Volltext Seite (XML)
Nr. 845. «-'n» «rsHNst »»tkr k oanto»^ rr,«4. Preis «ierKjlltzrlich 7«. «Vf. ge« rI»,N», «»»»e. DtuWe AllWimic Zcitmig. «Wahrheit »d Recht, Freiheit »ad Seseh!» Sonnabeod, 19. Oktober 1878. Lnseratr fi»d a» die Espeditien t» keifi'» »» stade». Z»s«rlt»»»,t»itzr für die k»-lte»jetl« « Ps^ «ater Siagestädt « Pf. durchgebracht und in der dritten nur noch formell be- * Telegraphische Depeschen. vom. 16. Oct. Die ursprünglichen Grundlagen für die Verhandlungen zwischen dem Vatikan und Deutschland wurden infolge der Haltung der Depu- tirten des CentrumS vollständig aüfgegebtn. Gleich- wol wurden diese Grundlagen durch andere minder radikale ersetzt. Anstatt eine- groß angelegten Planes wird tnan die Beziehungen zwischen der Kirche und dem Staate soviel als möglich nach den bestehenden Gesetzen in einer Weise regeln, daß die Wirksamkeit der letzter« ohne Conflicte stattfinde. (Wien. A.-P.) * Madrid, 17. Oct. Eine Antwort der marok kanischen Regierung auf die von hier ergangene Reklamation wegen der in Tetuän erfolgten Ermor dung spanischer Staatsangehörigen ist noch nicht ein getroffen. Die Nachricht aber, daß die spanische Re gierung beschlossen habe, drei Fregatten nach Tanger zu entsenden, ist unbegründet. * London, 18. Oct. Bei dem gestrigen Banket der Conservativen in Southport (Lancaster) hielt Staatssekretär Croß eine Rede, worin er die orientalischen Angelegenheiten besprach. Er hob hervor, eS sei thöricht, eine sofortige Rcalisirung der Entscheidungen des Berliner Congreffe« zu erwarten; män müßte vielmehr gefaßt darauf sein, daß die Aus führung der Beschlüsse Schwierigkeiten Hervorrufen würde. Die britische Regierung sei bereit, ihren Einfluß gellend zu machen, damit die Bestimmungen des Ber liner Vertrages auSgcführt würden. Croß hofft, Cy- pern werde bald das Beispiel einer guten Regierung geben, die sich über ganz Asien auSbreiten würde. Die Regierung werde ihre Bemühungen niemals aufgeben, bevor nicht in Uebereinstimmung mit der Pforten- convcntiott ihr übertragenen Rechte das ausgeführt wyrde«, was sie als die große Mission Englands im Orient betrachte. Bezüglich der AfghaNenangelegen- gcben könnte. Was das letztere betrifft, so scheint uns namentlich das Argument durchschlagend, daß eS Dagegen ist allerdings bei die conservativen Vorschläge zu Stande gekommen, uNd bei H. 22, wo die dritthalb Jahre durchgingen, hat stenS kein „unannehmbar" gerufen. Die dritte Lesung des Soeialistengesetzes. ---- Leipzig, 18. Oct. Die Verhandlungen deS Reichstages über das Sociatistengesetz hatten in der vorigen Woche einen zwar langsamen, aber doch insofern günstigen Fortgang, al- für die einzelnen Para graphen (1—5) überall Majoritäten zu Stande kamen, bei den ersten ziemlich ansehnliche, bei 8- 5 zwar nur eine mäßige, aber doch eine sylche, daß man darauf hin eine Durchbringung des ganzen Gesetzes hoffen durfte. reau aus Konstantinopel von gestern gemeldet Wird, habe Mukhtar-Pascha die Anzeige dorthin gelangen lassen, daß die Convention mit den Kretensern die Regierung wenigstens kein „unannehmöar""geruftn. unterzeichnet worden sei. Anlangend die beiden Paragraphen, welche ge- *Vien, 17. Oct. abends. Meldungen der Politi- - scheitelt sind, weil die National-Liberalen an den Cöm- schen CorresponVenz. Aus Konstantinopel: „Die Missionsvorschlägen festhielten, die beiden konservativen Aeußerungen Savfet-Pascha's nach der vorgestern er- Parteien an der Regierungsvorlage, so möchten wir un folgten Mittheilung der österreichischen Antwort screrseiks wol glauben, daß ohne Nachtheil für die Wirk- auf die Circulardepesche der Pforte trugen daS Ge- saMkeit VeS Gesetzes die Regierung bei 8 6, ohne Jn- fllr „Wohnort" kein festes Kriterium gibt, daß jemand heute hier, morgen dort seinen „Wohnort" nehmen könnte und also auch in der Lage wäre, bald da, bald dort zu agitiren, ohne vertrieben werden zu können. Auch spricht die Analogie des IesuitengesetzcS dafür, daß man gegen die „gewerbsmäßigen" Agitatoren für umstürzlerische Bestrebungen nicht milder sei als gegen die Jesuiten, die nach 8- 2 jenes Gesetzes ohne wei teres, auch wenn sie persönlich gar nichts gethan haben, und ohne Rücksicht auf ihren „Wohnort" entweder ex- teniirt oder internirt werden köimcn. Endlich aber hat man ja in 8- 20 (bei dem sogenannten kleinen Belagerungszustände) auch den „Wohnort" preisgegeben; besser über scheint eS uns, daß durch Ausweisung ge fährlicher „gewerbsmäßiger" Agitatoren z. B. aus großen Städten die Nothwendigkeit einer Verhängung des Belagerungszustandes vermieden werde, der auch für die ruhige Bevölkerung manche Unbequemlichkeit mit sich führt. Dagegen halten wir die Wirksamkeit deS Gesetzes nicht für gefährdet, wenn das Verbot des Weiter erscheinens einer Zeitung an das Verbot einer einzelnen Nummer dieser Zeitung gebunden wird. Wir möchten zunächst bemerken, daß in der ursprünglichen Regie rungsvorlage selbst diese Art von Behandlung der Sache vorausgesetzt zu sein schien; denn es hieß dort: Bei periodischen Druckschriften kann das Verbot sich auch auf das fernere Erscheinen derselben erstrecken. Jenes „auch" hätte keinen Sinn, wenn nicht ge meint wäre: das Verbot könne zunächst eine einzelne " NuMmer treffen, dann aber auch auf dir ganze Zei tung oder Zeitschrift sich „erstrecken". Ferner ist darauf hinzuweisen, daß in der Com mission der Regierungsvertreter zwar das' Amendement ' Stauffenberg bekämpfte, welche- erst beim zweiten Verbot einer Einzelnummer ein Gesammtverbot der Zeiffchrift eintreten lassen wollt«, dagegen eS als selbst verständlich zu betrachten schien, daß ein Verbot deS WeitererscheinenS einer Zeitschrift sich an daS Verbot einer einzelnen Nummer, also an einen von der Zeit schrift nach Publication dieses Gesetzes begangenen Exceß knüpft. Die Beibehaltung dieser Modalität scheint uns auch unbedenklich. Entweder heharrt eine sotialdeMo- kratifche Zeitschrift bei ihren anarchischen Bestrebungen — offen oder verdeckt —, nun, so wird die Behörde kraft VeS Gesetzes sie packen und ein Verbot derselben verhängen können. Auch wenn sie es „verdeckt" thut, „zwischen den Zeilen", denn ihre Wühlereien müssen doch, um wirksam zu sein, von ihren Lesern verstünden werden^ und dann wird auch Vie Behörde sie verstehen. Oder die Zeitschrift gibt das Geschäft des Wühlens, als zu gefährlich, wirklich auf, wird „zahm"— Vann verliert sie in den Augen ihrer Anhänger den Nimbus, den frischen Eindruck der eben auf der Pforte ein getroffenen und sehr günstig anfgrnommenen Nachricht von der bevorstehenden Neductiou der österreichischen OccupationSarmee wiederzugebeu. Von authentischer Seite wird auch al« unbegründet bezeichnet, daß Savfet- Pascha die Zurückweisung der Occupation des Di stricts Novibazar durch Oesterreich angedroht habe, als diese Eventualität kürzlich zwischen Savfet-Pascha und dem Botschafter Grafen Zichy besprochen worden sei. — Baker-Pascha hat da« Commando der in der Umgebung von Konstantinopel concentrirten Truppen übernommen; nach mehrern von Truppen entblößten Ortschaften mußten zur Aufrechterhaltung der Ord nung starke Garnisonen verlegt werden." — Aus Ra gusa: „Gerüchtweise wird auS Cettinje gemeldet, Plevlje und Sjenica seien von den österreichischen Truppen besetzt worden, nachdem der Mufti von Pleblje sich mit 3lll)0 Insurgenten nach Lajetopolje geflüchtet habe." * Lanea, 15. Oct. Die endgültigen Vereinbarungen zur Regelung der kretensischen Frage wurden unter zeichnet und Vie bezüglichen Dokumente heute nach Konstantinopel abgesendet. DaS ist in jetziger Woche anders geworden. Zwei der wichtigsten Paragraphen, 6 und 16, wurden dmch die sich kreuzenden Abstimmungen (indem ftwol gegen Vie RegirrungSvorschlage wie' gegen die Com- mission-anträge eine Mehrheit sich bildete) zum Schei tern gebracht, sodaß au zwei Punkten das Gesetz Lücken behält, welche erst die dritte Lesung wieder auSfÜÜen präge größter Versöhnlichkeit und des vollsten Äer» ! consequenz die national-liberale Partei bei 8-16 nach- trauenS auf die Politik Oesterreich-UngarnS, und schienen geben könnte. W"« s» sch-!»» heit erklärte Croß, die Regierung beabsichtige nicht, die indische Grenze gegen Kabul zu erweitern; wenn sie jcha finde, daß si^ Einflüsse in Kabul fühl bar Machten,' so inüßte sie bereit Du; Front dagegen zu Machen. Di« Antwort des Emirs laute vielleicht günstig; indessen sei es möglich, daß der Vulkan plötz lich auSbreche. Die Negierung sei der Ansicht, daß , in diesem Theile Astens der Einfluß der MaLt Und muß; die Hoffnung, das Gesetz in zweiter Lesung Suprematie Englands außer Zweifel sein müsse. Diese durchgebracht und in der dritten nur noch formell be- Frage sei von der größten Wichtigkeit für England, stätigt zu sehen, erwies sich als eine schöne Illusion. London, 17. Oct. Wie dem Reuter'schen Bu^ Dagegen ist allerdings bei 8- 20 eine Mehrheit für Leipziger Stadttheater. S-sok. Leipzigs 17. Oct. Nachdem «User gestri ger Bericht die Aufführung der Shakspeare'schen Tra gödie „Julius Cäsar" seitens der Meininger nach ihren allgemeinen Gesichtspunkten betrachtet hat, können wir nunmehr den Eiuzelleistungen der Hauptdarsteller einige kritische Bemerkungen widmen. Dem Darsteller deS Cäsar, Hrn. Richard, fehlt die hohe, impouirende Gestalt Cäsar's, der nach Momm sen als eine einnehmende Persönlichkeit von männlich schöner Erscheinung geschildert wird und der selbst alternd noch von gewinnendstem Wesen war; aber im übrigen ließ der Darsteller die Züge des Hoheitsvollen und Bedeutsamen nicht vermissen. Seine Sprache war ruhig, aber fest, sein Blick scharf, Gang und Haltung voll Würde. Auch die kranke Lederfarbe deS Hagern, scharf warkirten Gesichts, sowie die vom Lorberkranz bedeckte Glatze fehlten nicht: alles treue historische Züge, die wohl geeignet waren, uns ein treffendes Bild von dem geniale« Staatsmann und Feldherr« zu geben. Ob gleich Cäsar die wichtigste Rolle in dieser gewaltige» Römertragödie ist, so ist sie doch keineswegs die schwie rigste für die Darstellung. In dieser Beziehung steht sie hinter der deS Brutus und des CassiuS zurück. Der Darsteller deS Brutus, Hr. Hellmuth-Bräm, cha- rakteriflrte sich durch ein durchdachtes, von jeden, hier so nahe liegenden Pathos freies, die Hauptzüge deS Charakters scharf hervorkehrcndeS Spiel. Sei« Vor- irag ist klar und verständnißvoll. Auch fehlte seinem BrutuS, diesem letzten Repräsentanten der römischen Republik, der Adel der Sprache und der Haltung nicht, wen« auch die äußere Erscheinung dem Bilde nicht glich, Vas wir uns von dem historischen und dem Shakspeare'schen BrUtuS machen. Die geistige sowie die ethische Ueberlegenheit diese- sitteNrrincn republikanischen Idealisten gegen-- über allen jenen leidenschaftsvollen und iNtriguanten Egoisten muß auch äußerlich noch mehr sichtbar wer den. Niemand kaün sich der Größe dieser idealen Persönlichkeit entziehen, alle huldigen ihm, und ohne eS zu wollen wird er der geistige Führer der Ver schworenen. Auch seine Feinde beugen sich vor seiner reinen sittlichen Größe. „Dies war der beste Römer unter allen", sagt sein Feind Antonius an seiner Leiche. Hr. Hellmuth Bräm vermochte dem Charakter nach dieser idealen Seite nicht ganz zu genügen. Hr. Teller spielte' den Cassius meist völlig im Sinne des Dichters. Der-Ausdruck des leiden- scha'ftlichen, launisch-mi-günstigen Wesen-, der Fana tismus des politischen und persönlichen Haffes, den dieser Verschworene gegen Cäsar im Herzen trägt: diese Züge hatten sichtbares Leben. Nur nahm die Farbe seiner haßerfüllten Worte zuweilen den Cha rakter deS hier ganz unstatthaften Elegischen an und statt deS leidenschaftlichen Affrcts vernahmen wir oft die Töne der weichen Melancholie. Doch muß die Leistung immerhin als eine vorzügliche gelten. Hr. Nesper spielte den AntoniuS. Seine Auffassung darf durchweg gebilligt werden. Der leichte, genußsüchtige Lebemann, als welcher er in Begleitung Cäsar's erscheint, verwandelt sich durch die Katastrophe seines mächtigen Beschützers und Freunde- in einen rachedürstigen Partei führer. Der Schmerz an der Leiche Cäsar's kann' wol noch intensiver zum Ausdrucke gelangen. Dagegen war die Rede auf dem Forum trefflich gegliedert und ward fein nuancirt vorgctragen. Auch die äußere Er scheinung des Hr«. Nesper unterstützte die Darstellung des AntoniuS, „deS schönsten Manne- in Rom", wie ihn Mommsen nennt, aufs vortheilhafteste. Die edle Gattin des BrutuS, Portia, wurde von Frl. Habelmanu gegeben, deren Spiel im Beginn VeS großen Dialogs der ersten Scene deS zweiten ActS etwas farblos und indifferent erschien, aber, gar bald sich künstlerisch steigernd, bei den heroischen Wor ten: „Ich bin ein Weib, gesteh' ich, aber doch ein Weib, das BrutuS zur Gemahlin nahm" rc., eine mächtige Wirkung erzielte, sodaß diese herrliche Scene, nicht minder durch da- treffliche Spiel des Hrn. Hell muth-Bräm unterstützt, eine der hinreißendsten deS ganzen Abends war. Eine geringere Aufgabe hatte Frau Berg al- Cäsar's Gemahlin Calpurnia zu er füllen. DaS zärtliche, ängstlich besorgte Weib, aber gläubisch und ohne Sinn für die gewaltigen Plane ihres Gatten, — das sind die wesentlichen Punkte, die Vie Darstellerin zu betonen hatte und auch betonte. Den Knaben Lucius spielte Frl. Pauly, eine jugendlich- zarte Erscheinung mit einem so Hellen, seelenvollcn, fast elegisch nachklingenden Organ, daß eS für den Diener des BrutuS eine fast zu mädchenhafte Ton farbe hatte. Wie wir hören, ist diese junge Dame die erste Vertreterin der jugendlich-sentimentalen Mäd chenrollen der meininger Gesellschaft. Unter der Zahl der Verschworenen nennen wir noch den CaSca deS Hrn. Kober, der diese» plump leidenschaftlichen Gesellen trefflich wiedergab. Hr. Kainz hatte die Rolle deS