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Schönburger Tageblatt Erscheint täglich mit Ausnahme der Tage nach Sonn- «nd Festtage». Annahme von Inseraten für die nächster» scheinende Nummer bis vormittags 11 Uhr. Der Abonuementspreis beträgt vierteljähr lich 1 Mk. 25 Pf. Einzelne Nrn. 5 Pf. Inserate pro Zeile 10 Pf., Einges. 20 Pf. Tabellarischer Satz wird doppelt berechnet. und VMeÄiMl AiyelW. Filialen: in Altstadtwaldenburg bei Herm Kaufmann Otto Förster: in Kaufungen bei Herrn Fr. Janaschel; in Langenchursdorf bei Herm H. Stiegler; in Penig bei Herm Wilhelm Dahler, Ligarrengeschäst an der Brücke; in Rochsburg bei Herm Paul Zehl; in Wollenburg bei Herm Emst Rösche; in Ziegelheim bei Herm Eduard Kirsten. Amtsblatt für den S1 adtra1U Z ul M alde n b u rg. Zugleich weit verbreitet in den Städten Penig, Lllnzeuau, Lichtensteiu-Calluberg, und in den Ortschastm^der nachstehenden Standesamtsbezirke:^ Altstadt-Waldenburg, Bräunsdorf, Callenberg, St. Egidien, Ehrenhain, Frohnsdorf, Falken, Grumbach, Kaufungen, Langenchursdorf, Langen leuba-Niederham, Langenleuba-Oberhain, Niederwiera, Oberwiera, Oberwinkel, Oelsnitz i. E., Reichenbach, Remse, Rochsburg, Rußdorf, Keruspmchtt Nr. 9. Schlagwitz, Schwaben, Wolkenburg und Ziegelheim. 94. Mittwoch, den 25. April 1900. Witternugsbericht, ausgenommen am 24. April, nach«. 4 Uhr. Barometerstand 759 mm. reducirt auf den Meeresspiegel. Thermometerstand > 15° 0. (Morgens 8 Uhr -s- 10° 0.) Feuchtigkeitsgehalt der Luft nach Lambrecht« Polymeter 40°/». Thaupunkt -s- 2 Grad. Windrichtung: West. Daher Witteruugsausfichten für den 25. April: Wechselnde Bewölkung mit Neigung zu Niederschlägen. Waldenburg, 24. April 1900. Die von den Humanisten im 15. und 16. Jahrhundert gegründeten Lehranstalten, die den Namen Gymnasien erhielten, dienten ganz ausschließlich der Wege der alten Sprachen. Griechisch und Lateinisch bildete auf den humanistischem Gymnasien dann Jahrhunderte lang den Hauptlehrgegenstand des Unterrichts, gegen den alle übrigen, wenn sic überhaupt in den Lehrplan ausge nommen wurden, sehr schlecht wegkamen. Die klassische Literaturperiode des deutschen Volke« war für unsere Gymnasien nicht ohne tiefgehende Bedeutung und nament lich haben die Anstalten der Anregung Herder« viel zu danken gehabt. Eine strengere Regelung der Verhältnisse an den preußischen Gymnasien, die damals schon unter denen Deutschlands die Führung unternommen hatten, führte das 1787 errichtete Schulcollegium ein, das Aus gangs 1788 die Einsührung der Abiturientcnprüfungen als Vorbedingung zum Universitätsbesuch anordnete. Vorher gab eS keine Abiturientenprüfungen, ein glück seliger Zustand, der leider niemals wieder zurückkehren wird. Eine den ganzen Betrieb der Gymnasien regelnde Unterrichtsverfafsung wurde im Jahre 1860 erlassen, deren wichtigste Neuerung die Einsührung des Klassen systems war, an Stelle des bis dahin vielfach vorhandenen Fachsystems, nach dem der Schüler bei den verschiedenen Fachlehrern in ganz verschiedenen Klaffen sitzen konnte. Die Herausgabe des Lehrplans von 1856 schloß dann den inneren Ausbau unsrer Gymnasien auf mehrere Jahrzehnte hin ab. Nach diesem Plan, den die Meisten von uns Erwachsenen ja noch aus eigener Anschauung kennen gelernt haben, dominirte das Latein noch in ge waltiger Weise. Nur in Prima belief sich die wöchent liche Stundenzahl im Latein auf 2 Stunden, in allen Übrigen Klaffen betrug sie 10 Stunden. Mit dem Griechischen wurde in Quarta begonnen, die wöchentliche Stundenzahl für alle Klaffen war 6. Eine Lehrplan- änderung von 1882 war ohne wesentliche Bedeutung. Nach dem vorstehend skizzirtcn Lehrplan war auch unser Kaiser unterrichtet worden, während er als Prinz Wilhelm daS Gymnasium in Kassel von Qbersccunda ab bis zur Abiturientenprüfung, also drei volle Jahre lang, besuchte. Aus eigener Erfahrung sprach der Monarch daher, als er im Jahre 1892 eine Conserenz der her vorragendsten Schulmänner einberief und von ihr «ne Reform unsrer Gymnasien forderte. Der Kaiser nahm an den damaligen Berathungen persönlichen Antheil, und gewann die anwesenden Pädagogen in vielen Fragen für sich. Das Grgebniß der damaligen Berathungen war gleichwohl kein durchschlagendes; was schließlich heraus» kam, war mehr oder minder Flickwelk. Der Latein- Unterricht wurde zwar noch mehr beschränkt und auf 8 für die untersten, 7 für Quarta und Tertia und 6 Stunden pro Woche für die 4 oberen Klaffen festgesetzt; aber der griechische Unterricht setzte wieder mit Unter- Tertia ein, wie das schon 1882 vorgesehen worden war, nur betrug er wieder in allen Klaffen gleichmäßig 6 Stunden in der Woche, während Tertia und Secunda nach dem 1882er Plan je 7 wöchentliche Lehrstunden im Gnech,scheu hatten. Um die gegenwärtig wieder mit besonderer Lebhaftig keit hervorgetr^enen Reformbestrebungen zu verstehen, bedarf eS der Kenntniß obiger Einzelheiten, und zwar um so mehr, als zwischen dem Kaiser und dem gegen wärtigen preußischen Kultusminister in der Reformfrage offenbare Meinungsverschiedenheiten bestehen. Der Cultus- Minister hält im Großen und Ganzen an der Reform von 1892 fest, ist vielleicht bereit, noch kleine Eoncefsionen im Einzelnen zu machen, wird aber nach seinen Aeußerun- gcn im preußischen Herren- wie Abgeordnetenhause sich nicht weit von dem damals Festgelcgten entfernen. Der Kaiser will ganze Arbeit. Er hält, wie er nicht nur die Ausbildung, die er seinen Söhnen ertheilen ließ, sondern auch durch die Protection der Reformschulen, die den Namen Hohenzollcrnschulen tragen, deutlich genug bewiesen hat, den griechischen Unterricht an unsern höheren Lehranstalten für entbehrlich und die noch weitere Ein schränkung des Lateinischen für geboten. An Stelle deS unfruchtbaren Sprachenstudiums wünscht der Kaiser die Unterweisung in den modernen Wissenschaften zu sehen. Aehnliches verlangt der Verein für Schulreform, der in den ersten Tagen deS Mai eine große Versammlung abhalten und eine Resolution annehmen will, die den lateinischen Unterricht in Sexta, Quinta und Quarta ganz beseitigt wissen, also für alle höheren Schularten den gleichen Unterbau gesetzt wissen will. Außerdem sollen Realgymnasien und Oberrealschulen die gleiche Berechtigung erhalten, wie die Gymnasien sie besitzen. Der griechische Unterricht an den Reformgymnasien würde dann zum mindesten auf die beiden Sekunden und Primen beschränkt bleiben, wenn er nicht überhaupt zu einem facultativen Lehrgegenstande herabgedrückt werden würde. Die Schulreformbestrebungcn entsprechen offenbar einem Zuge der Zeit, der auf daS Praktische gerichtet ist. Berechtigt ist die Frage, ob diesem Zuge nicht schon durch die Errichtung von Oberrealschulen und Real gymnasien genügt wird, und ob es nicht richtig ist, neben diesem dem humanistischen Gymnasium seinen Charakter zu erhalten. Beginnt das Latein erst in Tertia, dann kann eS, zumal wenn die wöchentliche Stundenzahl im Latein in allen Klaffen nur 6 betrüge, in diesem Fache aus dem Gymnasium nicht mehr weit gebracht werden; auch dem Oberprimaner wird das Verständniß für Cirero oder gar Horaz dann nicht mehr erschlossen werden können. Für Altphilologen, Theologen rc. müßte dann auf unseren Universitäten noch eine besondere Einrichtung getroffen werden, die die Vertiefung ins Lateinische ermöglichte und die Kenntniß des Griechischen vermittelte, wodurch natürlich die Studienzeit eine erhebliche Ausdehnung er fahren müßte. Ganz aufgebeben wird man doch aber die Pflege der klassischen Sprachen, dieses eminent wich tigen CultuSmomentes, nicht wollen. Die Frage, was wird aus unsren Gymnasien werden? geht Jedermann an; das Interesse an den bevorstehenden Verhandlungen ist daher ein allgemeines und großes. Hoffen wir, daß die angestellten Reformen in einem Maße zur Ausführung gelangen, das an dem Alten das Gute erhält, und für das nothwendige Neue Raum gewährt. Potttische Rundschau. Deutsches Reich. König Albert von Sachsen beging am Montag feinen 72. Geburtstag. Kaiser Wilhelm überbrachte persön lich seine Glückwünsche. Er traf Mittags, von der Wart burg kommend, in Strehlen bei Dresden ein und wurde vom König Albert am Bahnhof empfangen. Die Be grüßung trug einen sehr herzlichen Charakter. Der Kaiser hatte die Uniform seines sächsischen Grenadier regiments, König Albert die seines preußischen 2. Ulanen- regimentS angelegt. Beide Fürsten fuhren durch den Park in die kgl. Villa, woselbst größere Tafel stattfand. Am heutigen Dienstag trifft der Kaiser zur Auerhahn jagd in Schlitz (Obcrhessen) ein. Der Kaiser richtete an den Staatssekretär Tirpitz eine Depesche, in der er die Marine zu dem eben erfolg ten Stapellauf des Linienschiffes „Kaiser Barbarossa" beglückwünscht. Hier den Schluß des Telegrammes: „Ich sende ihn (den Glückwunsch) von altehrwürdiger Stelle, von der nie genommenen Wartburg, deren Ge schichte so innig mit der der Hohenstaufen verbunden ist. DeS mächtigen Hohenstaufen-Kaisers Name ist mit dem Sehnen des deutschen Volkes nach Wiedervereinigung eng verbunden, möge das Schiff, ein Kampfglied der Flotte deS nunmehr durch den großen Hohenzollcrnkaiser wiedergeeinten Deutschlands, den Namen „Barbarossa" allzeit in Ehren tragen." Der Reichskanzler Fürst zu Hohenlohe hat sich über Nizza nach Paris zum Besuche dce Weltausstellung be geben. Der Fürst gedenkt erst am 3. Mai wieder nach Berlin zurückzukehren. Der Reichstag hat am heutigen Dienstag seine Be rathungen mit der 179. Plenarsitzung wieder ausge nommen, auf deren Tagesordnung die erste und zweite Berathung des UebereinkommcnS zwischen dem Reiche und Oesterreich-Ungarn zum Schutze der Urheberrechte an Werken der Literatur, Kunst und Photographie steht, sowie die erste Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend die Bekämpfung gemeingefährlicher Krankheiten. Die Reichseinnahmen aus Zöllen und Ver brauchssteuern beziffern sich in der Zeit vom 1. April 1899 bis zum Schluß des Monats März 1900 auf 782,064,554 Mk. oder gegen daS Vorjahr 2,582,595 Mk. mehr. Die Zölle zeigen eine Mindereinnahme von 13,1 Mill., die Branntweinmaterialstcuer von 3 und die Brennsteuer von 1,2 Mill. Mk. Da« höchste Mehr er gab die Verbrauchsabgabe von Branntwein mit 10,3 Mill. Mk. Dann folgen die Zuckerstcucr mit 7,7 und die Salzsteucr mit 1,6 Mill. Mk. Ferner sei erwähnt, daß die Börsensteuer einen Ueberschuß von 1,4 Mill, und die Wechselstempelstcuer von 1 Mill. Mk. hatte. Die Regierung ist bereit, das Flcischfchaugesetz zurückzuziehen, so hatte die „Deutsche TagcSztg." ge meldet. Diese Angabe hat in der Presse wenig, oder richtiger gesagt, gar keinen Glauben gefunden. Man traut der Reichsregierung eine derartige Kapitulation vor dem Bunde der Landwirthe nirgends zu und hat damit offenbar auch Recht. Da ein großer Theil der Conservativen einem Compromiß geneigt ist, so braucht sich die ReichSregicrung wegen eines positiven Ergeb nisses in der Fleischschaufrage ja auch gar keine Sorge zu machen. Der Ausschuß der preußischen Aerztekammern hat in Berlin eine Konferenz abgehalten, in der er gegen den Beschluß der preußischen Staatsregierung, auch die Real» gymnasial-Abiturienten zum Studium derMedicin zuzulassen, Stellung genommmen hat. Es ist wirklich garnicht zu verstehen, wie sich die Aerzte, die doch den realistischen Wissenschaften zehnmal näher stehen als den humanistischen, immer noch gegen die Beseitigung dieser überlebten Schranke sträuben können. «eyrerretch-Ungarn. Tschechische Blätter publiciren den angeblichen Inhalt de« Sprachengesetzes des Ministeriums Körber. Da nach sei die innere Amtssprache bei den Angelegenheiten tschechischer Parteien tschechisch; in allen übrigen Dienst zweigen hab. Deutsch als Dicnstsprache zu gelten. In Böhmen werde deutsches, tschechisches und gemischtes Ge-