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27. Jahrgang. Sonnabend, den 6. October 1900. s Redaction und Expedition: Bahnstraße 1 (nahe dem K. Amtsgericht). Telegramm-Adresse: Anzeiger Hohenstein-Ernstthal. Truppen nach Peking zurückkehrten. Unser Verlust be trägt vier Verwundete, die Boxer hatten 150 Todte. — Auf dem Parteitage der freisinnigen Volkspartei in Barmen kritisirte Eugen Richler in einer im Ganzen maßvollen Rede die deutsche China-Politik. Er erklärte es für selbstverständlich, daß die Deutschen sich in den Streitkräften der anderen Mächte zur Befreiung der Gesandten in Peking angeschlossen haben, hob die Tapfer keit der deutschen Seeleute bei den Kämpfen in China hervor, lobte das Geschick und die Raschheit, mit denen das Kriegsministerium die chinesischen Expeditionen aus gerüstet, und erklärte sich auch mit dem Programm des Grasen Bülow einverstanden. Für die weitere Führung der China-Politik dürfe aber nur Deutschlands Interesse maßgebend sein. Nicht nur um einen Racheplan durch zuführen, nicht um eine Hunnenpolitik durchznsetzen, dürfe man weitere Streitkräfte Deutschlands engagiren. Deutsch, lands Interessen in China seien erheblich geringer als diejenigen der meisten anderen Mächte. Darum könne Deutschland im Kampf gegen China keine führende Stellung einnehmen, darum sei es ein politischer Fehler gewesen, den anderen Staaten einen deutschen Oberbe fehlshaber aufzudrängen. Der Redner kritisirte die äußeren Begleitumstände der China-Politik bei uns, ins besondere die dem Grafen Waldersee gewidmeten Vor schußlorbeeren : Man soll nicht „Hering" rufen, als bis mau ihn beim Schwänze hat, und selbst, wenn man ihn dein, Schwänze hat, thut man besser, still abseits zu gehen und kein großes Aufsehen davon zu machen. Es gab eine Zeit in Deutschland, da machte man keine großen Worte, sondern vollzog große Thaten. Wenn die großen Thaten vollzogen waren, dann waren auch die Worte noch immer sehr bescheiden. Eine militärische Beredtsamkeit kannte man früher überhaupt nicht. Eugen Richter kritisirte dann die deutsche Weltpolilik. Er tadelte scharf, daß der Reichstag nicht längst berufen worden sei, daß mau Millionen ohne Genehmigung der Volk« Vertretung verausgabt, und daß das verantwortliche Haupt der Regierung, der Reichskanzler, während dieser ganzen Zeit auf Reisen gewesen. „Ich habe schon im Reichstag darauf hingewiesen," schloß Eugen Richter, „daß eine Reichsregierung im Umherziehen doch eigentlich nicht das Richtige ist. Die Schuld an diesen unhalt baren Zuständen trifft nicht blos die Regierung und die Mehrheit des Reichstages, sie trifft das Volk im Ganzen. Am letzten Ende wird in einem Lande nie anders regiert, als das Volk es verdient." Frankreich. Paris, 3. October. Das „Journal des Dubais" schreibt in Bezug auf den Brief des Kaisers Wilhelm an den Kaiser von China: Der Brief kennzeichnet den Willen des Kaisers, im Vereine mit der übrigen civi» lisirten Welt die nothwendigen Sühnemaßnahmen zu verlange«, und zwar auf einem Gebiete, auf dem selbst die zögerndsten und zaghaftesten Mächte Zusammengehen können. Diese hoheitsvollen Mahnworte des Kaisers Wilhelm an den Kaiser von China waren die einzig gebührende Sprache von dem Augenblick an, wo man den Kaiser Kwangsu für das begangene Unrecht nicht persönlich verantwortlich machen wollte. Durch diese Worte gab Kaiser Wilhelm den gemeinsamen Willen aller Mächte kund, indem er die unabweisbaren Züchtig ungen zur Bedingung für die verlangte Vermittelung machte. England. London, 4. October. Nach einer Meldung aus Schanghai werden deutsche Truppen nach Tongschau gehen, um die Bergwerke von Kaiping zusammen mit den Russen zu beschützen. Bei dem letzten Zusammen stoß mit den Boxern tödteten die Deutschen 400 Mann. Jetzt brennen sie die von den Boxern besetzten Dörfer um Peking nieder. Das Elend des Krieges in Südfrika. Der „Welt-Corr." wird geschrieben: Capstadt behex, bergt jetzt auch viele Deutsche, die aus dem Transvaal ganz völkerrechtswidrig ausgewiesen sind. Aus dem kleinen Städtchen Standerlon in Transvaal sind z B acht Deutsche ausgewiesen, die glücklich noch aenüaende Mittel fanden nachdem sie Beschwerde bei dem^deutschen Consul eingereicht, die Heimreise antreten zu können Vielen der Ausgewiesenen fehlen aber die Mittel zur Heimreise und nur der angestrengten Privatwohlthätig. leit der Deutschen am Cap ist e» bisker elni^^^c.^ möglich gewesen, für so Viele ein vorläufige? nmk" dürftiges Unterkommen zu finden. Die Behandlung Der Kleinkrieg im — Man schreibt a-s^ondo... s-jnen Fortgang, Transvaal und iw Freistaat " " Rührigkeit und die Buren zeigen 'wch beschränkten und Kampfeslust, soweit ihnen dleS Y ^ch mög- Munitions- und Mund-Vorralhen i )a p hundert lich ist. General De Wet soll sich ""^n t Mann in der Nähe von Heilbronn st ' der lische General Rundle hatte vor einigen Tage w Nähe von Reitz ein Scharmützel mit eme kommando zu bestehen, 70 Freistaatle ... Sattel- September in die Stadt Vepener em, regi zeug, Kleidungsstücke, Mundvorrathe rc. u z 0 „ . . wieder nach Süden ab, und schließlich . Ge worden, daß sich u gefähr 500 Buren mit 6 . schützen in der Nachbarschaft von Barrington si während General Delarey sich immer noch " < von Nustenburg zu hallen weiß und dort den Broadwood mit feiner Cavalleriebrigade lortwah Athem hält. Zwischen Lindley und Kroonstadt haben die Buren wieder einmal die englischen Verbindung - linien angegriffen und einer Telegraphenabtheilung einige Verluste zugefügt. Der englische Brigadier Campbell schlug sich am 20. September mit einem größeren Buren- kommando im Freistaate herum und es gelang mm, seinen Gegnern ein englisches Gebirgsgeschütz wieder ab zunehmen, welches den Buren bei Nicholsons Nek m die Hände fiel. Alle diese kleinen und an und für sich wenig bedeutenden Engagements sind auf jeden Fall ein Hohn auf die bevorstehende Proklamation des Friedens- zustandcs in den angeblich eroberten Ländern. China. Tientsin, 1. October. Wie aus authentischer chinesischer Quelle gemeldet wird, entsandte die Kaiserin den höchsten Beamten des Reiches mit dem Auftrag, alle nöthigen Anordnungen zu den höchsten Ehrener weisungen für die Leiche des Freiherrn von Kelleter zu treffen. Ferner wurde von der Kaiserin bestimmt, daß in der Hauptstadt ein würdiger Tempel zum Gedächtniß der Ermordeten errichtet werde und daß, wenn die Leiche Tientsin und die chinesischen Hafenorte passirt, der Oberaufseher dcS Handelsverkehrs in Tientsin, sowie die höchsten Beamten der Hafenplätze ihr die höchsten Ehren erweisen. Die Prinzen Tuan und Lanyi, sowie drei andere, und Kang-Yi sind aller ihrer Würden und Aemter verlustig erklärt worden. Tung-fuh-siang und alle an der Boxeröewegung Betheiligte sind degradirt. Amerika. Washington, 4. October. Von Staatssecretär Hay wurde heute dem deutschen Gesandten Speck von Sternburg eine Note zugestellt, welche sich günstig über den Vorschlag Deutschlands, betreffend die Bestrafung der Chinesen, ausspricht und erklärt, daß der ameri kanische Gesandte Conger Weisung erhalten habe, sich über die Namen derjenigen Chinesen zu vergewissern, welche zu bestrafen seien, ferner zu untersuchen, ob die Strafe, der diese Chinesen unterliegen sollen, ausreichend sei und ob irgendwelche Bestrafung thatsächlich erfolgt sei. Jnsertionsgebühren: die fünrge'vattene Eorp^ 12 Pfg-, Raum für den Verbreilunasbezirk t" .vA-g, . „hx Rabatt. Reclame 25 Psg. Sei mehrmaliger B„rM. Annahme der Inserate für die kAende xrbeten. 10 Uhr. Größere Anzeigen Abends vorher kur » *««"Seschiqt ^-eutsch.-Z Ren-.. die deutsche Regi^u^ °oa China hat seits dem ausrichtjqen Wünschen auch ihrer, des Friedens durch die Tl a- ist dies durch ein wesieres E^ geben. E? dem Standpunkte der amerikanis^?^°»'men gegenüber sodaß die Differenz, welche die Äbleb^^ geschehen, „schnm. D-c «>-dkr Washington noüfieirte einer W Geschäftsträger in B-L- d"m Ls-Kk"' d-- s«ch-n Seine R^iermiq nehme an die D-««°nd wLoK Lis",Ken sich freiwillig erböte, die schuldia«« ar - daß China Er notificirte sinicrdc^ bestrafen, land sich der Eröffnung de! Verk^ Deutsch widersetzen wolle Eine gleiche Miun länger die anderen Mächte Der L Hinz«, D, Mumm von SchLz^ das folgende Verfahren zu befürworten: 1. die Vertreter der übrigen Machte m Peking sollten feststell!«, ob die zur Bestrafung vorgefchlogenen Prinze« die wabre» Schuloigen sind 2. sollten sie ermitteln, welche Strafe China freiwillig über sie verhängen wolle, und 3. sollte sie Garart.ee« verlangen, daß solche Strafe wirklich vollzogen werde, wenn möglich ««ter ihrem Beisein als Augenzeuge«. Hiernach sollten sie mit der chinesischen Regierung über Beiträge und Indemnitäten verhandeln Der deutsche Geschäftsträger fügte weiter hinzu, die deutsche Regierung sei äußerst befriedigt darüber, daß der Kaiser Kwangsü die deutsche Forderung bezüglich der Bestrafung der Schuldigen ohne Zwang zugefagt habe. Infolge dieser Mitlheilungen herrscht in Washington eine durchaus optimistische Auffassung über das weitere Vorgehen der Mächte in China vor. — Hauptmann O. Dannhauer sendet dem Berl. L.-A. aus Peking folgendes Telegramm vom 26. September: Bei der gestrigen Strafexpedition unter General v. Hoepffner, die sich 30 Kilometer südlich von Peking erstreckte, fanden wir ein Boxernest in Sei-Jung, wohin uns 50 Japaner geführt hatten, be reits leer. Bei unserem ohne Führer unternommenen Weitermarsch «ach Nanhungmen empfingen uns um 5 Uhr Nachmittags beim vorgelegenen Dorfe Peijit- schang, sowie von der daran anstoßenden Umfassungs mauer des kaiserlichen Wildparks aus größere Boxer haufen mit heftigem Gewehrfeuer. Sie hielten auch eine kurze Weile unserem Gewehr- und Granatenfeuer stand; ein Boxerhaufen versuchte sogar einen Flankenangriff, wurde aber von der 4. Compagnie des zweiten See- Bataillons mit Schnellfeuer und dann mit dem Ba,on- nett niedergemacht; dabei entriß Leutnant Poland einem feindlichen Fahnenträger eigenhändig eme Boxer fahne. Die eintretende Dunkelheit verhinderte die Ver folgung der nach allen Seiten zurückweichenden Boxer Bei unserem Vorgehen stießen wir auf ein Merkma haarsträubender Rohheit der Boxer. Unserer Schützen linie war nämlich besonders «n Boxer aufg fallen^ welcher, halbgedeckt hinter einem Erdaufwurf permanent eine rothe Fahne schwenkte Sle concent^ ikr Feuer Die Fahne sank, ihr Trager war getrost . Unsere Leute fanden daselbst jährigen, in nagelneue Bo^rtmch^ s knaben, dem ein kleiner Kmdersabel um^ auf der rothen Fahne liegend s verlassenen Expeditionscorps übernachtete " . viele Dörfern Peijitschang und dlauh g x)rt- Waffen und Munition gelten wurden. B oe schäften wurden heute niedergebrannt, woraus L-WU, Wüstenbraud Dieses Blatt erFuR - täglich NachmMag^»". A"saa,)^7^-- deren Austräger suchen durch die 'K Festtage D-- d,,rL» ° s ° "»" Nr. 232.