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I AnSgab« 1 mu L Dresden und ln Oesterreich v«»u,»vr«i», Beilagen vlerlellSbrllch Deutlchland fr»,« L »,1V Hau» »,S» Ä AuSaad« > nur mU Feierabend VIerteliitbrItch 1,8« In I Dresden und gm» Deutschland frei Hau» »,»» mI veslerrelch «7 L — «lnzcl-Nummer 1« j I Wochentag» erscheint die NachmlttagSslunde»; dt« < lettuna regelmäßig ln den ersten I lonnabeildnuuuaer «rscheiut spül«. > Unabhängige» Tageblatt für Wahrheit, Recht und Freiheit mit Nirterh«rltrrng»-rilage Die illuftVisvte Zeit «nd Son«tag»beil«rge Feierabend ilmuchme »oo »eschäsUanje?ac„ bl» I« Uhr, von Familie» I anzeigen bi» I I Uhr. , Pret» sür die Petit-Tpalizeile !i« im Restameieil «« 1.1 Für undeustlch geschriebene, sowie durch Fernsprecher auf«» gegebene Anzeigen können wir dle Verantwortlichseil für dl« I Richtigkeit de» Texte» nicht übernehmen. Nedaktion».Sprechstunde: 1« bl« 11 Uhr vormittags. Nr. 211 Geschäftsstelle und Redaktion Dresden-A. 16, Holbeinstrahe 46 Freitag den 12. September 1913 Fernsprecher 1366 12. Zahlst Wochenrundschau Diese Woche hat im Zeichen der K a i s e r m a n ö v e r gestanden. Wir Deutschen können uns etwas daraus zu gute tun, daß in unserer Armee echter Soldatengeist und straffe Disziplin herrschen und wir freuen uns jedesmal, wenn alljährlich in den Manövern hierfür neue Beweise erbracht werden. Die diesjährigen Kaiscrmanöver haben dadurch eine besondere Bedeutung erfahren, das; der eben ans einein siegreichen Feldzuge heimgekehrte König Kon stantin von Griechenland und als Vertreter des italieni schen Königs der Herzog der Abruzzen denselben beiwoh. nen. Daß der König von Griechenland uns Deutschen sei nen ersten Besuch nach dem blutigen Balkankriege abstattet und in herzlichen Worten dem deutschen Kaiser seinen Dank für die Verleihung der Generalfeldmarschallswürde ausge sprochen und auch nicht verhehlt hat, daß der deutschen Kriegskunst und Schulung das griechische Heer viel von seinen Erfolgen zu verdanken habe, hat die empfindlichen Franzosen gekränkt. König Konstantin wird sich durch die französische Uebcrcmpfindlichkeit in seiner Freundschaft zu Deutschland jedoch gewiß nicht beirren lassen. Das neue Griechenland mit seinen hochstrebenden Zielen weiß, daß es an Deutschland einen guten Freund hat und darum dür fen wir hoffen, daß es der Politik beider Länder gelingen wird, ein dauerndes freundschaftliches Verhältnis zwischen Griechenland einerseits und dem Deutsch'',, Reiche und dem gesamten Dreibund anderseits herzustellen. Viel Beachtung hat in der gesamten Presse das Nr- teil des Oberkriegsgerichts in Erfurt ge funden, das bei der Strafzumessung für eine Anzahl von Reservisten, die am Tage der Kontrollversamiiiluiig sich Ausschnitungen zuschulden hatten kommen lasse,i, n,eierst- lich-milter Verfahren ist, als das Urteil der ersten Instanz. Bei dem Urteil des Oberkriegsgerichts konnten den Ange klagten bereits die Milderungen zuteil werden, ste durch die Novelle zum Militärstrafgesetz, das der Reichstag »och kurz vor Schluß seiner letzten Tagung durchgebracht hat, vorgesehen sind. Im übrigen verdiente jedoch auch die Sachlichkeit und unbefangene Würdigung der Zeugen durch das Obcrkricgsgericht volle Anerkennung. Die Richter haben eS von sich abgewiesen, die Rechtsprechung in den politischen Parteikampf zu zerren und haben ein Urteil gefällt, das, wenn auch noch hinlänglich scharf, das öffentliche Ncchtsgc- fühl nicht verletzen kann. Ein schwerer Verlust hat wieder einmal unsere junge Luftflotte getroffen. Das Marinelustschiff „1Ü 1" ist am Dienstagabend in der Nähe von Helgoland einem orkanartigen Sturme zum Opfer gefallen und was diese schwere Katastrophe uns noch düsterer als alle bisherig n erscheinen läßt, ist die Tatsache, daß ihr znm ersten Mile außer dem Werke Zeppelins auch eine größere Anzahl von Menschenleben znm Opfer fielen. Noch schrecklicher als dieses Unglück hat das deutshe Volk die furchtbare Bluttat eines Lehrer? in Mülhausen an der Enz erschüttert. 16 Menschenleben, dar unter die eigene Frau und vier Kinder, sind der Mordec- hand eines verruchten Verbrechers, der nur morden wollte, zum Opfer gefallen und die ganze gesittete Welt ste'w Ick> ui- dernd vor dem Abgründe der Verworfenheit, der sich in d -r Schloß Rottwerndorf kNnchdrnck Vorboten.) Knapp eine Stunde von der freundlichen Elbestadt Pirna entfernt, liegt anmutig an der Gottleuba und am Fuße des Eulengebirges ein getürmtes burgähnlichcs Schlößchen namens Rottwerndorf. Ein Hauch mittelalter licher Romantik schwebt heute noch über dem interessanten Gebäude, welches Kurfürst August für einen seiner Ge- sandten namens Damian von Sebottendorf erbauen ließ. Von dem alten Schlosse, das von einem Wallgraben um« geben und mit einem Turme versehen ist, erzählt man sich jetzt noch unter der Bevölkerung allerhand Gespensterge schichten, die im Volksmunde seit Jahren fortlcben. So soll manchmal uni die Mittcrnachtsstunde eine verschleierte Dame durch die Gänge und Hallen gehen und ein Ritter in klirrender Rüstung und mit geschlossenem Visier soll des Nachts im Schlosse Wache halten. Selbstverständlich haben die Besitzer des Gutes versucht, derartigen Märchen ent- gegenzutrcten, trotzdem kursieren jedoch heute «och eine ganze Anzahl von Sagen aus der Vergangenheit des alter tümlichen Schlößchens im Volksmunde. Eigentlich ist es zu verwunden,, das; gerade Schloß Rottwerndorf, welches doch noch gar kein hohes Alter aiif- zuweisen hat, in ein derartiges Gerede gekommen ist. Wahrscheinlich hat hierzu die bnrgähnliche Bauart und viel leicht auch einige absonderliche Gewohnheiten früherer Schloßbewohncr mit beigctragen. Der durch seine Schön heiten in früheren Zeiten besonders berühmte Schloßgarien ist auch heute noch sehcnwcrt und seine hohen alten Bäume Seele dieses Menschen, der ein Volkserzieher sein sollte. ^ anftut. Man kann die fürchterliche Tat nicht verstehen > und gewinnt dafür nur eine schwache Erklärung, wenn man > das Geständnis des Mordbnben vernimmt: Ich glaube an keinen Gott. Weit über Deutschlands Grenzen Hinalls hat in der letzten Woche auch die Vermählung des verbannten por tugiesischen Königs Manuel II. mit der Hohen- zollernprinzessin Auguste Viktoria im Schloß zu Sigma- ringcn Beachtung und Anteilnahme geweckt. Nach den schweren Jahren der Prüfung wünscht man dem jungen Paare eine ruhige und segensreiche Zukunft und hält auch mit dem Wunsche nicht zurück, das es dem jungen Königs- paar noch vergönnt sein möge, den alten portugiesischen Königsthron wieder zu besteigen. Die bulgarisch-türkischen Verhandlun gen, die zurzeit in Konstantinopel im Gange sind, schrei ten rüstig vorwärts, da Oesterreich-Ungarn und Rußland die Forderungen diplomatisch unterstützen. Alls Adria- uopel und Kirkkilisse wird Bulgarien verzichten müssen und cs scheint, daß entgegen früheren Meldungen auch der Bahnhof in Adrianopel türkisch bleibt und von einer Schlei fung der Festung keine Rede mehr sein kann. Allerdings wird sich die Türkei auf anderem, namentlich wirtschaftlichen > Gebiete zu Konzessionen an Bulgarien bequemen müssen, j wird doch sogar schon von der Mögt: Hst it eines Bündnisses, wenn nicht eines Offensiv- so doch eines Descnsiv-Biind- nisses zwischen den beiden Sp-acen gesprochen. Im türki schen Lager ist wieder einmal ein sebr bedenklicher Konflikt zwischen den Alt- und Jungtier"'m rmSgebrochen, wobei der Führer der Jnngtürken Enver Bch verwundet und eine An zahl anderer Offiziere getötet wurden. Wenn man auch über die Tragweite dieser Zwistigkeiten noch keine genaue ren Angaben erhalten hat. so ist jedenfalls das gewiß, das; ein Bürgerkrieg und ein Wiede, ausbrechender Kampf zwischen Jung- und Alttürken all die Erfolge illusorisch machen könnte, welche eine überraschend günstige Wendung der letzten Monate der Türkei ohne besondere Aktivität in den Schoß geworfen hat. Eine interessante Nachricht, die man vielleicht als das erfreulichste Resultat der Balkan- wirren ansprechen darf, bildet die angebliche Absicht der Bulgaren, von der griechisch-orientalischen Kirche zur rö misch-katholischen Kirche übcrzutreten. Dieser Uebertritt wäre zu begrüßen, zumal auf diesem allerdings unge wöhnlichen Wege durch die Politik eine Jahrhunderte alte Frage wieder ins Rollen kommen dürfte, deren Lösung zweifellos für die schismatischcn Katholiken erstrebens wert ist. Wenn auch Bulgarien durch seine Stimmung gegen Griechenland zu diesem Schritte veranlaßt worden sein mag, weil es in dem Patriarchen von Konstantiuopel auch einen Repräsentanten seines Erbfeindes erblicken mußte, so ist dieser Umschwung in den Verhältnissen deswegen nicht weni ger erfreulich, da die geringen Gegensätze, welche die Schis matiker von der römisch-katholischen Kirche trennen, nicht unüberbrückbar erscheinen. Grenzver Handlungen haben auch zwischen Serbien und Montenegro stattgefunden. lieber den Ans gang des amerikanisch- mexikanischen Konfliktes ist man noch nicht im Klaren. Zunächst hat man den Eindruck von einer diploma tischen Niederlage des Kabinetts in Washington. Der Ver treter des Präsidenten Wilson befindet sich noch immer in Beracruz. General Huerta hat durch einen Spezialgesandtcn die formelle Verpflichtung zum Schutze der amerikanischen Staatsangehörigen in Mexiko erklären lassen; ob er wirk lich die Versicherung abgab, im Oktober nicht für die defmi- tive Besetzung der Präsidentschaft zu kandidieren, was einer Anerkennung des amerikanischen Einspruchsrechtes gleich käme, ist durchaus noch nicht ausgemacht. Genaueres wird sich erst am 16. September sagen lassen, wenn Huerta dem Unionskongreß seine Botschaft voclegen wird. Die cndgül- tige Entscheidung aber kann nicht vor dein 26. Oktober, dem Tage der Präsidentenwahl, fallen. Wenn auch die Allge legenheit an Schärfe verloren hat, so ist sie doch noch immer sehr unklar. Der amerikanische Staatssekretär des Aeußern Bryand macht sich aber scheinbar wenig Kopfschmerzen über die Differenzen seines Landes mit Mexiko. Herr Bryand hat sich von einem Wanderzirkus engagieren lassen, und zieht mm in Begleitung von Akrobaten, Sängern, Taschen spielern in den verschiedensten Städten der Union herum und tritt als Hauptattraktion des Programms allabendlich vor das Publikum. Das Tollste ist, daß der Minister des Aeußern der amerikanischen Union zur Abwicklung der Staatsgeschäfte jeden Morgen einige Stunden nach Washington zurückkehren muß: man kann sich vorstellcn, wie gründlich diese Staatsgeschäste erledigt werden und es wird lein Präsidenten Wilson von sehr zweifelhafte»; Nutzen sein, einen solchen Staatssekretär znm Mitarbeiter erkoren zu haben. Die Freimaurer gegen den Katholikentag Pflänzchen, die gern im Verborgenen blühen, legen eine mimosenhafte Empfindlichkeit an den Tag, wenn ein mal ein brennender Lichtstrahl sie trifft. Solch ein Pflänz chen RUHr-micb-nicht-an ist auch die Freimaurerei, die sich nur dann wohl fühlt, wenn sie unter Ausschluß der Oeffcnt- lichkeit sich auswirken kann und keinen kritischen Blicken ansgesetzt ist. Wir deutschen Katholiken haben die Frei maurer in dieser Hinsicht verwöhnt und darum ist die um einige Grade über das Maß des Alltäglichen hinansgehendo Empörung der deutschen Freimaurer verständlich, die wegen der Feststellungen des Luxemburger Bischofs auf dem Metzer Katholikentage wie von einer Tarandel gestochen in die Höhe gefahren sind. Die gefügige liberale Presse durchläuft ein ziemlich hochnäsiger Protest gegen die „unerhörten Beleidi gungen und Verleumdungen gegen die Freimaurerei", die Bischof Koppcs von Liiremluirg ausgesprochen habe. Der Protest schließt mit der Klage, „daß ein Deutscher, der Vor sitzende der Versammlung, wie diese selbst, ihr volles Ein verständnis mit den Auslassungen des fremdländischen Bi schofs bekunden konnten". Begucnicr ist es jedenfalls, Vor würfe entrüstet ziirückznweisen, als dieselben zu entkräften und als unbegründet hinznstellen. Aber die internationale Freimaurerei, deren Stärke ja gerade in ibrer Geheimnis, tnerci besteht, will sich nicht in die Karten sehen lassen, son dern beginnst sich damit, auf einige recht hübsche Programm sähe, denen sie zu huldigen norgilst, hinzuweisen. Der Sache ist damit eigentlich nicht viel gedient und klüger werden nur dadurch auch nicht. So lange die Freimaurerei dem Lnrem- mit ihren dichten grünen Laubkronen mahnen durch ihr ge heimnisvolles Rauschen an vergangene und vergessene Ge- schlechter. Nach dem sächsischen Gesandten Damian von Sebottendorf besaß der Obersteuerdirektor und Geheime Rat Centurius von Miltitz das Schloß mit dem Gute, van dem es der Kaufmann Diebel aus Pirna kaufte. Nack diesem erwarb es der Besitzer des Rittergutes Zehista, Justizrat Jtyelykorp Baron von Lcyser, der das Schloß im Jahre 1817 an den Superintendenten von Pirna Dr. Tischer verkaufte. Dr. Tischer zählte damals zu den größ ten Kanzclrednern seiner Zeit. Er verkaufte übrigens das Schloß auch bald wieder an den Inspektor Lenteritz des Rittergutes Gamig. Zu dem Gute gehörten eine Anznhl der besten Sand steinbrüche in der Sächsischen Schweiz, in denen der feinste, zu den kompliziertesten Bildhauerarbeiten geeignete Sand stein gebrochen wird. In Bezug hierauf existiert von einen; Bauer aus der Nottwerndorfer Gegend eine ligtige Anek dote. Dieser stand nämlich einstmals lange vor den Statuen der Katholischen Hofkirche in Dresden und betrachtete die selben aufmerksam. Ein Herr beobachtete den Vorgang und frug das Bäuerlein schließlich, was es denn da oben zu schauen habe. Darauf antwortete ihm der Landmann ver schmitzt: Die steinernen Männer da oben sind alles meine LandslBite. Der Pfiffige Bauer, den der Frager jedenfalls sehr verdutzt angeschaut haben mag, wollte damit weiter nichts andeuten, als daß die Steine, die zur Anfertigung der Figuren verwendet worden waren, ans den Rottlyern- dorfer Brüchen stammten. lieber die Schicksale des Schlosses Rottwerndorf in frü heren Zeiten sind nur sehr wenig Nachrichten Vorhand';;. In; Jahre 1801 überschwemmte der Gottlenbabach die ganze Gegend und richtete großen Schade;; an. Zwei Brück.m wurden gänzlich zerstört und das Wasser stieg bis zu enier noch nicht dagewesenen saöbe. Tie umliegenden Felder. Wiesen und Straßen waren vollständig verwüstet. Auch das Kriegsjahr 1813 brachte dem Orte Einquartierungen, Plünderungen und Räubereien, wodurch viele Einwohner des Dörfchens an den Bettelstab kamen. Nie neue Straße, welche von Rottwerndorf nach Pi.ua führt, wurde 1810 angelegt. Ter Ort selbst aehört zum Kirchspiel Pirna, dessen Hauptkirche bereit? in llrlnnoeu ans den; Jahre 1200 als Kapelle genannt wird. Tie Ptzr- naer Kirche gehört mit zu de» schönsten Denkmälern der gotiichen Bankimst in Sachsen. Sie hatte mit der ehemal-, gen Kreilzkirche in Dresden große Aelmlichkeit und soll von demselben Baumeister herrühren. Das Dörfchen Rottwerndorf wird vielfach von Liein- brecheru bewohnt, die in den in. der Nähe liegende» Bim',.-., arbeiten und sich ihr Brot dort verdionen müssen. F'w größter Feind ist der feine Staub des Sandsteines, den sie infolge ihrer Arbeit einznaimen gezwunoen sind uno der ihnen schon oft in der Blüte ihrer Jahre den Todes- kci Inbrunst. Sic sterben infolgedessen vielfach an der ge fürchteten Steiiibrecherkrant'heit, der Lungenschwindsucht. Trotzdem wohnt in der Nottwerndorser Gegend ein fleißi ges und zufriedenes Völkchen, das sich die Mühe nicht ver drießen lässt, dem hier wenig ertragreichen Boden das ah- znringen, was znm Leben notwendig ist.