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Vsiglländi scher Anzeiger. Amtsblatt für die Gerichtsämter und Stadträthe zu Plauen, Pausa, Elsterberg, Schöneck und Mühltroff. NeklmziMer Jahrgang. Verantwortliche Redaktion, Druck und Verlag von Moritz Wieprecht in Plauen. Diese« Bla» erscheint wöchentlich dreimal^ und zwar Dienstag-, Donnerstags urd Sonnabends. Jährlicher Abonnement-preiS, auch be Beziehung durch dle Post, t Thlr. lv Ngr. — Annoncen, die bis Vormittag- I I Uhr eingehen, werden in die Tag- daraus erscheinende Nummer ausgenommen, später eingehende Annoncen finden in der nächstsolgenden Nummer Ausnahme. — Inserate werden mit I Ngr. für die gespaltene LorpuS-Zeile berechnet. Dienstag. HO. 24. Mai 1839. Plaucn, 22. Mai 1859. Die dießjährige Leipziger Jubilate-Messe ist nun, wenn auch noch nicht der Zeit nach, aber thatsächlich vorüber. Daß sie eine Zubelmesse werden würde, hatte wohl vorher Niemand erwartet; aber sie hat sich leider! als eine wahre Klag- und Trauermesse ausgewiesen. Selbstver ständlich gehen Luxus- und Modewaaren in Zellen, wie die gegenwärtigen sind, am wenigsten, und so darf cS denn nicht Wunder nehmen, daß un sere voigtländischen Stickereien sehr spärlich gekauft wurden. Die Folgen, die Nachwchen können und werden nicht auSdleibrn, und wir alle werden wohl thun, in Zeiten umsichtig den Ernst der Gegenwart und Zukunft ins Auge zu fassen. Zst nur erst die panische Furcht, der Schrecken vor dem kommenden Uebel, dem Kriege, schlimmer alS das Uebel, der Krieg selbst, überwunden, so wird und muß auch wieder Vertrauen und Mull) kommen, daraus aber sicher auch Leben im Handel und Verkehr hervor- gehen. Aber die Angst, das Mißtrauen, die Schwarzseherei ist so groß, die KriegSsurcht ist aller Welt so in die Glieder gefahren, als ob jede Minute alles drunter und drüber gehen, wohl gar die Welt einfallen werde und müsse. Daher die klägliche Stockung ln allen Geschäften und Unternehmungen. Da fürchtet man Uneinigkeit unter den deutschen Kronen und Völ kern, weil einzelne über die Zeit der Mobilisirung und des LosschlagenS verschiedcycr Ansicht sind, und gewissenlose Zeitungsschreiber schämen sich nicht, deshalb einzelnen deutschen Regierungen sonverbündlerische Gelüste zuzuschrelbcn. Da fehlt die Einsicht von der furchtbaren Macht des ver einigten Deutschlands, und bald hoffend, bald fürchtend, fragt man ewig, was Rußland und England thun oder lassen werden. Zu dieser Uukcunl- niß der vaterländischen Macht, zu diesem durch nichts begründeten Miß trauen in die deutsche Gesinnung unserer Fürsten und Völker gesellt sich noch eine für unsere deutschen Krieger und Feldherrn beleidigende Ucber- schätzung der französischen Tapferkeit und Kriegskunst. Als ob jeder franz. Soldat ein Simson, Goliath, Roland, Siegfried, jeder sranz. Leutnant ein Hannibal, SertoriuS, Condv, Turenne, der dritte Napoleon der erste, jeder deutsche Krieger aber eine nervenschwache Salon-Dame, Heß, Gyulai, Benedek und Genossen noch A-B-E-Schützen im Fache der Kriegskunst wären! Wir gestehen offen, daß wir wünschen, Deutschland möchte heute lieber als morgen losschlagcn, damit wieder Vertrauen und Zuversicht und somit zugleich wieder Handel und Wandel unter die deutschen Stämme käme; denn — wir wiederholen eö — die Furcht vor dem Uebel ist schlimmer, als dieses selbst. Am allermeisten leidet Österreich. AUeö Metallgeld scheint dort ver schwunden, Banknoten nur laufen um. Und diese verlieren den dritten Theil ihres Nennwerlhes. Zeder Beamte Hal also den drillen Theil seines zmhcrigcn Einkommens weniger, jeder österreichische Geschäftsmann, der außer Oesterreich Waaren kaufen wollte, müßte den dritten Theil deS Preises mehr dafür bezahlen, weil man außer Oesterreich die öftere. Banknoten nur zum TageSwcrth nimmt, der rund ein Driltheil weniger betragt, als sie Jedermann in Oesterreich nehmen muß. Begreiflich be zieht daher gegenwärtig Niemand in Oesterreich Waaren vom AuSlande, die er nicht schlechterdings haben muß, und Niemand, der eS vermelden kann, wird aus Oesterreich für Waaren Geld nehmen, an welch/m er den dritten Theil verliert. Dazu die Sperrung österreichischer Häfen — aller Handel in und mit Oesterreich ist Null. Auch stehen fast alle Fabriken aller Art dort still, die Arbeiter sind entlassen. Der Krieg hat zu den alten Steuern und Auflagen neue gebracht. Wahrlich, Oesterreich leibet schwer, und mit dem einen Glicde leidet der ganze Körper — Deutschland. Wie weit die Verhandlungen Preußens mit Oesterreich gediehen sind, darüber können wir unsern Lesern heute Neueres nicht berichten. Ein Preuß. Gesandter ist expreß nach Petersburg gegangen, um Rußland dahin zu vermögen, daß cS im Verein mit England den italienischen Streit güt lich ausgleichen helfen möge. Wir gestehen, daß wir dieß für vergebliche Mühe halten, um so mehr, wenn es sich bestätigen sollte, daß England und Rußland dem Könige von Sardinien alle seine Länder gewährleisten, Oesterreich aber und den übrigen Fürsten in Italien diese Gewähr ver weigern wollen. Das hieße alle Verträge preisgeben. Der Anstifter deS gegenwärtigen Unheils äfft vorläufig dem weiland Herrn Onkel nach. Wie dieser seiner Zeit verließ er Paris am 10. Mai, wie dieser speiste er in Monterau, wie dieser den 14. Mai den italienischen Feldzug be gann, so — wollte auch er anfangen, hat aber bis jetzt noch nicht für gut befunden, die österreichischen Heere auzugreifen. Gestern und heule sind cS 50 Zahrc, daß die Schlacht von Aspern geschlagen wurde. Doch diese Schlacht ist keine angenehme Erinnerung für einen Napoleoniben. Auch hat er, wie seiner Zeit der Perserkönig Lerres einen ganzen Schwarm Schriftsteller mit in den Krieg genommen, welche die Heldenthaten der Franzosen und ihres Kaisers aufzeichnen sollen. Die unsterblichen Schriften, worin die unsterblichen Thaten Napoleons III. und seiner Mvrmikonen und Müriden der maul - und naseaufsperrenden Mit - und Nachwelt kundgcthan werden, erscheinen in Lieferungen mit schönen Bildern, so die modernen Helden der modernen Tafelrunde abgemalt darstellen. Auch eine franz. Schauspiclergesellschaft ist nach Turin verschrieben worden, damit der Stiller der italienischen SchmcrzenSschreie nach den Strapazen der Schlachten einige Erholung habe. Woru der Prinz Napoleon fünf Aerzte und drei Wundärzte auf seinen eigenen Leib mit nach Ztalien genommen habe, ist um so weniger erklärlich," als dessen in der Krim früher bewiesener Heldenmut!) von bösen Zungen für sehr zweifelhaft erklärt worden ist, und in Folge dieses wirklichen oder angeblichen Fehlbetrags Blut und Wunden für dessen erlauchten Kölner natürlich viel zweifelhafter sich ergeben dürsten, als für seine unbczweifelt tapfer» Soldaten, die doch für eine ganze Compagnie nur zwei Aerzte zählen. Telegramm. Dresden, Sonntag, 22. Mai 2 Uhr 30 Min. Nachm. (Einigungen tu Plauen 3 Upr 38 Mm. Nachmittags). Bei Voghera hat ein ernster Zusammenstoß stattge funden; 1SOOO Oesterreicher haben die französtsche Vorhut angegriffen. Die Division Forey hat Vie Oesterreicher zu rückgeschlagen und 200 Gefangene gemacht. Die Fran zosen verloren 000 Mann, darunter L General todt; die Oesterreicher 20V«. (Franzosenmeldung.)