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Dresdner Journal. ^146 Derautwortlichtr Redaetevr: I. G. Hartmann. Erscheint mit Ausnahme der Sonn» und Festtage täglich Abend» und ist durch alle Postanstalten zu beziehen. Donnerstag, de» 2«. Juni. "" Preis für da» Btrrteljahr Lhaler. Insertion»-Gebühren für de« Sau einer gespaltenen Zeile l Neugroschen. 1856. Amtlicher Theil. DreSden, 24. Juni. Ihre Königlichen Hoheiten der Kronprinz und die Kronprinzessin sind heute Nach mittag nach Berlin gereist. Dresden, 2b. Juni. Se. Kaiserl. König!. Hoheit der Erzherzog Maximilian ist heute früh 6 Uhr von Pill nitz nach Prag abgereist. Dresden, 20. Juni. Se. Majestät der König haben geruht, dem Dirrctor der thüringischen Eisenbahn, königlich preußischen Kammerherrn, Grafen Keller, das Ritterkreuz deS AlbrechtordenS zu verleihen. Dresden, 20. Juni. Se. Majestät der König haben geruht, dem RegierungSrathe Wilhelm Ludwig Ackermann zu Leipzig, in Anerkennung seiner langjährigen verdienst lichen Wirksamkeit, bei Gelegenheit seiner Versetzung in den Ruhestand daS Ritterkreuz deS AlbrechtordenS zu verleihen. Dresden, 24. Juni. Dem Schmiedemeister Heinrich Wilhelm Heinze in Königstein ist für die von ihm im Monat April dieses Jahres, mit Entschlossenheit und eigener Lebens gefahr, bewerkstelligte Errettung eines in dem Bielabach ver unglückt gewesenen KnabenS, vom Tode d,S Ertrinkens, die LetenS-RettungSmedaille in Silber verliehen worden. Nichtamtlicher Theil. Nedrrstcht. Tage-geschichte. Telegraphische Nachrichten. — Dresden: Zur Anwesenheit deS Erzherzog« Ferdinand Max. — Mügeln: Ein Besuch Sr. Maj. des Königs. — Wien: Die Ernteaussichten im Kaiserreiche. — Triest: Aali Pascha abgereist. Ercesse gegen die Christen in Al banien. — Berlin: Das Gesetz wegen Einführung eine allgemeinen LandeSgewichlS pudlicirt. Der Kronprinz und die Kronprinzessin von Sachsen erwartet. Graf Georg Esterhazy s-. Sine Note an da« dänische Gouvernement. Ein ostfriesisch-thüringifcher Eisenbahnverband in Aussicht. Hinrichtung. — Kassel: Eisenbahndividende.—Alten burg: Der Herzog nach Elster. Herr v. kiliencron. Sammlung für Schöneck und Lengenfeld. — Eisenach: Von der Aollconferenz. — Paris: Festlichkeiten. Die außerordentlichen Credit, der letzten drei Iahe,. Bevor stehende Reise deS Kaisers. Graf Walewski noch nicht ab gereist. Der Plan des pyrenäischen Eisenbahnnetze-. Der Gesetzentwurf bezüglich der Renten für di« Orleans. Der Regent von Baden. Der Vertrag mit Sachsen pudlicirt- Vermischte-, — Genf: Gerüchte von einer Verschwörung. Madrid: Abänderung des Eisenbahngesetzes. Verurthei- lungen. — Florenz: General K'sseleff. Todesurtheil.— Rom: Straßenräubereien. — Neapel: Die Ausfuhr bewilligung verlängert. — Turin: Die Auflösung der englischen Legion. — London: Schlägereien im Lager von Aldershott- Prinz Oskar von Schweden. — Konstantinopel: Aus der neuesten Post. — Galacz: DampfschifffahrtSconcurrenz. — New-Park: Ein Vor schlag zur Herstellung des Friedens in Kansas. Nach richten aus Hayti. Local - und Provinzialangelegenbeiten. Dresden: Vermehrung der Briefkasten. — Leipzig: Einweihung deS neuen Missionshauses. — Ehemnitz7 Die Sonn- tagsschuke. — Zwickau: Traurige Folgen einer leicht sinnigen Handlung. — Lommatzsch: Bürgermeister wahl. — Altmüqeln: Pastor l>«. Ficker eingeführt. Feuilleton. Vermischtes. Inserate. TageSkalender. Börsennachrichten. TageSgeschtchte. Telegraphisch« -kochrtchte». Marseille, 23. Juni. (T D. d. Jndöp.) Der „Tha- bor", welcher Konstantinopel am 16. d. M. ver lassen hatte, ist hier eingelaufen. Die Generale Salles, Mac Mahon, SoleSmes und Blostanz sind heute hier angelangt. Die Räumung der Krim ist fast beendet. Da« Linienschiff „la Bre tagne "harrt deS Marschalls Pölissier, um ihn nach Frankreich zurückzuführen. Man meldet von Vortheilen, die über die Kabul,n errungen worden sind. Aus derKrim sind seit Sonnabend 10,000 Mann in Marseille angekommen. — Der Preis der am hiesigen Platze verfügbaren Ge- treidevorräthe hält sich fest. Dresden, 25. Juni. Se. k. k. Hoheit der Erzherzog Ferdinand Max von Oesterreich Hal den gestrigen Tag aus schließlich im Kreise der Königlichen Familie zu Pillnitz ver lebt, woselbst auch Ihre k. k. Hoheit die verw. Großherzogin von ToScana und Ihre königl. Hoheit die verw. Herzogin von Genua zur Zeit noch weilen. Heute Morgen Hal Höchst- derselbe Sich von Pillnitz nach der Eisenbahnstation Nieder sedlitz begeben und von dort au« mit dem Dresden-Brünner Postzuge die Reise nach Wien angetreten. Außer dem k. k. österreichischen Gesandten, Fürsten v. Metternich, hatten gestern auch der StaalSminister Freiherr v. Beust und der Minister deS königl. Hause-, Staat-Minister a. D. v. Z,schau, nebst Frauen Gemahlinnen die Ehr«, zur königlichen Lafrl gezogen zu werden. tz Mügeln, 19. Juni. Gestern früh zwischen 6 und 7 Uhr trafen, von Oschatz kommend, Se. Majestät der König in Begleitung Ihres Generaladjutanten Generalleutnant- v. Engel hier ein. Obschon dies nur erst in den Nachmit tagsstunden des vorhergehenden Tages in Mügeln selbst be kannt worden war, so hatte man doch — so weit die Kürze der Zeit dies gestattete — auch äußerlich der hohen Freude über di, Anwesenheit unser« allgetzcbt^n Königs einen schwachen Ausdruck zu geben sich bemüh« unedle Häuser und Straßen mit Kränzen, Blumen und Guirlanden reich geschmückt. Auch waren auf den Straßen, welche Se. Majestät zu passiren hatten, sowohl die Bürgerschützen als auch die Innungen mit ihren Fahnen aufgestellt. In dem hiesigen Schloßhofe erwarteten di« königl. und städtischen Behörden, sowie die Geistlichkeit Se. Majestät. Nachdem Allerhöchstdieselben die ehrfurchtsvolle Begrüßung der durch den königlichen Besuch hochbeglückten Stadt Mügeln entgegenzunehmen und an die Anwesenden huldreiche Worte zu richten geruht hatten, be sichtigten Se. Majestät zunächst die Räume des JustizamteS und sodann die Lokalitäten des Kammergutes. Hierauf ver ließen Se. Majestät unter dem begeisterten Zurufe der in dem Schloßhofe versammelten dicht gedrängten Menschen menge das hiesige Schloß, um in Begleitung des Kammer» gutSpachterS Odrich sowie des AmtShauptmannS v. Vieth aus Döbeln die zum Kammergute gehörigen Vorwerke und Fluren, insbesondere auch die auf leytern befindlichen um fangreichen Drainirungsanlagen in Augenschein zu nehmen. Von dem Vorwerke Berntitz aus fuhren Se. Majestät nach den bei WermSdorf gelegenen, von dem Kammergulspachter Odrich ebenfalls erpachteten großen Teichen, von denen na mentlich der sogenannte Horstsee in seiner ganzen Ausdeh nung besichtigt wurde, und langten sodann zwischen 11 und 12 Uhr in WermSdorf an, wo in dem dasigen Schloßhofe die Behörden sich ebenfalls zur ehrfurchtsvollen Begrüßung Sr. Majestät versammelt hatten. Nachdem auch hier die zum Justizamte gehörigen Lokalitäten besichtigt worden waren und Se. Majestät Sich auf da« Huldvollste mit den im Schloß hofe Versammelten zu unterhalten, auch noch an den Kam- mergutSpachtrr Odrich anerkennende und aufmunternde Worte zu richten geruht hatten, reisten Allerhöchstdieselben gegen 12 Uhr nach Dahlen ab, um Sich von dort per Eisenbahn über Leipzig nach Plauen zu begeben. LLien, 24. Juni. Die „Presse" bespricht heute in einem längern Artikel die Ernteaussichten im Kaiserreiche. Es heißt in demselben: Gerade aus dem am meisten von Hagelschä den heimgrsuchten Kronlattde Böhmen kommen uns die trost reichsten Versicherungen und die vollste Beruhigung über die zu erwartenden Ergebnisse der Ernte zu. Welche Aus dehnung übrigen« der Hagelschlag gehabt, mag au« den Bü chern der Prager betreffenden Assecuranz-Gesellschaften ersicht lich werden, aus welchen hervorgeht, daß ein gute« Viertheil sämmtlicher versicherten Parteien größern oder geringer» Er satz zu fordern habe; — und in Böhmen ist der größte Theil der Landwirthe gewohnt, assecuriren zu lassen. Die Haupt sorge Böhmens, die Kartoffeln, stehen vortrefflich. In Inner österreich hat die sengende Hitze die Sommersaat in der Ent wickelung zurückgehalten; dagegen verheißt Korn reichliche Ernte. Marchfelder Weizen dürfte in Qualität vorzüglich werden, aber dem Quantum nach erwartet man nur gute Mittelerntt. Oberösterreich scheint sich eines reichen Segens zu erfreuen. Am schwierigsten ist eS, auS Ungarn einen einigermaßen verläßlichen Einblick in den Stand zu gewinnen. Soviel sich mit Bestimmtheit sagen läßt, wird Oberungarn, wo die andauernde Hitze die Ernte sehr nahe gerückt hat, mäßigen Erwartungen unzweifelhaft entsprechen; die östlichen Eomitate und vor Allem daS Banat versprechen unS (min destens zum größern Theile) eine Mittelernte und der Qua lität nach ein, gute. Weizen und Korn stehen jedenfalls bes ser als die Sommersaat; doch ist von ausgiebigem Regen auch eine Besserung des Standes von Gerste und Hafer zu erwarten. RapS ist meistentheilS mißrath,n, sowohl in Böh men wie in Ungarn. Unerwarteterweise dürfte der Wein eine sehr glückliche Rolle in diesem Jahre spielen. Nachdem der von dem Massivste gngerichteta Schade» fast ganz wieder gut geworden, zeigt der Weinstock eine Triebkraft, die bei günstigem Wetterverlauf ein mächtig,« Erträgniß verheißt. Es wäre auch noch der Zustände der Alpenwirthschaft in den Gebirgsländern zu erwähnen. Diese erfreuen sich in Steier mark und in Kärnlhen der besten Witterungseinflüsse; in Tirol wäre man auch leidlich zufrieden, nur wird über Was sermangel geklagt. In der Lombardei und dem Venetiani- schen ist Alles voll guter Hoffnung, nur über die Seiden- raccolta ist noch etwas, vielleicht unberechtigte« Kopfschütteln zu vermerken. Wenn wir diese (wie natürlich noch dürftigen und nur annäherungsweise verläßlichen) Haltpunkte zur Be- urtheilung der zu hoffenden Ernte-Ergebnisse überblicken, dür fen wir, bei mäßig günstigem Verlaufe der Witterung während der weitern Reife und Schnittzeit, mit großer Beruhigung in die Zukunft schauen. OL Triest, 24. Juni. Aali Pascha hat sich gestern Abend mit dem Lloyddampfer „Australia" nach Konstantinopel ein geschifft. Aus Albanien vernimmt man, daß einige Auf regung immer noch durch die Ulema unterhalten wird. DaS neue katholische Seminar in Skutari wurde am 19. d. M., ebenso die alte Kirche in Drino zerstört. Der katholische Bischof und der k. k. österreichische Consularagent in Antivari haben diesfalls den Schutz und da« Einschreiten der Behör den angerufen. kalifornische Skizzen von Friedrich Gerstäcker. Leipzig, Arnold'sche Buchhandlung. 1856 * * ) Dieser berühmte und vielleicht verwegenste und glücklichste aller Weltfahrer, bat seinen bisherigen Werken durch diesen Band ein» treffliche Ergänzung gegeben. Während er sonst gewöhnlich nur mit einer leichten, gefälligen Darstellung seine Abenteuer facüsch erzählte und nur hin und wieder ethnographisch, novelli stische Skizzen schrieb, die an Willkür und Lockerheit der Eom. Position litten, hat er sich hier diesem Thema mit mehr Ruhe und Sammlung und deshalb auch mit überwiegendem Glück hin. gegeben. Die Sittrnschilderunqen de- kalifornischen Lande-» und Volk-, oder, besser gesagt, LandstreicherlebenS übertreffen an natürlicher Lebendigkeit und interessanter Gruppirung der cha. rakteristischsten Zustände und Verhältnisse jeden gleichartigen Versuch in diesem Gebiete. Selbst di« literarische Durcharbeitung de» Stoffes ist solider al« sonst, und wenn der Verfasser sehr oft in da« Phantastisch.Abenteuerliche hinübergreift, so mag in der That die kalifornische Wirklichkeit viel bunter und greller sein, alS die Einbildungskraft irgend ein,« Dichter». Da« Bölkerleben bietet stet« bei so willkürlichen oder unentwickelten Zuständen einer verpflanzten Luliur jene styllose Romantik deS Zufall» dar, welcher die Norm langsamer historischer Entwickelung fehlt. Wir theilen unfern Lesern in Nachfolgendem einige Episoden au» dem Lande der Goldsucher in der Ueberzeuqung mit, daß man darin «inen noch kostbarer» Schatz: die Erkrnntniß der Segnungen fertiger Livilisation finden möge. *) Dresden, Arnold'sche Buchhaadlur.g. Feuilleton. Eine Nacht in einer kalifornischen Spielhölle. Von Friedrich Gerstäcker. Auf der Plaza von San Francisco wogte eine halb ge schäftige, halb müßige Menschenmaffe herüber und hinüber. Kaufleute und Mäkler, die Maaren erstehen oder an den Mann bringen wollten; neue Ankömmlinge, frisch von den Schiffen herunter, die in stummem Erstaunen oder lauten AuSrufen der Ueberraschung die Wunder der neuen Welt, de» so ganz ander» erträumten „Eldorado»" vor und um sich auftauchen sahen und noch nicht im Stande waren, die in einander fließenden Wirren zu einem festen Ganzen zu gestalten; die wettergebräunten, in Kleidungsstücken arg vernachlässigten, kräftigen Gestalten der au» den Minen zurückgekehrten Goldwäscher, die, den kleinen, strammen und schweren Lederbeutel im Gurt, in ruhigem Selbst bewußtsein durch die Straßen schlenderten ; und dazwischen der kalifornische Spanier in seiner bunten Serap« und mit den schweren, klingenden Sporen ; der bezopfte Ehinese in seiner dünnen, weiten, blauen Jacke, wie dem, jeden Hemdkragen ver schmähenden , nackten Hal» — die Schwärme reinlich und drall gekleideter Matrosen von einem der amerikanischen Kriegsschiffe in der Vai, Franzosen, Amerikaner, Deutsche, Engländer, Argen tiner, Spanier, südseeländische Indianer, Neger und Mulatten, da» Alle» drängte und preßte in müßiger Eile auf und ab; Gold dir Nadel, um die stch Alle« dreht«, Gold da» Ziel, dem di« Masse, welchen Vaterland«», welcher Farbe auch immer, «ntqegenstrrbte. Der erste wilde Rausch war aber vorüber, der die Menschen wie blind und toll hinauf in dir Berge jagte, um selber zu sehen, selber zu graben. Die Meisten „lwel aeen tl>e eiepbnot" *) und, waren vollkommen befriedigt zurückqekehrt; d. h. fie hatten nicht allein kein Gold oben gefunden, sondern da» wenige, waS fie mit hinaufqenommen, noch obendrein zuqeseht, und schienen nun zu der Ueberzeuqung gelangt zu sein, daß eS auch andere Mittel und Wege in Ealifornien gäbe, ihren „pile"**) zu bekommen. Diese warfen stch jetzt in die Städte und wurden Kaufleute oder Mäkler, Handarbeiter oder Handwerker, Bootsleute, Straßen arbeiter, Markihelfer, Polizeidiener, Händler, Köche, Holzhacker, Konditoren, Restaurant«», Kellner, CommiS, kurz Alles, wa» stch nur denken ließ, um so rasch al» möglich Geld zu verdienen und — dann damit nach Hause zurückzukehren? — nein, sondern noch einmal damit in die Minen zu gehen, denn fie „hatten eS daS erste Mal nicht richtig angefangen". Nur eine Klaff, Menschen von all' den Herüb,rqekommenen dachte nicht daran, weder zu arbeiten noch zu handeln, weder zu kaufen noch zu verkaufen. Mit eigenS dazu in den Vereinigten Staaten präparirtrn falschen Karten, wo ganze Fabriken in diesem Geschäft arbeiten, daS innere Blatt durch die Punktirungrn auf der Rückseite gleich erkennen zu können, kamen sie nach Kali fornien, und sie thaten Nicht» von dem Augenblicke an, wo fle daS Land, ja da» Schiff selber betraten, da» fie hinüberführrn sollt», al» Karten zu mischen und Gold zu zählen oder zu wiegen. ') Ta l»»v« cd« «lapkanr, den Elepdantrn gesehen haben bedeutet in Amerika, etwa» versucht zu haben, wa« »ieUeicht mit großen Schwierigkeiten verbunden war, und doch ohne Erfolg blieb. **) Pit«, Hausen (Gold), kalifornische Redensart.