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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 11.02.1911
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-02-11
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19110211029
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911021102
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911021102
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-02
- Tag 1911-02-11
-
Monat
1911-02
-
Jahr
1911
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NahetqniVrei- D» Ke»»»«» ax «,»v, uai ünigebunq bi, >M,»ai«»»« >l> »» »»» Sertt^etl- > 14 «» »«r» ät»a» m^«u» > ul W, E—ä— » >»n»»»» t.» u« . IMeeii, ««bär»«» » o»nud«» teü »W »4 «» »Mr» Bani^ü» w >«»ä,t»a»rriq»» «» t> «H»»ri<vri>«» and t» »ae «»«»dauaaa», a. brei» -r»»»l. ä>a»«li «»» tar,I Oeitageqebüdr b ul » La»«»» er«. *»ttu«»a»r. s^N««» l»rr»M> »»»« »irack. »«r»r» »a« ^rtchrine» an »««»«»<. Lage» »» «it^» «ir» kn« aarann» üdrrnamme» >»»n««n-«»»ab»«' >»,uttu»»IaH «L b« 4»,l<^e» 4,lxi«» » alle» »-»»ne«» Uj»»m»»«n »«« I» ,»» «»«I„»«4, H«»»i-ätllat, Lr,«»«« L«u> »» «. t >'ta»«>^» «t^t> 105. Zshrgsny Sonnsdenü üen ll. /edruir l9ll. Atargaretentag nen, was dieser Tag uns gegeben bat. Schiller Spaltholz durch die Straßen ziehen. Sie . . Herz, drückt ihn versöhnende Blume in die widerstrebende Hand bietet dem halb ungern gespendeten Groschen Büchse dar. Herzlichen Dank! klingt's von schönen Munde. Die strahlenden Augen lachen mürrischen Alten ins Herz, er lächelt selber und seines Weges. Solch ein Groschen ist doppelt ihr erzählen, wollen, dann Die hebt er ''ine die seinem dieses einfache Kävtenbild hineingelegt hat, Liebe, die fröhlich hilft, ist heut« ihnen allen, gem-'nsam Man mühte schon ein Dichter mit einem in kann. Die Sorgen und Sie sind es kinderfrohen um das Leben wieder auf der Straße zu Es wickelte sich hier ebenso ab. * » '* Fleischerplatz batte ich Gelegenheit eine Episode zu beobachten. Kommt da von un ¬ alle Kavaliere des Winters in den Schatten stellt. Daheim aus seinem Dorfe wird er von und sie werden s ihm nicht glauben zeigt er die Margaretenblumen vor. Die hebt aus fürs ganze Leben, und nächtens durch se Träume wandelt die hochadlige Fee, Handpserd selber die Blume ansteckte. Euter, aller, erzener Hannemann, Am Dresdner Bahnhof hatten sich die Damen des O f s i z i e r k o r p s des ll17. InfanterieRegiment» mit Damen unserer städtischen Bühne/ Frau Un- tucht sowie Frl. Merrem, Fuchs, Bartsch und Marbach, zum Margaretenblumenverkaus vereinigt. Es war in Wirklichkeit ein „farbenfreu diges Bild", das sich dem Auge bot. Natürlich wur den die Ankommenden und Abfahrenden in gleicher Weis« bedacht und so sah man denn weit und breit kaum eine P.'rson, die nicht „die Leipziger Blume des ll. Februar" trug. Jedenfalls dürfte dieser Verkauf ein ansehnliches Scherflein zum guten Werke bei getragen haben. , * Südstraße. Das Eselfuhrwerk für den Milch versand eines Rittergutes in Leipzigs Umgebung steht an der Straßenecke. Daneben die beiden drallen Milchmädchen, die sich vor Lachen schütteln. Warum? Ein eleganter junger Herr, der Begleiter einer sehr niedlichen Verkäuferin, gibt sich die größte Mühe, des Eselszaumzeug mit einigen Margareten zu schmücken. Außerhalb üer promenaüe. Man mußte heute sehr früh aufslehen, wollte man den Beginn des Margarelentages erleben. Schon um 7 Uhr früh ging s los und setzce gleich mit solcher Kraft ein, daß innelhuld der ersten Stunde schon ganz Leipzig mit Margareten wie übersät war. Die jungen Damen und Herren, die sich in den Dienst der guten Sache gestellt haben, nahmen ihre Aufgabe sehr ernst und taten alles mögliche, um im Kampfe um die Margarete den Sieg davon zu tragen. Man sah allen den Ehrgeiz an. soviel als möglich zu ver kaufen, jede und jeder wollte die grüßte Summe zu sammenbringen. Ich war kaum aus dem Hause heraus, da er wischte mich bereits die erste Verkäuferin, und als ich glücklich bis zur Elektrischen kam, da halte ich bereits ein halbes Dutzend Margareten. Jetzt hieg es sich retten, denn wenn das so weiter ging, so hatte ich, noch ehe eure Stunde vergangen war, mein ganzes Vermögen in Margareten und Postkarten angelegt, ohne doch den eigentlichen Zweck meiner Reise durch die Stadt erfüllt zu haben, nämlich über den Verlaus des Tages zu berichten. Ich flüchtete also auf dre Elektrische in der Absicht nach dem anderen Ende der Stadt zu fahren. Aber, o weh, hinter mir stieg schon ein junges Mädchen mit herauf, um auch hier ihre Blumen anzupreisen. Jetzt erinnerte ich mich plötz lich, baß mrr die Leitung ja eins der blauen Ab zeichen zur Verfügung gestellt harte und steckte es an. Damit erreichte ich, daß die hübsche junge Dame mich als ihren „Kollegen" betrachtete und mich oerichonte. Desto besser hatte ich nun Gelegenheit, meine neue „Kollegin" bei ihrer Tätigkeit zu beobachten, und ich muß zugestehen, daß sie ihr Geschäft verstand. So im Handumdrehen hatte jeder Fahrgast seine Blume, ob er wollte oder nicht, und man konnte auch beobachten, daß sich das Publikum absolut nicht ablehnend ver hielt, im Gegenleit sogar freudig in die Taschen griff, um sich an dem Wohlrätigkeitswerk zu beteiligen. Gelegenheit dazu hatte es ja in Hülle und Fülle, kaum war nämlich die reizende Verkäuferin wieder abgestiegen, so stieg an der nächsten Haltestelle schon wieder eine andere auf Trotzdem also eben fast jeder seinen Obolus hergegeben hatte, beteiligten sich doch wieder die Fahrgäste an dem Liebeswerk und gaben fröhlich. Ich hielt es iür angebracht abzu- steigen, sehen. Gott frohen Kindesherzen sein, wollte man in Worte ban nen, was dieser Tag uns gegeben hat. Schiller wäre der rechte Mann, er müßte leben und sein „Freude, schöner Götterfunken" in die Herzen hineinsingen, das unsterbliche Lied von der Liebe, das er in unserem Leipziger Gau, in den Eohliser Waldgängen emp funden hat. Den jungen Goethe sah ich vom Naschmarktdenk mal niedersteigen, grad auf Auerbachs Keller zu. Dort sitzt er hinter dem Becher und träumt und schwärmt von Faustens Höllenreise. Aber seine Ge danken sind weit weg von der Hölle und dem Teufel, er denkt an dre Jugend und sein Herz ist voll Liebe. Kätchen. schön Kätchen! Sie liebt mich. Sie liebt mich nicht. Mit Schmerzen. Don Herzen. Seine Finger zupfen einer kleinen weißen Margareten- blume die schmalen Blättchen aus und die ent blätterte Glücksblume stirbt in der Hand des Seligen, Beseligten. Wir halten heute nur tote Margaretenblumen in beiden Händen, aber sie bringen uns lebendige L'ebe, die von Gott selber kommt, ein göttliches Geschenk. Am hübsche gefähr ein junger Mann, der mit dem Kodak in der Hand auf Raub ausging. Ihm begegnet eine der hübschen Verkäuferinnen, die er sich sofort als Objekt für seine Platte erwählt. Die hübsche Kleine erfaßt die Situation, stellt sich sofort in Positur und läßt sich knipsen. Kaum ober ist das Bild fertig, erfolgt die Revanche und der Amateur ging mit mindestens einem Dutzend Margareten geschmückt von dannen. * * * Eine weitere sehr hübsche Sacbe passierte an der Ecke der Elster- und Frankfurter Straße. Da hatten sich zwei junge Backfische zu löblichem Tun zusammengeschlossen, und mich selbst als Opfer er koren. Ich wehrte mich verzweifelt, drohte aber schon zu unterliegen, als mir ein kleines Ponygespann zu 5>ilfe kam. Dies war übrigens ganz reizend mit Margareten ausgeschmückt und machte einen äußerst hübschen Eindruck. Die Kleinen ließen mir k>>ine Ruhe, da rollte das Gefährt an mir vorbei und einer plötzlichen Eingebung gemäß betzie ich sie auf dieses. Im Augenblick war es zum Sieben gebracht, es gab ein kurzes Parlamentieren dann sah ich den darin sitzenden Herrn in die Tasche greifen und weg war er. L. U. Linen Hausdiener sah ich schwere Koffer heben. In frosterstarrten Fingern hielt er seine Margareten- blümchen und hatte einen frohen Schein im Auge. Du mußt nur üen Menschen ins Herz sehen, auf ihren Mund blicken, sie sind alle heule wie ausgetauscht. Kein feindlicher Blick, kein hartes Wort auf den Lippen. Uirü wenn schon der eine ober der andere, geizig und hypochondrisch, verdrossen wie jeden Tag. seine Straße hinstapft und die bittenden Feen mit verwebendem Wort, mit wütender Gebärde weg scheucht, eine hackst auch ihm ins Herz, drückt ihm die und die dem dem geht —.... wert, denn das „Dergelt's Gott!" hat ein Wunder bewirkt. Wie weit offen stehen dagegen die Herzen der Jungen! Unsere Studenten stolzieren, mit Marga- retenblumen über und über besternt, durch die Straßen, und wo ein holder Blick, ein Lächeln sie mahnt, zücken sie die groschenschwere Börse und zahlen gern den Obolus. Die Damen wissen auch gar zu lieb zu bitten. Einen Professor mit breitem Hut und spitzem Bart, ein Künstler offenbar, sah ich versonnen am Mürchenbrunnen aus dem Thomasring spazieren. Naht ihm eine so holde Schöne, ein Fräulein rosig vom Frost, mit blitzenden Augen und kräuselndem Vlondgelock in kluger Stirn, rank und schlank, ein echtes deutsches Mädchen: „Ei, Herr Professor, möch ten Sie nicht ein Margaretenblümchen kaufen? Oder ein paar? Zehn Pfennig das Stück!" Die forschen den Augen, halb verträumt, sehen sie lange an. Die Hand des Künstlers greift in den Korb und faßt mit allen Fingern nach den Blumen. Einen runden Taler gibt er als Entgelt. Da ist selbst der Mund der Sammelbüchse zu klein, und fröhlich über den reichen Ertrag liefert die hold« Schöne üen Taler ihrer nächsten Reoierdame ab. Ein Student hat den Vor gang beovachret unü tritt näl-er, bittet auch um Blumen. Der Professor steht dabei unü sieht, wie die feinen Hände in den Liebesblumen wühlen. „Mädel, ich könnte dir einen Kuß geben, so wunüernett und lieb bist du." „Das geht hier nimmer, alter Herr", gibt sie schlagfertig zurück. „Ich bin ja im Dienst." Lächelnd stehl der alte Professor. Der junge Student aber ist Herr der Situation. „Gestatten Sie. mein gnädiges Fräulein, daß ich der wohltätigen Fee die kleine Hand küsse." Und chcvaleresk führt der Jüng ling die kleine, ach io blaugesrorene mildtätige Hand zum Munde, während der Professor lachend den Blumenkorb hält. So sind sie alle. Jeder auf seine Art. In der Katharincnstraße sah ich einen Herrn mit dem Geld- brie>träger aus dem Haustor treten. Eine Marga- retenverkäuferin hält ihn bittend an. Der H.rr will wntergehen. „Halt mal." Der Geldbriej.rager faß ihn lust.g am Aermel. „Fräulein, dieser Herr kaust Ihnen was ab. Ich habe ihm eben sehr viel Geld gebracht. Das ist wohl heute kein Dienstgeheimnis, wenn ich das ausplaudere." Und der reiche Herr zieht die Börse und spendet seine Mark, auch für den hilfsbereiten Geldbriefträger fall.m noch ein paar Blümchen ab. „Danke schön, Herr Doktor St . . . ." Der Spender sieht nerwund.'rt auf. „Aber . . . gnä dige Frau, das sind ja Sie selber. Hält ich das aynen können." Und er zückt nochmals die Börse. Ja, es gibt keinen Unterschied heute zwischen höchster, erster Gesellschaft, zwei.em und drit em Stand. Es ist ein Tag, an dem alle Menschen liebestätige Brüder und alle schönen Frauen und Mädchen Schwestern sind. Sie sind alle so schön, und dir liebe, muntere Laune der wohltätig n Fee steht ihrer Schönheit so gut zu Gesicht. Nah dem Al.en Theater in den verschneiten Anlagen am Denkmal des guten, seligen Hahnemann aus Meißen den sie den Vater 0 r Homöopathie nennen, sah ich ein unvergeßl ches Bildchen. Ein Lastwagen kam des Wegs gefahren, hochbeladen mit Kartofjelsäckcn. Der Knecht in der Schoßkelle sah verwundert drein, auch ein wenig ver drossen, daß man ihn in seinem Arbeitsrock wohl für zu gering achtete, ihm eine Margaretenblume zu ver kaufen. Kommt eine vornehme, funge Frau grad auf ihn zu, so eine liebe, gütige Schönheit von einer Märchenfee, wie sie einst durch unsere Kinüerträume wandelten. „Halt an, mein Freund!" Der Wagen hält, der Kn cht steigt ab und sucht aus dem Hosen futter einen Groschen, noch einen. Die eine B'.ume steckt er sich an sein Wams und die andere hält er frä send in der Hand und bl ckt verlegen die vornehme Dame an. Die hat ihn gleich verstand n, reicht ihm Körbchen und Büchse für einen Augenblick und steckt dem Handpferd die Margaretenblume an das Stirn leder, grad vor die schimmernde Blässe. Der Knecht sitzt wieder auf und fährt stolz davon. Mit der Peitsche winkt er der feinen Dame zu und nickt zu, mit verlegen-frohem Lachen. An dem Braven hat die Frau Baronin eine Eroberung gemacht, die Euter, aller, erzener Hannemann, was du hier gesehen hast von deinem steilen Postament, das ist die schönste Homöopathie, von der dich deine Schul weisheit nichts ahnen ließ, Menschenliebe, die fröh lich macht und Wunden heilt, Armen und Krüppeln Obdach und Pflege gibt. Wir haben wohl alle viel von dem schönen Margaretentage in Leipzig erhofft, aber daß er so voll lauter Liebe werden würde, yat keiner je vorausgedacht. Wie um den Mittag in allen Straßen der Ver kehr auf- und nieüerwogte. Taufende von Blumen kamen im Augenblick in lausend Hände, und Eroshen und Groschen erklirrte in den Büchsen. Das hätte unser sächf,scher Landsmann Johannes Tetzel erleben müssen, wie sein schlechtes System im Dienste allge» meiner Menschenliebe so goldene Früchte zeitigt! Wenn einer dem Margaretentag nicht gram ist, so ist es die Iug.nd. Um die jungen Damen scharen sich ihre Verehrer vom Tanzslundenball. von der Eisbahn und kaufen unü kaufen. Manche kleine Margareten blume wird hier mit weichem Druck der Hand g.geben und manchen" Groschen, der im Kasten klingt, be gleitet ein ungesprochenes, von zwei Herzen heiß ge fühltes Liebeswort, ein Gedicht. Man brauchte nur um di« Stunde des Mittagsbummels die Grimmaische Straße zu betreten und sah soviel Verehrung und heimtlche Liebe an allen Ecken. Ja, ist denn ganz Leipzig verzaubert! Väter unü Mütter jehen nicht scheel, sehen mit glücklichem Lächeln ihr Töchterchen von empfindsamen Jünglingen umringt. Und dort der Herr Leutnant, der von den zwei so hübschen Domen Blumen über Blumen kaukt, alle Knopflöcher damit füllend, giöt-gern dem Einjährigen Raum, der auch sein Sträußchen bei der heimlich angebeteren Tochter des gestrengen Herrn Majors kaufen will. Doch erst kommt ein anderer Käufer an die Reihe. An die Hauswand gedrängt, steht ein verlumpter Bettler, zitternd vor vunger und Frost. Er hält zehn abgezühlce, abgegriffene Pfennige hin. Ihm ist es heilige Herzenssache, denn er ist ein Eenosse der Not und des Elends. Die Dame, die noch eben lachend mit dem smarten Leutnant plauderte, nimmt die Pfennige mit scheuer Hand und läßt sie langjam, einen um den andern in den engen Mund der Büchse gleiten. Dann wählt sie die schönste Blume aus und reicht sie dem Bettler dar. In ihrem Auge blinkt eine Träne. Ein Demant, der allen ins innerste Herz strahlt. Ein Herr im reichen Pelz, der die Szene mit angesehen, drückte dem Bettler verstohlen einen Taler in die welke Hand und kaufte dem lieben, guten Mädchen den ganzen Vorrat ab. Sah man je an einem Tage soviel Liebe, die sich nick't breit macht auf den Gassen, die nicht gemanagt und planvoll inauguriert ist. Soviel Liebe, die nicht mit pomphaften Namen prunkt und hinterdrein denen, die das grosst Defizit decken, Orden und Wür den verheißt! Sie zeigen sich heute alle, alle als echte Menschen und haben einen Tag die Fremdheit abgelegt. Mar Klingers schönes Kartenbild ist io symbolisch für diesen Tag. der keine andrrc Blume kennt als die schlichte Margarete vom grünen Wiesen rain. Was sein reiches, weiches Künstlerherz in die allen Soviel Wohltätigkeit, soviel freundlich lächelnde, einladende Blicke schöner Mädchen und Frauen auf allen Straßen und Gassen Groß-Leipzigs. Und ein so lach/nder, sonnenheller Wintertag! Fürwahr, noch nie sah Leipzig solch einen Tag! Auf üen Straßen wogt eine plaudernde, kaufende, wohltätige Menge, und wohin das Auge blickt, sieht es Margaretenblumen, lauter Margaretenblumen. Das kleine, bescheidene Wiesenblümchen, mit dem die Kinder spielen, aus dem die Mädchen im maienden Hag die Liebe erfragen, ist vor Lenz zu einem unver gleichlichen Flor erwacht, der nur einen Tag währt und doch eine halbe Million Menschen glücklich macht. Margaretentag. Ern Zauder besondere: Art liegt in dem Wort und teilt sich allen mit, die ihn erleben. Es ist etwas um dies« weißsternige Blume mit dem goldenen Herzen, um diesen Tag, das ans Herz greift. Jeder spürt es und gibt sich frohbewegt dem Eindruck hin. Ueberall siehst du nur fröhliche Gesichter heute. Es ist, als ständen alle Herzen offen, Liebe zu geben und zu nehmen. Die Arbeit geht doch noch ihren gleichen Gang, und die Hast in der Eroßstoot lst heute nicht geringer als jeden Tag, und doch ist ein selt sames Etwas, ein zauberischer Dann, der über allem webt und dem sich keiner verschließen Menschen trotz Arbeit und Amt, trotz Hasten, scheinen heute alle wahrhaft gut. wohl auch. Könnte doch ein Gott die Stunden bannen! Am frühen winterkalten Morgen schon huschten die Mädchen, Körbchen und Büchse in frohbereiten Hän den, straßauf, straßab und boten Margaretenblumen feil. Da ging keiner vorüber, der nicht ein Blümchen wenigstens erstand und an seinen Winterrock steckte. Und im Nu sah die ganze Stadt aus, als hätte der liebe Herrgott im Himmel über Nacht allen guten Leipzigern einen schönen Frühlingsoroen für ihre Wohltätigkeit verliehen. Ein munteres Mädchen im roten Käppchen, wie ein rechtes Rotkäppchen, das auf der taufrischen Wrei: einen Margaretenblumenstrauß pflücken ging, bot mir die erste Blume dar. Im languchen Buchs'chen klap perten ihr die Erojchen, und frohlockend tat sie mir kund, sie habe schon ein Körbchen ausoerkauft. Die blaugestrichcne, lange Büchse mit dem Henkel wallte mir zuerst mißfallen, jetzt laß ich sie gelten und wünsche, daß jede Dame sie dreiunddreißcgmal heute gefüllt abliesern möchte. Auf der Straßenbahn trugen Wagenführer wie Schaffner ihre Margaretenblumen stolz im Knopf loch. Mir gegenüber stand ein armer, kleiner, lahmer und verkrüppelter Mann, ein Buckliger. In beiden Händen hielt er einen großen Strauß Margareten- blumen und sah sie immer und immer beglückt an. Der Arme weiß, wem diese große, herrliche Wohl tätigkeit heute in unserer Stadt zugute kommt. Er fühlt mit seinen leidenden Brüdern und Schwestern und hat seine ganze bare Münze gern für sie hin gegeben. Eine gebückte alte Frau sah ich einen kleinen Wagen geht hausieren wie jeden Tag, aber den erst-'N Groschen heute gab sie für eine Margaretenblume hin und steckte das schlichte Zeichen ihres guten Herzens und der allgemeinen Liebe frierend und doch glücklich an das dünne Brusttuch. Das Tageblatt erscheint täglich zweimal kostet frei Haus durch Träger 90 Pfennige, durch die Post bezogen Pfennige monatlich. Täglich steigende Auflage, vorzügliches Insertionsorgan.
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