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Mcißcritz-IkltiiU 61. Jahrgang. Dienstag, den 29. Oktober 1895. Nr. 127. Verantwortlicher Redakteur: Paul Ithne in Dippoldiswalde. NNt achtsettigem ,^llustrirt-u Unterhaltung,blatt". Mit land- und hauSwirthschaftlicher MonatSbeilage. Die „WeiletttzSeitun-" «scheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — Preis vierteljährlich 1 M. 28 Pfg., zweimonatlich 84 Pfg , einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern 10 Pfg. — Alle Postan- stalten, Postboten, sowie die Agenten nehmen Be- Inserate, welche-bet d« bedeutenden Auflage deS Blattes eine sehr wirk sam« Verbreitung finden, «erden mit 10 Pfg. dje Spaltenzeile oder d«en Raum berechnet. — Ta bellarische und complieirte Inserate mit entsprechen dem Aufschlag.—Einge sandt, im redaktionellen Theile, die Spaltenzeile 20 Pfg. Anzeiger für Dippoldiswalde und Umgegend. rlmfqfisgff für die Königliche Amtshauplmannschaft, das Königliche Amtsgericht und den Stadtrath zn Dippoldiswalde. Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde. Wir wachen darauf aufmerk sam, daß am bevorstehenden Resormationsfeste in hiesiger Stadtkirche nicht nur früh 8 Uhr, sondern auch Abends 6 Uhr Beichte und Communion statt findet. Gleichzeitig empfehlen wir auch die Kollekte, die am Reformationsfeste für die Zwecke des Gustao- Adolph-Vereins vor den Kirchthüren gesammelt wird, angelegentlich der evangelischen Bruderliebe. Ueber 1700 Gemeinden rechnen auf die Hilfe des Vereins, der schon an manchem Ort evangelisches Leben vor dem Hinsterben gerettet hat. Dippoldiswalde. Die diesjährige Diözesan- versammlung der Ephorte Dippoldiswalde findet Mittwoch, den 6. November, Vormittags 10 Uhr, im Rathhaussaale hierselbst statt. Auf der Tagesordnung der Versammlung, die mit Gesang und Gebet eröffnet und geschlossen wird, steht außer einer Ansprache des Herrn Ephorus und der Berathung etwaiger Anträge noch ein Vortrag des Herrn Pfarrer Helm auS Johnsbach: ^Welche Aufgaben erwachsen der Kirche und ihren Vertretern aus der Erinnerung an die Erhebung Deutschlands vor 25 Jahren?" — Die hiesige Fletscherinnung hielt am Mitt woch ihre Quartalssitzung ab, wobei ein Jungmeister, Herr Neubert aus Schmledeberg, durch Ablegung seines Meisterstückes Ausnahme in die Innung sand. Nach altem Brauche wurde der mit Blumen und Bändern geschmückte Meisterochse, ein Kapitalstück von 20 Clr., an welchem das Meisterstück auszuführen war, vorher von mehreren Fleischerburschen zur Schau durch die Straßen der Stadt geführt. — Freimarken zu 2 Mark sind bei den Postämtern zwar vorhanden, dieselben dürfen jedoch an das Publikum nicht abgegeben werden. Aus kaufmännischen Kreisen sind nun wiederholt Anträge gestellt worden, die Freimarken zu 2 Mark auch vem Publikum zu gänglich zu machen, indem aus die daraus erwachsen den Bequemlichkeiten be» Frankirung schwerer Packete Hingewiesen wurde. Namentlich würde, da der kleinste Kassenschein 5 Mark Werth hat, die freigegebene Marke zu 2 Mark ein sehr erwünschtes Zahlungs mittel bei Versendung von Gelddriesen sein. Wie aus zuverlässiger Quelle verlautet, wird die oberste Postbehörde ihre ablehnende Haltung in dieser Frage wahrscheinlich schon in nächster Zeit ausgeben. Seifersdorf. Erfreulicher Weise hat sich herauS- Pestellt, daß der Verdacht gegen den HauSbes. und Zimmermann Ä. hier wegen Eittlichkeitsverbrechen «»begründet ist und sicher nur auf Verleumdung be ruht. Auf Weisung des Staatsanwaltes ist A. am Mittwoch aus seiner Haft wieder entlassen worden. Hartmannsdorf. Am Donnerstag, den 24. d. M., des Nachmittags gegen 4 Uhr, entzündete beim Spielen mit Streichhölzern ein 4jähriger Knabe in der Schlaf kammer des dem Gutsbesitzer Rühringer gehörigen Wohngebäudes das aus einem Bette herabhängende Stroh und setzte letzteres in Brand. Durch schnelle Hilfe konnte das Feuer glücklicher Weise noch recht zeitig gelöscht werden, sodaß nur die fragliche Bett- stelle angebrannt, beziehentlich zum Theil verkohlt ist mnd einige Fensterscheiben gesprungen sind, während ein weiterer Schaden verhütet werden konnte. Eltern And Erzieher gemahnt es aber wiederholt zur Vorsicht, Zündhölzer nicht an Orten aufzubewahren, zu denen Kinder unschwer gelangen können. Tharandt. Der Lehrer an hiesiger Forstakademie, Mos. vr. Jul. v. Schröder, ist unerwartet am 24. Oktober verstorben. Dresden. Der König, die Prinzessinnen deS kgl. Hause», sowie militärische und städtische Abordnungen werden Montag Mittag 1 Uhr der feierlichen Grund- steintegung der Garnisonktrche in Dresden- Alberlstadt beiwohnen, vorher findet rin« Spefial- mer für die Grundsteinlegung des evangelischen Theiles der Kirche statt, woran sich die des katholischen Thetls schließt Die Feiern tragen im Allgemeinen einen militärischen Charakter. Bei der gemeinschaft lichen Feier hält der Kriegsminister eine Ansprache. Hierbei ist auch eine Abordnung der Kadetten be- theiligt. — DaS kgl. Landgericht Dresden beschäftigte sich am 25. Oktober auch mit einer Anklage gegen den Handelsmann Friedrich August Horn aus Maxen wegen Gotteslästerung. Nach den Ergebnissen der nicht öffentlichen Beweisaufnahme wurde der Angeklagte für schuldig erkannt, vor einiger Zeit in dem Hose des Gasthofes zu Maxen in Gegenwart einer gröberen Anzahl Personen öffentlich in beschimpfenden Aeuße- rungen Gott gelästert zu haben. Horn verwirkte des halb nach Z 166 des Reichsstrafgesetzbuchs eine Ge- fängnißstrafe in der Dauer von 5 Monaten. — In der Howaltschen Erzgießerei zu Braun schweig sind nunmehr die einzelnen Theile des 30 m hohen Obelisken fertiggesiellt, welchen die Stadt Dresden zum Andenken an vas 800jährige Regierungs jubiläum des Wettiner Herrscherhauses errichten läßt. Das interessante monumentale Kunstwerk ist vorzüg lich gelungen. Nächste Woche wird dasselbe nach Dresden abgesandt. — Im Eommerhalbjahr 1895 wurden die 17 Gymnasien im Königreiche Sachsen von 5570 Schülern besucht, die auf 225 Alafferr verthetlt waren. Auf eine Klaffe kamen m thin im Durchschnitt fast 25 Schüler. Die einzelnen Gymnasien hatten folgende Schülerzahl: die Thomasschule in Leipzig 603, die Kreuzschule in Dresden 591, DreSden-Neustadt 587, das Kgl. Gymnasium in Leipzig 551, Chemnitz 462, die Nicolaischule in Leipzig 458, das Wettiner Gym nasium in Dresden 380, Zwickau 290, Bautzen 234, Wurzen 197, das Vitzthumffche Gymnasium in Dresden 194, Zittau 188, Schneeberg 180, Plauen 170, Frei berg und Grimma je 163 und Meißen 159. Die 10 Realgymnasien Sachsens hatten inSgesammt in 143 Klaffen 3478 Schüler, sodaß aus eine Klaffe ebenfalls fast 25 Schüler kamen. Die einzelnen Realgymnasien hotten folgende Echülerzahl: Dresden-Altstadt 593, Dresden-Neustadt 518, Leipzig 471, Chemnitz 394, Döbeln 320, Zittau 295, Zwickau 264, Annaberg 238, Freiberg 209 und Borna 176. Die 23 Real schulen Sachsens wurden von 6069 Schülern besucht. Die einzelnen Anstalten hatten folgende Echülerzahl: Leipzig I 654, Leipzig II 64l, Leipzig III 556, Dresden- Johannstadt 419, Chemnitz 403, Plauen 365, Stoll- berg 256, Meißen 245, Bautzen 219, Pirna 213, Reichenbach 211, Großenhain 208, Glauchau 206, Löbau 199, Dresden-Friedrichstadt 197, Meerane l68, Grimma 160, Werdau 159, Crimmitschau 157, Franken berg 126, Mittweida 117, Leisnig 114 und Rochlitz 76. Die 17 Lehrerseminare wurden inSgesammt von 2790 Schülern besucht. 12 Seminare hatten je 6, 4 je 7 und 1 12 Klaffen. Die beiden Lehrer seminare in Dresden und in Kallnberg hätten zusammen 189, die beiden höheren Töchterschulen in Dresden und Leipzig 794 Schülerinnen. Auffallend ist es, daß in dein industriellen Sachsen noch keine Massige latein lose Oberrealschule besteht, obschon Jahr für Jahr eine nicht geringe Zahl von Realschulabitüriemen eine wettere Ausbildung änstrebt und diese zur Zeit nur in einer Massigen Lateinschule, in einem Realgymna sium, findet. Oberrealschulen würden außer in den Großstädten auch in Manchen Mittelstädten gut ge deihen. Elsaß-Lothringen hat zur Zeit 3, Württem berg ü und Preuße» 22 auSgebaute Oberrealschulen. Order««. In der Zeit vom Monat Juli bis Oktober wurden bei dem hiesigen Musikdirektor Warna- »Wei Kammerbrände noch rechtzeitig entdeckt, sodaß größerer Schaden verhindert werden konnte. Die an gestellten polizeilichen Nachforschungen führten jedoch zu keinem Ersolg; ttst nachdem in den letzten Tagen ein anonymer Brief bei Musikdirektor Warna- eintraf. worin letzterem angrdroht wurde, daß sein Haus bald in Feuer ausgehen solle, wurde in dem Briefschreiber, einem Musikerlehrling, auch gleichzeitig der Urheber der beiden Brände ermittelt. Der Lehrling wurde in Hast genommen und ist bereits an die künigl. Staat»» anwaltschast Freiberg eingeliefert. Grimma. Die Bildung deS neuen Amts gerichtes in Lausigk isi bereits soweit gediehe«, daß in der Bezirksausschußsitzung folgende Orte, al» zum Ausscheiden aus dem AmtSgerichtsbezirke Grimma bestimmt, zur Kenntniß gebracht werden konnten: Ballendorf, Belgershain, Bernbruch, Rohrbach, EtzoldS- hain, Grobbuch, Glasten, Lauterbach und Otterwisch. Leipzig. Der König von Sachsen und Prinz Georg trafen mit militärischer Begleitung am Sonn abend um l 1 Uhr 20 Min. aus dem Dresdner Bahn hof ein. In Dahlen hatte den königl. Sonderzug noch Prinz Albert von Sachsen-Altenburg bestiegen. Ebenfalls reiste der preußische Gesandte Graf von Dönhoff im Hoszuge nach Leipzig. Es fand großer Empfang statt. Der König begrüßte den General- Lieutenant von Hodenberg aufs Herzlichste und schüttelte ihm die Hände, ebenso den Kreishauptmann, sowie den PolizeidicektorBretschneider, den er in eia längeres Ge spräch zog. Daraus trat der König in da» fürstliche Empfangszimmer und hier sand die Vorstellung der übrigen zum Empfang erschienenen Herren statt. Darauf schritt der König die vor dem Bahnhof ausgestellte Ehrenkompagnie des 7. Infanterie-Regiments Nr. 106 ab, an dessen linkem Flügel sich die Generalität und das Offizierskorps ausgestellt hatte. Darauf begab sich Se. Majestät zurück nach dem Empfangszimmer, um das Eintreffen des Kaisers zu erwarten. Um 11 Uhr 30 Min. traf der kaiserliche Hofzug ein. Der Kaiser sprang in jugendlicher Frische aus dem Hof wagen, eilte auf König Albert zu und küßte ihn auf Mund und beide Wangen. Beide Majestäten trugen große Generalsuniform mit dem orangefarbenen Bande ves schwarzen Adlerordens. Der sehr herzlichen Be grüßung der Majestäten folgte die Vorstellung der Generalilät und der Spitzen der Behörden. Bei vem Heraustreten der Majestäten aus den BahnhosSplatz erschütterte ein tausenvstimmigeS Hoch- und Hurrah- rufen des versammelten Publikums die Lust. Die Musik spielte: „Heil dir im Siegerkranz", darauf schritten die Monarchen die aufgestellte Ehrenkompagnie ab, wonach die Truppen in Sektions-Kolonnen vorbei» defilirten. Alsdann bestiegen die Majestäten den 4. spännigen Wagen. Geführt von Spitzenreitern und begleitet von einer Ehren-Eskorte fuhren die Herrscher durch die festlich geschmückten Straßen nach dem Reichs- gerichtSgebäude. Dem Wagen ihrer Majestäten folgten die übrigen Fürstlichkeiten und das Gefolge. Die Monarchen wurden auf dem ganzen Wege von imm^r wieder zum Ausbruch gelangenden Hoch- und Hurray- rusen begrübt. Auf der ganzen Feststraße bildeten Mannschaften vom 106., 107. und 134. Infanterie- Regiment, sowie zahlreiche Militärvereine und Veteranen, Korporationen und Schulen Spalier. Es herrscht« herr liches Kaiser-Wetter. Um 12 Uhr 6 Minuten betraten die Majestäten mit den beiderseitigen Gefolgen den großen Festsaal des Reichsgerichtsgebäudes. Nach der Begrüßung durch den Reichskanzler verla- dieser die Urkunde. Sodann sprach der bayrisch« BundeSbevoll- mächtigte. Darauf hielt der ReichStagSpräsident eine Ansprache und überreichte dem Kaiser Kell« und Hammer. Nunmehr erfolgten die Hammerschläge mit den kaiserlichen Worten: „Im Namen des dreieinigen Gotte»! Recht muß Recht bleiben!" Mit einer An sprache des ReichSgerichtspräsidtNten schloß die Feier 12 Uhr 30 Minuten. — Wahrend der Festlichkeiten ereignete sich leider ein bedauerlicher Unglücksfall. Die eiserne Einfriedi gung des Dresdner Bahnhof» war von dem dasselbe besetzt haltenden Publikum überlastet und brach auf einer Länge von 10—15 m zusammen, wodurch eia