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'DK „USet-eritz-Zeitung" «scheint wöchentlich drei mal: Dienstag, DonnerS- . .tag und Sonnabend. — Preis vierteljährlich 1 M. 28 Pfg., zweimonatlich 84 Pfg., einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern 10 Pfg. — Alle Postan- . palten, Postboten, sowie vie Agenten nehmen Be stellungen an. Wchentz -Zeitung. Anzeiger für Dippoldiswalde und Umgegend. Inserate, welche bei da bedeutenden Auflage de« Blattes eine sehr wirk same Verbreitung finden, werden mit 10 Pfg. die Spaltenzeile oder deren Raum berechnet. — Da bellarische und complicirte Inserate mit entsprechen dem Aufschlag. — Einge sandt, im redaktionellen Theile, die Spaltenzeile 20 Pfg. Amtsbkalt für die Königliche Umtshauptrnannschafi, das Königliche Amtsgericht und dm Stadtrath zu Dippoldiswalde. Verantwortlicher Redacteur: Paul Jehne in Dippoldiswalde. Mil achtseittgem „Illustrirten UnterhaltnngSblatt". Mit land- und hanSwirlhschasllicher MvnalVbeUagr. Nr. 93. Sonnabend, den 15. August 1896. 62. Jahrgang. «Lokales «nd Sächsisches. Dippoldi-walde. Von geschätzter Seite erhalten wir auS Reinhardtsgrimma folgende dankenS- werthe Zuschrift, die wir im Interesse unseres Leser kreises der Oeffentlichkeit nicht vorenthalten möchten: Am 10. August drängte sich hier ein ziemlich großer, kräftig gebauter Mann mit auffallend gemeinen, jüdischen GesichtSzügen und höchst frechem Benehmen in meh rere Wohnungen ein, um den Leuten Stoff zu An zügen aufzuschwatzen oder geradezu aufzuzwingen; der technische Ausdruck für derartige Gauner lautet, wenn ich nicht irre, „Tuchnepper". In einem hiesigen Bierlokal wurde der Gauner in Folge seiner aufdring lichen Unverschämtheit energisch hinausgewiesen; auch wurde ihm, als er daraufhin einen Schnitt Bier ver langte, derselbe verweigert. Der Wirth theilte mir mit, daß er noch den ganzen Nachmittag vor Auf regung über den Vorfall gezittert habe; ich selbst war Zeuge deS Vorfalls und bin noch heule empört über die Frechheit deS Menschen. Ich glaube, daß derartige riervenerregende Vorkommnisse die Gesundheit auf die Dauer mehr schädigen, als die oberflächlichen Stiche eines Messerhelden. Wäre ein Gendarm in der Nähe gewesen, so würde auch jedenfalls die Festnahme des Menschen veranlaßt worden sein. Ein anderer hies. Einwohner ergriff die Peitsche, weshalb der Haustier eiligst das auf dem Tische ausgebreitete Packet ergriff und mit Zurücklassung des Bandes, mit dem das Packet geschnürt war, aus dem Hause flüchtete. Als er auf der Straße sah, daß er den drohenden Peit schenhieben entronnen war, spie er gegen das Haus hin aus und äußerte noch einige Beleidigungen. Der Betreffende war deshalb in dieser nicht gerade höflichen Weise vorgegangen, weil er in dem Hausierer denselben Menschen wiedererkannte, der ihn und einen Bruder schon vor mehreren Jahren in Poffendorf mächtig demogelt hatte. Damals hatte er Stoff für 100 Mk. Angeboten, sie ihm aber schließlich für 30 Mk. über lassen, sodaß derselbe ein gutes Geschäft gemacht zu haben glaubte, während sich nachträglich herauSstcllte, daß er sich werthlose Schundwaare hatte ausschwatzen lassen. Bei einem Schneidermeister suchte er einen Frack zu leihen, wurde aber abgewiesen. Auch wird dehauptet, daß der „Nepper" sich weiblichen Personen gegenüber, die er allein in den Wohnungen antrifft, in gewaltthätiger, schamloser Weise zu benehmen pflegt, und dürfte ihm seine körperliche Entwickelung und sein nicht gerade harmloses Aussehen sehr zu Statten kommen. Da der Gauner die hiesige Gegend mög licher Weise noch weiterhin unsicher machen dürfte, so äst jedenfalls Vorsicht sehr am Platze. — Heute Freitag Abend sinket das 3. Abonne- ment-Concert des Herrn Musikdirektor Jahn im SchützenhauS statt. — AuS Anlaß rechtzeitigen Erscheinens am Brand platz und erfolgreiche Löschthätigkeit beim Brande in Oberbobritzsch am K. Juni d. I. hat die Kgl. Brand- verstcherungskammer den Spritzen der freiwilligen Feuer wehr zu Pretzschendorf und der Gemeinde Bür gers dorf Prämien nach Höhe von 30 Mk. und bez. LS Mk. bewilligt. — Wie verlautet, sind die Postämter deS Reichs- postgebieleS angewiesen, im laufenden Monat während «ineS siebentägigen Zeitraumes zu ermitteln, wie viel gewöhnliche Briefe im Gewichte von 15 bis SO Z Lei ihnen eingehen. Vielleicht darf man diese Anord nung mit der wiederholt geforderten Erhöhung des Maximalgewichtes der einfachen Briefe von IS auf SO g Verbinden. — Zu der auch von uns gebrachten Notiz von einem neuen Reklameunternehmen, durch das man Briefbogen, Couverts und eine Zehnpfennigmarke für 3 Pfennige erwerben kann, schreibt das „Dresdner Journal": Ein Leser unsere» Blattes «heilt uns mit, daß diese Art der Reklame bereits im Jahre 1873 in Berlin im Brauche war. Von den betreffenden Brief bogen waren nur die erste und letzte Seite sreigelaffen, und zwar diente die erste für die Mittheilungen, die man an den Adressaten gelangen lassen wollte, die letzte für die Adresse. Die beiden Jnnense ten waren mit Reklamen aller Art bedruckt. Die Freimarke deS uns freundlichst zur Ansicht vorgelegten Briefes, die, nebenbei bemerkt, nicht aufgeklebt, sondern aufgedruckt ist, trägt den Poststempel-„Berlin, 30.11.73., 5-6N." Maxen. Es ist dem Besitzer des Fincken sang gelungen, die Krakowjoker-Kapelle auS Krakau in ihren prachtvollen National-Kostümen zum nächsten Sonntag für sein Etablissement zu gewinnen. Die Darbietungen erstrecken sich auf polnische, russische, deutsche und un garische Musik, die bisher hier noch nicht geboten worden ist. Dresden. Der Rath beschloß, auch in diesem Jahre den nationalen Gedenktag deS S. September festlich zu begehen, und zwar, wie bis zum Jahre 1894 regelmäßig alljährlich geschehen war, das Sieges denkmal und die städtischen öffentlichen Gebäude schmücken, am Abend eine Musikaufführung auf dem Altmarkte veranstalten und die öffentlichen Plätze festlich beleuchten zu lassen. Sayda. Ein Mittwoch Nachmittag über die hiesige Gegend ziehendes Gewitter war in Deutschneu dorf, Deutscheinsiedel und Brüderwiese von einem etwa IS Minuten andauernden Hagelwetter begleitet. Die Hagelstücke sielen zum Theil in Nußgrüße. Haupt sächlich in Brüderwiese und Deutschneudorf ist der an den Feldfrüchten angerichtete Schaden ziemlich beträchtlich. Borna. Seit dem 3. August ist der auf Wunsch der BezirkSeingeseffenen nach Anweisung deS Mini- strriums deS Innern in einer Rittergutsziegeleischeune zu Lobstädt eingerichtete „Krankenstall für an der Gehirn- und Rückenmarksentzündung erkrankte Pferde" eröffnet und der Benutzung übergeben worden. In diesem sollen von der bezeichneten Krankheit befallene Pferde unentgeltlich durch den Bezirksthierarzt behandelt und gleichzeitig Gelegenheit zur weiteren Erforschung des Wesens dieser seuchenartig aufgetretenen, ver- hällnißmäßig neuen Krankheit, zu deren Kenntniß neuerdings von Siedamgrotzky und Schlegel im Archive für wissenschaftliche und praktische Thierkunde bemer- kenSwertl e Beiträge veröffentlicht worden sind, geboten werden. Bereits am Tage der Eröffnung sind dieser Anstalt zwei Pferde zugesührt worden. Sie ist zwar zunächst zur Unterbringung von Pferden aus der Amtshauptmannschast Borna bestimmt, doch würde auch, soweit es die Räumlichkeit gestattet, von der be zeichneten Krankheit befallenen Pferden aus benach barten AmtShauptmannschasten die Aufnahme und be zirksthierärztliche Behandlung daselbst nicht versagt werden. Limbach. Ein Hausbesitzer in Niederfrohna ist in der Nacht zum 10. August in Folge Einathmung von Kohlengasen, welche aus dem Füllofen deS Wohnzimmers durch die offen gelassene Thür in den Schlasraum einströmten, im Bett erstickt und dessen Ehefrau früh bewußtlos vor dem Bett gefunden worden. Der Zustand der Letzteren ist nach Aussprache deS zu gezogenen Arztes sehr bedenklich und läßt das Schlimmste befürchten. Thum. Mittwoch Mittag zogen zugleich mehrere Gewitter von verschiedenen Seiten heran, die sich in überaus heftiger Weise entluden. Schlag auf Schlag erdröhnte, wolkenbruchartiger Regen, mit Schloßen untermischt, stürzte hernieder und hat an verschiedenen Stellen, namentlich in Oberthum, an Straßen und Brücken Schaden angerichtet. In drei verschiedene Gebäude hat es eingeschlagen. Mylau. Ein Fortbildungsschüler von hier, welcher zur Osterprüfung dieses Jahres mit brennender Cigarre im Schulhaus und Echulzimmer erschienen und betrunken war, den Direktor, der ihn deshalb zur Rede setzte, beleidigt, Schulbilder beschädigt, groben Unfug rc. verübt hat, ist jetzt vom König!. Schöffen gericht zu Reichenbach zu 7 Wochen Gefängniß, 1 Woche Haft und Tragung der Kosten verurtheilt worden. (Fortsetzung deS Sächsischen in der Beilage.) Tagesgeschichte. Berlin. Der Kaiser erfreut sich in WilhelmShöhe wiederum des besten Wohlbefindens. Wie verlautet, gedenkt der Monarch noch bis Mitte nächster Woche in WilhelmShöhe zu verbleiben, da ihm der dortige Aufenthalt so ausgezeichnet bekommt. — Der Reichskanzler Fürst Hohenlohe ist von dem Besuche, welchen er beim Kaiser in WilhelmShöhe auf dessen Einladung hin gemacht, nach Berlin zurückge- kehrt, ohne daß sich die aufgetauchten Gerüchte über seine angebliche Demission irgendwie bestätigt hätten. Es scheinen vielmehr theilS Fragen der auswärtigen Politik — vielleicht auch der bevorstehende Manöver besuch des Zaren in Schlesien —, theilS die „Bron- sart-KrifiS" zwischen Kaiser und Kanzler in WilhelmS höhe erörtert worden zu sein. Namentlich in letzterer Beziehung dürften durch die jüngsten Unterredungen deS Kaisers mit seinem ersten politischen verather die endgiltigen Entschließungen deS Herrschers vorbereitet worden sein, haben doch die Meinungsverschiedenheiten zwischen dem preußischen KriegSminister und einfluß reichen Persönlichkeiten des Berliner HofeS eine Span nung erreicht, welche eine baldige allerhöchste Entschei dung nothwendig erscheinen läßt. Berlin. Nach einem bei dem komniandirenden Admiral eingegangenen Telegramm des Admirals Tirpitz ist der „Iltis" auf der Reise nach dem Süden bei auskommendem stürmischen Ostwinde und unsichtigem Wetter Abends längs der Küste von Shantun gegangen und plötzlich festgekommen. Der Chef der Kreuzer-Division nimmt an, daß der Kom mandeur wahrscheinlich die Stromversetzung und die Abtrift unterschätzte. Mit voller Sicherheit hat fich'S nicht feftstellen lassen. — Ein Privattelegramm aus Shanghai meidet: Kanonenboot „Iltis" wurde von einem äußerst schweren Sturm getroffen, hilflos geworden, ging das Schiff dem unvermeidlichen Untergange entgegen. Kapitän Braun versammelte die Mannschaft auf Deck und brachte ein dreifaches Hoch auf den Kaiser aus, in welches die gesammte Mannschaft einstimmte, auch wurden patriotische Lieder gesungen. Alsbald wurde das Schiff auf den Felsen getrieben und brach mitten entzwei. Der Vordertheil mit 9 Mann saß auf dem Felsen fest, während daS Hinterthetl mit dem Rest der Bemannung unlerging. Von diesen wurden nur zwei an Land getrieben, welche alsdann nach zwei Tagen die Rettung der Uebrigen vom Felsen bewirkten. — Aus Hagen schreibt man der „D. Tgsztg.": Der freisinnige Verein zu Hagen i. W. hat beschlossen, bei der nächsten Reichstagswahl von der Aufstellung Eugen Richters Abstand zu nehmen, da keine Aus sicht vorhanden ist, denselben noch einmal durchzubringen. Dieser Beschluß zeigt wohl am deutlichsten, daß der Freisinn auch im hiesigen Jndustriebezirk immer mehr abstirbt. Nicht allein im Dortmundischen ist er dauernd zurückgegangen, sondern auch in dem früher festesten Bollwerke deS Freisinns in Westfalen, in Hagen. — In der „Deutschen Jägerztg." sucht Major v. Wißmann einen Landsitz zu kaufen, eS wird daraus geschloffen, daß er ernstlich mit der Absicht umgehe, nicht nach Deutschostafrika zurückzukehren. — In Berlin hat man eine Fahrrad-DiebeS- bande dingfest gemacht; die eingeleitete Untersuchung nimmt große Dimensionen an. Der Vertrieb der ge stohlenen Fahrräder hatte eine weite Ausdehnung er-