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irden Wochentag abends für den folgenden HM nehmen die Expedition bis Borm. LV Utz ^ag und kostet durch die Austräger pro MHA U U MM W AU W AGHA M U/AA AK 8 A U sowie für Auswärts alle Austräger, de«K Quartal Mk. 1.40; durch die Post Mk. 1.50 f alle Annoncen-Expeditionen zu Originnl' frei ins Haus. ' Preisen entgegen. Hohenstein-Ernstthal, Oberlvngwitz, Gersdorf, Lutzan, Hermsdorf, Bernsdorf, Langenberg, Falken, Langenchursdorf, Meinsdorf, Rutzdors, Wüstenbrand, Grüna, Mittelbach, Ursprung, Leukersdorf, Seisersdorf, Erlbach, Kirchberg, Plecha, Reichenbach, Grumbach, Callenberg, Tirschhei» Kuhschnappel, St. Egidien, Hüttengrund u. f. w. Amtsblatt für de« Verwaltungsbezirk des Stadtrathes zu Hohenstein. Nr. 42 Donnerstag, den 20. Februar 1896. 46. Jahrgang. Zum Beginn der Passionszeit. Schnell schreitet daS christliche Kirchenjahr in seiner ersten festlichen Hälfte hinweg über die Stationen des Lebens Jesu Christi auf Erden von seiner Ankunft ins Fleisch bis zu seiner Auffahrt gen Himmel. Aber lange verweilt es bei der Be trachtung seines Leidens, dessen Gedächtniß wir in den kommen den Wochen feiern werden, wie denn auch unter allen Liedern, die sich auf das irdische Leben Jesus beziehen, die Passions lieder den breitesten Raum einnehmen. Wir reden von einer stillen heiligen Nacht bei Christi Geburt, von einem Ostcr- morgen bei seiner Auferstehung, von einem Pfingsttag bei der Ausgießung des heiligen Geistes, und eine zweitägige Festfeier muß uns genügen zur Erinnerung an diese größten Thatsachen göttlicher Offenbarung. Aber eine stille hc'lige Zeit ist uns Vorbehalten für Christi Passion, eine Zelt mehrerer Wochen mit ihrem Ausgang in die eigentliche Leid nS- woche, die sog. Marterwoche, mit ihrem Höhepunkt in dem stillen Freitag, dem Charfrcitag, dem dann als Abschluß dec ganzen Leidenszeit auch noch der große Sabbath folgt, der! Sabbath der Grabesruhe Christi. Der aufsteigenden Off-n barung der Herrlichkeit Jesu auf Erden vor dem l.,u tritt in seine Leiden ist zwar auch eine Zeit mehrer Wochen im Kirchenjahr gewidmet, die sog. Epiphanien- oder Ersche-nnngs- zeit, die unmittelbar hinter uns liegt. Aber einmal st,'./es nur die glanzvollsten Erscheinungen seiner göttlichen Kraft w d Herrlichkeit, die aus der Fülle der übrigen für die christliche Predigt herausgczogen sind, von der Erscheinung an, die den Weisen aus dem Morgenlande, den Erstlingen aus den Heiden, zu Theil ward, bis zu der Verklärung auf dem Berge Tabor, dem Vorleuchten von Ostern und Himmelfahrt; zum andc.u aber kommen ja in den seltensten Fällen für die Erscheinungszeit die sechs Sonntage heraus, die derselben zugedacht sind. Dieses Jahr z. B. mußten wir uns mit drei Erscheimmgsionntagen begnügen. Die Leidenszeit aber bleibt ungekürzt jedes Jahr dieselbe vom Aschermittwoch an bis zum großen Sabbath. Und ein großer Gedanke ist es, der sich von Anfang an bis zu Ende durch dasselbe hindurchzieht, der Gedanke, dem der Herr selbst Ausdruck giebt in dem Evangelium des Sonntags Lstomibi: Sehet, wir gehen hinauf gen Jerusalem! und der Gedanke, den der Heide auf dem Richtstuhl in die ergreifenden Worte faßt: Sehet, welch ein Mensch! Jenes Wort ist das Vorlauten, dieses das Ausläuten der Passion. Wie haben wir nun das Leiden des Herrn anzusehen? Einerseits als ein von feindseligen Menschen ihm zugefügtes, die sich seinen Geist, den Geist der Wahrheit und der Liebe nicht strafen lassen wollten. Und es wächst die Schuld dieser Menscheu angesichts der Unschuld Christi. Wie die Hölle ihre ganze Macht und Gewalt aufbietet, um den Heiligen Gottes zu Falle zu bringen: in der Stunde der Versuchung durch den Teufel, so bietet auch die Menschheit ihre ganze Bosheit auf, um diesen Einen aus der Welt zu schaffen. Die Leidens geschichte des Herrn ist eine Geschichte menschlicher Bosheit ohne gleichen. Aber wie alle heiligen Geschichten gehört sie nicht nur der Vergangenheit an. Findet jeder Mensch sein Bild irgendwo und irgendwie in der heiligen Schrift wieder, so ist die Leidensgeschichte auf engerem Rahmen ein mensch liches Sittcngemälde für sich, aber ein Nachtgemälde dunkelster Färbung. Kein menschlicher Stand und keine menschliche Richtung, ob sie dem öffentlichen Leben angehören oder dein privaten, dem staatlichen oder kirchlichen, dein weltlichen oder geistlichen, ob sie sich auf den Höhen der Menschheit bewegen, oder in ihren Tiefen, die in dieses Nnchtgemälde nicht mit hineingezcichnet wären. Die Passionsgeschichte ist das groß artigste Spiegelbild menschlicher Sünde, das es giebt, jede Zeit und jedes Geschlecht schaut so -oder anders daraus hervor. Aber insofern sie eine Geschichte Gottes mit der Menschheit ist, ist sie nicht nur ein Spiegelbild für alle Zeiten und Ge schlechter, sondern eine stets aufs neue sich wiederholende Geschichte, eine Geschichte der Gegenwart so gut wie der Ver gangenheit, unserer Zeit so gut wie der damaligen. Darin liegt für jeden tiefer Blickenden der gewaltige Ernst der Passionszeit, so oft sie wiederkchrt in jedem Kirchenjahre. Und wir wissen ja — und der kommende Bußtag wird es uns auss neue sagen: die Sünden unserer Zeit und unseres Geschlechts, das sind unsere eigenen Sünden, für die wir alle mit verantwortlich sind, an denen wir alle Theil haben. Es braucht auch nur jemand mit aufrichtigem Sinne die Passionsgeschichte zu lesen, um sich und seine Schuld dann wiederzustndcn. Aber das ist nur die eine Seite der Betrachtung des Leidens Jesu Christi. Die andere will mit hinzugenommen sein. Jesus unterlag mit seinem Leiden nicht nur einem von Menschen ihm auferlegten Zwange und Drucke, einer von Menschen ihm zugcfügten Feindschaft. Er nahm sein Leiden vielmehr auf sich mit einer Freiheit ohne Gleichen, mit der Freiheit des Gehorsams gegen seinen Vater und der Liebe zu seinen Brüdern. Nicht nur daß er sein Leiden bis in seine Einzelheiten hinein voraussah und voraussagte, er ging ihm auch mit dem vollen Bewußtsein freier Selbstbestimmung entgegen. Der Jünger, der ihm zur Selbstschonung räth, ist ihm ärgerlich, er sieht darin eine satanische Versuchung. Als derselbe Jünger später angesichts der Gefangennahme Jesu das Schwert' zog, erwiderte ihm Jesus: „Meinst Du, daß ich nicht könnt-/meinen Vater bitten, daß er mir zufchickte mehr denn zwölf Legionen Engel? ES muß also gehen!" Kraft heilsgeschichtlichcr Nothw.ndigkeit mußte eS also gehen. Endlich sei noch verwiesen auf das große Wort Jesu: „Niemand nimmt mein Leben von mir, sondern ich laste es von mir selber. Ich habe Macht es zu lassen und habe Macht, es wieder zu nehmen. Solches Gebot habe ich empfangen von meinen: L .tec." Welch ein Maß sittlicher Freiheit und freier Unterwerfung unter des Vaters Willen liegt in diesen Worten! Drr Sohn hat des Vaters Willen ganz zu dem seinigen gemacht. Des Vaters Wille aber ging darauf, die der Sünde und dem Tod verfallene Menschheit durch die Dranzabe des Sohnes zu retten und sich zu versöhnen. Das größte Opfe. ist ihm nicht zu groß. „Sein Sohn ist ihm nichc zn lheue-." Und der Sohn begiebt sich zum Opfer. Siehe, do» ist Gottes Lamni, das der Welt Sünde trägt. Es will, wie gesagt, in der Leidensgeschichte Jesu Beides zusammengeuommen sein, die Größe der menschlichen Schuld und die Größe der göttlichen Gnade. Das Eine wächst durch das Andere ins Unendliche. Und nicht etwa wird die mensch liche Schuld durch die Freiwilligkeit des Leidens Jesu oder durch die göttliche Nothwendigkeit desselben kleiner. Es geht hier nach dem Satze: Es muß ja Aergerniß kommen, doch wehe dem Menschen, durch welchen Aergerniß kommt. Aber die Gnade behält den Sieg. Mit den: Siegeswort am Kreuz: Es ist vollbracht! haucht der Herr sein Leben aus. Wozu er in diese Welt gekommen, wozu ihn der Vater gesandt, das ist erreicht, das Opfer ist vollbracht. Es kann nichts mehr davon hinweggenommen werden und es kann nichts niehr Hinzugethan werden. Die ihn jabcr ans Kreuz gebracht haben, die sollen eS wissen, daß das dargebrachte Opfer doch noch größer ist als ihre furchtbare Sünde: „Vater, vergieb ihnen," so betet der sterbende Sohn, „sie wissen nicht, wa/fie thun," ein Wort, das mit seiner Tragkraft hinreicht auch in unser Geschlecht mit seiner Christusfeindichaft und mit Muer in's Riesengroße an gewachsenen Schuld, zu einem Zcugniß, daß Pauli Wort immer zu Recht besteht: Wo die Sünde mächtig geworden ist, da ist doch die Gnade noch viel mächtiger geworden. Zur Erinnerung an eins große Zeit (Kriegs» achnchtcn aus 1870/71er Zeitungen.) 21. Februar Rach Berichten aus Lille herrscht zwischen den Bewohnern der von den Deutschen besetzten Norddepartement« und den lrtzteren^im gegenwärtigen Augenblick da« beste Einvernehmen. Wie man auS den verschiedenen Orten dieses Departements meldet, ist der Verkehr zwischen denselben sogar ein ganz herz licher, und des Abends sitzen die HauSlcute und ihre Soldaten gemüthlich beisammen und plaudern, insoweit eS eben die Sprachkenntnisse der beiden Parteien gestatten. Bordeaux. Thier« und JulcS Favre sind in Paris ein- gctroffcn. Dieselben gehen heute nach Versailles. Sächsisches. Hohenstein, den 19. Februar. Der gestrigen Sitzung der zweiten Kammer wohnten die Herren StaatSminister v. Metzsch, v. Seydewitz und v. Watz dorf bei. Eine Petition des Gemeindevorstander Göbclt in Schweinsburg, die Abänderung des 8 5 des Parochiallasten- gesetze- von 1838 betr., gab dem Abgeordneten Leithold (cons.) Veranlassung, dieses Gesetz als der Neuzeit nicht mehr ent sprechend zu bezeichnen. Die vorliegende Petition strebe die Vcrthcilung der Kirchen- und Schullasten nach der Steuerfähig keit und Steuerkräftigkeit der einzelnen Gemeinden an. Beson ders in der Nähe der Fabrikstädte habe eine vollständige Ver schiebung der localen Verhältnisse stattgefunden, sodaß durch die Vorschrift des Gesetze«, daß die Hälfte der Anlagen nach Grundstcuereiaheitcn, die andere Hälfte nach Köpfen erhoben werde, gewaltige Differenzen entstünden, welche die arme» Ge meinden am meisten träfen. Dennoch ginge unsere sächsische Gemüthlichkeit nicht so weit, daß die eine Gemeinde freiwillig größere Lasten übernehme, um die bedrückte Rachbargemeinde zu entlasten. Die jetzigen Verhältnisse seien zum Davonlaufen. Er bitte die Regierung, Untersuchungen anzustellen, ob die Ver- theilung der Quoten der Steuerkraft der einzelnen Gemeinden entsprechend sei, und bitte die Kammer, die Petition der Re gierung zur Keuntnißnahme zu überweisen. Herr Kultusminister v. Seydewitz erwiderte hierauf, daß Vorredner das Gesetz nicht richtig verstanden habe. Durch den 8 5 sei durchaus nicht ausgesprochen, daß die Kirchen- und Schulanlagen in allen Fällen nach den genannten beiden Hälften zu vertheilen sind. Vielmehr gebe 8 3 hinreichende Möglichkeit, sobald sich Härten ergeben, im Wege der Entscheidung Abhilfe zu verschaffen. Die petirendc Gemeinde habe aber einen derartigen Antrag garnicht gestellt. Nachdem der Antrag L'ithold mit 46 gegen 26 Tt'mmen abgclehnt worden war, ließ die Kammer dem Votum der De- pumtion gemäß gegen 14 Stimmen die Petition auf sich be ruhen. — Die Beschwerde des Otto Wünsch in Aue, Aufhebung der Auflösung de« Gesangvereins „Frohe Sänger" in Aue betr., gab den Socialdemokraten willkommene Gelegenheit zu Ausfällen gegen das sächsische Vereins- und Vkrsammlungsrecht. Jener Gesangverein hatte die Theilnahme an einem in Mittweida ab zuhaltenden BuudeSsängerfeste des Westsächsischen Arbcitersänger- bundeS beschlossen und war darauf vom Stadtrath zu Aue aufgelöst worden in der Annahme, daß der Verein und ebenso das geplante Sängerfest socialdemokratische Ziele verfolge, also öffentliche Angelegenheiten betreibe, und sich gesetzwidrig mit anderen Vereinen in Verbindung gesetzt habe. Unter den Büchern deS Verein- hatte man zwei Heftchen deS „wahren Jakob" gefunden, aus welchen der Deputations-Bericht mehrere Stellen zum Beweis dafür aufzählte, daß der Verein socialdemokratische Tendenzen verfolgte. Das Liederprogramm deS Sängerfestet wies ähnliche Stellen auf. Abg. Drolle-Gesau kritisirte in scharf-sarkastischer Weise das Vorgeyen deS Stadt- rathes zu Aue. Dieser „wahre Jakob", von dem nicht einmal nachgewiesen worden sei, ob er VereinSeigenthum war oder nicht, habe einige unschuldige Bauernregeln enthalten. Eine solche Bauernregel lautet z. B.: „Und will es regnen oder schnei'n, da sperrt man Socialisten ein", natürlich wäre das eine arge Uebectrcibung! Eine andere lautet: „Ob Regen im Juli, ob Sonnenschein, der Kapitalist steckt den Mehrwerth ein." Davon sei natürlich auch kein Wort wahr. Die Kapitalisten arbeiteten ja nur für das Wohl der arbeitenden Klassen. Daheim iu seinem Bücherschrank habe er außer einigen Heften des „wahren Jakob" auch einen Almanach der Liebig'schcn Fleischextrakt- Kompanic gefunden, worin die Worte ständen: „Dat Messer gewetzt und da« Fell abgezogen." Schleunigst habe er Alles mit nach Dresden genommen, um eS in die Elbe zu versenken, wo sie am tiefsten ist, denn sonst würde schließlich seine Fa milie, weil sic aus mehr als drei Köpfen bestehe, als Verein betrachtet und aufgelöst. (Zuruf: Au!) Die Regierung messe in der Anwendung des 8 24 mit zweilei Maß. Vielfach treten politische Vereine bei Wahlen miteinander in Verbindung (Redner bezog sich hierbei aus das „Werdauer Amtsblatt"), auch Militärvereine kämen zusammen, und doch bringe man den § 24, dieses sächsische „Juwel", nicht in Anwendung. Die „BcruhigungSdeputation" schlage natürlich vor, die Beschwerde auf sich beruhen zu lassen, seine Partei werde aber dagegen stimmen. Abg.Dr. Schill (nat.-lib.) widerlegte die Behauptung deS Vorredners, man habe dem Verein „Frohe Sänger" staat-gefährliche Tendenzen untergeschoben. ES handle sich hier auch nicht um eine Petition um Aufhebung des Gesetzes, sondern um eine Beschwerde gegen seine Anwendung. Vor redner solle nur dafür sorgen, daß über solche Fälle, wo daS Vereinsgesetz nicht richtig gehandhabt worden sein soll, Be schwerden einlaufen. Dann werde man nach Recht und Ge wissen darüber urtheilen. Herr Staatsminister von Metzsch schloß sich den Worten der Vorredners au und erklärte, daß das Ministerium als RevisionSinstanz die Frage, ob der Verein gegen die bestehenden Rechte gesündigt habe, habe verneinen müssen. Das Ministerium halte jederzeit den Grundsatz be gleichen Messen- unbedingt fest und verschaffe sich stet- Sicher heit, daß dieser Grundsatz zur Anwendung komme. Ueber den Fall in Werdau, wo der Bürgerverein und der städtische Ver ein mit dem Reich-Verein vor den Stadtverordnetenwahlen in Verbindung getreten sein solle, sei ihm nichts bekannt; verhalte sich der Fall so, so sei er unbedingt al- unzulässig zu bezeich nen und werde die Anwendung des 8 24 an sich zur Folge haben. Auf die.Militärvereine kämen die 88 24 und 25 nicht in Anwendung, weil sie durch öffentliche Autorität bestätigt sind und deshalb unter 8 26 de- VereinSgesetzc- fallen. Abg. Goldstein (Soc.) bestritt, daß der Verein ein politischer gewesen sei und rühmte den gesunden Witz des „wahren Jakob." Die Witze in den bürgerlichen Witzblättern seien ja gar keine