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-.ME Mchcritz-MW Verantwortlicher Redacteur: Lari Jehnc in Dippoldiswalde. Inserate, welche bei der bedeutenden Auflage deS Blattes eine sehr wirk sam« Verbreitung finden, werden mit 10 Pfg. die Spalten,eile oder deren Raum berechnet. — Ta bellarische und complicirt« Inserate mit entsprechen dem Aufschlag. — Eilige- sankt, im redaktionellen Lheile, die Spaltenzeile 20 Pfg. Die „Weißeritz. Zeitung" erscheint wöchentlich drei mal: Dienstag. Donners tag und Sonnabend. — Preis vierteljährlich 1 M. 25 Pfg., zweimonatlich 84 Pfg-, einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern 10 Pfg. — Alle Postan- «alten, Postboten, sowie die Agenten nehmen Be- . , " Amtsblatt für di- Lönialicke Umtshauptmamfchast MMiswaldc, sowie für die Königlichen Amtsgerichte und die Mdträthe ' zu Dippoldiswalde und Irauenstein Nr. 140. Donnerstag, den 26. November 1885. 51. Jahrgang. Die KmlnpuM der Lage im Orient. Zum großen Leidwesen der friedensbedürftigen und mit ihren inneren Angelegenheiten vollauf beschäftigten europäischen Völker tobt das politische Ungewitter im Orient weiter und zeigt die dortige Lage bereits mehrere gefährliche Brennpunkte. Der Siegeslauf der Serben scheint bei Slivnitza ins Stocken gerathen zu sein, doch auf die Dauer kann sich die mangelhafte bulgarische Armee gegen das überlegene serbische Heer nicht halten und jeden Tag kann die Nachricht von der Einnahme Slivnitzas und dem Vormarsche der Serben nach Sofia kommen. Wird denn aber dann noch Rußland der Erwürgung seines Lieblingsstaates auf der Balkanhalbinsel ruhig zuschauen oder, eine baldige Unterwerfung Bulgariens vorausgesetzt, in eine Abtretung westlicher bulgarischer Gebietstheile an Serbien willigen? Hier liegt der erste schwere Brenn punkt der orientalischen Lage. Als ein Lichtpunkt könnte nun der Umstand erscheinen, daß der Fürst von Bulgarien sich der Pforte unterworfen und Ostrumelien geräumt hat. Aber der Fürst hat ja die ostrumelischen Soldaten mitgenommen und kämpfl mit diesen gegen die Serben. Diese seltsame Thatsache schließt neue Verwickelungen in sich. Außerdem erheischt jetzt Bul garien die Hülfe des Sultans als seines Oberlehns herrn gegen die Serben. Daraus kann erst recht ein noch größerer Kriegsbrand entstehen, denn das Los schlagen der Türken facht die Kriegslust aller Balkan völker an. Hoffentlich bewahrt daher die Türkei auch ferner ihre bisherige meisterhafte Ruhe. Jmmermehr stellt sich auch heraus, daß die Ursache der jetzigen Orientkrisis lediglich in dem ohnmächtigen Größen wahne der Bulgaren und ihres Fürsten Alexander liegt, Serbien und Griechenland haben nochmals aus drücklich erklärt, daß sie unter keinen Umständen die Aufrichtung eines Großbulgarien dulden könnten, da dadurch Bulgarien zum Großstaate und Serbien und Griechenland zu Kleinstaaten gemacht würden. Diesen Riß in seinen Berechnungen hat der von leidenschaft lichem Ehrgeiz erfüllte Bulgarenfürst gar nicht bedacht und sich außerdem mit Rußland entzweit. Nun liegt der ganze bulgarische Größenwahn in fürchterlichen Zuckungen und es wäre Zeit, daß der Fürst Alexander abdankte und den Großmächten die Verwickelung lösen ließe, denn die Bulgaren können sich selbst nicht helfen und sind aus dem Regen in die Traufe gekommen. Zum Ueberfluffe redet man auch wieder von schweren Differenzen zwischen England und Rußland wegen der Balkanstaaten und so bleibt der einzige Trost, den Kaiser Wilhelm in der Thronrede, womit am Donners tage der Reichstag eröffnet wurde, gegeben hat, daß er mit Gottes Hülfe und vertrauend auf die Friedens liebe der Mächte den europäischen Frieden auch im gegenwärtigen Balkankriege zu erhalten hofft. «Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde, 25. Novbr. Den in heutigem Blatte enthaltenen Wahlvorschlägen nach zu urtheilen, dürfte die Betheiligung an der morgenden Stadt- verordneten-Ergänzungswahl eine sehr rege werden, wenn man vielleicht auch eine große Zer splitterung der Stimmen erwarten kann. Großölsa. Am vergangenen Sonntag vollzog sich in unserer Gemeinde eine seltene Feierlichkeit. Dem 78jährigen Wirthschastsauszügler Joh. Christ. Keulrcht mit seiner 74jährigen Ehegattin Johanne Christiane geb. Kohl war es beschieden, ihr öOjähriges Ehejubiläum zu feiern. Schon am Vorabend wurde demselben vom Musikchor des Herrn Wünschmann in Rabenau ein Ständchen gebracht, ebenso war im Morgengrau des Sonntags der Gesangverein von Großölsa erschienen, um ebenfalls dem Jubelpaar ein Ständchen darzubringen, wobei sich ziemlich die sämmt- liche Gemeindevertretung mit eingefunden und wobei oem Jubelpaar vom Gemeindevorstand nach kurzer herzlicher Ansprache ein von der Gemeinde gewidmetes Geschenk überreicht wurde. Am Mittage hatten sich zahlreiche Freunde und Verwandte eingefunden, welche Nachmittags 2 Uhr das Jubelpaar zur Kirche zu Seifersdorf begleiteten, wo dann unter zahlreicher Be theiligung der kirchliche Akt vollzogen wurde. Möge es dem greisen Jubelpaare beschieden sein, noch viele solche sonnige und freundliche Tage zu erleben, wie der Tag an und für sich selbst es war. Luchau. Bei einer auf Anordnung der hiesigen Ortsbehörde am Sonntag Vormittag, den 22. Novbr., vorgenommenen Räumung der Düngergrube im Ge höfte des Gutsbesitzers Baßler wurde der Leichnam eines neugeborenen Kindes vorgefunden. Den ange stellten Recherchen zufolge ist das fragliche Kind — angeblich Frühgeburt — von der bei genanntem Baßler in Diensten stehenden Grobmagd Zimmermann aus Oberfrauendorf Tags zuvor geboren worden. Dieselbe will bei Verrichtung eines gewissen Aktes heftige Schmerzen empfunden und hierbei „Etwas in die Grube fallen gehört haben!" Inwieweit sich diese Angabe bestätigt, dürfte sich durch die einzuleitenden kriminalpolizeilichen Erörterungen ergeben. Frauenstein, 24. November. Die heurige Stadtverordneten-Ergänzungswahl, bei welcher 2 aus scheidende Ansässige und 1 Unansässiger zu wählen waren, zeigte ein unerfreuliches Bild der Zersplitterung und Zerfahrenheit, da nicht, wie in früheren Jahren, Wahlvorschläge gemacht ivaren. Nicht weniger als 32 Ansässige und 16 Unansässige waren mit Stimmen bedacht. Rechnet man hierzu noch die Namen Der jenigen, welche auf den 16 abgegebenen ungiltigen Stimmzetteln verzeichnet waren, so erhöht sich die Stimmenzersplitterung noch mehr. Herr Weißgerber meister Pirnbaum wurde mit 39 Stimmen als Ver treter der Ansässigen gewählt. Die Wahl eines zweiten Ansässigen blieb unentschieden, da sowohl Herr Färber meister Fröbe als auch Herr Sattlermeister Gahmig 19 Stimmen erhielten; zwischen ihnen entscheidet dem nächst das Loos. Aus den Reihen der Unansässigen wählte man Herrn Schuhmachermeister Wolf mit 43 Stimmen. Als dessen Stellvertreter ging Herr Brau ereipachter Emil Ryssel aus der Wahl hervor. Herr Schneidermeister Glebitzsch wird im Vehinderungssalle als Stellvertreter des wiedergewählten Herrn Weiß gerbermeisters Pirnbaum einzutreten haben. Altenberg. Am 17. November gelang es dem hiesigen Gendarm im benachbarten Hirschsprung einen gefährlichen Schwindler und Dieb, einen angeblichen Schneider Franz Kreische aus Zebus, der sich aber auch Niacin nannte und ein Papier auf den Namen Halla aus Michelsberg bei sich führte, zu verhaften. In mehreren Orten der Umgegend schwindelte er und stahl, auch suchte er Heirathen änzuknüpfen und dergl., bis ihm endlich das Handwerk gelegt wurde. Dresden. Die 2. Kammer überwies am 23. No vember nach kurzer Debatte, die sich aber hauptsächlich um die Währungssrage drehte, das Dekret, den An kauf von 3 Freiberger Gruben betr., an die Finanz- Deputation -V — Tags darauf überwies die Kammer den Antrag des Abg. Starke, den Mangel an Aerzten in ärmeren Landestheilen betreffend, ebenfalls dieser Deputation. — Der Ausschuß der Dresdner Kreishauptmann- chaft wird am 27. November eine öffentliche Sitzung abhalten. — Den Ständen ging ein umfänglicher Bericht, >ie Verwaltung und Vermehrung der königl. Samm lungen für Kunst und Wissenschaft in den Jahren 1882 und 1883 betreffend, zu. — Die Bepflanzung der Chausseen im König reich Sachsen mit Alleen von Obstbäumen, welche im letzten Jahrzehnt in immer ausgedehnterem Maße stattgefunden hat, fängt an, auch finanziell gute Früchte zu tragen. Die Einnahme an Obstpachtgeldern ist selbstverständlich von der größeren oder geringeren Fruchtbarkeit der einzelnen Jahre abhängig, aber doch ist eine immer steigende Erhöhung derselben im Durch schnittsertrag dreijähnger Perioden deutlich erkennbar. In den letztverflossenen 3 Jahren wurden seitens des Staates an Obstpachtgeldern eingenommen 1882 87,844 M., 1883 110,161 M., 1884 103,213 M. Dazu kamen überdies noch 12—13,000 M. Holzerlös. Bei diesen Beträgen sind die durch Verpachtung und Versteigerung entstandenen Ausgaben bereits in Ab rechnung gebracht. — Die 6. Mittheilung an die sächsischen Pferde züchter vom kgl. Landstallamt zu Moritzburg ist soeben erschienen und kann bei dem genannten Landstallamt, sowie bei sämmtlichen Amtshauptmannschaften unent geltlich bezogen werden. Die fragliche Mittheilung enthält 3 Bekanntmachungen: 1) Sr. Majestät des Königs Besichtigung der Fohlenaufzucht-Station zu Elterlein, 2) den Verlauf der Zuchtstuten-Auktion, 3) die Anmeldung unkonkurrenzfähiger Fohlen betr., sowie 4) eine Aufforderung für den Fragekasten. Der weitere Inhalt besteht in: II. Bericht über die Stuten musterungen und Fohlenschauen im Jahre 1885. III. Ueber die am 1. Juni d. I. bei den Fohlenauf zucht-Stationen des Landesvereins aufgenommenen Fohlen und die Neuanlage der Station Heuscheune bei Großhennersdorf i. d. L. IV. Ueber die Fohlen druse. V. Zur Fohlenzucht im ersten Jahre. VI. Das Ueberfüttern der Fohlen und VII. Kraftfutter und Maffenfutter. — Direktor Herzog ist mit seiner Gesellschaft in den Cirkus auf dem Bismarckplatze eingezogen und hat am Mittwoch mit den Vorstellungen begonnen. Freiberg. Die Verhandlungen des hiesigen Schwurgerichts für die 4. Quartalsperiode be ginnen am 7. Dezember und werden bereits am 10. Dezember zu Ende gehen. — Zum Schwurgerichts präsidenten für die im ersten Kalendervierteljahre 1886 beginnende Sitzungsperiode ist Landgerichtsdirektor Vollert ernannt worden. Bienenmühle. Am vergangenen Sonnabend kletterte in einem unbewachten Augenblick das vier jährige Töchterchen des Bäckermeisters Augustin hier auf den Deckel eines mit kochendem Wassers gefüllten Kessels und fiel beim Kippen des Deckels in denselben. Am Nachmittage desselben Tages verstarb das arme Kind an den erhaltenen Brandwunden. Leipzig. Der Etat des Reichsgerichts für 1886Ä7 schließt mit einer Einnahme von 431,211 M. und einer Ausgabe von 1,383,498 Mark ab. Das Personal besteht aus 1 Präsident, 8 Senatspräsiden ten, 66 Räthen, 1 Oberreichsanwalt, 4 Reichsanwälte, 1 Bibliothekar, 1 Bibliothekassistent, 1 Bureauvorsteher, 12 Obersekretären, I Kanzleidirektor, 5 Sekretariats assistenten, 19 Kanzleisekretären, I Botenmeister, I Kastellan, 14 Boten, 1 Hausdiener, I Portier. Bei den Räthen heißt es: „Zugang drei Näthe mit je 12,000 Mark. Die Geschäftslast bei den fünf Civil- senaten, welche mit zusammen 36 Räthen besetzt sind, hat in dem Grade zugenommen, daß sich bereits Anfang Juli 1885 bei vier derselben die Nothwendigkeit ergab, die Termine bis in das nächste Jahr, bei einem der- elben bis in den März hinauszurücken. Es ist daher eine Vermehrung der Arbeitskräfte dringend erfor derlich. Kirchberg. Die Gesammtsumme der Beträge, welche der Stadtkassirer Kühnert unterschlagen hat, beläuft sich auf 342,065 M. 83 Pf. (332,356 Mark 6 Pf. bei der Sparkasse und 9711 M. 77 Pf. bei der Stadtkasse). Da man bei ihm noch 48,160 M. vorfand, als er verhaftet wurde, da er ferner bei der Vereinsbank in Berlin für 70,000 M. Werthobjekte uiedergelegt hat und da seine Besitzungen in Kirch berg, einschließlich des Mobiliars, auf 172,124 Mark