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Nr. 181. Mittwoch, den 10. August 1004. S. Jahrgang. Sächsische UMsMng UnsddSngigercsgebIsnfiirAaMeit.«eclüu.fmkeil. > UnsddSngigez csgeblsn für Aadrdett. ftecd» u. kreide». Auserste werden die 6 gespaltene Peiiizetle oder deren Raum « lk Ps. berechml. bei Wiederholung bedeutender Rabatt. Bnchdrnifrrrt. Nedaktton und «eschäst-ftell»i Dresden Ptlln.fter eiraki» 4K. - gernlkretticr Am. I Nr ,»«. Ein preußisches Wohnungsgesetz. Eine eigenartige Fügung ist es, das; der Schlus; des Breslauer Hausbesitzertages von der preußischen Regierung auch eine Antwort erhält: in Breslau feierten die „Haus agrarier" — um diesen Ausdruck zu nehmen — ihre Triumphe, man beklagte sich, daß der Staat und das Parla ment gar nichts für die Hausbesitzer unternehme, daß immer nur für die Mieter gesorgt werde. Wir finden das für ganz selbstverständlich, der Hausbesitzer ist der wirtschaftlich Stärkere, der Mieter der Schwächere, und ein Parlament, das den ersteren noch mehr stärken würde, wäre um ein Jahrhundert zu spät daran. Heute leben wir in einer Zeit, tvo der wirtschaftlich Schwache den Schutz des Staates ge nießt und genießen muß. Das gilt auch für das Wohnungs wesen. Diese ebenso schwierige wie hochwichtige Frage ist im Reichstage von dem Zentrumsabgeordneten Dr. Jäger angeschnitten worden. Auf seine Veranlassung hin hat auch das Neichsamt des Innern die vor einigen Wochen publi zierte Denkschrift über die Wohnungsfrage ausgearbeitet: ihm und der Zentrumsfraktion gehört somit ein wesent liches Verdienst, daß die Sache in Fluß kann In Preußen ging man mit mehr Eifer als vorher daran, den Entwurf eines neuen Wohnungsgesetzes anszu- arbeiten. Im Reichstage ist derselbe nunmehr publiziert worden. Der Entwurf bringt manche sehr erhebliche Fort schritte. Die Zentrumsfraktion des preußischen Abgeord netenhauses wird an demselben jedoch noch verschiedene Sei ten verbessern. Der Kernpunkt des neuen Gesetzes liegt in Artikel 4 und 5: ersterer behandelt die Benutzung der Ge bäude, letzterer bringt die Wohnungsaufsicht. Die neu vor geschlagenen Bestimmungen über die Benutzung der Ge bäude sind im allgemeinen gut: für Gemeinden mit mehr als 10 000 Einwohner sind eigene Wohnungsverordnungen zu erlassen. Ein wesentlicher Fortschritt liegt darin, daß sämtliche Wohn- und Schlafränme erst baupolizeilich genehmigt wer den müssen. Für sämtliche Mietwohnungen ist eine eigene Kochstelle vorgeschrieben: man sollte eigentlich eine solche Bestimmung für überflüssig halten: wer aber die Verhält nisse in den Großstädten kennt, der muß gestehen, wie viel gerade hier noch gefehlt wird. So gibt es zum Beispiel in Berlin eine-sehr, sehr große Anzahl von Wohnungen, die keine eigene Kochstelle haben, da ist Wohn-, Schlaf- und Kochraum alles in einer Stube, die allen gesundheitlichen Anforderungen Hohn spricht. Die Wohn- und Schlafränme (auch Küchen) müssen insgesamt den Bewohnern so viel Raum bieten, daß auf jede Person mindestens zehn Kubik meter Luftraum und vier Quadratmeter Vodenfläche ent fallen. Für Kinder unter zehn Jahren können geringere Anforderungen festgesetzt werden. Die Wohnung muß so viel Räume enthalten, daß, abgesehen von Ehepaaren, die über 14 Jahre alten Personen nach dem Geschlecht getrennt in besonderen Räumen schlafen können. Für die beim Dienst- oder Arbeitgeber wohnenden Dienstboten und Ge werbegehilfen sind sodann eingehende Bestimmungen vorge sehen; man wird auch dies nur billigen können. Wie oft hört man über die schlechten Wohnungen der ländlichen Ar beiter klagen: es mag hier und dort ganz begründet sein. Aber wir kennen auch sehr viele Wohnungen ländlicher Ar beiter, die sich mit Stolz sehen lassen können. Viel schlimmer sieht es hier in den Großstädten ans und zwar nicht durch die Schuld der Tienstberren; das Haus ist so schlecht gebaut, daß dem Dienstboten kein ge eigneter Raum geboten werden kann. Von dein ebenso un ästhetischen wie gesundheitsschädlichen Hängeboden in der Küche wollen wir gar nicht reden. Ter Baumeister der Großstadt findet oftmals ein Kellerloch, in das der Tienst- bote förmlich hineinkriechen muß, für genügend; das ist der langsame Mord am Menschenleben. Mit großer Freude wird man die eingehenden Bestimmungen über das Schlaf gängerwesen. diese Eiterbeule in der ganzen Wohnungs frage, begrüßen, solche dürfen nach dem Entwürfe nur bei Erfüllung folgender Bedingungen ausgenommen wer den: Die Schlafränme der Zimmermieter, Einlieger und Schlafgänger müssen von denen des WolmnngsgeberS und seiner Familienangehörigen baulich oder in einer sonst ge eigneten Weise, die den unmittelbaren Verkehr ansschließt, getrennt sein: alleinstehenden Männern und Frauen ist es gestattet, Einlieger oder Schlafgänger gleichen Geschlechtes in ihre Schlafränme auszunchmen. Tie Schlafränme der Zimmcrmieter, Einlieger und Schlasgänger müssen den durch die Wolmnngsordnung sestzusetzendcn Mindestforde rungen hinsichtlich der Einrichtung, Ausstattung und Unter haltung entsprechen. Einlieger oder Schlafgänger verschie denen Geschlechts dürfen gleichzeitig mir mit Genelnnignng der Qrtspolizcibehörde und nur dann ausgenommen wer den. wenn die Schlasräume der Einlieger oder Schlafgänger verschiedenen Geschlechts von einander baulich oder in einer sonst geeigneten Weise, die den unmittelbaren Verlebr aus schließt, getrennt sind. Die Turchsübrnng dieser Be stimmungen wird in den meisten Fällen das Scblafgänger- tnin unmöglich machen; das aber wünschen wir gerade. Man schaue nur einmal hinein in das sittliche Elend, das lnerdnrch hervorgernsen wird, gerade jene Familien, die in der Regel ohnehin schon die mangelhaftesten Miet- ränme haben, nehmen Schlafgänger ans, allerdings nicht aus Lurus, sondern um den Betrag der eigenen Miete her- nnterzndrücken. Aber diese Sparsamkeit ist eine total ver kehrte, wer an der Wohnung spart, kürzt sich das Leben, zer stört sich sein Heim und sein Familienleben. Ter Alkohol und das Wirtshaus fordern dann um so höhere Opfer! Wir würden gar nicht davor zurückschrecken, daß be stimmt würde, die Ausnahme von Schlafgängern von einer polizeilichen Konzession abhängig zu machen, damit man auch die sittliche Qualifikation der Schlafstellenvermieter in Betracht ziehen kann. Tie StellenvermittelnngsbnreanS sind der polizeilichen Anmeldepflicht schon unterworfen; aber mehr Unheil als diese können Schlafgängervermieter anrichten; für Gastwirte ist Konzession nötig, weshalb nicht auch für „Herbergs"-Wirte; im Gastwirtshans ist man nnr bei Tage und hier unter der Kontrolle der Qefsentlichkeit, der Schlafgänger ist in seiner Herberge nnr bei Nacht unter Ausschlnß der Qefsentlichkeit! Tie sämtlichen Bestimmungen über die Benutzung der Gebände bekunden somit gesunden sozialen Sin» und dienen dem Wähle der Gesamtheit. Ebenso kann dies von Artikel ."> gesagt werden, der die Wohnungsaussicht einsührt: diese ob liegt dem Gemeindevorstand. Für Gemeinden mit mehr als 100 000 Einwohnern ist zur Turchsübrnng der Wob- nnngsaussicht ein Wohnungsamt zu errichten, das mit dem erforderlichen, in geeigneter Weise vorgebildetcn Personal, insbesondere mit einer genügenden Anzahl beamteter Woh- nnngSanfseher, besetzt sein muß. Tem Wolmnngsamle können auch ehrenamtlich tätige Personen als Mitglieder angehören. Tem Wohnnngsamte können von der Ge meinde, sofern sich mehrere Gemeinden zur Errichtung eines gemeinsamen Wohnungsamtes vereinigt haben, durch über einstimmende Beschlüsse der beteiligten Gemeinden und, so fern die Errichtung durch einen weiteren Kommunalverband erfolgt, durch Beschluß des letzteren andere verwandte Auf gaben übertragen werden. Auf Anordnung des Regie rungspräsidenten ist die Tätigkeit des Wohnungsamtes aus die Nachweisnng kleinerer Wohnungen zu erstrecken. Die mit der Wohnnngsaufsicht betrauten Personen sind berech tigt, bei Ausübung der Wohnnngsanssicht alle Räume, die zum dauernden Aufenthalte von Menschen benutzt werden, sonne die dazu gehörigen Nebenränme, Zugänge, Aborte zu betreten. Sie haben den Wohnungsinhaber oder dessen Vertreter bei dem Beginn der Besichtigung mit dem Zweck ihres Erscheinens bekannt zu machen und sich unaufgefordert durch öffentliche Urkunde über ihre Berechtigung aus zuweisen. Hiermit holt Preußen nach, tvas in anderen Staaten ! schon besteht, Bayern, Württemberg, Hessen und andere haben schon seit geraumer Zeit die Wohnungsaufsicht und sie hat hier gut gewirkt. Ohne eine geregelte und fach männische Wohnnngsaufsicht versprechen wir uns von allen ! anderen Bestimmungen nicht viel des Guten; es ist hier ! gerade »nie mit der Gewerbeiiispektion: in den gewerblichen Anlagen steht es da mit dem Schutze der Arbeiter am besten, ivo der Gewerbeinspektor hinkommt, oft hinkommt. Ganz ähnlich ist es ans dem Gebiete des Wohnungswesens. Aber das Wohnungsamt muß mindestens schon in Städten mit all 000 Einwohnern errichtet werden und mit ihm ist ein obligatorischer Wohnnngsnachweis stets zu verbinden. Das bat sich gerade in Stuttgart sehr bewährt. Wir begrüßen aufs herzlichste diesen Entwurf, er ist eine sehr brauchbare Grundlage, auf der weiter gebaut werden kann. Das Zentrum wird auch hier seinen Ruhm als soziale Partei bewähren und tüchtig mit Verbessernngsvorschlägen her- anstreten. Politische Nmtdschau. Deutschland. — Während der bevoistehende» Anwesenheit des Kaisers in Berlin ist. wie offiziös gemeldet wird, der Empfang der südwestasiikainsche» Farmer in Aussicht ge nommen. — Das Mitglied des Herrenhauses Graf von der j Schnlenburg-Angern ist am 0 d. M. im Alter von 88 Jahren ! zu Angern (Bezirk Magdeburg» verstorben. Unter zahlreicher Beteiligung des Publikums er- ^ folgte am Sonnabend abend 0 Uhr auf dem Dampfer Allerlei vom August Von Eli mar Kern an. (N.-chdinrk Verbote».! Der Erntemonat ist zugleich auch der letzte eigentliche Sommermonat. Solange die Sonne über den goldgelben Halmen der reifenden Brotfrucht brennt, wähnen wir Som mer; ein Stoppelfeld aber, mögen die Tage auch noch so schön, lind und lieblich sein, wirkt immer herbstlich. So geht denn gerade im Verlauf des Angnstmonats das Jahr für unser Empfinden am steilsten und schroffsten bergab- stxirts. Die Entwickelung der einzelnen Phasen bei den an deren Jahreszeiten ist eine stetigere, eine allmählichere. Mit der Einerntung der Frucht, die gleichsam die Kraft von Erde und Sonne verkörpert, aber erscheint uns die Natur, wenn auch nicht gerade tot, so doch leer. Und zu alledem be ginnen nun in diesem Monat auch die Vögel bereits süd wärts zu ziehen. So kommt eines zum anderen, um unser Gefühl zu beeinflussen und die Erde mit den grauen Fäden einer stillen Wehmut zu überspinnen. Und diese Stimmung kennt auch der Volksmund: Reißt die Spinne ihr Netz entzwei. Ist der Sommer bald vorbei! Draußen auf den Feldern aber heißt es: rüstig, alle Mann an's Werk. Gerste und Roggen, Weizen und Hafer, letzterer an besonders kühlen Tagen, kommen an die Reihe. Und ist die Ernte getan und unter Dach gebracht, dann er fordert dieser Monat, wenn es irgend angeht, die Umpflü- guttg des Stoppelfeldes. Gerade durch dieses schnelle Um- pflügen wird man am besten des Unkrautes Herr. — Auch der Viehstall nimmt jetzt den erhöhten Eifer des Landwirtes in Anspruch. Die für die Weihnachtszeit zum Schlachten bestimmten Borstentiere sind jetzt in den Maststall zu brin gen. Wer Federn benötigt, wird die Gänse am besten Ende August pflücken. Die jungen Hähnchen sind anfangs des Monats in der geeignetsten Größe für den Verkauf und er zielen dann auch wohl die besten Preise. Aehnlich steht es mit den Enten. Zur durchgreifenden landwirtschaftlichen Beschäftigung gebraucht man in erster Linie jedoch gutes Wetter. Mit der Notierung ist cS im August nach dem hundertjährigen Ka- lendcr folgendermaßen bestellt: Anfang? Nebel, jedoch schöne und warme Tage, von Mitte bis Ende des Monats große Hitze. Falb nennt den August trocken und heiß und in seiner zweiten Hälfte zu Gewitter neigend. Habenicht stellt fast die gleiche Prognose. Die meteorologischen Aufzeichnungen über die Durchschnittstemperatnr des Erntemonats geben uns für die einzelnen Städte unserer Breiten folgendes Bild: Hamburg, 10,8 Grad, Berlin 18,1 Grad, Münclx'» 10,4 Grad, Karlsruhe 18,1 Grad, Stuttgart IGO Grad, Prag 10,2 Grad, Wien 20,1 Grad, Basel 17.1 Grad. Ter Volksinnnd schließlich tagt: Alle Bariholomältag nch hält. So ist her ganze Herbst bestellt. Ter St. Tominicnstag schaut sogar noch weiter ans, ! gleich bis in den kalten Winter hinein, denn von ihm heißt > es: Hitze am St. Dominicas Ein strenger Winter kommen mast. Wenn die Sonne in das Zeichen der Jungfrau tritt, ^ dann nimmt der August, astronomisch betrachtet, seinen An- ! fang. Tic Phasen des Mondes zeigen hierbei folgende Kon stellation: Letztes Viertel am 4. August, Neumond am I I. ! August, erstes Viertel am 18. August und Vollmond am 20. ! August. Von den Planeten bleiben während der Tauer des ! Erntemonats unsichtbar Venns und Merkur. Mars ist mor gens, etwa eine Stunde lang sichtbar. Jupiter gebt Mitte des Monats um s/l-10 Uhr auf. Saturn ist um Mitternacht am südlichen Sternhimmel aufznsnchen und Uranus gelit Ende des Monats bereits vor Mitternacht unter. Ter bereits zitierte Vollmond weiß uns in seinen Sprü chen und Reimen allerlei über den August zu sagen. Hier ist es ein altes Erfahrungswort über den Verlaus der Wit terung und dort eins über den voraussichtlichen Ertrag der Ernte. In allen Fällen ist dieses Wort aber immer origi nell. Sitzt die Birne fest am Stiel, Gilu's im Winter Kälte viel. Und ähnliches besagt auch der Höhenncbel: Höhenrauch im Sommer, Ist der Winter kein frommer. Dagegen: Pfeift jetzt der Wind aus Norden, Jst'S Wetter sicher geworden. Manche Tage im August stellen hinwiederum die Prog nose auf eine gute, oder schlechte Weinernte. Da heißt es zum Beispiel: Was die Himdslage gießen. Muß die Traube büßen. Oder in anderer Variante. Fm Ängiisi viel Regen Fs! dem Wein kein Segen. Zwei billige Wetterregeln sind: Wie das Weller am Hhppolht, So es mehrere Tage gestlüebl. Lder: Morgens baue, Finlenschlag Kündet Regen für den Tag. 'Nur noch ein paar Tranbenbauernregeln: Mariä Himmelfahrt Sonnenschein Bringt uns vielen und gnle» Wein. Lder: Fst's hell am Sl tza.irenlin-:lag Biel Trauben man sich versprechen mag. Oder: Fe dicker der Regen im Nngnst. Fe dünner wire der Must. Lder schließlich: Schlechten Wein gilll s Heuer, Wenn St Lorenz ohne Feuer. Zum Schluß noch ein markanter Spruch: s'lugust VInlang Hein Winler lang und weiß. Wie in jedem Monat, so stellt auch im Anglist der Hans- balt seine Ansprüche. Im Geini'isegarten ist das Abranpen der Koblsorten an der Tagesordnung. Vlnmeiikohl ist wie der ansznsäen. Das abgeerntetc Erbsen- und Bolmenlnnd bepflanzt man jetzt am beiten mit Endibiensalatpslanzcn: auch für den Winter bestimmte Karotten kann man ans dem sreigewordenen Land anssäen. Zwiebel und Knoblauch wer den Ende des Monats eingcbracht. Ans den Erdbecrbeetcn sind Verpflanzungen vorziinebinen, die alten, stehenbleiben deil Pflanzen sind zu behacken und zu jauchen. Im Blu mengarten sind die Zwiebelgewächse berauszunehmen und die reifen Samen einzusamiiieln. Alle perennierenden Ge wächse kann man jetzt gut durch Teilung permehren. Stief- Mütterchen und Vergißmeinnicht säe man jetzt aus; auch kann man in diesem Monat die Rosen am heften okulieren. Im Obstgarten ist die Ernte im pollsten Gange. Diese