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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 18.11.1911
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-11-18
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19111118021
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911111802
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911111802
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-11
- Tag 1911-11-18
-
Monat
1911-11
-
Jahr
1911
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GmMshnmott m iLMrZMASr. Die Schifsahrtsinteresseuten hatten ihre Hoffnung auf die Schisfahrlsabgabentommission des Reichs tages gesetzt. Man gab sich der Erwartung hin, dass der Gesetzentwurf bei gründlicher Beratung durch die Kommission eine solche Veränderung erfahren würde, das; die Negierung an der Weiterverfolgung ihrer Ab sicht, die Strom-Schisfahrt mit Lesahrungsabgaben zu belasten, selbst nicht mehr festhaltcn würde. Zum grössten Erstaunen kann man aber wahrnehmen, das; der Reichstag nach den Beschlüssen der Kommission den Gesetzentwurf in der zweiten Lesung innerhalb dreier Tage erledigt und mit geringen Aeuderungen angenommen hat. Das; der gegenwärtige Reichstag dem Plaue der preußi- schen Regierung einen besseren Widerstand entgegen setzen würde als die Kommission, daran glaubte niemand. Noch einmal — ehe dec Gesetzentwurf auch in dritter Lesung erledigt wird — wollen wir auf die ausserordentlich schweren Schäden Hinweisen, die eine Annahme des Gesetzentwurfes über die Schiff sohrtsabgaden insbesondere für Sachsen im Gefolge haben müszte. Wir benützen dabei das Material von Interviews unseres Dresdner Korrespondenten mit den führenden Kreisen der Elbeschiffahrt. Die abgabenfreien Ströme baden einen ausserordentlichen Aufschwung der Linnenschiff- «ahrt und der sich ihrer bedienenden Industrie und des Handels herbeigcführt. Dieser Aufschwung wird aber entschieden unterbunden und vielleicht in das Gegenteil verkehrt, wenn trotz aller Warnungen die Scinsfahrtsadgabennorlage dennoch Gesetz werden sollte. Maa har diese Borloge, insoweit der Elb- strom in Frage kommt, seitens der Regierung da durch jchmaahaft zu machen versucht, dag man eine weitere Regulierung der Elbe in Aussicht stellte. Man will, wie es heißt, aus der Basis der bisher beobawieten niedrigsten Wasserstände eine Mindest- fahrtiese von 1,70 Meter oberhalb der Saalemüudung und 1,25 Nieter unter halb derselben schaffen. Dasz aber dieses Projekt keinesfalls durchführbar ist, darüber lind sich die der Schiffahrt 'Rahestehenden völlig einig. Eine Vertiefung der Fahrrinne kann naturgemäß nur aus Kosten ihrer Breite durchgeführt werden. Die Fahrrinne der Elbe ist aber bei kleinen Wasterstündeu schon heute eine so schmale, das; eine weitere Verengung derselben in Anbetracht der jetzigen Gröhe der Elbcdampfer und Kähne un durchführbar erscheint. Die Verkehrssicherheit auf der Elve würde bei Durchführung dieser Stromver- cngung einen derartigen Abbruch erfahren, dasz die auf dem verkehrsreichen Elbestrom schon jetzt häufigen Havarien einen anszergewöhnlichen Unifang an nehmen würden. Letztere hätten wiederum zahllose Verkehrshindernisse, welche den Schiffahrtsbetrieb fortgesetzt lähmen würden, zur Folge, ganz abgesehen davon, das; die Vcrsicherungsgesellschajten erhebliche Schädigungen zu zahlen hätten und dementsprechend auch ihre Prämien erhöhen müßten. Die sogenannte, der Schiffahrt wider ihren Willen aufgezwungene Stromvcrbesserung wäre als in der Tat eine Ver schlechterung und würde mithin den Schiffahrts interessenten nicht nur keinen Vorteil, sondern nur Nachreile bringen. Gerade der Verlauf der regen armen Monate dieses Jahres hat ja zur Genüge be wiesen, daß alle Stromregulierungen der Schiffahrt Kus üer Sahn yeMeuüert. 13s Roman von Carola v. Eynatteu. (Nachdruck verboten.) Sechstes Kapitel. Ein neuer Morgen — neues Leben, neue Kraft entfaltung! So ungefähr empfand Szarolta, als sie am andern Morgen gegen sieben aufsland, erfrischt, voll jugend licher Kraft, die sie heute wieder mit Behagen in sich fühlte, und auch voll Hoffnung. Sie kleidete sich eilig an, um noch Zeit zu gewinnen zu einem Blick auf das Menschengewühl unten auf dem großen Platz vor dem Hause. Es zog sic mächtig an in seiner bunten, malerischen Fülle, seiner lebhaften Be wegung, mit seinen teils so charakteristischen Gestalien, unter denen sich nicht nur Vertreter und Vertrete- rinnen aller Kronländer der österreichisch-ungarischen Monarchie, sondern auch fast sämtlicher Balkanstaaten befanden. Als sie, fertig angekleidet, Vie Fensterläoen öffnete, schlug ihr bange Sommerschwüle entgegen, getragen von einem mäßigen Lufthauch, der nichts Erfrischendes hatte, die Schwüle nur noch schwüler, drückender machte. Der Himmel schimmerte blau, aber in jenem schweren, bleiernen Blau, das atmosphäri schen Störungen zuweilen vorangeht, die Sonne schien, ihre Strahlen entbehrten aber der goldigen Färbung, und sie legte sich beklemmend auf Brust und Kopf, während von Westen her weißgraue Wolkenfetzen wie gierige Wölfe mit aufgesperrtem Rachen auf sie zujoqten. Es war wie ein Brauen von übler Vorbedeutung in der Natur. — Szarolta, seit den letzten Monaten so empfänglich für äußere Einflüsse, empfand die brütende Stimmung nicht. Sie hatte gut eeschlafcn, war ausgeruht, und in ihr grünte di- Hoffnung' Zehn Minuten vor acht ging Szarolta in den Laden hinunter, um ihn von der Hausseite aufzu schließen und ihren Abteil zu kehren und in Ordnung zu bringen. Diese Arbeit hielt der erste Prinzipal für unerläßlich zur tüchtigen Ausbildung eines Lehr mädchens in der Konfcktionsbranche und erließ sie keinem, trotzdem zwei Hansburschen und mehrere Aus läufer zum Geschäft gehörten. — So frisch und munter wie heute war das junge Mädchen noch nie die Treppe hinuntergcsprungen, und diese Freudig keit war die Frucht eines gewissen ahnenden Vor gor nicht nützen, wenn Niederschläge und damit Wasjerzufluß fehlen. Wenn keine Zuflüsse kommen, so läßt sich eben eine bestimmte Mindesl-Fahrtiefe niemals erzwingen, im Gegenteil läuft das Wasser be> der von der preußischen Regierung gedachten Rcgulicrungsatt nur noch jch'-eller ab, als es jetzt geschieh!. Man würde daher später noch viel eher mi> kleinen Wasscrständeu zu rechnen haben, als dies bisher der Fall war. Menn man unter solchen Um ständen trotzdem die projektierten M i n d e st - F ahr- t i e s e n erzwingen will, so müszte die Fahrrinne eine derartige Verengung erfahren, daß die Eides chijfahrt unmöglich noch in dem bis herigen Umfange und mit den jetzigen Fahr- miueln betrieben werden kann. Möchte mau doch von diesem Schifsahrtsabgabcngesetz, das nur dem preußischen Agrariertun' zu danken ist, Abstand nehmen und damit die Schisfahrt von schweren Sorgen befreien. „Reichstag werde hart!" Dnrch die Elbe- additionsakto sind die Elbuferstaaicn ohnedies ge zwungen, dis Mindcsifahrt'.sjs nach and nach auf 9-1 Zentimeter zu bringen. Eine solche ist für die Elbe völlig ausreichend und auch durchführbar, aus ein Mebr verzichten die Schiffahrisintcrcssenten aus verstehend erwähnten Gründen unbedingt. Blickt die Schiffahrt heute bednii oten Herzens aus die Weiterentwicklung der Schisfährtsabgabcn- vcrloge, der man beinahe den Titel „Gesetz gegen die Ausübung des Schisjaortsbetriebcs" geben möchte, so taucht im Hintergründe bercirs wieder eine weitere Idee aus, die bestimmt ist, die Schiffahrt noch mehr zu knebeln und zu ruinieren. Wie man hört, ist das Rcichsamt des Innern be schäftigt, ein Gesetz aus-,«arbeiten, um die Schiffer auf der Fahrt auch zur Sonntags- und Nachtruhe zu zwingen. In den Häsen und an den Umschlagsplätzen unterliegt die Schiffahrt ja ohnedies der Sonntags und Nachtruhe, und nur auf der Fahrt kommt es vor, daß die Mannschaften Sonntags und bei mondhellen Nächten mitunter auch nachts arbeitsbereit sein müssen, selbstverständlich nur bei Bergfahrten, da die Talschifsahrr kurz nach Sonnenuntergang ohnedies Feierabend zu machen pflegt. Eine Ucberonstrengung dec Schiffsbeiatzung kommt, wie jeder Sachverständige weiß, kaum in Frage. Erstens ist auf der Fahrt für genügende Ablösung der Schiffsmannschaft gesorgt, rind zweitens ist die Arbeit, die auf der Bergfahrt speziell seitens des Deäpersonals der Dampfer und Kähne zu leisten ist, so leicht uns geringfügig, das; man von einer Ueberanstrengung nicht sprechen kann. Die Schiffahrt bat im Sommer und im Winter bereits wirtlich genug unfreiwillige Ruhezeiten, und man sollte es ihr daher gönnen, dasz sie die Zeiten, die ihr zum Betriebe verbleiben, auch aus nützen kann. Weshalb sollen dem ohnedies not leidenden Schiffergewcrbe neue Steine in den Weg gelegt werden? Möge man doch endlich einmal dieses Gewerbe, das jo viel Segen über die All gemeinheit bringt, in Ruhe lassen, damit es sich von den schweren Schlägen der letzten Jahre erholen kann. Es läßt sich nun einmal nicht alles reglementieren. Die Eigenart des Schiffahrtsbetriebes läßt cs nicht zu, daß man ihn in eine Zwangsjacke steckt. Brenüigung üer KommiMonsberstung des prmstdesmtenoerslcherungsoeletzes. Die Reichsversicherungskommission beendete die zweite Lesung des Entwurfs eines Nersiche- rungsgesetzes für Angestellte. Zunächst wurde über den zurückgestelltcn dritten Abschnit, der von den Trägern der Versicherung handelt, beraten. Zu 8 101 lag ein Antrag vor, den Absatz 1 zu fassen: „Das Direktorium besteht aus einem Präsidenten und der erforderlichen Anzahl von beamteten Mitgliedern, so wie aus je zwei Vertretern der versicherten Ange stellten und ihrer Arbeitgeber." Es soll damit, wie ein Nationallibcralcr ausfllhrte, eine bessere Betei ligung der Versicherten an der Verwaltung herbei- geführt weuoen, als die Vorlage dies Vorsicht. Die eigentlichen Verwaltungsgeschäfte sollen Beamte füh ren: bei der Vermögensverwaltung und bei allen grundsätzlichen Fragen sollen die Vertreter der Ver sicherten gehört werden. Ein Mitglied der Fort schrittspartei sprach sich für den Antrag aus. Mi- nisterialDlrektor Caspar erklärte, Laß Kem Antrag zugeslimiut werden könne, wandte sich jedoch gegen rc-citergehendc Anträge. Der Antrag wurde ange nommen. Zu § 102 wurde beantragt, das; die höheren Be amten vom Kaiser ernannt werden sollen, vor der Ernennung der übrigen Beamten solle der Verwal- tr i'gsrot gehört w. -ocn. Ministerialdirettor Caspar äußerte Bedenken, insbesondere gegen die letz e Be stimmung. Der Antrag wurüe sodonn nach kurzer Debatte in seiucin zweiten Teil mit 11 gegen 10 Stimmen angenommen. Eingefügt wurde ein neuer 8 103 a, der arisch Acht, daß dir uichlbramirken Michlicd'rr des Direktoriums vom Verwaltungsr n auf tt Iagre gewühlt werden. Ebenso ein neuer tz 10;: st, der von der Dienstordnung der Beamten handelt. Weitere kleinere Aeuderungen der Bestim mungen über die Bramten, die Ausgaben des Ver- waltungsrats, dessen Rechte und Pflichten wurden angenommen. K litt erhielt eine Aenderung in der Weise, daß ein Antragsteller nicht verpflichtet wer den kann, die Mahl' als Vertreter anznnchmen. Der ß 122 wurde gestrichen. Damit war die zweite Lesung beendet. Zum Schluß der Sitzung wurde der Wunsch aus gesprochen, daß dec Bericht noch in dieser Woche festgestellt werde. Lllenbshnbsmen in Dttskriks. Durch den Entwurf betreffend die Eisenbahn- bauten im ostasrikanisckcn Schutzgebiet wird, wie in unserer heutigen Morgcnuummer mitgeteilt, der Reichskanzler ermächtigt, neben der Gewährung eines TarlehnS zur Fortführung der Eisenbahn Morogoro bis Tabora an den Tanga- nikasee auch die durch den Etat für dos ostasrita- nischc Schutzgebiet zur Fortführung der Usambara-- kahn und ziim Ausbau des .Hafens zum Tanga bc- rcitgcstelltcn Mittel auch zu Ergänzungs und Neu bauten auf der Stammstreckc Tanga bis Mombo zu verwenden. In der Begründung wird ausgcführt, das; der Verkehr auf der Nsambarabakm von Tanga bis Mongo erheblich zugenoininen hat, so dasz diese Bahn den Verkehr nicht mehr bewältigen kann. Es ist deshalb ein Um- und Ergänznngsbau er- forderlich, der mit 1800 000 Mark veranschlagt ist. Betreffs der Wetterführung der Zcntralbahn wird noch ausgeführt, dasz eine Unterbrechung des Bahn baus bei Tabora der Baufirma eine Einbuße von ILA Millionen Mark verursachen würde, daneben würden noch wesentlich größere mittelbare Schä digungen cintreten, weil nicht nur der Zeitpunkt, zu welchem eine Rentabilität der Strecke zu erwarten ist, herausgeschoben würde, sondern auch die all gemeine Entwicklung der mit der Bahn zu er schließenden Jnneubczirke sowie die Hebung der Steuerkraft der Eingeborenen erst entsprechend später einsetzen könnte. Hinzu kommt die Besorgnis, daß gefühls, daß sie diesen Gang nicht oft mehr machen würde. Wie sie aber den Schlüssel zur Ladentür. den sie zuvor in der Szigethschen Wohnung in Empfang genommen, ins Schloß schob, ließ er sich nicht herum drehen, und fast gleichzeitig wurde drinnen im Laden eine Männerstimme laut. Was gesprochen wurde, verstand Szarolta nicht: vielleicht nur darum nicht, weil ihr Erschrecken zu heftia war. — Sollten Diebe? — Der Gedanke, daß sie sich gewiß nicht um 8 Uhr des Morgens am Tatort würden betreten lassen, kam ihr gar nicht, sie wollte gerade wieder die Treppe hinaufeilen, um Szigsths von ihrer Wahrnehmung Meldung zu machen, als sie deutlich die Worte ver nahm: „Der Mantelballen muß im Handmagazin sein, ich selbst habe ihn gestern abend hincingescka'ft." Es war der erste Hausbursche, der das sagte: jetzt er kannte sie ihn an der Stimme. Szarolta» Herz. das soeben noch in wilden Schlägen gcoocht, beruhigte sich rasch wieder, und sie trat in den Laden. — Hatte sie sich verspätet? Es schien so, denn die Rolläden an den Schaufenstern waren schon hochgezogen. Ein weiterer Blick belehrte sie aber, daß noch niemand vom Personal zu sehen war. nicht einmal Armin, der zweite Hausbursche, rind sie fragte sich eben verwundert, mit wem vorhin der Iancsi geredet haben mochte, als Herr Baeza hinter einem der in Reihen stehenden Kleiderständer hervor- und auf sie zutrat. sofort fiel ihr die Weisung wieder ein, die sie am vergangenen Abend von der Nemzet empfangen, und sie wich unwillkürlich gegen die Tür zurück. „Kommst du jeden Morgen erst so spät herunter?" fragte er, noch näher auf sie zukommend. „Mir ist befohlen worden, fünf Minuten vor acht im Laden zu sein", entgegnete sie, noch immer lang sam zurückweichend, als flöhe sie vor einem Raubtier, das man nicht aus den Augen lassen dürfe. Baczo mochte mit ihrem Rückzug aber wohl nicht einverstanden sein, denn er sagte ziemlich kurz: „Na. nur hübsch daqeblieben und zugegriffen. MamseNcken, zu tun gibt's genug. Vorwärts ins Kontor, ich werde dir einen Brief diktieren." Während er sprach, kam er immer noch näher auf Szarolta zu, die weiteres Zurückweichen nickt mehr wagte, auch nicht für unbedingt nötig hielt, denn sie hörte Iancsi gerade wieder im angrenzenden Handmagazin murren. „Verzeihung. Herr Baczo", erwiderte sie sehr be stimmt, „ich darf nicht mehr ins Kontor." „Wa—as?" „Ich darf nicht." „So! Das wäre ja ganz neu. Warum darfst du nichts" „Weil es mir verboten wurde." „Von wem?" „Don Fräulein Nemzet." „Da hört doch alles auf. so ein unverschämtes Frauenzimmer! — Vorwärts, Kleine, jetzt wird der Brief erst recht geschrieben. Die Nemzet wird sich doch nicht einbilden, daß sie hier etwas zu verbieten hätte!" „Tur mir leid. Herr Baczo, ich gehe nicht!" sagte Szarolta, sehnsüchtige Blicke nach der großen Laden tür wertend, die auf die Straße führte. Kam denn noch immer niemand nom Personal? Anstatt böse zu werden, lackte Baczo und rief scherzend: „Schau mir einer das Mädel an, widersetzt lich seinem Prinzipal! — Hüt! Dafür muß strafe sein — einen Kuß gibst du mir zur sühne!" ..Ich —!" «nd das Mädchen flog in Hellem Ent setzen auf die Tür zu. Baczo hatte aber längere Beine und war kaum weniger flink. Drei Schritt, und er stand an ihrer Seite, umfaßte und preßte sie io fest an sich, daß ihr der Atem stockte, sie keinen Ton herausbrachte, wie verzweifelt sie sich auch anstrengte, um Hilfe zu rufen. Jetzt vreßten sich sogar seine Lippen aus den weichen, blühenden Flaum ihrer Wanaen. dann auf ihren Mund, den Baczo durch gewaltsames Zurück biegen des Kovfes zu finden wußte, ohne daß sie sich dagegen zu wehren vermochte, so fest drückte er ihr dir Arme gegen den Leib. „Sei nicht dumm. Szaroltchen. du kannst es wie eine Fürstin, kannst die teuersten Kleider und Sachen haben! Szigetbs müssen schließlich doch tanzen, wie ick pfeife, denn 's Geld ist von mir! Ziehe ick meine Einlage zurück, so sind sie pleite — vollständig pleite! — Na also, willst du vernünftia sein und dick mit mir vertragen, so wie 'ck's verstehe''" In seiner Hakt und Gier hatte er ihre Arme etwas locker gelassen, sie riß sich los. und ihre Rechte fiel mit derbem Klatsck ans seine Wange, «inen roten Flecken darauf zurllcklassend. „Infame Kreatur!" zischte er zurückfahrend. ..Wart' nur. das streich' ich dir an — du sollst er. fahren, was es heißt, Lehrmädel fein!" die belgische Kongokolo nie, wenn die von ihr unternommenen Balmbauteu früher den Tanganitasee erreichen, erneu großen Teil deS Handels von dem natürlichen Einslußgebiete deS Schutzgebietes nach Westeu zum Atlantischen Lzeau ableueu würde. CS scheint daher geboten, ohne Verzug den Badubau nach dem Taügcunka- see weilerzusilbren. In einer D e u t s ch rift wird die wirtschaftliche Bedeutung der Forrsuhrnug der Zeutralbahu und ihre Iiuanzieruna eingehend gewürdigt. ES wird im einzelnen daraus hingewiesen, daß durch die belgischen Bahnbantcn für die deutschen Tau gaur ka! ander die Gciahr entsteht, daß sie in Zukunft verkchrspolrlijch nach Westen abgelenkt werde. Auch die Rentabilität der ostasrikanischcn Mittellandbahn TarcSsatanr- Tabora würde dadurch iür absehbare st'it ernstlich in Frage gestellt. Durch die sosornge Wcilcrjirhrnng dec Ientroldahn läßt sich Liest' 0) c s a h r beseitige n. Die Vorarbeiten für die Iortslihrnng der Zenlralhahn haben ergeben, daß die b e st c Linienführung v c^n Tabora n a ch r g o in a zu suchen ist, cs wurde deshalb dieser Linie dec Vorzug gegeben. Durch diese Linie wird der See ans möglichst kurzem und technisch einfachem Wege erreicht. Tie Bucht von Ki- g o in a, an der die Bahn endigt, ist geschützt und bietet genügend Raum süi Hasen- und Dock anlagen. ll d j i d j i liegt ungefähr 5 Kilometer süd lich von der Bucht, als Endpunkt konnte eS nicht in Betracht kommen, weil es keinen natürlichen Hasen besitzt. Die gesamte Strecke Labora- kigoma wird 112 Kilometer laug sein, die Baukosten sind auf 12,2 Millionen Mark veranschlagt. Für die Bauzeit sind 3 Jahre vor gesehen, die Bahn wird also schon Ende 1911 ihr Ziel erreicht haben. Tie Denkschrift beleuchtet ferner die Möglichkeit der Einrichtung von Schiff- sahrstSeimAchtungen ans dem S.e und kommt zu dem Schluß, das; der Schiffsverkehr aus dem Tan- ganikasee später zweifellos ein recht einträgliches Unternehmen bilden wird. Tie Linie TareS- salam — Morogoro muß umgcbaut werden, da sic früher nur als Stichbahn gedacht war und mehr in Annäherung an di' AuSfübrnngsart der hei mischen Kleinbahnen hergestellt war. Tie Kosten dieser Umbauten betragen 5,1 Millionen Mark. Zum Schlüsse gehl die Denkschrift aus die «wirt schaftlichen Folgen der Fortführung der Zentralbahn eingehender ein. Neben der Er schließung der deutschen Tanganiländer wird die Bahn auch die Ausfuhr erhöhen und den Ein geborenen neue ErwerbSmöglichkcitcn Zufuhren. Auch eine nennenswerte Steigerung der Steuer erträgnisse dürste die Erschließung der Tan- ganikaländer zur Folge haben. Von besonderem Nutzen wird der Bahnban für die Bekämpfung der Schlafkrankheit sein, denn mit Aussicht auf dauernden Erfolg wird dem weiteren Vordringen dieser verheerenden Kranshcit nach Osten nur mit tels des SchiencnstrangeS entgegengcarbcitet werden können. Die Ersparnisse, die bei dem bisherigen Bahnbau bis Tabora gemacht worden sind, etwa 14 Millionen Mark, werden für den weiteren Bahn bau Verwendung sinden. Weitere Raten für den Weiterbau wird der nächste Koloinalctat fordern. Der türkisch-italienische Krieg. Ueberraschende Nachrichten über die Operationen der italienischen Flotte hat in den letzten Stunden der Telegraph gebracht, so überraschend und verwun derlich, Laß man zunächst noch gar nicht an deren Die Ladentür wurde von der Straßenseite ge öffnet, stimmen wurden laut: ein paar Verkäufe rinnen kamen an. „Unterstehst du dich, zu irgend wem nur rin Wort zu sagen, so erlebst du was, du, du!" rannte der Prinzipal dem wild blickenden Mädchen drohend zu und verschwand hinter dem nächsten Kleider ständer. Gleichzeitig schoß Szarolta durch die Flurtür hinaus, sprang die vier Treppen nach ihrem Zimmer- chen hinauf, nahm Hut und Schirm und verließ in fluchtartiger Eile das Haus, das sie nie wieder be treten wollte. — Nein, nie — nie wieder! Außer sich vor Wut und Scham stürmte sie über den Marktplatz, im Gewühl bald verschwindend, und weiter durch Straßen und Gassen, aufs Geratewohl, bald links, bald rechts um eine Ecke biegend. Sie hatte kein Ziel, keinen Gedanken für das, was sie beginnen müße, keine Empfindung als für die er littene Beleidigung. — Von Baczo geküßt, von diesem — diesem erbärmlichen Menschen! — Ja, erbärmlich! Gluthitze stieg sengend in ihre Stirn, und dabei schüttelte es sie wie Fieberfrost. Es war der Ab scheu. den sie vor dem ihr aufgedrückten Brandmal empfand. Immer gleich hastigen Schrittes die Stadt durch irrend, rieb Szarolta alle paar Minuten mit dem Taschentuch Lippen und Wangen, die des Erbärm lichen Mund befleckt hatte, und dabei regte sich, wie sehr sie auch dagegen ankämpfte, ein leiser Groll gegen den verstorbenen Vater, durch besten Versäum- nis sic sich solchen Demütigungen preisgegeben sah. Lange über die Mittagsstunde hinaus fetzte sie diese ziel und planlose Wanderung fort, die sie bis ins Stadtwäldchen geführt hatte. Es schlug gerade zwei Uhr, als die körperliche Erschöpfung einen Grad erreichte, der ihr halt gebot. Sie setzte sich auf die nächste Bank am Weg, den Kopf gegen den Stamm einer dahinter stehenden Eiche lehnend, und überließ sich widerstandslos dem unabweislichen Bedürfnis nach absoluter Ruhe. Urplötzlich war Liese Schwäche über sie gekommen, wenigstens hatte sie. ganz unter der Herrschaft de» in ihr tobenden Sturms, ihre allmähliche Entwicklung nicht bemerkt. (Fortsetzung in der Morgenausgabe.)
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