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Rr. IV» 18. Jahrg. G«schSst»ft«>l» »»d Redakttom» .« itt Holbei-ftrahe 4Y Mittwoch, 30. Ju'i 1919 Ae,«sp»ech«» 213«« Voftsch»N,Uo«4« Leipzig N». 147V7 «ejD«»»»»i», «-«,-»» 1 mU Mu»r. ve,age dieriepahrl!» ».88 » D»»«, »» »», DEfch,«» M» Ha« »M - «-««ab» » vierteljährlich ».88 X. In Dresden «d gan» D«utschland frei Ha« ».«» — Die «Schstich« votra^itun« rrschiiint an allen Wochentagen nachmittag«. — Sprechstunde d»r Redaktion; 11 dt» 1» «hr vormittag«. «»»8g»» > Ib«ah»e vo» chetchüfteangeige» VS 1» Uhr. v»» F»«Menanzeigen vi» 11 Uhr vor». — P»eiS für dt« S«tibep,»j8»« 4« i« Restameteil I Fmniiie».Anzeigen so ^. — Aiir nndeiNIich geschrieben«, sowie durch Jerrn K»»ch« ««gegeben, Anzeigen td»»e» wir die «erantworilichleU Dr die SiichiigleU de« repte» nicht »bernehnwiv Veptvauensvotum für die Reichsregierung „Za, sie tat mehr . . sH Nämll.ijl) die Regierung des Tr. Michuelis im Heibsle 1917^ Mehr sogar „Äs sie eigentlich verantworten tonnte". Diese „Erkenntnis" ist den „Dresdner Nach richten " plötzlich gekommen und sie beeilen sich, davon der Mitwelt in Nr. 207 Kenntnis zu geben. Und warum? „Denn Benedikt XV. war üstd ist ein aus der Schule Nainpoklas hervorgegangener Franzosenfreund, der auch während des Krieges aus seiner Abneigung gegen das protestantische Deutschland kein Hehl gemacht hat. Dafür ließen sich viels'Beispiele anführen, die nicht minder be zeichnend sind Äs die Tatsache, daß man von einem Pro test des Papstes gegen den jeder Menschlichkeit hohn sprechenden Versailler Gewaltfrieden bisher nichts ver nommen hat." Schade nur, daß die „Dresdner Nachrichten" keine von den Beispielen anführen, die beweisen würden, daß der Papst „auch während des Krieges aus seiner. Abneigung gegen das protestantische Deutschland kein Hehl gemachl hat". Uebri- gens: Das protestantische Deutschland! Hier haben wir wieder das, was für manche Geister so kennzeichnend ist. Daß Deutschland zu einem Drittel aus Katholiken besteht, davon wollen selbst heute manche Leute noch nichts wlssen. Wir wollten einmal das Geschrei hören, wenn von einem katholischen Deutschland im umgekehrten Falle gesprochen würde. Wir sieben in einem paritätischen Deutschland, nur daß leider in den verflossenen Jahrzehnten von der Parität in Preußen-Deutschlanb recht wenig zu merken war. Wir haben schon gestern auf die erneute Wirksamkeit des anti- ultramontanen Neichsvcrbandes aufmerksam gemacht, der als Träger des Kulturkampfes von rechts angcsprochen wer den kann. Der Artikel der „Dresdner Nachrichten" zeugt von demselben Jdeengang, wie neulich die Rede des national liberalen KulturkämpserS Dr. Kaiser in der Volkskammer, der vom protestantischen Kaisertum sprach. Diese Idee wirr- zell in der Zeit Bismarcks und scheint eine neue Auflage er leben zn sollen. Wir möchten nun die „Dresdner Nachrichten" dringend bitten, uns zu sagen, wann denn während des Krieges der Papst „aus seiner Abneigung gegen bas protestantisch: Deutschland kein Hehl gemacht hat". Gerade die Vorgänge iw August und September 1917 besagen das glatte Gegen- teil, und wir müssen cs als eine Kühnheit sondergleichen bezeichnen, wenn die „Dresdner Nachrichten" solche Ge- schichtSfälschung zu treiben wagen. Sie spekulieren hier offenbar auf den kuror i)rota»tant1cn-i, den man jetzt gern wieder entfachen möchte, nachdem es den Lieblingen der alldeutsch angehauchten Presse so herzlich schlecht geht. Wir können noch immer nicht glauben, daß die Blätter und Po litiker vom Schlage der „Dresdner Nachrichten" damit einen restlosen Erfolg erzielen werden. Es sind uns eben jetzt wieder mehrere Inschriften aus protestantischen Kreisen zu gegangen, die besagen, daß man dort durchaus nicht gewillt ist, auf diesen Leim zu gehen. Was die „Dresdner Nachr." wünschen, ist allerdings nicht, daß der Papst neutral im wahrsten Sinne des Wortes bleibt und eine vermittelnde Tätigkeit ausübt, sondern, daß er sich sich auf eine und natürlich auf unsere Seite stellt. Tut er das nicht, dann ist er ein „Franzosenfreund". Die Negierung Michaelis hat allerdings nichts dazu getan, um die vermittelnde Tätigkeit des Papstes zu fördern, sondern das ausgesprochene Gegenteil. Tie „Dresdner Nachrichten" regen sich nun darüber auf, daß man von einem Proteste des Papstes gegen den Versailler Gewaltfrieden noch nichts vernommen habe. Auch das ist nicht richtig. Anscheinend hat das Blatt nichts von dem Schreiben gelesen, das der Papst vor kurzem, d. h. nach Friedensschluh, an die deutschen Bischöfe gerichtet hat. Dieses Schreiben ist eine sehr deutliche Absage an die Gewaltbestrebungen. Aus drücklich heißt es u. a. darin: „Wir wiederholen hier unseren Wunsch, den wir im letzten Konsistorium ausdrückten, näm lich, daß Menschen und Völker sich wieder in christlicher Nächstenliebe verbrüdern, da ohne sie jeder Friedensvcrtrag wertlos sein würde." Das ist wahrhaftig sehr deutlich ge sprochen, und wenn die „Dresdner Nachrichten" damit nicht zufrieden sind, so können wir ihnen allerdings nickst helfen. Poch Ansicht des Blattes hat also damals 1917 „die deutsche Regierung jedenfalls alles getan, was für den Frie den iiösWupt getan werden konnte, ja. sie tat mehr, als sie.eigenkkich verantworten konnte". Dieses „mehr" der Regierung Michaelis, des von der „Dresdner Nachrichten" so vielgeliebten Kanzlers, bestand darin, daß Herr Michaelis nicht einmal den Verantwortlichen Politikern des Siebener ansschusses ein Wort davon sagte, daß er Kabi»ettspolitit im schlimmsten Sinne des Wortes trieb und damit eine ungeheure Schuld aus sich geladen l)at. Hier gehen allerdings die Begriffe über Verantwortung sehr ausein ander., S o hat Michaelis die Friedensresbliition praktisch dnrckMführt, so „Witz er sie auffaßle". Am 8. Oktober 1917 hat der Gehilfe des Herrn Michaelis, Heliscrich, im Reicks- tage kategorisch erklärt: „Sie müssen Vertrauen zur Regie rung haben." Als ihm darauf erwidert wurde, daß das nicht vorhanden wäre, verließ er einfach den Saal mit den Worten: „Ja, wenn Sie das nicht haben, dann habe ich keinen Grund, hier zu stehen und zu reden." So hat da mals Herr Helfferich den Reichstag behandelt, und man kann nur bedauern, daß damals nicht schon die Reichstags mehrheit entschiedener zugepackt hat. Wenn die „Dresdner Nachrichten" meinen, nicht eine Bombe, sondern nur eine Seifenblase sei in der Nationalversammlung geplatzt, w ist das eine vollständige Verkennung der Sachlage. Die Doku mente, die der Reichsministerpräsident Bauer am Montag der Nationalversammlung vorgeleat hat, übertreffen noch die Mitteilungen Erzbergers und besagen deutlich, daß die alldeutsch orientierte Regierung Michaelis und ihre Hinter männer auch damals noch eroberungssüchtig gewesen sind, im Gegensatz zu den Worten des Kaisers vom st. August 1914, das; uns nicht Eroberungssucht treibe. Selbst das „Berliner Tageblatt", das noch bis vor kurzem die frischfrölüiche Hetze mitgeinacht hat, muß setzt erklären, daß Erzberger „doch im wesentlichen in seiner Anklage recht behalten" Hut. Es ist daher "die reinste Ironie, wenn die „Dresdner Nachrichten" schreiben, die Regierung hätte damals mehr getan, als sie verantworten konnte, und wenn das Blatt die Negierung dadurch rechtfertigen will. Ter sofort daran; folgende Angriff ans den Papst soll als Blitzableiter dienen — aber die „Dresdner Nachrichten" tun damit wirklich mehr, als sie eigentlich verantworten können. Wir stellen uns jedenfalls unter den Aufgaben der Presse etwas anderes vor und auch unter ihrer Verantwortung als Träger der öffentlichen Meinung. llsl. Die Nationalversammlung Weimar, 29. Juli Das Haus erledigt zunächst eine Anzahl Anfragen: Zu einer Anfrage des Abg. Tr. Graf zu Dohn a (Deutsche Volksp.) wegen Zerbrechen und Beschmutzung einer deutschen Fahne in Sprendlingen durch einen französischen Offizier erklärt Geheimrat Freiherr v. Welser im Aufträge der Ne gierung, daß die Ermittlungen noch nicht abgeschlossen seien. Abg. Tr. Mittelmann (Deutsche Volksp.) führt in einer Anfrage Klage darüber, daß die sozialpolitischen Ver ordnungen des Demobilmachiingsamtes und des Neichs- arbeitsministeriums zugunsten der Angestellten und Arbei ter in den besetzten Gebieten außer Kraft gesetzt würden und die amerikanische Militärbehörde selbst in Obcrschlesie» neuerdings Vorbereitungen treffe, »m die sozialpolitischen Schutzbestimmnngen außer Kraft zu sehen. — Geheimra, Freiherr v. Melier teilt mit, daß darüber Verhandlungen schweben. Abg. Tr. Becker (Hessen, Deutsche Volksp.) regt in einer kleinen Anfrage an, denjenigen, die in abzutretcnden Gebieten ihre Scholle verlassen müssen, in erster Linie Siede- lnngsland zuzuweisen. — Ncgiernngsvertrcter Tr. Tri- bnrius sagt das zu, warnt aber davor, daß Landwirte sich dadurch verlocken lassen, ihren Besitz aufzugeben. Zu einer Anfrage des Abg. Dr. Mittelmann (Deutsche Volkspartei) über das aufreizende Verhalten fran zösischer Soldaten in Berlin, die unter anderem laut gerufen liaben sollen: „Wir sind Sieger, ihr seid Schweine!", erklärt Geheimrat Frhr. v. Wcllerim Aufträge der Negierung, daß die umfangreichen Erhebungen noch nicht abgeschlossen seien Danach wird die politische Aussprache über die Erklärung der Rcichs- regierung i» Verbindung mit den Interpellationen über die Planwirt schaft, den Landarbeiterstreik und den Gesetzentwurf über die Errichtung eines Staatsgerichtshofes fortgesetzt. Abg. Henke (Unabh.): Für die breiten Volksmassci. sind die Enthüllungen dieser Tage von größter Bedeutung. Erzbcrger bleibt auf halbem Wege sie!"'», er bat nur einen Zipfel gelüftet, der Manie! muß aber gm; herunter. Was i!»< Herr Reichsiistiiii'ü'r Müller übei das Baltikum gesagt bat, Kong.sehr viel vo: ckistckige' als das, was nur von Herr-» No-ile darüber , ehört haben. Die B« lageriingsziistaiids- »nd Sclmt'ha'tschgnde schreck zuni Himmel. Wie incker de.- Be.ageriiiigsz'.standsichaiid-: iiiise^n (-.messen mitgeipielt wird, das geht ruf keine Kn:haut mehr. Vizepräsidt nt D i e t: i ch macht den N-. "n>r daraus aufmerksam, daß seine Rede.,ei k 'ckvn weit n bestclnitstn stick Aber i. .!' mim Hern: 7!oste stiem: Ein V st'wvrck ist ui cht mit der S- st.-l- demokckatst je > ist, > eworden, c- wird onch nicht mit ib> e st-cii.i .--n..:ck. werden, und dvbei ist er gar nicht eck' w.al ein Vi nickt ein mal 'eine Stiefel würden i!n» , cken (Hei st-iw:-.) Wenn lcke R evol'itien nicht eine elende Kemödie c in oll. dann sorge,' Sic dafür, das ; ans dies" -?ch. iiii epiib !il eins wirklich? Republik werde. Vizcpr.w deal Tietri ch ruft den Abg. Heule wc n>.-l des gem"- den Reichswehno inisler gerich lestn Vornw rfs c.r Gemeinheit und niedrigen Gesinnung nach! rägl: ck zur Ordnung. Abg. Tr. Rießer (D. Volksp.): Wo ist die Reg icciing? (Die RegienmgSbank ist völlig leer.) sie zu einee Sihnng ziimmmeiigetretcii ist ch babe gehört, daß :ie sollte aber nicht verschwinden, wenn das Negieningsprograiiini Icker besprochen wird. Der in dem Gesetzentwurf über den StaalSgenchtshof vorgcst'hc»c parlamentarische Awckcknß erregt unsere heftigsten Bedenken. Wir erklären uns oegen die Veröffentlichung der Rede Erzbergers. (Zuruf des Abg. Löbe: Unser Antrag ist dahin geändert worden das; das Material ans allen Ministerreden verbreitet werden soll.) Ich glaube, ich brauche nicht mehr z» begründen daß wir uns einem Vertrauensvotum für die Regierung nicht anschließen können, sondern daß wir für ein Mißtrauens votum stimmen landen. P : enßis ch e r K rieg s minister Rei n h c. r d t mackst nähere Mitteilungen über die Vorgänge beim Znlnn- menbrnch in Polen und nimmt vor alt"! Dingen den Gene- ralgonveineiir v. Reseler geg-.n den Vv> mirf in Schutz, baß er ans Warschau geflohen sti. Eck sei vev Warschr» in sein« Heimat ziirückaekelnck nicht als (>stne>ti!go.iveriiciir, sonderst als ein von w'nem Posten enchobener Offizier. Durch e 'S Vorgehen der SolRatenräte, d,e giai.lieii, eine Tat zu .'oll* bringen, nenn sie Polen nv anzüglich und ohne .Kampf räumten, 'eien große Heeies'i eite rei'e.en gegangen »ad noch ein größeres Stück der,'.über Annl.ens. AndereriestS habe es in die',, Tragötzi' auch a» Lick'tckcren nicht gesmck. Tie Offiziere des Stabes des Generalgo.mmnenrs hätten von den Soldatenräten verlangt und hätten es sich auch von ihnen bestätigen lassen, daß sie als die letzten abtrans» portiert wurden. Tie Neserpeoffizieraspiranten wollten lie ber zu Fuß durch Polen marschieren, als ihre Waffen ab geben (Lebhaftes Bravo!) und die Offiziere der Flieger- schule in Warschau seien selbst auf Posten gezogen, um daS wertvolle Material zu schützen und zu retten. (Beifall.) Rcilhsfinanzministrr Erzbergcr: Der Abg. Rießer hat gesagt, meine Rede sei stark, von Polin ck-: Leide,Eck'.": getragen. Gott sei Dank. d:'j ich T « m Pera m e n t habe, und wer mich angreift, der soll auch merken, das; ich temperamentvoll z» antworten weiß. Glauben Sie. es macht mir Vergnügen, immer wieder der- a'tig vollständig veralteten und längst widevl'ogten Angrif fen »nd Stänkercien von Leuten entgcgentreten zu niiissen, die nichts weiter zu tun haben. (Stürmische Unruhe. —- Zinufe rechts. — Demonstrativer Beifall links. — Fortge setzte Zurufe von beiden Seiten, die aber in dem tobender» Lärm im einzelnen unverständlich bleiben.) Graf Czer- n i n erkennt selbst an, daß sch im besten Glauben und in» Sinne meines Auftraggebers gehandelt habe. Was hätte ich in seinem Sinn auch anders tun können, als zunächst meine Parteifreunde zu bewegen, auf den Boden des Ver ständigungsfriedens zu treten? Oder hätte ich. wie Herr Rießer andentet, gleich mit dem Dokument an die Oesfent- lichkeit gehen sollen? Ich möchte wohl wissen, welcher Lärm sich dann gerade unter den Freunden des Herrn Rießer er hoben hätte. Im übrigen hatGrafCzernin denBe- weis gar nicht einmal anzntreten versucht, daß der Bericht durch mich den Feinden be kannt g cw o r d e n sei. Von mir ist eine vcrtrmiliche Mitteilung on meine Parteifreunde am 2o. Juli 1917 er folgt. Auch für die Behauptung, daß der Bericht «t>va in folge der Debatte vom 25. Juli zur Kenntnis unserer ' ü' Z lilW I