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M. I« Goanadint,« Mürz I«o M»cht«»sa«Ml U«üliAt«» Senetprecher-Sammetnum««»: »»III »kur für «ackNgetpeLch«! Nr. »oori «chrtlttettung u. pauVIgeichSllestelle: Drclde» - U. I. vlartenftra»» »«/«» -»« I«. Kl »». Mür, l«« »et Ntgltck, ,we«-u>ttger 8»«e0m>, frei Heu« UN> Mi. V-ltbe»>i»»pr«t« für Monat M»r, ».«» Ml. etntchl. s» VI». voftaebtthr lohne Voft,uftelIungt,e»tU>r>. Anietnuminer 10 Vf», auberhalb Dresden» l» Big. «niet»enpret>«: Dt« «n^etgcn «erde« nach »toldmarl berechnet, dt« rtntpalttge »0 mm brette Zette »» PI»., für aulwürt» 10 PI». Famtlten- »njeinen und Etellengefuche ohne Rabatt I» Pf»., außerhalb »» Pf»., die »0 mm breit« Rellameiette roa Vs»., auherbalb »so Pt». Offertengebübr so Big. ilulwürtt»« iluftrtt»« »egen Borau«br»ahluna Druck ». Verlag: Stevfch « Retchach«, Drelden. Voftfcheck>»to. toa» Dresden Rachdruck nur mit deutt.Ouellenangabe Dreldn. Rachr.i »ulü,ttg. Unvertangl« Schriftstücke werde« nicht ausbewahr« Dle Kabinettsbildung im Nelken Sk. Lmütis Eilittrfscn wir» abgewattt» Vrnlilmvlcknag nn»«ror 8«rltn«r Lobrtktlsltnng Berlin, 28. März. Der mit der Kabinettsbildung be- »uftragte Zentrumsfrakttonsfübrer Dr. Brüning hat sich den ganzen Nachmittag über mit kurzen Unterbrechungen bis X10 Uhr abends um das Zustandekommen seines Kabinetts bemüht. Der Stand der Verhandlungen war am Nachmittag schon kritisch genug, da sich die Parteien und Fraktionen ent gegen den Intentionen des Reichspräsidenten, der bekannt lich ein koaltttonsunabhängtgeS Kabinett wünscht, in den Gang der Verhandlungen einzuschalten verstanden. Damit war die Möglichkeit, gedeckt von dem Willen des Reichspräsi denten, in frischem Anlauf ein Kabinett auf die Beine zu stellen, bereits stark eingeengt. Es wurden ausgesprochen skeptische Stimmen laut, die zeitweise den Charakter des stärksten Pessimismus annahmen. Schon hörte man in den Waudelgängen des Reichs tages» daß sich Dr. Brüning mit dem Gedanken trüge» den Anstrag in die Hände des Reichspräsiden ten znrückzalege«. Sogar Nachfolger wnrden bereits genannt, darnnter der frühere Reichskanzler Marx. Diese kritisch« Stimmung wnrde «och dadurch verstärkt, baß der Reichspräsident im Laufe des Nachmittags de« Abg. Schiele zu stch berief. Der Präsident des Reichsland» bnnde» ging «ach »er Unterredung mit dem Reichspräsiden ten »«« dentfchnatiouale« Parteiführer Hngenberg, mit de« er eine anderthalbstündig« «nssprache hatte, «s »er- lautet, daß Schiele versprochen hat, im Falle der An nahme des ReichsernährunMminifteriumS sein ReichS- tagsmaudat niederzulege«. Zwischen 8 und t Uhr abends erschien Schiele bann im Reichstag. Rach »er- hältntSmLbtg knrzer Unterredung wurden die Berhanb- lnnge« ans Sonnabend vormittag vertagt. Zwei Punkte sind es, die die personellen Fragen bet der Kabinettsbildung weitgehend überragen und die unter Um ständen den gesamten Plan Dr. Brünings in Frage stellen können. Mit Recht macht Re»chölan-bun-präsi-ent Schiele seinen Eintritt in das Kabinett von agrarpolittschen Forde rungen abhängig, die ganz naturgemäh auch in das Feld der Außenpolitik hinübergreifen. Soweit die Kabtnettsltste überhaupt bisher als feststehend bezeichnet werben kann, hat sic chre kritischsten Stellen in der Frage der Besetzung des Außenministeriums. Ursprünglich hatte Dr. Brüning die Beibehaltung von Dr. Curtius als Außenminister nicht vorgesehen, eine Tatsache, die in der Volkspartei alarmierend wirkte. Dr. Curtius, der Sonnabend früh 8,15 Uhr in Berlin eintrifft, ist entschlossen, für seine Position im Kabinett zu kämpfen. Die agrarpolittschen Forderungen Schieles tangie ren dieses Problem insofern, als die Grüne Front be kanntlich außerordentlich starke Bedenken gegen den von Dr. Curtius abgeschlossenen deutsch-polnischen Handels vertrag hegt. Dr. Schiele dürste Dr. Brüning nicht darüber im unklaren gelassen haben, daß sein Eintritt ins Kabinett von Vorbedingungen abhängt, die die Politik des Reichsaußcnministcrs Dr. Curtius stark berühren müßten. Von der anderen Sette verlautet, daß die Volks- konservativen entschlossen sind, stch an der neuen Regie rung nicht zu beteiligen, wenn Dr. Curtius abermals Außenminister werden sollte. Das soll für sie eine conckitio »ins qua non sein. Dr. Brüning, der ursprünglich gehofft hatte, «och heute abend bas Kabinett zusammenzubringe«, entschloß sich an- Berltn, 28. März. Die Abgeordneten Dr. Hugen- berg, Dr. Schiele und Dr. Oberfohren haben im Reichstag eine Interpellation eingcbracht, in der ein Mora- torium für den Osten gefordert wird. In der Interpellation heißt es unter anderem: Der Zusammenbruch der Preise für landwirtschaftliche Erzeugnisse hat ganz allgemein, besonders aber in der Provinz Ost preußen. Pommern, Grenzmark, Posen-Westpreußen, Bran denburg, Oberschlesien, Ntederschlesien und Mecklenburg sowie den angrenzenden Gebieten zu unhaltbare« BerhSltnisfe« geführt. Die bisherigen Anforderungen von seiten der öffent- ltchen Hand an Steuern und anderen Lasten haben die land- wirtschaflichen Betriebe restlos erschöpft und besonders im Osten erhebliche Eiugriss« in die Substanz in einem Umfange erforderlich gemacht, daß eine ordnungs mäßige Bewirtschaftung in der Mehrzahl der Fälle nicht mehr gegeben ist. Nachdem die Interpellation die Hilfsaktion der Reichsregierung als unzulänglich bezeichnet, wird die Frage gestellt, ob die Reichsregierung endlich bereit sei, eine durch- greifende Hilfsaktion besonders für den deutschen Osten im Ginne der Forderungen des Reichspräsidenten burchzuführen und insbesondere folgende» Forderungen HU entspreche»; gesichts dieser Lage, die Rückkehr von Dr. Curtius ab- zuwarteu. Es ist nicht ausgeschlossen, daß damit alle Bemühungen, ein vollkommen neues Kabinett mit vollkommen neuen Kräften ins Leben zu rufen, in der Sache bereits gescheitert sind. Es ist vorauszusehen, daß am Sonnabend ein heftiger inter fraktioneller Kampf ansbricht, dessen Endergebnis als durclmus ungewiß erscheint. In jedem Falle darf man aber bereits heute seststellen, daß Dr. Brüning die starke Hand vermißen ließ, die notwendig gewesen wäre, eine kurzfristige Lösung der Kabinettskrisis z» ermögliche». Aus diesen Gründe» ist der Kabtnettsliste, wie sie bisher ausgehandelt morden ist, keine sehr hohe Bedeutung bet rumessen. Immerhin sei sic kurz verzeichnet. Danach geht personalpolttisch der Kamps um das Außenministerium zwischen Dr. Curtius und dem Abgeordneten Tre- vtranus. Als Innenminister ist Dietrich-Baden vorgesehen. Als Kandidaten für das Rcichssinanzmintsterium figurieren Dr. Moldenhauer in erster und der volks parteiliche Abgeordnete Hoff in zweiter Linie. Das Wirt- schaftsmtnisterium hatte Dr. Brüning dem volksparteilichen Parteiführer Dr. Scholz und im Falle der Ablehnung dem früheren Reichswirtschaftsmintster v. Raumer zugedacht. RetchSarbettsminister: Steaerwald: Ministerium für die besetzten Gebiete: Dr. Joseph Wtrth,- Retkl^wehrmtnt- sterium: Grüner,- Postministerium: Dr. Schätze!, Reichs» iiisttiministerium: Dr. Brebt,- Reitbsernährungsminister: Dr. Schiele. Ueber das Rcichsverkchrsmintsterium verlautet noch nichts. Es heißt, daß im Falle des Zustandekommens eines Kabinetts Brüning auch die Stelle des Pressechefs der Reichsregierung. die seht der der Sozialdemokratischen Partei angehörende Ministerialdirektor Zcchlin inne hatte, neu besetzt wer den soll. Man spricht davon, daß für sie der dem Zentrum angehörtge Legativnsrat Katzcnberger von der Presse abteilung der Reichsregiernng in Aussicht genommen ist. Am Abend des Freitags war es schwer, irgendeine Prognose zu stellen. Stimmungsmäßig steht die Sache aber nicht besonders gut. Müller erstattet Bericht Berlin, 28. März. sEigene Drahtmeldung.) Bor dem sozialdemokratischen Parteiausschuß, der auf Freitag ein berufen war, erstattete der bisherige Reichskanzler Her mann Müller einen Situationsbericht. Er ließ den aus dem ganzen Reich erschienenen Vertretern seiner Partei kei nen Zweifel daran, daß er die Entwicklung bedauere, die die Dinge im Reiche genommen haben. Er sprach aus. daß man eine Machtposition, wie sie die Sozialdemokraten durch die Teilnahme an der Negierung tnnegehabt haben, nicht um verhältnismäßig kleiner Dinge willen aufgeben dürfe. Der bisherige Reichsarbettsminister Wissell bcharrte demgegenüber anf seinem unnach giebigen Standpunkt in der Arbeitslosenfrage und wurde darin vom ReichStags- abgcordnetcn Müller-Lichtenberg, dem Vertreter des Gewerkschaftsbundes, unterstützt. Der dem linken Flügel der Partei angehörende sächsische RetchStagsabgeordnete Seydewitz begrüßte das Ende der Großen Koalition, die schon lange brüchig gewesen sei. Er bedauere nur, daß man nicht schon früher aus der Regierung ausgetreten sei. Be schlüsse wurden nicht gefaßt. Jedoch machte, wie es heißt, ein großer Teil der Parteimitglieder kein Hehl daraus, baß er die Haltung der Mehrheit der Reichstagssraktion nicht billige. 1. Vorlage eines besonderen Notgesetzes, dnrch das de« Osten bis zur Wiedererlangung der immer «ieder ver, sprochenen Lebensgrundlage ein Zahlungsaufschub gewährt wirb. 2. Vorlage eines besondere« Gesetzes über ei« Vergleichsverfahren bet landwirtschaftlichen Betriebe«. das im Falle von ZahlnngSftockungen Boreinleitnng von Zwangsversteigerungen. ZwangSverwaltnnge« oder Maß nahmen der Zwangsvollstreckung in das bewegliche vermögen ei« außergerichtliches oder gerichtliches Vergleichsverfahren vorschreibt. Dazu ». Bereitstellung von jährlich mindestens 200 Millionen RM. sür den Osten auf die Dauer von 8 Jahre« zur Sen kung der Zinsen anf RetchSbankdiSkont, znr Schasfnng eines vetriebSerhaltungSfondS sür Betriebe aller Größen, znr Fortsetzung der Umschuldung und znr Regulierung der Are» ditverhältniffe. 1. Die Dnrchführnng der HtlfSmaßnahme« in die Hände der Provinz «nd der landwirtschasUtchen vernsSvertretnng -» legen? Was lehrt Thüringen? Um die Retchsreform ist es seit einiger Zeit recht still geworden in Deutschland. Die Literatur häuft sich zwar za Bergen und in privater Arbeit wird emsig Material zu sammengetragen, auf dem die Staatsmänner das Werk der Neichserneuerung aufbauen sollen. Aber die Staatsmänner selbst hatten bisher Wichtigeres zu tun. Sie fanden im ewigen Krisenkrampf keine Zeit zur Bewältigung dieses Problems, das die Voraussetzung für die Berwaltungsreform in den Ländern und damit zur Verwirklichung der tausendmal ge predigten Sparsamkettsgrundsätze in der öffentlichen Finanz- Wirtschaft bildet. Und es scheint auch am ernsthaften Willen gefehlt zu haben, seit die letzte Länderkonferenz dank -er preu ßischen Sabotage im Sande verlaufen ist. Der in dieser Frage ausschlaggebende Reichstnnenmintster Severing zog auch hier an einem Strang mit seinem Genossen, dem preu ßischen Ministerpräsidenten Braun. Als Sozialdemokraten sind sie zwar unentwegte Unttarter, aber als Herren über Preußen sind sie ebenso stramme Föderalisten in dem Sinne, daß sie ihre preußische Machtbasts durch irgendwelche Re formen im Rctchsaufbau nicht antasten lasten wollen. Recht ungnädig hat Severing erst kürzlich einen neugierigen Frager, der stch für den Fortgang der Arbeiten zur Reichs- reform interessierte, abgefertigt: es gäbe schon genug Makulatur darüber, und er wolle die schwierigen Verhältnisse der Reichspolittk nicht auch noch mit der Aufrollung dieser Streitfrage belasten. Nun haben sa die schwierigen Verhält nisse der Reichspolittk an sich schon genügt, um seiner Mt- ntstertätigkett ein rasches Ende zu bereiten. Nach SevertngS These konnte es scheinen, als ob er in der letzten Zeit wirklich drückendere Sorgen gehabt habe, als die um den Neubau des Reiches. Aber unter der Hand hat er trotz dem feine private Reichsreform zu machen versucht. Näm lich Unitartsierung ohne äußere Reformen und ohne Ge setze, nur durch Machtpolttik,- kalte Vereinheitlichung der Tat. Nichts anderes ist im Grunde genommen der Fall Thü ringen, der durch die Ereignisse im Reich wohl praktisch erledigt ist, aber trotzdem für die deutschen Länder nach seinem Anlaß und Verlauf bedeutsam bleibt. Man würde diese Be deutung verkennen, wenn man den Konflikt rückschauend nur unter dem Gesichtswinkel der parteipolitischen Gegner schaft zwischen dem Sozialdemokraten Severing und dem Nationalsozialisten Frick betrachten wollte. Das Persönliche mag der unmittelbare Anlaß gewesen sein, aber die Wirkungen greifen tief in die Beziehungen zwischen Reich und Ländern. SevertngS Vorstoß richtete sich direkt gegen ihre Selbständig keit. Er war eine Fortsetzung der seit Jahren betriebenen finanziellen AuShöhlungSpolttik mit anderen Mitteln. Und zwar hatte stch der Retchsinnenminister mit Bedacht das kleine Thüringen ausgewählt, um in die staatliche Hoheit der Länder eine Bresche zu schlagen, weil er dort die Widerstandskraft gering einschätzte. Mit Bayern sind schon oft ernstere Kon flikte entstanden und der bayrische Ministerpräsident hat den Gebietern im Reich viel härtere Brocken an den Kopf gewor fen als der thüringische Innenminister. Aber niemals hat man in Berlin den Münchnern gegenüber eine solche Schneid in Worten und Taten entwickelt , wie sie dem kleinen Weimar gegenüber angewcndet wurde. Das hindert aber nicht, baß sich ein Sieg Severingscher Willkür in Thüringen zu einem gefährlichen Präzedenzfall auch für die übrigen Länder aus gewachsen hätte, die noch Wert auf ihre Selbständigkeit legen. Der tiefere Grund des Streites lag doch darin, daß t» Thüringen seit den letzten Wahlen die Linke ganz aus geschaltet ist. Nicht nur die politische Nase des Herrn Dr. Frick, die ganze Richtung hat Severing nicht gepaßt. Daß man in der Schule, in der Polizei und in der Finanzverwaltung so ganz ohne die Sozialdemokratie und gegen ihren Willen arbeitet und daß dadurch die thüringische Heimatliebe mitsamt dem Selbstbehauptungswillen einen starken Auftrieb erhalte» hat, diese ganze Entwicklung hat dem Reichstnnenmintster das politische Konzept verdorben. Darum gebot er plötzlich Halt tm Namen des Zentralismus und machte sich gleich an den Versuch einer Art von Reichsexekuttve unter Mißachtung der den Ländern verfassungsmäßig gesicherten Rechte. Und noch weiterl Er wollte gleichzeitig verhindern, daß sich der marxi- stisch geleiteten Machtpolttik Preußens im Rcichsinnern gegen über ein nach rechts orientierter mitteldeutscher Widerstands» block bildet, der stch in föderalistischen Fragen auch auf die süddeutschen Länder stützt. Von da führen die Fäden von Weimar herüber nach Dresden. Und wir finden in diesem Gedankengang vielleicht den tiefsten Grund, warum in Sachsen mit so verbissener Hartnäckigkeit die Neubildung einer bürgerlichen Regierung verhindert wirb und warum die radikale sächsische Sozialdemokratie, die bisher jede Be- rührung mit bürgerlichen Parteien scheute wie der Teufel baS Weihwasser, auf einmal so koaltttonSfromm geworden ist, baß sie sich nach einer Verbindung mit der .chochkapttaltstt- schen* Deutschen BolkSpartei drängt. Während der letzten Debatten tm Sächsischen Landtag ist dieses Motiv oft angeklungen. Besonder» die Wortführer der Großen Koalition sind nicht müde geworden, vor de« »thüringischen Verhältnissen* zu warnen, zu denen eine RechtSregteruug auch t« Sachse» führe» müsse. Wie schauer- Dt>i1sibnt»l«wst zirtekimii wr »m Sstm