfüllenden, schreälichen Anblick. Die Verwundete» wurden, nach dem sie aus den halb mit Blut gefüllten Booten herausgetragen waren , Einer neben dem Andern auf ausgebreitete Matratzen gelegt, so schnell, wie cs den beiden Aerzten möglich war, verbunden. Drei Todte waren an; Lande geblieben, zwei starben in den Booten, und Lieutenant Niesemann, einer unserer tüchtigsten und bravsten Offiziere, starb eine Viertelstunde, nachdem er an Bord getragen und verbunden war, unter schreck lichen Schmerzen, eine geliebte Braut in der Heimat zurückiassend. Ein siebenter Mann starb nach etwa einer Stunde an einen; Schüsse durch den Kopf. Von den 18 durch Kugeln Verwundeten wird an dem Aufkommen von dreien gezweifelt. Die meisten der Verwundeten habe» 2-3 Schüsse. Die Wunde des Admirals ist Golt sei Dank nicht gefährlich, obgleich die Kugel durch de» Schenkel gegangen ist. Alle übrigen bei der Landung Bethciligten haben großentheils durch Steinwürfe leichte Kontusionen erhal ten. Die Haltung der ganzen Besatzung, der am Lande wie der am Bord, ist wäh rend des Gefechts eine ausgezeichnete gewesen. Die Mannschaften griffen mit einen; an Tollkühnheit grenzenden Muthe den Fcind an, benahmcn sich dabei aber doch mit der größten Besonnenheit und gehorchten aufs genaueste den commandirenden Offizie ren. Die jungen Cadetten sorgte», ohne sich um die um die Ohren pfeifenden Kugel» zu kümmern, wie am Bord ihr Dienst ist, daß die Befehle der Offiziere exakt und so fort ausgeführt wurden, und feuerten ihre Gewehre und Pistolen mit einer Kaltblü tigkeit ab, als gälte eS einem Scheibenschießen. Die Leichtverwundeten fuhren nach empfangener Wunde nur um so eifriger fort zu feuern und zwar immer ans Den, von dem sie die Wunde empfangen hatten. Einer der Matrosen erhielt eine Kugel durch die Backe, spuckte einen Mund voll Blut aus und schrie dann auf gut Plattdeutsch: „Wärt", Kröt', ick werde dir lehren, mir durchs Maul zu schießen", zielte und schoß seinen Gegner nieder re. — Das Magdeburger Volksblatt für Stadt und Land enthalt folgende Mittheilungen über die von dem dasigen Consistorium eingeführte Praxis bei Wiederverheirathung von Geschiedenen, und über eine in der Provinz vorgekvmmene, vom Consistorium gebilligte Weigerung, Ver witwete zu trauen: Nachdem das Consistorium zu Magdeburg durch ein Rundschreiben vom 0. Dcc. v. I. die Geistlichen seiner Provinz aufgcfodert hatte, in allen den Fällen, wo sie Ge schiedene nicht zu einer wider Gottes Wort laufenden folgenden Ehe einzusigneu ent schlossen seien, ihre Gcwiffensbedenken ihm als vorgesetzte Behörde mitzutheilen, stand es noch im Belieben des einzelnen Geistlichen, ob er die Anfrage thun und seine Wci- gcrungsgründe und GewissinSbcdenken der vorgesetzten Behörde mittheilen wollte, oder ob er ohne Bedenken Aufgebot und Trauung vollziehen wolle. Die Kirchcnbehörde ging einen Schritt weiter. Dcr diesjährige Shnodalbescheid vom 3. Juni (betreffend die jährlichen Ephoralsynoden) bestimmt in einem seiner letzten Sätze, daß zur Ver meidung willkürlicher Ungleichmäßigkeit hinfort jeder Antrag eines Geschiedenen auf Wiederverheirathung dem hochwürdigen Consistorium vor dem Begin» des Aufgebots vorgclegt werde. Damit ist die erste Stufe der angestrebten geistliche» EhegerichtSbar« keit wirklich erstiegen. Kurz darauf meldet sich ein anständiger Hcmdwerksmanu bei dem Geistlichen, in dessen Parochie er kürzlich gezogen ist, zum Aufgebot mit einem Mädchen derselben Parochie. Er ist geschieden wegen wüsten Wandels und MiShand» lung der Frau nach vergeblich empfangenem obrigkeitlichen Besserungsmandat, fik allein schuldigen Theil erkannt, aber sofortige Wiederverheirathung ihm gestattet. Nach neun Monaten steht der Frau daö gleiche Recht zu. Drittehalb Jahre sind seit den; Er- kenntniß verflossen. Die Frau hat von der Erlaubniß längst Gebrauch gemacht; er will jetzt Dasselbe thun. Der Geistliche wendct sich an das Consistorium mit dem Be merken, daß er früher Geschiedene zn anderweitiger ühe wtederverbunde», auch nicht gerade einen nachthcilige» Unterschied der so entstandenen Ehen gegen andere wahrge» nommen, angesichts dcr «euern Verordnungen aber die ernstesten Gewissensbedenken habe, welche ihm nnr von der Behörde, die sie angeregt, abgcuommen werden könnten, und erklärt sich bereit, dcr Entscheidung unbedingte Folge zu leisten. Der Bescheid enthält im Wesentlichen folgende Punkte: 1) der Umstand, daß der Geschiedene als allein schuldiger Theil erachtet ist, reicht hin, ihm die kirchliche Einsegnung einer fer ner» Ehe zu versagen; 2) die angegebenen Umstände begründen nicht die Voraus setzung, daß er im Fall besonderer Dispensation eine christliche Ehe führen würde; 3) auf nähere Erörterung, ob die frühere Ehe dergestalt, daß eine fernere Ehe zulässig wäre (durch die inzwischen geschehene Wiederverheirathung der Frau) für geschieden zu erachten, kann es nicht ankommen; 4) der Pfarrer der Braut wird für berechtigt und verpflichtet erachtet, zu Aufgebot und Trauung des geschiedene» Ehemann» seine Mi;« Wirkung zu versagen, auch eventuell die Erlheilung eines Dimiffortale abzulehnen. Die-