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Amtsblatt für die lömglicheu und Wüsche» Behörden zu Freiberg und Braud. H/» k Lrichtint jeden Wochentag Nachmittag« 6 Uhr für den ! »HO andern Tag. Preis vierteljährlich 2 Mark 2b Psg., ! zweimonatlich 1 M. bO Pf. und einmonatlich 7b Pi. «4. Jahrgang Mittwoch, den 8. Juli. ! Inserate werden bis Bormittag 11 Uhr angenom- ö men und bekägt der Preis sür die gespaltene Zeile 8 I I oder deren Raum 1S Pig h Bekanntmachung. Oesfentliche Sitzung des Bezirksausschusses Sonnabend, den 11. Juli lfd. IS.,*) BormiltagS 10 Uhr. Freiberg, am 1. Juli 1891. Der Amtshauptman«. Ibr. *) Nicht wie in Nr. 150 d. Bl. irrthümlich 11. Juni gedruckt war. Konkursverfahren. lieber das Vermögen des Uhrmachers Ostar Scheidling jun. in Freiberg wird heute, am 23. Juni 1891, Bormittags S/.12 Uhr, das Konkursverfahren eröffnet. Der Kaufmann Johannes Müller in Freiberg wird zum Konkursverwalter ernannt. Konkursforderungen sind bis zum 20. Juli 1391 bei dem Gerichte anzumelden. Es wird zur Beschlußfassung über die Wahl eines anderen Verwalters, sowie über die Be stellung eines Gläubigerausschusses und eintretenden Falles über die in ß 120 der Kvnkurs- ordnung bezeichneten Gegenstände auf deu 21. Juli 1391, Bormittags 10 Uhr, und zur Prüfung der angemeldeten Forderungen auf den 28. Juli 1891, Bormittags 10 Uhr, vor dem unterzeichneten Gerichte, Zimmer Nr. 35, Termin anberaumt. Allen Personen, welche eine zur Konkursmasse gehörige Sache in Besitz haben oder zur Konkursmasse etwas schuldig sind, wird aufgegeben, nichts an den Gemeinschuldner zu verab folgen oder zu leisten, auch die Verpflichtung auferlegt, von dem Besitze der Sache und von den Forderungen, für welche sie aus der Sache abgesonderte Befriedigung in Anspruch nehmen, dem Konkursverwalter bis zum 14. Juli 1891 Anzeige zu machen. Königliches Amtsgericht zu Freiberg, Abth. UV. Veröffentlicht: Aktuar Zttoalul. Gerichtsschreiber. Auf Folium 2 des Registers des unterzeichneten Königlichen Amtsgerichts für die ein getragenen Genoffenschaften, den Backoerein zu Bräunsdorf, eingetragene Genossenschaft mit unbeschränkter Haftpflicht betr, ist heute verlautbart worden, daß der pensionirte Bergarbeiter und Hausbesitzer Herr Ernst Justinus Illgen in Bräunsdorf nicht mehr Stellver treter des Vorstandes und daß der Wirthschaftsbesitzer Herr Friedrich Adolf Eichhorn daselbst Stellvertreter des Vorstandes ist. Freiberg, den 4. Juli K91. König». Amtsgericht, Abth. Ile. Or»«««. Hpt. Submission. Folgende Arbeiten, einschließlich Materiallieferungen zur Neuanlegung zweier Schießstände, sowie Erbauung einer Scheibengeräth - Baracke mit llnterkunftsraum und Pferdestall pp. im Marienberger Forste bei Haltestelle Gelobtland für die Unteroffizier-Schule zu Marien berg und zwar: a. Erdarbeiten, d—a Maurer-, Zimmer-, Asphalt-, Pappdach- und damit verbundenen Glaser-, Schlaffer und Tischler-Arbeiten sollen in je einem Loose vergeben werden. Verdingungs-Anschläge, Zeichnungen und Vertrags- - Bevingungen liegen vom 8.Juli c. ab Vormittags von 8—12 und Nachmittags von 2—6 Uhr I im Geschäftszimmer der Unteroffizier-Schule zur Einsicht aus und können die Verdingung?-^ Anschläge daselbst gegen Erstattung der Selbstkosten entnommen werden. Die Offerten sind versiegelt bis spätestens ven 15. Juli e. und zwar die aä a Vormittags 9,30, die uä b—s Vormittags 10 Uhr, zu welchen Zeit punkten dieselben eröffnet werden, bei der Unteroffizier-Schule einzureichen und findet die Zuschlagsertheilung innerhalb 8 Tagen, vom Tage der Offerten-Eröffnung an gerechnet, statt. Marienberg, den 6. Juli 1891. Königliche Unteroffizier. Schule. Bekanntmachung. Vom Höckenvorfer Forstrevier sollen Montag, ven 13. Juli vs. Ihrs., von Bormtttags 9 Uhr an, im Gasthaufe zu Höckendorf, 746 w. Stämme, 30 w. Klötzer, 172 Stangenklötzer, 83,^ Hdrt. w. Stangen, 13 Rm. sicht. Nutzknüppel, 15 Rm. ficht. Nutzrinde sowie Brennscheite, Brennknüppel und Reisig auS der Cars- und Ochsenleithe, Höckendorfer und Paulsdorfer Haide meistbietend versteigert werden. Speziellere Angaben enthalten die in Schankstätlen und bei den Ortsbehörden der umliegenden Orte aushängenden Plakate. Kgl. Forstrevierverwaltung Höckendorf unv Kgl. Forstrentamt Tharandt, am 4. Juli 1891. Versteigerung der anstehenden Körnerernte und Verpachtung der Flur des Kanzleilehngutes Lößnitz. Die ca. 8 Acker Roggen und 8 Acker Hafer umfassende Ernte soll « am 15. Juli l. I., Mittags 1 Uhr, parzellenwcise — meist nach Acker — gegen Baarzahlung aufs Meistgebot versteigert werden. Nach der Versteigerung erfolgt die Verpachtung der sämmtlichen Felder, Wiesen und Teiche auf die Dauer von 10 Jahren ebenfalls gegen das Meistgebot. Löhnitz, den 3. Juli 1891. E. M. Seifert, G.-Vstd. Versammlungsort: Gutsgehöft. Das neue Programm -er deutschen ZoM- demokratie. Auf dem Parteitage zu Halle erhielt seiner Zeit der Vor stand der deutschen sozialdemokratischen Partei den Auftrag, an Stelle des für die jetzigen politischen Verhältnisse in keiner Weise mehr passenden Gothaer Programms vom Jahre 1875 den Entwurf eines neuen Parteiprogramms auszuarbeiten und den Genossen zu unterbreiten. Diese Aufgabe hat der Vor stand erst nach sehr langen Erwägungen gelöst und der am 10. Oktober d. I. in Erfurt zusammentretende Parteitag wird nun berufen sein, die Ergebnisse der langen Bemühungen zu prüfen und über dieselben zu beschließen. Gleichzeitig mit der Berufung des Erfurter Parteitages veröffentlicht das sozial demokratische Zentralorgan .Vorwärts" den in vielfacher Be ziehung interessanten Entwurf, in welchem nach einer theoreti- lchen Einleitung die Acnderungen aufgezählt werben, welche die Sozialdemokratie im Staate und in der Gesellschaft an- sitebt. Das neue Programm ist namentlich im ersten allge meinen Theil gegenüber dem alten Gothaer Programm insofern wesentlich verändert, als es verschiedene positive Forderungen beseitigt, andere bedeutend abgeschwächt, dafür aber den Ton merklich verschärft hat, in welchem auf die zum großen Theil ganz unerreichbaren Ziele der Partei verwiesen wird. Wie weit sich die Mehrheit der deutschen Arbeiter für das neue Programm erwärmen kann, bleibt abzuwarten; den Ordnungs parteien kann es nur angenehm sein, daß die Arbeiter Gelegen heit haben, ruhig und unbefangen zu prüfen, zu welchen Be strebungen die Sozialdemokraten sich öffentlich bekennen. In dem ersten allgemeinen Theil ves Entwurfes wird ge sagt, daß die Trennung der Arbeiter von den Arbeitsmitteln und deren Uebergang in den Alleinbesitz eines Theiles der Ge sellschaft zur Spaltung der letzteren in zwei Klassen, in eine arbeitende und eine besitzende, geführt habe. Die Arbeitsmittel seien in den Händen ihrer Aneigner zu Mitteln der Ausbeu tung und Unterdrückung geworden. Es sei Ziel und Aufgabe der Sozialdemokratie, diesem Zustande ein Ende zu machen. Sie er strebe daher die Umwandlung von Grund und Boven, der Berg werke, Gruben, Maschinen, Werkzeuge und Verkehrsmittel in Gemeineigenthum der Gesellschaft und die Umwandlung der kapitalistischen in eine sozialistische Produktion. Darüber, wie sich diese alle jetzigen Verhältnisse über den Haufen werfende Umwandlung vollziehen soll, ist weis lich in dem Entwurf kein Sterbenswörtchen gesagt! Dunkel ist angedcutct, daß ein einzelner Staat keinen solchen Umsturz vertragen könnte, der deshalb ein allgemeiner sein müßte. Es heißt näwlich in dem Entwurf ausdrücklich, daß die sogenannte „Arbeiterbefreiung" keine nationale, sondern eine soziale Aufgabe darstelle, an der die Arbeiter aller Kultur länder gleichmäßig betheiligt seien. Diese rein akademischen Ausführungen, welche sich von jeder Anweisung zum Handeln sernhalten, insbesondere die Mittel und Wege zur „Ueber- führung der Arbeitsmittel in das Gemeineigenthum der Ge sellschaft" völlig im Dunkeln lassen, werden wohl Wenige be geistern. Das alte Programm forderte unter Berufung auf das „eherne Lohngesetz" sozialistische Produktivgenossenschaften mit Staatshilfe, was doch immerhin dem Versuche einer praktischen Lösung der sozialen Frage ähnlich sah. Infolge der Marxschen Kritik der Lassalleschen Jrrthümer hat man die Berufung auf das eherne Lohngesetz ebenso wie die Forderung der Produktivgenoffenschaften fallen lassen, aber keinen anderen positiven Vorschlag dafür zu bieten gewußt. Von größerer Klarheit als die erwähnten rein theoretischen Sätze des ersten allgemeinen Theils des Entwurfes ist der auf festerem Grund aufgebaute zweite Theil desselben, der die Forderungen der deutschen sozialdemokratischen Partei auf zählt. Es handelt sich dabei um Folgendes: 1) Allgemeines direktes Wahl- und Stimmrecht mit geheimer Stimmabgabe aller über 21 Jahre alten Reichsangehörigcn ohne Unterschied des Geschlechts für alle Wahlen und Abstimmungen. Ein führung des Proportionalwahlsystems. Festsetzung der Wahlen und Abstimmungen auf einen Sonn- oder Feiertag. Ent schädigung für die gewählten Vertreter. 2) Direkte Antheil- nahme des Volkes an der Gesetzgebung mittelst des Vorschlags und Verwerfungsrechtes. Selbstverwaltung des Volks in Reich, Staat, Provinz und Gemeinde. Jährliche Steuerbewilligung, Recht der Steuerverweigerung. 3) Entscheidung über Krieg und Frieden durch die gewählten Vertreter des Volks. Er richtung eines internationalen Schiedsgerichts. 4) Abschaffung aller Gesetze, welche die freie Meinungsäußerung und das Recht der Vereinigung und Versammlung einschränken oder unterdrücken. 5) Abschaffung aller Aufwendungen aus öffent lichen Mitteln zu kirchlichen und religiösen Zwecken. Die kirchlichen und religiösen Gemeinschaften sind als Privatver einigungen zu betrachten. 6) Weltlichkeit der Schule. Obli gatorischer Besuch der öffentlichen Volksschulen. Unentgeltlich keit des Unterrichts und der Lehrmittel in allen öffentlichen Bildungsanstalten. 7) Erziehung zu allgemeiner Wehrhaftig keit. Volkswehr an Stelle der stehenden Heere. 8) Unent geltlichleit der Rechtspflege und der Rechtshilfe. Rechtsprechung durch vom Volk gewählte Richter. 9) Unentgeltlichkeit der ärzt lichen Hilfeleistung und der Heilmittel. 10) Stufenweis steigende Einkommen-, Kapital- und Erbschaftssteuer für die Bestreitung aller öffentlichen Ausgaben, soweit diese durch Steuern zu decken sind. Abschaffung aller indirekten Steuern, Zölle und sonstigen wirthschaftspolitischen Maßnahmen, welche die Interessen der Allgemeinheit den Interessen einer bevor zugten Minderheit unterordnen. Zum Schutze der Arbeiter wird gefordert: 1) Eine wirksame nationale und internationale Arbeiterschutzgesetzgebung auf folgender Grundlage: a. Fest setzung eines höchstens acht Stunden betragenden Normal- Arbeitstages. d. Verbot der gewerblichen Arbeit für Kinder unter 14 Jahren, o. Verbot der Nachtarbeit, außer für solche Industriezweige, die ihrer Natur nach aus technischen Gründen, oder aus Gründen der öffentlichen Wohlfahrt Nachtarbeit er heischen; ä. eine ununterbrochene Ruhepause von mindestens 36 Stunden in jeder Woche für jeden Arbeiter; s. Verbot des Trucksystems. 2) Ueberwachung aller gewerblichen Betriebe und Regelung der Arbeitsvcrhältnisse in Stadt und Land durch ein Reichsarbeitsamt, Bezirksarbeitsämter und Arbeitskammern. 3) Gleicystellung der landwirthschaftlichen Arbeiter und Dienst boten mit den gewerblichen Arbeitern. Beseitigung der Ge sinde-Ordnungen. 4) Sicherstellung des Koalitionsrechts. 5) Uebernahme der gesammten Arbeiterversicherung durch das Reich, mit maßgebender Mitwirkung der Arbeiter an der Ver waltung. Wie ersichtlich, ist die in dem früheren Programme enthaltene Forderung eines „wirksamenHaftpflichtgesetzes," welche durch das Unsallversicherungsgesetz gegenstandslos gemacht wurde, aus dem Entwurf verschwunden. Die Herren Sozialdemokraten gestehen da mit ein, daß der heutige Staat doch Manches für die Arbeiter leistet. Daß der neue Entwurf das Wahlrecht nicht mit dem 20., son dern erst mit dem 21. Lebensjahr beginnen lassen will, sieht einer Abmilderung ähnlich. Durch das Proportionalsystem (die Vertheilung der Abgeordneten auf die Parteien nach der Zahl der für jede der letzteren im ganzen Reiche entfallenen Stim men) soll einfach die Zahl der sozialdemokratischen Abgeord neten vermehrt werden. Zu der alten Forderung der Recht sprechung durch das Volk ist die der Wahl der Richter durch das Volk, zu derjenigen der direkten Gesetzgebung durch das Volk diejenige des in der Schweiz vorhandenen und bekannt lich große Schwierigkeiten hervorrufenden Verwerfungsrechtes (Referendum) getreten. Im Entwurf von 1875 wurde die Religion einfach als Privatsache erklärt, jetzt will man nur die Religionsgemeinschaften als Privatvereinigungen betrachten; 1875 sollten alle in Staat und Gemeinde bestehenden Abgaben durch eine einzige progressive Einkommensteuer ersetzt werden; der neue Entwurf läßt dagegen auch Kapital- und Erbschafts steuern zu. Der letzte sich mit dem Arbeitcrschutze beschäftigende Theil des Entwurfes stellt eine Reihe von Sonderforderungen für die arbeitende Bevölkerung auf, von welchen die meisten sich innerhalb der gegenwärtigen Staats- und Gesellschaftsordnung gar nicht verwirklichen lassen. Der Entwurf fordert z. B. die „Uebernahme der gesammten Arbeiterversicherung dnrch das Reich, mit maßgebender Mitwirkung der Arbeiter an der Ver waltung". Die Krankenversicherung wird gegenwärtig in der Hauptsache durch die Krankenkassen durchgefnhrt, in denen der Einfluß von Arbeitgebern und Arbeitern nach ihrer Beitrags-