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Meißmtz-ZtitMg Anzeiger für Dippoldiswalde und Umgegend Amtsblatt für die Königliche Umtshauptmannschafi, das Königliche Amtsgericht nnd den Stadtrat z« Dippoldiswalde. 69. Jahrgang. Dienstag, den 25. August 1903. Nr. 99. Verantwortlicher Redakteur: Paul Jelprr. - Druck und Verlag von Carl Jelzur in Dippoldiswalde. Mit achtseMgew „Illustrierten Unlerhaltungsblatt". Mit land- und hauswirtschastlicher Monats-Beilage. Die „Weiherttz-Zeitung' «scheint wöchentlichdrei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend und wird an den vorhergehen- denAbenden ausgegeben. Preis vierteljährlich 1M. 25 Pfg., zweimonatlich 84 Pfg., einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern 10 Pfg. — Alle Postan stalten, Postboten, sowie unsere Austräger nehmen Bestellungen an. Jnlerate, welche bei der bedeutenden Auflage de» Blattes 'ine sehr wirk same Verdrehung finden^ werden mit 12 P'a., solch« aus unserer Amtshaupt mannschaft mit 10 Pfg die Spaltzeile oder deren Raum berechnet. — Ta bellarische und kompli zierte Inserate mit ent sprechenden! Aufschlag. — Eingesandt, im redaktio nellen Teile, die Spalten zeile 20 Pfg. Der ÄliM der tnMtn HMskmiml und die HnndtlspM des tnMttn WeltrMks. Der seit dem 18. August in der bedeutendsten Handels stadt Kanadas, in Montreal tagende Kongreß der Dele gierten sämtlicher Handelskammern des englischen Welt reiches zeigt in handelspolitischer Hinsicht aller Welt ein lehrreiches Schauspiel. Er beweist klar und deutlich, daß durch das Mutterland wie auch durch die englischen Kolonien ein starker Drang nach einer Reform der Handels und Zollpolitik sowohl was das Verhältnis der Kolonien zu Altengland als auch die Beziehungen des britischen Weltreiches zu dem Auslände betrifft, vorhanden ist und eine große Bewegung in den politischen und geschäftlichen Kreise,« hervorgebracht hat. Die Verhandlungen des Kon gresses selbst brachten aber auch der Welt den klaren Be weis, daß die Interessengegensätze in der englischen Ge schäftswelt derartig groß sind, daß wenig Aussicht vor handen ist, für die Kolonien wie für das Mutterland eine alle Teile befriedigende Handels- und Zollpolitik zu finden. Den Inspirationen des Handelskammerkongresses, hinter welchem offenbar wiederum der Kolonialminister Chamber lain steht, kam es offenbar darauf an, in einer Resolution kundzugeben, was für Wünsche die englische Handelswelt in bezug auf das Verhältnis Altenglands zu den Kolonien und auch hinsichtlich des Auslandes hat, und diese Resolu tion ist teineswegs einheitlich erzielt worden, ja selbst, als man einen Kompromißvorschlag machte, ist derselbe noch auf ganz erheblichen grundsätzlichen Widerstand gestoßen. Die Resolution will dem Parlamente eine Handelspolitik empfehlen, die der größeren Hebung des Handels zwischen den Kolonien und dein Mutterlande und umgekehrt dien lich ist, zugleich soll aber auch der Handel und Verkehr mit dem Auslande erleichtert werden. Die Deputierten der einflußreichen Handelskammer von Manchester stimmten aber dem Vorschlag nicht zu, weil sie die finanziellen und industriellen Bedürfnisse des Landes nicht gebührend be rücksichtigt sahen. Die Vertreter Kanadas erklärten darauf, daß sie keinen Schritt weiter als die Resolution besagte, gehen könnten, und bei der Einbringung eines Abände rungsantrages durch die Vertreter der Manchester Handels kammer gab der Vertreter der Handelskammer von Ply mouth die Erklärung ab, daß sie Gegner der Zölle auf Lebensmittel und Rohstoffe seien und nie und nimmer zugeben könnten, daß die 41 Millionen Einwohner Alt- Englands zu gunsten von 10 Millionen Einwohnern in den englischen Kolonien finanzielle Lasten, das heißt Schutz zölle, tragen sollten. Bei solcher Sachlage kann der Kongreß, auch wenn er noch acht Tage beraten sollte, zu «mein einheitlichen Entschlusse gar nicht kommen, und der große Kampf um die Umwandlung des englischen Frei handels in eine Schutzzollpolitik wird weiter dauern und im Mutterlande wahrscheinlich durch neue Wahlen zum 'Parlamente zuni Austrag kommen. Die Absicht der kühnen Nordamerikaner, den ganzen Weltmarkt vermöge ihrer enormen Produktion an Weizen, Baumwolle, Petroleum, Stahl, Kupfer u. s. w. durch die Bildung von Ringen in ihre Hände zu bekommen, hat '.sicher bestanden und besteht wahrscheinlich auch noch, aber inzwischen haben zwei Gründe sich sehr zum Nachteil der selben geltend gemacht, erstens die Tatsache, daß es den Amerikanern an genügendem flüssigen Kapitale dazu fehlt, und zweitens, daß die europäische Konkurrenz, zumal die jenige Englands, Deutschlands, Frankreichs und Belgiens, der amerikanischen auf den meisten Gebieten noch sehr gut gewachsen ist. Die meisten englischen und deutschen Industrieerzeugnisse können, wie die neuesten in Amerika gemachten Untersuchungen ergeben, einen Vergleich mit den amerikanischen sehr wohl aushalten und sind sehr oft viel billiger. In praktischer Hinsicht, also auf die Er sparung von Zeit, Kraft und Geld gerichtete Art der Proouktion, der Versendung und des Verkaufs kann Europa von Amerika aber auch noch sehr viel lernen und wird lernen. Dadurch wird aber Europa noch konkurrenz fähiger werden. Bon dem grandiosen Plane, den Welt markt auch mit amerikanischen Industrie-Artikeln zu über schütten, sind die Amerikaner auch wieder abgekommen, denn die amerikanischen Gesellschaften und Großindustriellen haben ja vielfach ihre Produktion eingeschränkt, auch glauben alle Börsen noch immer nicht an eine Besserung des amerikanischen Marktes. Die Betricbseinschränkungen beim Stahltrust, deren wir schon Erwähnung getan haben, bilden einen neuen Beweis dafür, wie optimistisch die Auslassungen derer waren, die die wirtschaftliche Lage iir den Vereinigten Staaten auch neuerdings als überaus günstig, ja als gesünder denn jemals hinsteliten. Möglich aber, daß diese Betriebseinschränkungen zu einer Wiedergesundung der Verhältnisse führen. Können sie doch als ein Symptom dafür angesehen werden, daß man zur Erkenntnis gelangt ist, sich dem Zwange der Verhältnisse unterordnen zu müssen und nicht diese gewaltsam bemeistcrn zu können. Eine Zeit lang hatte man in Europa besorgt, die Amerikaner würden bei einein Nachlassen der Kon junktur unter Aufrechterhaltung der großen und übergroßen Dimensionen ihrer Produktion einen forcierten Export be treiben. Das hat auch gewiß in den Absichten Amerikas gelegen. Inzwischen aber hat sich die Situation für die Amerikaner geändert. Sie sind auf europäisches Kapital angewiesen, das gegen Amerika ohnehin zurückhaltend ist. Würden nun die Amerikaner Europa mit einem forcierten Importe drohen, so könnten sie hier um so weniger auf Geld rechnen. Schon der Wunsch, den europäischen Geld markt sich willfähiger zu machen, muß daher die Ameri kaner bestimmen, die Nachteile der Ueberproduktion eher durch Vetriebseinschränkungen als durch Verschleuderung nach Europa zu überwinden. Lokales und Sachliches- Dippoldiswalde. Nachdem die Frist zur Bezahlung des zweiten Grundsteuer- und dritten Anlagen - Termins abgelaufen ist, seien die Beteiligten darauf aufmerksam gemacht, daß vom Stadtrat mit Einleitung des Mahn- und Zwangsvollstreckungsverfahres gegen Zahlungssäumige in diesen Tagen begonnen werden wird. Dippoldiswalde. Der hiesigen Veschälstation wurden in diesem Jahre 165 Stuten zum Decken zugeführt; das sind genau soviel als in der vorigen Saison. — Durch Kauf bez. Tausch gingen in den letzten Tagen das Schützenhaus und die Siegertsche Bäckerei am Markt in andere Hände über. Letztere erwarb der jüngste Sohn des Klempnermeisters Krönert hier. — Bei dem am Sonnabend ausgetretenen schweren Gewitter schlug ein Blitz in Re>nberg in das Grundstück des Stellmachermeisters Erler, infolgedessen das Grundstück bis auf die Umfassungsmauern niederbranntc. Durch den Blitzstrahl wurde die Ehefrau des Besitzers betäubt, ein Kind desselben aber leider verletzt, sodaß noch in der Nacht ärztliche Hilfe in Anspruch genommen werden mußte. — Aus Reinhardtsgrimma wird von einem kalten Schlag und aus Reichstädt Hagelschaden gemeldet. Dippoldiswalde. Die ärztlichen Vezirksvereine im Königreich Sachsen befassen sich gegenwärtig mit der Frage, um wieviel das Honorar für die ärztliche Be handlung ab I. Januar 1904 von jenen Kassen zu er höhen sei, die durch das abgeäuderte Krankenversicherungs gesetz gezwungen sind, die Unlecstützungsdauer auf mindestens 26 Wochen zu erhöhen. Man befürchtet schon jetzt, daß es wegen dieser Frage bei einer großen Anzahl Kassen zu Konflikten mit den Aerzten kommen wird. Die Aerzte vieler Kassen, die einhalbjährliche Kündigung haben, haben schon ihre Verträge gekündigt. In einigen Orten (Rochlitz usw.) hat inan bereits private Koalitionen abge schlossen. Die Aerzte folgen hiermit einer Aufforderung des Geschäftsausschusses des Deutschen Aerztcvereinsbundes, nach welcher sich die Aerzte aller Orte nnd Bezirke durch ihre Unterschrift zu gemeinsamem Handeln verpflichten sollen. Um wieviel das Honorar durch die längere In anspruchnahme der ärztlichen Behandlung zu erhöhen sei, ist noch nicht ganz geklärt. Die Bezirksvereine in Borna, Bautzen usw. haben zunächst Runoschreiben erlassen, durch die aufgefordert wird, durch eine Zusammenstellung der bisherigen Leistungen und der zukünftigen die eventuelle Mehrbelastung zu ermitteln. Der Verein in Zittau, der ebenfalls eine allgemeine Vertragsrevision bei jenen Kassen beschlossen hat, die bisher noch nicht 26 Wochen unter stützt haben, überläßt die vorläufige Mehrforderung den einzelnen Aerzten. Andere Vereine wiederum schließen sich dem Vorgehen des Thüringer ärztlichen Landesvereins an, der den Aerzten vorgeschlagen hat, eine Erhöhung des seitherigen Honorars um 30 Prozent zu fordern; andere Vorschläge gehen bis 70 Prozent. Aus Vorstehenden« ist zu ersehen, daß die Kassen nicht nur durch Mehrgewäh rung von Krankengeld in höherem Maße in Anspruch ge nommen werden, sondern insbesondere auch durch die Mehrausgaben für ärztliche Behandlung und Heilmittel. Wie in München, wo alle Aerzte sämtlicher Kassen eben falls ihre Verträge gekündigt haben, wird man noch weiter versuchen, bei der Gelegenheit auch die freie Arztwahl durchzudrücken, während in Sachsen und speziell in Dresden der Wunsch nach freier Arztwahl durchaus nicht von allen Aerzten geteilt wird. — Unseres Wissens ist die den Kassen ärzten durch Verlängerung der Unterstützungsdauer frag los verursachte Mehrarbeit doch nicht eine derart umfang reiche, daß eine bedeutende Erhöhung des Honorars da durch gerechtfertigt würde. An und für sich sind es nur verhältnismäßig wenig Krankheitsfälle, die mit 13 Wochen nicht geheilt wären. Andererseits kommt aber hier wohl auch der Umstand in betracht, daß bei Betriebsunfällen (in Fabriken oder sonstigen der Unfallversicherung unter liegenden Betrieben), deren Heilung nicht selten längere Zeit beansprucht, die Berufsgenossenschasten von der 14. Woche ab die Behandlung zu übernehmen haben, sowie das andere schwere Krankheitsfälle mehr und mehr den Krankenhäusern überwiesen werden, wodurch ebenfalls eine Entlastung der Kassenärzte eintritt; sind doch die schweren Krankheiten im allgemeinen wohl auch langwierig. Auch von der Landesversicherungsanstalt werden Patienten, bei denen eine etwa zu befürchtende Invalidität durch eine außer dem Tätigkeitsbereiche der Krankenkassen liegende Kur hintangehalten werden kann, zur Behandlung über nommen. — Mit dein 1. September tritt eine Steuer-Ermäßi gung für Zucker um 3 Pf. pro Pfund ein. Außerdem fällt mit dem genannten Tage die Betriebssteuer fort. Der Staat erleidet dadurch eine erhebliche Einbuße. Für den laufenden Etat 1903 ist dieser Ausfall auf 26 Mill. Mark angenommen worden. Gleichzeitig kommen aber auch die Ausfuhrprämien künftighin in Wegfall. Eigent lich muß der Zucker nun bedeutend im Preise zurückgehen; wollens hoffen. — Forellen dürfen nach den gesetzlichen Bestim mungen nur noch bis Ende dieses Monats gefangen und verkauft werden. — Die Zwanzigpfennigstücke aus Nickel werden nur noch bis Ende dieses Jahres bei den Reichs- und Landes kassen angenoinmen. — Der Bericht der Handelskammer Dresden besagt, daß die Glashütter Uhrenindustrie im Berichtsjahre wesentliche Aenverungen nicht erfuhr. Der Umsatz war gegenüber dem Vorjahre hinsichtlich der Stückzahl größer, hinsichtlich des Wertes geringer. Der verminderte Absatz im Jnlande wurde wett gemacht durch weitere Ausdehnung des Auslandsgeschäftes insbesondere auch nach bisher nicht bearbeiteten Gebieten. Allerdings scheine es, als ob das Exportgeschäft durch den neuen deutschen Zolltarif un günstig beeinflußt werde!« könnte. — 21. August. Gestern abend wurde die 19jährige Tochter des Wirtschaftsbcsitzers Silbermann in Rabenau, welche nach Deuben gehen wollte, von einem unbekannten Menschen auf dem sogenannten Semmelsteig überfallen. Es entspann sich zwischen beiden ein heftiger Kampf, wo bei der Attentäter dem Mädchen ein Paket gewaltsam entriß und dann flüchtete. Auf seiner Flucht ließ er das Paket wieder fallen. — König Georg hat zur Linderung der Slot der Hinterbliebenen der beim Eisenbahnunglück bei Rothen kirchen Getöteten und den Schwerverletzten 1500 M. über weisen lassen. — Die Polizeidirektion zu Dresden hat den dortigen Papiergeschäftsiuhabern den Aushang einer Postkarte unter sagt, die sich „Saxonias Traum" betitelt. Die Karte stellt dei« festlichen Einzug der Prinzessin Luise in Dresden dar. Dor Verkauf der Karte ist nicht verboten. — Wie der „Dr. Anz." schreibt, ist Dresdner maß gebenden Kreisen nichts davon bekannt, daß der serbische König daselbst versucht habe, Geld aufzntreiben. — Seinen Gläubiger«« davongelaufen ist der Dresdner Bauunternehmer Paul Haase. Die Passiven sollen ein paar hunderttausend Mark betragen. — Der Buchhalter Uhlmann in Löbtau verschwand unter Mitnahme von 2800 M., die seinem Chef gehörten. — In Gersdorf bei Kamenz fand man bei einer Neudielung im Schutt 500 Silbermünzen mit den Jahres zahlen 1691—1702. — In Schneeberg versuchte ein junger Mann, bei einem Uhrmacher Uhr mit Kette zu verkaufen; wie sich bald herausstellte, hatte er diese und andere Sachen einem Betrunkenen geraubt.