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Sonntags-Ausgabe Bezugspreis: für L«l»zl, i>» °v»k»r1« ,»«t»l tü>Nch tn« -»»« ,«dtacht »»«atltch M. 1^5 »l»N«lfüdrlich M. S.75: für Abholer monatlich M. 1.—; bnrch »ns»r« «rümürti,«» Flltaloa In« -an« ,«bracht monatlich M. »i«rt«l- lührllch M. 1«: bnrch »I« Dost tnnchhal» v.iischlonb« monnl- ttch M. lla —rt.lliihrll» M. <« („«lchlt»»!«» D*stb«»«ll^l»). Schrtfilrltn«, mr» Trlchüfttstrü«: Zohrmnlü^ff« N» > Rr. 481 handels-IeUung KnUsblatt des Rat« und des PoUzeiarntes -er Stadt Leipzig 1--. Jahrgang a ^lnj« ,«» L.ipji« ,»» u»,«d»»« »,« «inipalti,« D«ttt,«ii. » pf,»«« anlroürt« w Anj«>i«n »an 4Sehbrb«n im amtlich«» l«il »t« D«ttt,«il, SO Pf.: klein« Antigen bi« D,»tj«il« A Pf.: Famili«»- «Nj«t,«> rspf.: s,lchüfttan>«lg«n mit Dlat»»rfchrift«n im pr.ts« «rhühl. B«ila,«n: V«lam»aafla,« M. 7^— bat rauf«»» »»Ischl. D»st,«dühr. S«rn,pr«ch.An,cht»d «r. tüS». 11 "I and 1««« Sonntag, den 5. September 1918 Der untere Sereth überschritten Der Wiener Tagesbericht Wien, 4. September. Amtlich wird mtkgeteitt: 4. September ISIS. ' Russischer Kriegsschauplatz. Der Feind hat gestern an der ganzen Front zwischen dem Dnjestr vnd dem Südrand der Großen Pripjek - Sümpfe heftigen Widerstand geleistet und die Stärke seiner Ver teidigung wiederholt durch Gegenangriffe zu erhöhen versncht. Am unteren Sereth und zunächst der Mündung haben unsere Truppen unter zähen Kämpfen auf dem Ost ufer des Flusses festen Fuß gefaßt. Sie entrissen dem Gegner die stark ausgebauten Stellungen auf den Höhen von Sloterla nordwestlich von Sinkow und brachten zwei Offiziere und 1400 Mann als Gefangene ein. Dor Trombowla und Tarnopol herrschte verhältnismäßig Ruhe. Nördlich Zalofce und östlich von Brody durchbrach die Armee des Generals von Boehm-Ermotli die feind lichen Linien an zahlreichen Punkten. Es wurden hier sechs russische Offiziere, unter ihnen ein Oberst, und 1200 Mann gefangen. Zn Wolhynien stehen unsere Truppen im Raume westlich von Dubno und bei Dlyka im Kampf. Der Widerstand der Ruffen ist noch nicht gebrochen. Bel de« k. u. k. Streitkräften nordöstlich von Pruzany trat keine Aenderung der Lage ein. Italienischer Kriegsschauplatz Seit den nutzlosen Angriffe» gegen die Hochfläche von Lavarone und auf den Tolm ein er Brückenkopf hak die Tätigkeit der Italiener sichtlich nachgelassen. Von den Artillerie kämpfen abgesehen, fand gestern nur vom dem Südteil des ge nannten Brückenkopfes ein nennenswertes Gefecht statt. Der Feind wurde wie immer abgewiesen. Das gleiche Schicksal hatte ein heute zeitig früh im Dolo mit en-Gebiet von der Breden-Alpe gegen den Teichrledl geführter italienischer Angriff. Der Stellvertreter des Chefs des Generalfiabes von Hoeser, Feldmarschallamk. Kiew geräumt - Eigener Drahtbertcht fr.) Men, 4. September. Das „Neue Wiener Journal' erfährt aus Bukarest: Hierher wird indirekt ans Kiew gemeldet: Die Behörden bereiten die Räumung der Stadt vor. Die Remter werden nach Iekalerinoslaw und Poltawa verlegt. Die Schätze der Klöster kommen in das Innere des Reiches. Das Elend «nterden Flüchtlingen und die Kundgebungen der Evakuierten haben di« Regierung von ihrem bisherigen Gebranch ab gebracht, die Bevölkerung zum Abzug zu zwingen. Es wird kein offi zieller Räumungsbefehl mehr autgegeben. 3a Bukarest wird behauptet, daß eine Entscheidungsschlacht an zwei Punkten bevorsteh«. Friedensklänge Kardinal Gibbons Friedensbemühungen — Die Hoffnungen des Vatikans — Französisch« Frledensbeflrebungen Eigene Drahtbertchte kgm. Amsterdam, S. September. Aus Washington wtrb gemeldet, daß Kardinal Glbbons sich Vertretern der Presse gegenüber sehr befriedigt und erfreut über den Empfang del Präsident Wilson ausgesprochen habe. Der Kardinal hab« mit Wilson die Lage ausführlich erörtert und der Mei nung Ausdruck gegeben, daß die amerikanisch-deutsch, Ver - stündlgung der amerikanischen Regierung nunmehr ermögliche, im Interesse des europäischen Friedens zu wirken. England und Deutsch land könnten ebenfalls zu einer Ueberelnstimmung gelangen, wenn fle sich über dl« Freiheit zur See verständigen würden. Es wäre wünschenswert, daß die Verhandlungen hierüber bald in Angriff ge nommen würde«. — 2m Anschluß an diese Aeußerung des Kardinals meldet das Reuterbureau, daß offizielle Persönlichkelten, die zu den Botschaftern der Alliierten gehören, erklärt haben, daß di« Verbündeten nur unter den bekannten Bedingungen Frieden schließen werden. fr.) Zürich, 3. September. Der «Corriere della Sera' brachte die Nachricht, daß die Jahres- feier der Wahl des Papstes Benedikt auf den 6. November ver schoben fei. Hierzu schreiben di« in Vatikan Angelegenheiten gut unter richteten «Neuen Zürcher Nachrichten', wenn die Jahresfeier wegen der gegenwärtigen Lage in Europa verschoben worden sei, aber doch wiederum nur bis zum S. November, so müsse man im Vatikan be stimmt« und sehr gewichtig« Anhaltspunkte dafür Haden, daß bis Anfang November «in« friedlichere Lage «ingetreten sein werd«. ' Vielleicht seien bis dahin auch die ersten Anzeichen für einen baldigen Wafsenstillstand, wenn nicht gar noch günstigere Aus sichten vorhanden, sonst hätte «in« Vertagung der Iahrestagsfeier in letzter Stunde keinen Sinn. Jedenfalls sei diese Meldung ein höchst er- freuliches Symptom und mache den Eindruck einer ersten Friedenstaube. kgm. Paris, 3. September. Auf einer hier abgehalkenen Tagung der Lonföderatton generale du Travatl, auf der mehr als hundert französische Arbeiter vereine vertreten waren, gelangte eine Resolution zur Annahme, worin die Regierung aufgefordert wird, bald in FriedenSver- handlungen «inzutrer«n.Dte Resolution ist auch von englischen Arbeitervertretern unterschrieben. Eigener Drahtbericht sr.) Wien, 4. September. Rach einer römischen Meldung der «Tribun«' glaubt man, wie der «Zett' aus Lugano berichtet wird, in politischen und parlamentarischen Kreisen, daß unter den Ententemächten Meinungsver schiedenheiten wegen der Friedenswünsche bestehen. Die Mehrzahl des italienische« Parlaments würde unter den gänzlich veränderten Umständen heute für eine Friedosanbahnung sein. Die franzSfische Gewerkschaften und der Frieden Eigener Drahtbertcht (r.) Genf, 4. September. Die Ablehnung der Frtedensresolution der Gewerkschaften in der Konferenz des französischen Arbettsverbandes erfolgte mit 210 gegen 1S7 Stimmen. Den Anhängern der Friedens resolution fehlten somit nur 14 Stimmen zur absoluten Mehrheit. Deutschland und Amerika Eigener Drahtbericht kgm. Haag, 4. September. Der «Nleuwe Eourant' macht darauf aufmerksam, daß die Aen- derung der deutschen Tauchbootpolitik vielleicht schon darum wichtig sei, weil die von Deutschland gemachten Konzessionen be reits vor der Versenkung der «Arabic' datieren. Wie man sich in Ame rika zu dieser Frage stelle, sei noch unbekannt, da Reuter bisher nur wenig Pretzstimmen gab und die Auslassungen der «New Bork World' und des «New Bork Herald' bisher nicht anführte. Das Ausbleiben dieser wichtigen Meinungen stelle einen neuen Beweis für die Par teilichkeit des ReuterbüroS dar, und es bleibe nur zu fragen, was England jetzt tun werd«, seinerseits Amerika zufrtedenzustellen. — Di« «Limes' erfährt aus Washington, daß die Vorschläge der deutschen Regierung, die amerikanischen Schadenersatzansprüche im Zu sammenhänge mit der Versenkung der «Lusitania' und «Arabic' dem Haager Schiedsgericht zu unterbreiten, in Amerika mit Genug- tuung aufgenommen worden seien. Die Regierung dürste sich wahr scheinlich mit diesen Vorschlägen einverstanden erklären. 2m Gegen satz hierzu behauptet der Washingtoner Korrespondent der «Associated Preß', die amerikanische Regierung werde die Frage der Anrufung des Haager Schiedsgerichts nicht erwägen, sondern vielmehr darauf dringen, die Streitigkeiten durch direkte diplomatische Verband- lungen zu erledigen. Die geknebelte Duma Von einem besonderen Mitarbeiter Bukarest, 1. September. Der Taurisch« Palast wimmelt von Poltzeibeamten in Uniform und Zivil. An jeder Sitzung nimmt Graf Palen, der Chef der politischen Polizei, teil. Die Dumaabgeordneten werden darauf hingewiesen, daß Reden, die das Interesse deS Reiches ver- letzen, nicht gehalten werden dürfen. Der Präsident muß jede oppo sitionelle Rede unterbrechen, dem Ehef der politischen Polizei ist das Recht «ingeräumt, die Sitzung zu schließen, falls der Präsident von der Weisung der Polizei keinen Gebrauch macht. In der Duma dürfen weder militärische noch innerpolittsche Fragen ge streift werden, es darf weder der Zar noch irgendein Mitglied der russischen Kaiserfamtlt« in die Debatte gezogen werden. Die Steno graphen find strengstens angewiesen, ihre Niederschrift vor Ablieferung an die Zeitung der Zensur vorzulegen. Erörterungen über die russischen Bundesgenossen sind unstatthaft. Vor jeder Sitzung werden sämtlich« Räume des Taurischen Palastes genau durchsucht. Diese Maßnahme ist nicht unmotiviert, denn vor kurzem hat man im Bibliotheksaal zwei Bomben gefunden. Zwei Haus beamte der Duma sind verhaftet worden, «inen davon hat man wieder freigelassen. Ferner entdeckte man auf einer Tribüne mehrere Pakete mit Aufrufen an die Dumaabgeordneten. Die Zettel sollten wahr scheinlich während einer Sitzung in den Sthungsraum geworfen werden. Der Inhalt der Flugschrift war: «Abgeordnete, sprecht die Wahrheit, Rußland ist verraten, Rußlands Heere find geschlagen, fordert den Frieden!' Von den Dumaabgeordneten sind nicht S, sondern 21 verhaftet worden. Den einflußreichen Warglewitfch hat man unter dem Verdacht der Erregung von Aufruhr nach Witebsk ins Gefängnis ge bracht. Der Abgeordnete Suturoff, Thefredakteur deS «Odeskt Wjedomosti', geriet gleichfalls wegen Vergehens gegen Befehle d«S MllttärgouverneurS in Odessa in Hakt. Ebenso sein« Tochter, di« unter dem Vorwand, ihr Vater fti sehr schwer erkrankt, aus Rumänien nach Rußland gelockt wurde. Als di« Geängstigte den russischen Boden be- trat, wurde sie verhaftet und ins nächste Gefängnis geschleppt. Das gleiche Schicksal erlitt die russische Schriftstellerin Davidovitsch, die man aus der Schweiz mit einem gefälschten Telegramm nach Ruß land lockt«, um sie ins Gefängnis zu stecken. St« ist di« Gattin des ebenfalls verhafteten Dumaabgeordneten, des Oktobristen Davidovitsch. Warum sie «ns Haffen * Aus dem tlefsttzenden Mißtrauen, mit dem die Neutralen fast aller Weltteile Deutschland von Beginn dieses Krieges biS auf den heutigen Tag gegenübergetreten sind, ersieht man am besten, wie intensiv in den letzten Jahren die englische und französische Presse die öffentliche Meinung gegen alles, was deutsch heißt, vergiftet hat. Man braucht nur an die unnötige Aufregung zur erinnern, die sich einiger holländischer Blätter an gesichts der Rede des Reichskanzlers überden sicheren Frieden, den sich Deutschland erstreiten will, bemächtigt hat, um die traurige Wirkung dieser Brunnenoergtftung in ihrer ganzen Bedeutung würdigen zu können. Menn dagegen auf unserer Feinde Sette die tollsten Zukunftspläne gesponnen werden, regt sich unter den Neutralen niemand auf. So fordert der Elsässer Renegat Christian Schefer, der sich schon einmal unliebsam bemerkbar machte, neuerdings die Ausdehnung Französisch-Lothringens bis zum Rhein, und in der „Alsace" wird diese Forderung deutlicher dahin präzisiert, Frankreich könne sich nicht mit der Rückgabe Elsah- Lothringens begnügen, sondern müsse unter allen Umständen die baye rischen und preußischen Kohlengebiete an der Saar und in der Rhelnpfalzhaben. Und beideMalewird diezu erwartende Frage nach der Wahrung deS Nationalitätenprinzips, für das doch angeblich die edlen Dreiverbändler den ganzen Krieg führen, mit der ein fachen Bemerkung abgetan, Deutschland gegenüber sei eine Ver letzung dieses Prinzips erlaubt, die Franzosen würden nicht so töricht sein, sich durch solche Bedenken stören zu lassen. Man wird in der neutralen Presse vergeblich nach Stimmen suchen, die solche Pläne unserer Feinde mit der nötigen Schärfe ver urteilen. Wie ist dieses Messen mit zweierlei Maß zu erklären? Zum größten Teil sicherlich aus der durch die englische und französische Presse jahraus, jahrein den Neutralen eingeimpften Furcht vor weitausgrelfenden deutschen Eroberungsplänen, an die tatsächlich bei uns niemand im Ernste gedacht hat. Schon die einfache Tatsache, die doch jedem Auge sichtbar daliegt, daß Deutsch land in den letzten Jahrzehnten auf jeden Lanüerwerb verzichtete und überhaupt keinen Krieg führte, wenn man von der Nieder werfung des HereroaufstandeS in Südwestafrika absieht, daß dagegen England und Frankreich in derselben Zelt weite Ge biete in Nord- und Südafrika sich angliederten; schon diese Tatsache hätte die Welt doch gegen die Verleumdungen der uns feindlichen Presse zum mindesten stutzig machen müssen. Aber es kommt noch etwas anderes hinzu, was das tiefe Miß trauen und den stellenweise daraus emporlodernden Haß gegen deutsches Mesen zu erklären imstande ist. Es handelt sich bei den Neutralen, die im Fahrwasser des Vierverbands segeln und die an der entfachten Hetze mttmachen, nicht um den Intellekt, der belehrt werden kann, sondern um den Willen, der gebrochen werden muß. Ihre Abneigung gegen Deutschland, die sie zur Schau tragen, enspringt nicht der Erkenntnis, sondern der Willensregung, und darum ist ihr mit Gründen gar nicht oder nur schwer beizukommen. Sie hassen Deutschland, weil sie empfinden, daß deutsches Wesen ihrem eigenen Wesen wider strebt, sie halten dagegen zu Frankreich, weil französische Ober flächlichkeit und Phrasenhaftigkeit verwandte Saiten anklingen. Ilm nur ein Beispiel unter vielen herauszugreifen. Wohl in keinem Lande der Erde ist das Deutschtum so schmählicher Verleumdungen und einem so tiefgehenden Hasse ausgesetzt, wie in Brasilien. Die „Liga der Alliierten", die dort seit Monaten die öffentliche Meinung aufreizt, und der nun endlich eine ehrliche Organisation von deutscher und deutschfreundlicher Seite entgegen gesetzt worden ist, greift zu den niedrigsten und dümmsten Mitteln. So wird die Tatsache, daß auf deutschen Landkarten die deutschen Kolonien in Südbrasilien als „Kolonie Blumenau", „Kolonie Hansa" usw. eingetragen sind, dazu benutzt, um den Brasilianern den Glauben beizubringen, daß die Deutschen, sobald fle Europa erobert hätten, auch Südamerika unterjochen würden. Und mit solchem Blödsinn hat man Erfolg! Es versteht sich bei dieser Gesinnung von selbst, daß man dem verdienten Minister des Auswärtigen, der früher das brasilianische Verkehrswesen leitete und in gute Ordnung brachte, Dr. Lauro Müller, seine deutsche Abstammung, auf die er, nebenbei bemerkt, stolz ist, bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit vorwirft und auch fle zur Scharung des Deutschenhasses in Brasilien verwertet. Zum Glück besitzen die Deutsch-Brasilianer eine gute Presse, die mit erfreulicher Frische alle diese Angriffe gegen das Deutsch tum abwehrt und den Hauptschrelern von der „Liga der AM- irrten" ganz gründlich die Meinung sagt. An der Spitze mar schiert der Urwaldsbote „Deutsche Zeitung", die in einer ihrer letzten Ausgaben, die uns vorliegt, ganz richtig ausführt, daß die Verunglimpfung Deutschlands, die wie ein Giftpilz auch in Brasilien wuchert, nicht auf einen Mangel an Einsicht, son dern auf bösen Willen zurückzufahren ist. „Der Wille aber", so sagt der brasilianische Urwaldsbote mit Fug und Recht, „kann nur durch die Macht gebeugt werden. Wir meinen das nicht so, daß Deutschland die „Liga der Alliierten" seine Macht fühlen lassen solle. Wenn Deutschland gesiegt hat, werden diese Leutchen ganz von selbst still werden, und falls fle sich nicht beruhigen wollen, werden sie keinen tzchaben mehr anrichten.