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MdnKrÄMatt Kernspk-ch-r Wilsdruff Nr. 6 Wschenbla^ füs Wilsdruff und Umgegend Postscheckkonto Dresden 2640 Dieses Blatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, des Amtsgerichts zu Wilsdruff, de» Stadtrat« zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen. »»d Arthur Hsch»r i« Wilsdruff Verantwortlicher Schriftleiter: Herma«« LSssig, für de« Inseratenteil: Arth», Zsch««»e, Heide i« Wilsdruff Rc 32 Dienstag den 7. Februar 1922. 81. Jahrgang Mittwoch den 8. Februar 1922, abends 7 Uhr W. genmnWstl. SitzNg des Rats u. der Stadtverordneten, anM öffentl. Sitzung d. Stadtverordneten. Die Tagesordnung hängt im Verwaltungsgebäude auS. is» Wilsdruff, am 6. Februar t922. Ter Bürgermeister. Der Stadtverordnetenvorsteher. kür Januar 1922 ist spätestens bis zum 10. Februar an die Stadt- kaffe zu bezahlen. Wilsdruff, am 6. Februar 1922. le-, Der Stadtrat. Heine Anreisen haben im „Wilsdruffer Tage blatt", das einen weitver- zweigtenu. kaufkräftigen Leser kreis besitzt, große Wirkung. M»U««MM»M»WWW»W«»»«M«MW^MUMMM»»WW»»«MMMMWMMWMW»WW>MMMW>WWWMMMMMEW»WWWWM«WW«W»«MMMMWWWW« vrr Kusttanä üaurrt weiter an. Die Gewerkschaften rufen zur Arbeit auf. Die Gewerkschaften erlassen einen Aufruf an die Beamten, Arbeiter und Angestellten, der sich besonders gegen das unge werkschaftliche Vorgehen der Neichsgewerkschast Deutscher Eisen bahnbeamten und -anwärter richtet. Es heißt u. a.: Dieselbe Neichsgewerkschast, die jetzt Hilfe von Arbeitern und Angestellten fordert, hat auch diesmal ihre Sonderbestrebungen den gemein samen Interessen aller Arbeitnehmer übergeordnet. Es ist un erträglich, wenn eine einzelne undisziplinierte Gruppe in solch unverantwortlicher Weise mit dem Schicksal der gesamten Be völkerung spielt. Dieser Lohnstreik einer Beamtengruppe muß bei der derzeitigen wirtschaftlichen Lage auch bei nur kurzer Dauer die Lebensbedingungen aller Arbeitnehmer, besonders in den Großstädten, aufs verhängnisvollste gefährden. Geradezu katastrophal aber wirkt dieser Streik bereits jetzt drei Wochen vor der Konferenz in Genua auf die Außenpolitik Deutsch lands ein. Die Verantwortung gegenüber den von ihnen ver tretenen Arbeitern und Angestellten wie gegenüber dem ge samten Volke legte deshalb den unterzeichneten Spitzenorgani sationen aller Gewerkschaftsrichtungen die gebieterische Pflicht aus, alle im Streik befindlichen Eisenbahner aufzufordern, die Arbeit sofort wieder aufzunehmen. Von der Reichsgewerkschaft wird erwartet, daß sie sich ebenso ihrer Verantwortung bewußt wird und den Streik unverzüglich beendet. Die für diesen be sonderen Streikfall der Reichsbeamten erlaßene Verordnung des Reichspräsidenten wird mit der Beendigung des Streiks gegen standslos. In dem Aufruf wird des weiteren dargelegt, wie weit die Regierung zum Entgegenkommen bereit und welche Zugeständ nisse zur Regelung der Beamtenbesoldung sie gemacht hatte. Der Aufruf schließt: Damit ist die Berücksichtigung der berechtigten Beamtensorderungen und der Schutz des Koalitionsrechtes aller Arbeitnehmer gesichert. Wir erwarten von der organisierten Arbeitnehmerschaft, daß sie sich ausschließlich an die Weisungen ihrer Spitzenorganisativnen hält. Allgemeiner Deutscher Gewerkschaftsbund. Deutscher Gewerkschaftsbund. Gewerkschaftsring deutscher Arbeiter-, Angestellten, und Beamtenverbände. Allgemeiner freier Angestelltenbund. * Die vier Hauptverbände der Eisenbahner-Organisationen umfaßen folgende Mitgliederzahlen: 1. Der Deutsche Eisenbahnerverband (freigew. Richtung): 541287 Mitglieder; ^2 der Allgemeine Eisenbahnerverband (Gewerkschaftsring): 82 000 Mitglieder; die Gewerkschaft Deutscher Eisenbahner (christl.-svz. Rich tung): 2o0 000 Mitglieder, an die der Bayrische Eisenbahner verband mit 30624 Mitgliedern angeschlossen ist; 4. dre Neichsgewerkschast Deutscher Eisenbahnbeamter und -Anwärter: über 200 000 Mitglieder. Die Reichsgewerkschaft fordert Mindestgarantien. Berlin, 4. Febr. Trotzdem der Allgemeine Deutsche Ge werkschaftsbund und die anderen Organisationen durch ihre Erklärung das Vorgehen der Reichsgewerkschaft Deutscher Eisenbahner auf das schwerste mißbilligten und dadurch die Reichsgewerkschaft isolierten, will es nicht scheinen, als ob da durch die Streikenden zur Umkehr veranlaßt würden. Die Reichsgewerkschaft verlangt für den Abbruch ihrer Aktion von der Regierung Mindestgarantien, die kaum gegeben werden können. Sie wünscht auch eine Reihe von Personalverände rungen im Neichsverkehrsministerium, denen man nicht nach-, geben können und wollen werde. Die Streikleitung steht auf dem Standpunkt, daß der Aufruf des Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbundes für sie keine Bedeutung habe, weil ein direkter Zusammenhang zwischen der Reichsgewerkschaft und der Spitzenorganisation der freien Gewerkschaften nicht bestehe. Sie erklärt sogar, daß sie sich in der Verfolgung ihrer Ziele nicht ein mal vom Deutschen Beamtenbund bestimmen lasse. Daneben sind aber im Aktionsausschuß der Neichsgewerkschast auch ge mäßigtere Kreise vorhanden, die den Standpunkt einnehmen, daß auch die Neichsgewerkschast bestrebt sein müße, Wege zur Verständigung zu suchen. Dabei ergeben sich nicht unerhebliche Schwierigkeiten, da der Aktionsausschuß alle Bemühungen der gemäßigten Beamten zu durchkreuzen sucht. Es ist daher nicht ausgeschlossen, daß, wenn der Aktionsausschuß auf seinen un möglichen Forderungen besteht, die Reichsgewerkschaft noch während des Streiks endgültig zerfällt. Im Aktionsausschuß fürchtet man eine derartige Tatsache bereits und hat erklärt, daß, falls etwa ein Teil der Beamten abfallen sollte, er nicht dafür einstehen könnte, daß keine Sabotageakte vorkämen. Der Aktionsausschuß der Reichsgewerkschaft teilt mit, daß er Sympathiekundgebungen von einer Anzahl großer Privat betriebe erhalten habe, in denen der gestrige Aufruf des All gemeinen Deutschen Gewerkschaftsbundes verurteilt wird. Von den Arbeitern dieser Firmen seien der Streikleitung sogar nam hafte Summen zur Unterstützung überwiesen worden. Der Deutsche Beamtenbund beabsichtigt, heute eine neue Sitzung mit der Streikleitung einzuleiten, in der abermals der Versuch einer Verständigung gemacht werden soll. Die Haltung der Reichsregierung zum Streik. Berlin, 4. Febr. Während der Besprechungen mit den Vertretern der Arbeitergewerkschasten stellte der Reichskanzler die Haltung der Reichsregierung etwa in folgendem Sinne fest: Die Regierung werde nach wie vor auf ihrem Standpunkte be stehen und in keinem Fall mit den Streikenden verhandeln. Ebenso werde sie auch niemals den Beamten ein Streikrecht zuerkennen können. Im übrigen liege überhaupt kein Grund zu einem Ausstande vor, da die Besvldungsaktion für die Beamten noch gar nicht abgeschloßen sei. Vorbedingung sei gegenwärtig, daß die Arbeit unverzüglich wieder ausgenommen werde. Unter dieser Bedingung sei die Reichsregierung bereit, mit dem Deut schen Beamtenbund, der den Streik mißbilligt, in Be sprechungen einzutreten. Heute wird die Reichsregierung abermals eine Kabinetts- sitzung abhalten, um zu der durch die gestrigen Besprechungen geschaffene Lage Stellung zu nehmen. Neue Verhandlungen. Berlin, 5. Febr. Ueber den Eisenbahnerstreik wird be richtet, daß dke Vermittlungsaktion des Deutschen Beamten bundes gescheitert ist. Die Verhandlungen am Sonnabend führten infolge des Widerstandes des Aktionsausschußes zu keinem befriedigenden Ergebnis. Der Aktionsausschuß berief sich darauf, daß in Berlin, Hamburg und Königsberg die Eisen bahnarbeiter auf seiner Seite ständen, und stellte Bedingungen, die unmöglich erfüllt werden konnten, da sie zum Teil nicht mehr wirtschaftlichen, sondern politischen Charakter trugen. Die Reichsgewerkschaft erklärte weiterhin, daß sie die Zusicherung der Arbeiter aus der Privatindustrie habe, daß man dort in den Kamps der Eisenbahner auch mit der Tat eingreisen würde. In zwischen hatten die Sozialdemokratische Partei, vertreten durch Hermann Müller und Wels, und die Unabhängige Partei, ver treten durch Dittmann und Dr. Rosenfeld, Verhandlungsver suche unternommen. Noch im Laufe des Sonnabend abend fanden mit den Vertretern der politischen Parteien Be sprechungen einiger in Berlin anwesenben Vertreter des Aktions ausschusses statt, die am Sonntag vormittag in der Reichs gewerkschaft fortgesetzt wurden. Die genannten Abgeordneten setzten sich auch in ber Nacht vom Sonnabend zum Sonntag mit dem Reichskanzler in Verbindung und gaben ihm über die in der Streikleitung herrschenden Ansichten Bericht. Zu der Be sprechung wurde auch der Reichsverkehrsminister Gröner hinzu gezogen. Die Reichsgewerkschaft steht auf hem Standpunkt, daß Grundbedingung für eine Einigung bie Erklärung der Regierung ist, daß Streikführer oder Streikende durch die Regierung nicht gemaßregelt werben. Ferner verlangt die Reichsgewerkschaft die bindende Erklärung der Regierung darüber, daß nach dem Streik Verhandlungen über die Neuregelung der Gehälter für die unteren Beamten ausgenommen werden. Bezüglich des Arbeits zeitgesetzes verlangt der Aktionsausschuß, daß die Regierung das Arbeitszeitgesetz zunächst für die privaten Arbeiter und dann erst für die Staatsbediensteten unb Beamten fertigstellen solle. Es wurde weiter gefordert, daß der Verkehrsminister amtlich den Direktionen zugegangene Verfügungen über die Arbeitszeit regelung zurückziehe. Aus Sachsen. Die Lage in Dresden. Der Verkehr auf den Dresdner Bahnhöfen stockt noch ge nau so wie in den letzten Tagen, eine Besserung ist auch am Sonntag nach den Veröffentlichungen der Gewerkschafts- und Angestelltenverbände nicht eingetreten. Die Streikenden miß achten jede Bekanntmachung der Regierung und der Organi sationsvorstände. Mit Mühe und Not wird ein geringer Vor ortverkehr, so zwischen Meißen, Königsbrück und Arnsdorf, aber auch nur mit einem Zug am Tage, aufrechterhalten. Allerdings gelang es gestern, einen Zug bis Görlitz und einen von Riesa nach Dresden zu bringen. Ferner verkehren ab und zu Eilgüter züge, die Kohlen unb wichtige Lebensmittel, unter anderem Milch, befördern. Wo es möglich ist, werden an die Güterzüge einige Personenwagen gehängt, so daß es dann durchzusetzen ist, daß Personen, wenn auch in geringer Zahl, befördert werden können. Alles kommt darauf an, ob eine Lokomotive mit Führer zu erhalten ist. Die Verwaltung kann also nie sagen, ob und wann ein Zug Dresden verlaßen kann. Es ist Zufallssache. Leider hat auch die Aufforderung an die in Pension lebenden Lokomotivführer, sich zur Verfügung zu stellen, so ziemlich ver sagt. Die Verwaltung hat daher gestern nachmittag die Anord nung an die Bahnhofsverwaltungen ergehen laßen, maschinen kundige Streckenarbeiter, die ihre Strecke genau kennen, zu ver wenden. Allerdings wird dann nur mit 30-Kilometer-Geschwin- digkeit gefahren. Man hofft, auf diese Weise einen Notzugs verkehr einzuführen. Die Lage im Leipziger Bezirk. Leipzig, 5. Febr. Die Lage in Leipzig hat sich erheblich ver schärft. Nachdem gestern die Funktionäre des Deutschen Eisen bahnerverbandes (sreigewerkschastliche Richtung) mit 400 gegen 2 Stimmen beschloßen hatten, in der Nacht zum Sonntag in den Streik W treten, hat heute eine von über 2000 Eisenbahn arbeitern besuchte Versammlung dem Beschluß der Funktionäre zugestimmt. Es streikt also nunmehr in Leipzig das gesamte Be triebspersonal. Die Versammlung drückte dem Hauptvorstand das größte Mißtrauen darüber aus, daß er nicht gewillt ist, den Streik zu finanzieren und Unterstützungen nur denjenigen ge währen will, die wegen Verweigerung von Streikarbeit gemaß regelt wurden. Der Hrtsverband Leipzig beschloß weiter, seine Gewerkschastsgelder nicht nach Berlin abzuführen ^und zum Streik zu verwenden. Die Leipziger Ortsverwaltung will sich an die Spitze der Bewegung stellen, die noch keine einheitliche ist. In Chemnitz zum Beispiel ist ein Streikbeschluß noch nicht gefaßt worden. Nach Schluß der Versammlung zogen die Teil nehmer nach dem Zentraltheater, wo etwa 3000 streikende Be triebsbeamte einen Bericht über die Lage entgegennahmen und beschloßen, im Streik zu verharren. Das Eifenbahnpersonal in Borna bei Leipzig, das bisher arbeitswillig war, ist ebenfalls in den Streik getreten, wodurch die Kohlenzufuhr aus den dor tigen Gruben unterbunden ist. Das gleiche gilt von der gesamten Belegschaft der Eisenbahn im Meusclwitzer Bergrevier. Der Leipziger Hauptbahnhof ist gänzlich verödet. Die Zugänge zu den Abfahrtshallen sind gesperrt. Die Mannschaften der Schutz- und Sicherheitspolizei sind erheblich verstärkt worden. Ein Beschluß des französischen Ministerrates zum Streik. Paris, 4. Febr. Da gestern Kohlenzüge mit der Re parationskohle nicht mehr eingetroffen sind, hat der französische Ministerrat den Beschluß gefaßt, dem Obersten Rat heute morgen einen Antrag der französischen Regierung zu über reichen, in dem die Zustimmung des Rates zu der Besetzung der Ruhrkohlenversandstellen und des ganzen Eisenbahnbezirkes durch die Ententelruppen nachgesucht wird, falls die weitere Kohlenzufuhr nach Frankreich durch den deutschen Eisenbahner streik behindert werden sollte. Die Botschafterkonferenz wird heute vormittag eine Sitzung abhalten, wobei ihr diese Beschluß fassung sofort unterbreitet werden wird. Neue Forderungen nach Sicherheiten. Paris, 4. Febr. In einer Betrachtung über den deut schen Eisenbahnerstreik kommt das Pariser Abendblatt „La Preße" zu folgender Schlußfolgerung: Durch dieses Ereignis wird die Verarmung Deutschlands noch verschlimmert. Wir dürfen also nicht zögern, uns Sicherheiten zu verschaffen und müssen uns an dem Eigentum des Deutschen Reiches und sogar am Privatbesitz schadlos halten. Der Streik der Berliner Telegraphenarbeiter. Berlin, 4. Febr. Nachdem bereits gestern in einem hie sigen Telegraphenbauamt Arbeitsniederlegungen vorgekommen waren, sind heute morgen die Telegraphenarbeiter geschloßen in den Streik getreten. Bereits am Donnerstag abend hatte eine Funktionärversammlung der im Verkehrsbund organisierten Post- und Telegraphenarbeiter den Streik beschlossen. Dieser Beschluß wurde gestern von der Bezirksverwaltung der zustän digen Gewerkschaft des Deutschen Verkehrsbundes genehmigt, doch haben nur die Telegraphenarbeiter die Arbeit niedergelegt. Der Ausstand hat auf den Dienstbetrieb keinen unmittelbaren Einfluß, nur der sogenannte Außendienst, der Bau von Lei tungen, Beseitigung von Störungen usw. ist lahm gelegt. Kommunistische Sympathiestreikhetze. Berlin, 4. Febr. Der Erwerbslosenrat unb die kommu nistischen Organisationen rufen heute früh zur allgemeinen Ar beitsruhe für Montag, den 6. d. M., auf als Demonstration für die streikenden Eisenbahner und Beamten. (Weitere telegraphische Nachrichten auf der letzten Seite.)