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MM M Tageblatt Nationale Tageszeitung für sondwirtschofi und ^ds «Wilsdruffer Tageblatt" erjcheinr an ollen Werklagen nachmittags 4 Uhr. Bezugspreis monatlich 2.— RM. Irei Haus, bei Postbestellung 1.80 AM. zuzüglich Bestellgeld. Einzelnummern 10 Npfg. Alle Postanstalten und Post boten, unsere Austräger u. Geschäftsstelle, nehmen zu Jederzeit Bestellungen ent- W0ll)eNvLHl1 sUL U. UMgegeNd gegen. Im Falle höherer jGewalt,Krieg od. sonstiger " — — —- Betriebsstörungen besteht Anspruch aus Lieferung der Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises, «ücksendung eingesandter Schriftstücke erfolgt nur. wenn'Nückporio beiliegt. alle anderen Stände des Wilsdruffer Äezlrks An,«igen»rkise I-Ut »usliegenLcm T-ris Nr. 4. — Nachwrisungs-Debühei 20 Rpsg. — Dorgrschrirbrr«, Ersch-inungsiagc und Platzvorschristen werde« nach Möglichkeit berücksichtig». Anzeigen - Annahm« bis voemillags w Uhr. _ ,, - Mr die Richtigkeit deä durch Fernruf übermit. Fernsprecher : Amt Wilsdruff Nr. 6 teilen Anzeigen Üde,nch-1 Ulen wir keine Gewähr. ' ' »- ' — — Jeder Rabaltanspruchs erlischt, wenn der Betrag durch Klage «ingezogen werden- mutz oder Ler Auitraggeben in- Konkurs gerät. Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meißen, des Stadt? rats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt Nr. 203 — 93. Jahrgang Telegr.-Adr.: „Tageblatt Wilsdruff-DreSden Postscheck: Dresden 2640 Freitag, den 31. August 1934 Strafen nach Gerechtigkeit. Aus der Praxis der neuen Strafrechtsreform. Reichsjustizminister Dr. Gürtner hat dankens werterweise schon wiederholt Gelegenheit genommen, die Presse in das nene Rechtsdenken einzuführen. Wenn er diesmal im Großen Saal seines Ministeriums über die Strafrechtsreform sprach und deren leitende Ge danken darstellte, dann trug er damit ein Thema vor, das jeden einzelnen von uns nicht nur durch die Neuheit der grundlegenden Gedanken, sondern mehr noch dadurch stark interessiert, daß es sich dabei ja um die Vervollkommnung Les Schutzes unseres Staates und daneben auch der Einzelpersonen und des Einzeleigentums handelt. Mit dieser Reihenfolge der Schutznotwendigkeit ist schon einer der leitenden Grundsätze, ja der oberste Grundsatz überhaupt ausgezeigt: Während die Rechts pflege gerade der Nachkriegszeit in wachsendem Maße den einzelnen Menschen, das Ich und sein Wohlergehen in den Vordergrund geschoben hatte, geht das neue Nechts- denken auch bei der gesetzlichen Bestrafung von Verbrechen und Vergehen von der Gesamtheit, vom Volks ganzen aus. Dementsprechend stehen an der Spitze der Strafnotwendigkeiten als die schwersten Verbrechen Landesverrat und Hochverrat. Die Beurteilung der Ver gehen gegen Teile des Volksganzen, also gegen Einzel personen oder kleinere Gemeinschaften, erfolgt unter dem Gesichtspunkt der Schädlichkeit des Vergehens gegenüber der Allgemeinheit. Das will natürlich nicht besagen, daß die Vergehen gegen den einzelnen nicht mehr entsprechend ihrer Schwere geahndet werden sollen, sondern stellt nur Len sehr gesunden und staatspolitisch beherrschenden Grundsatz des Nationalsozialismus als oberstes Gesetz auch im Strafrecht hin: über den Interessen des einzelnen steht dasJmcrcsse der Allgemeinheit. Vorarbeiten für eine Straf- o h des neuen Deutschland maßgebliche gebüh ¬ rende Geltung hatte verschaffen uno recht hätte bringen können — kein man bedenkt, daß vor der Machtergreifung im deWWi Volk selbst bei schwerwiegendsten Fragen nicht annähernd eine einheitliche Auffassung zu erzielen war. Natürlich ist ein so schwieriges und so umfangreiches Werk wie die Schaffung eines neuen Strafrechtes nicht in Monaten zu erreichen, Jahre ernstester Arbeit gehören dazu. Darum war es notwendig, daß der nationalsozialistische Staat wenigstens die wichtigsten und vordringlichsten Gebiete der Strafhandhabung mit möglichster Beschleunigung vorweg nahm. Immer behält man dabei im Auge, daß man kein Strafrecht schaffen kann, das nicht bis in alle Einzelheiten hinein dem sehr feinfühligen Rechtsempfindendes Volkes gerecht wird. Der zweite Grundsatz, der in der neuen Strafrechts pflege in einem ganz anderen Maße als bisher zur Gel tung kommen soll, besagt: auch der Versuch eines Verbrechens muß so bestraft werden wie die vollen dete Tat. Dieser Gedanke ist nicht unbedingt neu, er hat sich bisher in der früheren Rechtspflege aber nicht weitgehend genug durchsetzen können. So besteht z. B. aus früherer Zeit eine rcichsgerichtliche Entscheidung folgen den 'Inhalts: Eine Frau, die in Unfrieden mit ihrem Mann lebte, hatte sich durch den albernen Holüspokus einer „Kartenlegerin" dazu verleiten lassen, das Bild ihres Mannes unter allerlei „Beschwörungen" mit einer Nadel an der Herzstelle zu durchstechen; nach Angabe der „Wahrsagerin" sollte er dadurch getötet werden. Natür lich geschah dem Mann gar nichts. Der verbrecherische Humbug kam aber an die Öffentlichkeit, und die Frau des Mannes wurde vom höchsten Gericht des Reiches des Tötnngsvers uches schuldig gesprochen. Sehr mit Recht; denn hier wurde weniger das törichte Drum und Dran der „Tat" als vielmehr das Entschei dende, die böse Absicht, der böse Wille abgeurteilt. Das wird im neuen Strafrecht viel mehr der Fall sein, es wird ein Kampfrecht gegen den störungsbereiten Willen sein. Es darf nicht erst, wie es das bisherige Strafrecht vielfach tat, der schädliche Erfolg abgewartet werden. Wer unter uns hat es nicht schon erlebt oder aus seinem Kreise gehört, daß in diesem und jenem Fall Polizei und Strasbehörden nicht einschreiten konnten, weil zwar die offene Absicht eines Vergehens bekannt war, aber noch keine vollendete Tat vorlag! Im künftigen Strafrecht wird in der Regel schon der Versuch mit der gleichen Strafe wie die vollendete Tat bedroht sein; der Richter wird nicht mehr wie bisher gezwungen sein, den Versuch milder zu bestrafen als das ausgeführte Verbrechen. Machen wir uns den zweiten Leitsatz des neuen Strafrechts an einem einfachen Beispiel klar. Jemand läuft in betrügerischer Absicht von Tür zu Tür und sammelt Unberechtigt Geldspenden für einen angeblich gemeinnützigen Zweck. Dann ist es nach dem einfachsten Gerechtigkeitsempsinden völlig undenkbar, daß er, wie bisher, für die Fälle, in denen er vor verschlossene Türen kam, erheblich milder bestraft wird als in denen, wo er MM Wau Weit über 200 000 Volksgenossen finden durch die Autobahnen Arbeit und Brot. Der Generalinspcktor für das deutsche Straßen wesen, Dr.-Jng. Fritz Todt, veröffentlicht den ersten Jahresbericht über seine Tätigkeit als Leiter der obersten Reichsbchörde für das deutsche Straßcnwcscn. Dieser Bericht zeigt, mit welcher Tatkraft man an das gewaltige Werk der Rcichsantobahnen hcrangegangcn ist. Der Bericht beginnt mit dem großen Bauvorhaben der Reichsautobahnen. Die während des abge laufenen Jahres durchgeführten Planungsarbeiten er gaben, daß die erste großmaschige Erschließung des Reichsgebiets ein Grundnetz von rund 7000 Kilometer Reichsautobahncn erfordert. Bis zum 1. Juli 1934 sind der Gesellschaft „Reichsautobahnen" zum Bau 1600 Kilometer freigcgebcn, für weitere 2500 Kilometer liegen die Vorentwürfe vor. An Auf trägen wurden insgesamt bis znm 1. Juli 1934 vergeben: 110 Millionen Reichsmark. Die Gesamtzahl der an der Baustelle beschäftigten Arbeiter erreichte bis zum 5. Juli 1934 den Stand von 38 600 Mann, und die Zahl der geleisteten Tagewerke betrug 2,55 Millionen. Es ist vorgesehen, bis zum Ende des Baujahres 1934 bei den Bauarbciten insgesamt 300 Millionen Reichs mark umzusetzen und die Belegschaft der Baustellen auf 80 000 bis 100 000 Mann zu steigern. Die Zahl der in direkt (zum Beispiel in Lieferwerken) Beschäftig ten ist nach genauen Erhebungen 1,5mal so groß wie die der auf Baustellen Tätigen. Es waren sonach insgesamt am Stichtage des Be richts (5. Juli) rund 96 000 beschäftigt und werden bis zum Jahresende 200 000 bis 250 000 Volksgenossen durch das Werk der Ncichsautobahnen Arbeit und Verdienst haben. «' Die Entwurfs- und Bauarbciten sind so vorbereitet, daß in den kommenden fünf Jahren je 1000 bis 1500 Kilometer Autobahnen fertiggestellt werden können. Es wird angestrebt, daß 1936/37 folgende zu sammenhängende Verbindungen dem Verkehr zur Verfügung stehen: die Strecken Köln—Düsseldorf- Dortmund—Hannover-Berlin—Frankfurt a. d. O.— Stettin—Berlin—Breslau. Kassel—Frankfurt—Mann heim—Karlsruhe—Stuttgart—Ulm—Müncken—Landes- im StWllMsen. grenze und die Nordsüdlinie Leipzig—Bahreuth—Mün chen. Ferner werden fertiggestellt die Verbindungen Bremen—Altona—Hamburg—Lübeck und die Strecke Königsberg—Elbing. Gtraßenbauindusirie voll beschäftigt. Im allgemeinen Straßenbau mutzte die Lösung der Hauptaufgaben zunächst darin erblickt werden, bei der verwaltungsmäßigen Zersplitterung, welche im deutschen Straßenbau herrschte, eine einheitliche Ordnung zu schassen. Diesem Ziele diente die Schaf fung des Gesetzes „über die einstweilige Neuregelung des Straßenwesens und der Straßenverwaltung" vom März d. I. Im Zuge der Vereinheitlichung des gesamten deut schen Straßenwesens und seiner Verwaltung lag es auch, daß das Reich bereits in diesem Übergangsjahr ganz ) erhebliche Mittel für den allgemeinen Straßenbau zur t Verfügung stellte. Für das Jahr 1934 werden den Wegeunterhaltungs- pflichtigen etwa 115 Millionen Mark aus der Kraft fahrzeug st euer zufließen. Da das Reich als Über gangsregelung für 1934 die Kostenträgerschaft für die Fernverkehrsstraßen übernommen hat, stehen davon 35 Millionen Mark für die zukünftigen Reichsstraßen zur Verfügung. Darüber hinaus stellte das Reich für Verwaltung, Um- nnd Ausbau der Reichsstraßen s o beträchtliche Mittel zur Verfügung, daß die im Jahre 1933 verfügbaren Stratzenbaumittel in Höhe von 255 Millionen Mark für das Jahr 1934 noch sehr wesentlich überschritten wurden. Mit diesen Mitteln wurde der Ausbau des Fern- - vcrkehrsstraßcnnctzcs wesentlich gefördert. Die Arbeiten aus dem Reinhardt-Programm und'> die Mittel des Jahres 1934 schaffen folgende Beschäf tigungsmöglichkeiten: Bei 200 Arbeitstagen sind auf den Baustellen beschäftigt 82500 Arbeiter, in den Lie ferwerken 94 000 Arbeiter, zusammen 176 500 Arbeiter. Durch die eingeleiteten Arbeiten ist die Straßenbauindustrie voll beschäftigt. Die Arbeiten wurden möglichst gleichmäßig über ganz Deutschland ver teilt, weshalb sie vom Standpunkt Ler Arbeitsbeschaffung aus besonderen Wert besitzen. Sorge lür ältere krwerbslole. Nie Verteilung der Arbeitskräfte geregelt. Wichtige Anordnung des Präsidenten Dr. Syrup. Nachdem der Rrichswirtschaftsministcr im Einver nehmen mit dem Reichsarbcitsminister und dem Stell vertreter des Führers der NSDAP, durch Verordnung vom 10. August 1934 bestimmt hat, daß der Präsident der Reichsanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeits losenversicherung allein ermächtigt ist, die V e r t e i l u n g von Arbeitskräften, insbesondere ihren Aus tausch zu regeln, und jede Betätigung anderer Stellen auf diesem Gebiete erboten und mit Strafe bedroht hat, ist nunmehr von dem Präsidenten der Ncichsanstalt auf Grund der ihm erteilten Ermächtigung eine Anordnung erlassen worden. Leitgedanke dieser Anordnung ist, die altersmäßige Gliederung der in den Betrieben und Verwaltungen Be schäftigten unter Berücksichtigung betriebstechnischer und wirt schaftlicher Erfordernisse so zu gestalten, daß sie den staats politischen Erfordernissen nach bevorzugter Beschäf tigung arbeitsloser älterer Arbeiter und Angestellter, insbesondere kinderreicher Fa milienväter. Rechnung träat. Hiervon betroffen werden alle privaten und öffentliche« Betriebe und Verwaltungen, die Arbeiter und Angestellte beschäftigen, mit Ausnahme der Land-, Forst- und Haus wirtschaft und der Schiffe der See-, Binnen- und Luft- schifsahrt. Die Führer der Betriebe und Verwaltungen find ver pflichtet, erstmalig im Laufe des September ihre Gefolgschaft aus die altersmäßige Zusammensetzung hin durchzuprüfen und das Ergebnis für eine Nachprüfung durch die Arbeits ämter schriftlich niederzulegcn. Darüber hinaus haben die Führer größerer Betriebe formularmäßig bis zum 1. Oktober 1934 dem zuständigen Arbeitsamt zu melden, wieviel Arbeiter und Angestellte über und unter25Jahrenbei ihnen tätig sind und in welchem Umfange und Zeitraum die Auswechselung Jüngerer mit älteren Arbeitskräften vorgenommen werden soll. Zu dem Pcrsoncnlrcis der jüngeren Arbeiter und An gestellten, die von einem solchen Austausch auszunehmen sind, gehören verheiratete Männer, Unterhaltsverpflichtete, Lehrlinge, ehemalige Wchrmachtsangehörige, „alte Kämpfer" ver Wehrverbändc und der NSDAP., ferner Personen, die im Arbeitsdienst oder in der Landhilfe mindestens ein Jahr tätig gewesen sind. Die Führer der Betriebe haben sich mit den Arbeitsämtern darüber ins Benehmen zu setzen, daß die zur Entlassung Kommenden andere Arbettsvlrtz'e, besonders in der gutgläubige Mitmenschen schröpfen konnte. Es wird also in Zukunft nicht mehr heißen: in 28 Fällen ist der Betrugsversnch mißglückt und in 35 Fällen gelungen, sondern es werden 63 Betrügereien abgeurteilt werden. Oder: bei der Urteilsfindung über eine Erpressung wird es nach dem neuen Strafrecht gleichgültig sein, ob die Erpressung gelungen ist oder der Bedrohte den Kerl ein fach verhaften ließ, ohne zu zahlen — der Versuch der Erpressung wird der vollendeten Tat gleichgesetzt. Es wird also auch mit der teilweise noch immer bestehenden Ansicht aufgeräumt werden: „zum Mord ge hört eine Leiche." Man entsinnt sich noch der ent menschten Mutter in Berlin, die ihr Töchterchen auf alle mögliche Weise umzubringen versuchte, bis sie es schließ lich von einer Bahnüberführung auf die Schienen warf, um es überfahren zn lassen. Das Kind kam mit dem Leben davon- der Mord war nickt aelunaen — diele Mutter konnte gleichwohl nicht anders als mit dem Tode bestraft werden. Die Frage der Strafmilderung spielt ferner noch eine Nolle bei dem Zustand der verminderten Zurech nu n g s f ä h i g k e i t. Hier soll die Strafminderung nur noch eintreten, wenn die Zurechnungsfähigkeit vorüber gehend infolge eines akuten Zustandes (beispielsweise durch Erschöpfung bei Krankheit) herabgesetzt ist. Aber —si ein selbstverschuldeter Rausch wird in Zu kunft nicht mehr als Grund für ein geringeres Straf maß gelten! Ober eine wichtige Frage soll noch ent schieden werden: ob man nämlich besondere Strasvor- fchristen schaffen soll für solche Fälle, in denen durch Trunkenheit im Dienst oder bei einer anderen Berufs», ausübung Volksgenossen gefährdet werden. P. A.