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Eisenwerke und Maschinenfabriken. i Die Cramcr-Klett'sche Maschinenfabrik in Nürnberg. (Ans der Allgemeinen Zeitung.) Die Entwicklung des Eisenbahnwesens in Deutschland war eine Zeit lang in nicht geringem Maße dadurch erschwert, daß das Material für dasselbe, nament lich die Betriebsmittel, rem fernen Ausland bezogen werden mußte. In der Thal gab cs beim Entstehen unserer ersten Bahnen keine einzige namhafte Maschinenfabrik in den deutschen Staaten. Erst mit der Zunahme des Bedarfs ward der Unternehmungsgeist in dieser Richtung mehr und mehr rege. Man fing an ans dentschen Werken Schiene» zu walzen, SchiencnbefestignngSmittel zu erzeugen. Die Schwierigkeit des Transports führte zum Ban der Eisenbahn wagen in einheimischen Anstalten, und zuletzt wagte man sich an den Bau von Lokomotiven. In de» letzten zehn Jahren hat sich nun die Maschiucnindnstrie in Deutschland außerordentlich gehoben, und jetzt denkt keine deutsche Bahnver- wallnng mehr daran ihren Materialbedarf im Ausland anznschaffen. Gleichwohl ist den Unternehmungen großer Maschinenfabriken in Deutsch land keine leichte Aufgabe zu 3heil geworden. Unsere staatlichen Verhältnisse begünstigen, ja bedingen gleichsam das Entstehen besonderer Etablissements in fast jedem der größeren und mittleren dcnlsche» Länder: das Absatzgebiet wird dadurch ein ziemlich eng begrenztes; die Konkurrenz drückt die Preise und schmälert den Gewinn. Die Fabrik-Etablissements im südlichen Deutschland sehen sich insbesondere für ihren Absatz an Oesterreich gewiesen, und auch hier haben sie, Wegen der noch mangelnden Zolleinigung, den Fabriken des Auslandes (Bel giens) Englands) gegenüber einen schwierigen Stand. Alle Verhältnisse genau erwogen, gtbt der Aufschwung der Maschinenfabrik-Industrie iu Deutschland ein rühmendes Zeugniß deutschen Fleißes und Unternehmungsgeistes. Bayern, wo die Fabrik-Industrie im Allgemeinen noch wenig entwickelt ist, hat dessenungeachtet zwei der größten Maschinenfabriken in Deutschland anf- zuweisen: das Eisenwerk Hirschau des Hrn. v. Maffei in München, haupt sächlich für den Bau von Lokomotiven eingerichtet, und die Maschinenfabrik des Hru. v. Ccamcr-Klett in Nürnberg, welche sich dermalen vorzugsweise mit dem Bau von Eisenbahnwagen beschäftigt. Während das erstgenannte Etablisse ment seit längerer Zeit allgemeiner bekannt ist, kann dieß von letzterem weit weniger behauptet Werren, obschon cs, wie aus dem Weiteren zu entnehmen dnrch seine Großartigkeit, seine Einrichtung und seine Leistungen den bedeutendsten Anstalten dieser Art ans dem Festlande sich würdig an die Seite stellen kann. Dieser Unistand wird es rechtfertigen, wenn Sie die Spalten Ihres Blattes einer nach an Ort und Stelle gesammelten Notizen verfaßten kurzen Beschrei bung des genannten Etablissements zugänglich machen. Der Betrieb der Fabrik, deren ausschließlicher Besitzer unter der Firma „Klett n. Eomp." Hr. Theodor v. Cramer-Klett in Nürnberg ist, begann in großartigerem Maßstab erst im Jahr 1851, nachdem ein Jahr vorher ein großer Brand einen nicht unbedeutenden Theil der damals bestandenen Fabrikgebäude zerstört halte. Ihre außerordentlich rasche Entwicklung verdankt die Anstalt der energischen Inangriffnahme der Eiscnbahnbantctt in Bayern und der damit und durch die Zeitoerhältniffe überhaupt in Schwung gekommenen Privat-Jndnstrie. Als »n Jähr ,855 Bahnbauten in Bayern ins Stocken gcricthen, sah das Etablissement sich gezwungen, sich mit Arbeiten hauptsächlich für Oesterreich zu decken. Mit der Wiederaufnahme deS Bahnbaues, namentlich des Ostbahnnctzes, zu dessen Gründern und Leitern der Besitzer der Fabrik zählt, wird dieser neue Beschäftigung von, Inland zu Dheil werden. Anstalten dieser Art haben das größte Interesse für das eigene Land zu arbeiten, wo ihre Leistungen besser überwacht und geschätzt und nach Verdienst auch besser belohnt werden können als vom Ausland, wie denn auf der andern Seite das Inland in mehrfacher Beziehung Ursache hat die einheimische Anstalt vorzugsweise zn begünstigen. Das außerhalb der Ringmauern Nürnbergs, südöstlich der Stadt gelegene ausgedehnte Etablissement bildet an sich eine kleine Stadt von Fabrikgebäuden. Diese, etwa 25 an der Zahl, nehmen eine Grundfläche von 23 Tagwerken ein, wovon 233,895 Quadratfuß mit einer Werkstättenfläche von 358,497 Quadratfuß überbaut sind. Nu der Art und Weise wie die verschiedenen Werkstätten, Ma gazine re. auf 1500 Fuß in der Länge und 350 Fnß in der Breite an einander gereiht sind, merkt man das allmälige Wachsthum der Fabrik. Neun Dampf maschinen mit mehr als 300 Pferdekraft setzen die vorhandenen 267 Betriebs maschinen in Bewegung. Die Zahl der Arbeiter beträgt dermalen gegen 2300 mit beiläufig 700 Familie». Als ein Mangel ist es anzuschen, daß das Etablisse ment mit dem nicht fernen Bahnhof der Staatsbahn nur dnrch die Landstraße verbunden ist. Eine Schienenverbindnng soll jedoch später mit dem Bahnhof der Ostbahn hergestellt werden. Zum Transport der Lasten zwischen der Fabrik und der Bahn dienen jetzt ständig 24 Pferde. Nach den Hauptfabrikazionszweigen theilt sich die Anstalt in folgende Ab- theilnngen: u) Maschinenfabrik. Hier werden alle dem Maschinenfach angehörigen Gegenstände, hauptsächlich aber Dampfmaschinen und Kessel gefertigt. I» den letzteren Jahren sind über 100 Dampfmaschinen aus diesen Werkstätten hervor- gegangen, darunter zwei von 400 Pferdekrafl für die Bayreuther Baumwollen spinnerei und mehrere für Böhmen. In neuerer Zeit wurde auch begonnen kleinere Dampfmaschinen von bis 20 Pferdekräften nach bewährter Kon- strukzion auf Lager herznstclleu, und es befindet sich deren jetzt eine Anzahl in den Magazinen. Mau ging hiebei von der Ansicht aus, daß die gleichzeitige Anfertigung einer größeren Anzahl Maschinen ganz gleicher Art die Herstellungs kosten wewntlich vermindern müsse, nnd hofft dadurch den Gebrauch von Dampf maschinen den kleineren Gewerben zugänglich zn machen. Der Fabrikbesitzer hegt dcßhalb auch die Absicht sich mit dem gutfnndirten bayerischen Gewerb- verein ins Benehmen zu setzen, um unter Garantie desselben gerade den der Dampfkraft so sehr benölhigenden kleinen Gewerben Nürnbergs eine Anzahl dieser Maschinen gegen wöchentliche Abschlagszahlungen zn überlassen. Einen Beftandtheil der Maschinenfabrik bildet die Kesselschmiede für Herstellung von Dampfkesseln jeder Art, Brauercikesseln und sonstige» Blecharbeitcn. b) Abtheilung für Herstellung von Eisenbaknbedarf (Lokomotiven aus genommen). Alle zum Bahnbau und zur Bahneinrichtnng nöthigen Gegenstände, wie Drehscheiben, Brücken- nnd Grnbenwagen, Wasscrkrahncn re. werden hier hergestellt nnd der Eisenbahnwagenbau, so wie die Rädcrfabrikazion in groß artigstem Maßstab betrieben. Wie ausgedehnt diese Fabrikazion ist, läßt sich ans der Angabe bcurtheilen, daß im laufenden Jahre 175 Personenwagen nnd 1400 Lastwagen für auswärtige Bahnen, dann 2400 Satz Eisenbahnwagenräder mit Achsen abgeliefert werden, nnd daß sich die. Fabrik kontraktlich verpflichte» kann, täglich 6 bis 8 Lastwagen (je nach der Konstrukzion) und einen Personen wagen fertig herznstellcn. Die Wagen werden bis zur Vollendung, mit Ein schluß aller Lackirer-, Polster- nnd sonstigen Arbeiten in den Werkstätten selbst ausgeführt, und ciye fertige Arbeit von auswärts überhaupt nicht bezogen. e) Abtheilung für Brückenbauten nnd Eisenbauten überhaupt. Die große Schrannenhalle in München mit einer Länge von 1126 Fuß, einer Breite von 97'/,, Fuß und einem Gesammteiscngewicht von 20,000 Zentnern, der in hundert Tagen ausgestellte Glaspalast dortsclbst mit 30,286 Zentnern Guß- nnd Schmieecisen, der in konstruktiver Beziehung sehr interessante Wintergarten Sr. Maj. des Königs von Bayern ebenfalls in München, die große Einsteighalle im Bahnhof zn Würzburg gingen in den letzten Jahren aus dieser Abtheilung der Anstalt hervor. Im laufenden Jahr reiht sich daran die große eiserne Brücke über die Isar bei Großheffellohe für die München-Salzburger Eisenbahn nach dem neuen System des Direktors v. Pauli mit vier Oeffnnngen, wovon zwei von je 100, zwei von je 200 Fuß Weite und einer Höhe des Geleises von 106 Fuß über dem Wasserspiegel.