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«ontag, 17. Geptember 1928 Vertagungsbeschluß m Genf Weitere Näumungsvrrhantlungen von Regieenno zu Negierung - Scharfe Gegensätze in »er Kontrollfrage Einfetmng einer Kontroll- md SlematlEemmWm Der Beschluß »eS Kabinetts Berlin, 16. Sept. Ueber das Ergebnis der Kabinetts, sißnng vom Sonnabend wird bekannt: DaS Reichskabinett hat sich ln seiner Sitzung mit der Krage der Einsetzung eines Fest» ftcllungS, nnd Bersöhnungs-AnSschosseS «nb serner mit der krage der Einsetzung eines die ReparationSfrage behandeln» den Ausschusses besaßt. Kn der ersteren dieser beiden Kragen vertrat das Kabinett den Stanbpnukt. daß Deutschland der Einsetzung der FcststellnngS» «nd Ber» sillinungS.Kommission znznstimme« bereit sei. vorausgesetzt, daß die Tätigkeit dieser Kommisst«« sich lediglich bis 1988 erstreckt, dem Kahre, in dem laut Versailler Vertrag die dritte und letzte besetzte Zone z« räume« ist. N o ch nicht geklärt ist. wie eine solche Regelung mit Artikel4Abs. IdeSLocarnopakteSinEinklang gebracht werde« kann, der eine Kontrolle über. hauptanSschließt. Diese «nfsassnng deS ReichSkadiuettS eiiilpricht übrigens de« Standpunkt« Dr. StresemauuS. der am 86. Kanuar tu eluer ReichStagSrede erklärte, daß «a« nicht die Ausfassnng Raum fassen laste« kvnue, als ob Deutsch, laat bereit wäre, die Verkürzung der Rheinlanbbesatzuag mit daaernden Maßnahmen z« erkaufen, die über den Vertrag von Versailles hinausgehen. Der Einsetzung eines die ReparationSfrage be bandelnden Ausschusses stimmte das Reichs kabinett ebenfalls zu, da ia diese Krage unabhängig von der Krage der Nheinlandrüumnng behandelt werden soll. Das Ergebnis »er Mächtekonserenz Mens, 16. Sept. Die dritte gemeinsame Besprechung über die Krage der Rheinlandränmung wurde heute nachmittag nach mehr als dreistündiger Dauer gegen 1 Uhr be» endet. Deutschland war wieder durch Reichskanzler Müller nnd Staatssekretär v. Schubert vertreten. Kür England nahm Lord Eushendun teil, sür Frankreich Briand. siir Belgien HymanS. sür Italien Scialoja «nd sür Japan Adatci. Da» gemeinsam vereinbarte Sommvnlquä sibcr die Besprechung hat in der amtlichen dentsche» Ueber» schling folgenden Wortlaut: Am Schluß der dritten Be, sprechnng, die die Vertreter Deutschlands, Belgiens. Krank- reich?. Großbritanniens. Italiens «nb Japans abhielte», baben sic mit Befriedigung die sreundschaftlichen Be. ding «ngen feftgestellt. unter denen die wichtigen Kragen crö tcrt worden sind, die der Gegenstand ihres MeinungS» aiibtanschcs waren. Eine Einigung ist in folgenden Punkten zwischen ihnen zustande gekommen: 1. lieber dieSrSfsnnngeinerosfizielleuver- bandlung über die vom Reichskanzler vorgebrachte Kor« dcrnng nach vorzeitiger Rheinlandräumung. k. Ueber die Notwendigkeit, das Reparations- Problem vollständig «nd endgültig zu regeln und zn diesem Zwecke eine Kommission von Finanz» sachverständigen der sechs Regierungen ein,«» letzen. 8. lieber den Grundsatz derEinsetzungeinerFest» stellungS» und Be rg le i ch Sk o m m i ssi ou. Die Zn» lammcnsctznng, da» Funktionieren, der Gegenstand «nd die Dauer dieser Kommission find einer Verhandlung -wischen wen Regierungen Vorbehalten. Nach ber Besprechung waren die Teilnehmer einschlleß» sich der Dolmetscher Gäste z« einem Frühstück bet Lord Eushendun. Sine «eitere Besprechung während der jetzigen Tagung wird nicht «ehr erwartet. » Unsere Berliner Schrtftleitung schreibt dazu: Die Verhandlungen tn Genf sind zu Ende gegangen. Ihr Ergebnis ist Niederdrücken d. Reichskanzler Müller begab sich in dem Glauben nach Genf, daß eine ausführliche Darlegung des Rechts st andpunkte» — bemzusolge die Besann,,gStruppen, da Deutschland alle Bedingungen, die ber Versailler Vertrag vorsteht, erfüllt hat. ohne Verzug hätten »»rlickgezogen werden wüsten — genügen würde, um Briand ,»r Anerkennung desselben zu bringen. Müller hat die Enttäuschung erleben müssen, baß für Frankreich die rein rechtliche Lage überhaupt keine Rolle spielt. Was erreicht worden ist. ist überaus dürftig. Das Kommuniqus erweist sich bet näherer Be- trailüiing zunächst lediglich als ein Vertagung», und F c st st e l l u n g S b e s ch l u ß. Die vorzeitige Gesamtränmung des Rheinland«- wird erst als das Ergebnis abgeschlossener verhand, langen über die beiden setz« znr »sfiziellen Erörterung gestellten Fragen angesehen. Mit keinem Wort wird er» wähnt, unter welchen Bedingungen «nb z« welchem Zeitpunkt die Räumung deS Rhein landes als denkbar angesehen wird. Hervorzuheben ist jedoch, daß somit der Rechtsanspruch der deutschen Regierung auf Räumung des Rheinlandes an» erkannt worden ist. Die Aufrechter Haltung dieses Rechts wird auch für die wetteren Verhandlungen die ent- scheidende Krage für die deutsche Negierung bilden wüsten, da die Möglichkeit einer Einberufung des LocarnoschiedS. gerichts oder des VölkcrbnnbSratcs tn der NänmungSfrage heute mehr denn je als einziger AuSweg erscheint. Die Stimmung der deutschen Delegation eher pessimistisch als optimistisch. Subjektiv glaube man daran, daß man die Unabhängigkeit der Räumungssrage von der ReparationSfrage gerettet habe und daß man den deutschen Standpunkt tn der Kontrollfrage gewahrt habe. Ob diese Ansicht zu Recht besteht, ist nach CushendunS Erklärungen ldie an anderer Stelle wiedergegeben stndj überaus zweifelhaft. Nach dem von ber ReichSregierung in ber KabtncttSsitzung ein- genommenen Standpunkt wäre entsprechend ber bisherigen offiziellen Auffassung einer internationale Kontrolle des Rheinland«» «nr bi» zn« Jahre 1»»ü als denkbar zu erachten. Punkt 2 deS Kommuniqusö stellt nun aber auS- drttckltch fest, daß über die Dauer der künftigen Rheinland, kommtssion verhandelt werden soll. Punkt 3 bedeutet somit eine Ergänzung zu Punkt 4 des bekannten Jnvestigations- Protokolls vom 11. Dezember 1026, tn dem der Völkerbunds, rat feststem, daß tn der entmilitarisierten Nheinlandzone eine Kontrolle, die berüchtigten klomentn stakles st permsnsntss, die über die Bestimmungen des Art. 2l8 des Versailler Ver trages hinausgeht, nur durch eine Ueberetnkunft zwischen den interessierten Regierungen geschaffen werden kann. Gens. 16. Sept. Aus Kreisen ber deutschen Delegation wird über das Gesamtergebnis der Besprechungen der sechs Mächte in Genf über die NänmungSfrage unter anderem folgendes erklärt: Die Verhandlungen tn Genf müßten jetzt als abgeschlossen angesehen werden. Den Ausgangspunkt der Verhandlungen in Genf bildete ber Antrag der deutschen Negierung bei den alliierten Mächten auf Räumung deö NheinlandeS an sich, nicht irgendeiner Zone. Die deutsche Forderung auf Räumung gründete sich auf den Art. 481 des Versailler Vertrages, das heißt auf die Auf. Hebung ber Interalliierten Milttärkontrolle und auf die Schaffung des Dawesplaneö. Die Voraussetzungen deö Art. 431 sind damit als erfüllt anzusehen. Die rechtliche Begründung des deutschen RäumungSantrageS ist damit gegeben. Bei den Besprechungen mit de« alliierte« Hauptmächten in Genf ist nun von dentscher Seite darauf hingewiesen, daß die dentsche Regierung nicht in ber Lage ist, tn der Re» parationSfrage neue Vorschläge zu mache«, solange nicht die Gesamtschuld DentschlandS und der TilgungSmodnS fest gesetzt worden ist. Positive Vorschläge vorzubrtngen, ist daher von dentfcher Seite nicht möglich. Diese können nur in ge- «einsamen Verhandlungen ber interessierte« Mächte ge» fanden werde«. Die dentsche Regierung lehnt «» jedoch ad. die RSnmnngSfrage von der Regelung ber ReparationSfrage abhängig z« machen, ist aber grundsätzlich ,« Parallel» verhandln»««» bereit. Wen« Dentschland «ine» Tages wirk lich nicht zahlen könne, so bars die Anwesenheit von «6 066 Mann fremder Truppe« in Dentschlaud nicht al» eine Garantie sür die deutschen Leistungen angesehen «erbe«. Ueber daS Ergebnis der Genfer RäumungSverhanb. lungen kann folgende» ausdrücklich feftgestellt werben: 1. Zum ersten Male ist offiziell über die Räumung des NheinlandeS verhandelt worden. Bisher sind nur unverbindliche Be- sprechungen über die Frage geführt worden, jetzt ist offiziell von den interessierten Mächten und auch von Japan der Wunsch geäußert worden, möglichst bald eine Räumung des NheinlandeS herveizuführen. 2. Einer Lösung des Reparationsproblems wird von deutscher Seit« grundsätzlich zugestimmt, jedoch geht aus der Formulierung deS amtlichen KommuntqusS hervor, daß die ReparationSverhandlungeen mit den RäumungS. Verhandlungen gleichzeitig geführt werden müßten. Diese Frage ist somit durch den Punkt drei d«S »om- muniqusS als ausgerollt anzufehen. SS ist jedoch zu befürchten, daß die anSdrückliche Er, wähnung der Bereitschaft, über di« Dauer der Rhetn» landökommission zu verhandeln, von der alliierten Seite als ei« Abweichen vom bisherigen deutsche« Standpunkt anfgesabt werden wird. Ohne Zweifel wird dieser Absatz deS amtlichen Kommuniques dahin auSgelegt werden, daß Deutschland jetzt bereit sei, über eine Ausdehnung der Kontrolle über das Jahr 1SSS zu verhandeln. Eine Gegenleistung für diese jedenfalls schein- bare deutsche Vorleistung ist in dem Kommuntqus jedoch nicht zu finden. Man hat von deutscher Seite leider nicht den Mut aufgebracht, die Bedingungen für die Räumung der besetzten Gebiete abzulehnen und auf dem deutschen Rechtsstandpunkt zu beharren. Man hätte so die Gegner zum offenen Eingeständnis der Tatsache bringen können, daß sie nicht räumen wollen, weil ihnen di« Räumung ein Mittel sein soll, finanzielle Lei st ungen . die auf ihnen ruhen, auf Deutsch, lanb abzuschieben. Man hat von deutscher Sette ein Kompromiß gewählt, da» Bestimmungen enthält, di« man fast als so schlimm auffasten kann, wie ein völliges Nachgeben. Es wird nichts geräumt, weder die gesamten Gebiete noch die zweite Zone. Das Betrüblichste für Deutschland in den ganzen Genfer Verhandlungen liegt eben darin, daß man Deutsch, land nicht einmal die grundsätzliche Berechtigung seiner Räumungsforderungen auf Grund des Versailler Vertrage« zugestanden hat. Da» eigentliche Ergebnis der Genfer Räumungöverhandlungen ist jedenfalls nur darin zu sehen, daß mit den Pariser und Genfer Verhandlungen nunmehr die Räumungsverhandlungen auf den Weg diploma tischer Aussprachen verschoben worden sind. Ob e» tatsächlich gelingen wirb, auf diplomatischem Wege weiter z« gelangen al» bet den direkten persönlichen Verhandlungen der Minister in Genf, muß abgewartet werden. Zum Schluß noch ein« bemerkenswerte neutral« Stimme. Die „Basler Nachrichten* schreiben den deut. schen VcrsöhnungSpolitikern um jeden Preis folgende» tnS Stammbuch: „Wenn Deutschland, «m sich ei« halbe» Dutzend BesatzungSjahre zu ersparen, das Kontrollorgan -«läßt f» handelt es einen zeitlich begrenzte» Vorteil für einen ewige« Nachteil ein. DaS geht wider da« nicht nur für den Christen, sonder« auch sür den Politiker geltend« Gebot, daß «an nicht Ewiges «m Zeitliches opfern soll.* 8. Die Frage ber Kontrolle d«S NheinlandeS ist nicht von dentscher. sondern von alliierter Seit« anfgeworse» worden. ES handelt sich gegenwärtig nicht «« ein« Fort setzung der Militärkontrolle des RheinlandcS. sonder» «« dt« Einsetzung einer Zivilkommisfio«, die die Tatsache« prüfe« soll. Das Recht Deutschlands, de« Völkerbund an,«rufen, wird hierdurch nicht berührt. Die Schaffung einer Vergleich«, kommisston würde nützlich sein, weil hierdurch etwaige Miß. Verständnisse schnell ausgeglichen werden könnten. Der deutsche Standpunkt wird folgendermaßen gekennzeichnett Die Auslegung der Befugnisse der VergleichSkommtsston im Rheinland könne leicht schwere Mißverständnisse Hervorrufen, außerdem Hab« sich die gegenwärtige deutsche Regierung dahin, gehend entschieden, daß mit dem Ablauf deS Jahre» 1088 die vefngnisse dieser Komwissio» erledigt sei« wüßten. SS wird von feite« ber bentschen Delegation z« dieser Frag« anSdrücklich daraus hingewiese«, daß in be« gegenwärtige« Verhandlungen die Gegensätze über diese Krage sich als un versöhnlich erwiese« habe«. Auf die an den deutschen Vertreter tn den Besprechungen der sechs Mächte gerichtet« Frage, ob das daS letzte Wort ber deutsche« Regierung sei, ist mit großem Nachdruck erklärt worden, baß di« dentfch« Dele gation sich nach der Donnerstagbesprechung entschiede« Hab«, über diese Krage de« Standpunkt deS deutsche« Kabinett» ein« znhvle«. Nachdem da« Kabinett seine« bekannte« Standpunkt eingenommen hat. ist in der heutige« Sitznng di« Krage ge klärt worden, daß die« selbstverständlich da» letzte Wvrt de, ReichSregierung ist. Nachdem diese Krage in diesem Sinne beantwortet worden war, ist ferner in der heutigen Sitzung die Krage aufgeworfen worden, ob nicht die Gegensätze dadurch überbrückt werbe« könnten, baß zunächst die Kontrolle im Rheinland bi» »um Jahre 1685 dauern soll und daß dann im Jahre 168» weiter geprüft werden soll, ob etwa ein wettere» verbleiben der Kommission angebracht sei. In den Verhandlungen ist bann weiter sestaestellt worden, daß eine Reihe von Etnzelsragen noch ber Klärung bedürfen, und zwar welche Zusammen setzung die BergleichSkommission haben soll und ob st« an» Zivtlbeamten oder auS Mtlttärattachü» bestehen soll. Diese Erklärungen r« deutschen Delegation Rur Karailelrerbandlungen über RtinnungS- «nd Revaratlentsrage - «entrelle mir btt »W