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Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, Da» .Wilsdruffer Tageblatt" erscheint an allen Werktagen nachmittags 5 Uhr. Bezugspreis: Bei Abholung in der Geschäftsstelle und den Ausgabestellen 2 RM. im Monat, bei Zustellung durch die Boten 2^0 RM., bei Poftbestellung Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend trSg«rund»«<chLst»steUen ————— nrhmen zu jeder Zeil B«- stellungen entgegen. Im Falle höherer Gewalt, Krieg oder sonstiger Betriebsstörungen besteht dein Anspruch auf Lieferung der Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. — Rücksendung eingesandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Porto beiliegt. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Anzeigenpreis: die 8 gespaltene Ramu,eile rv Rpfg., die 4 gespaltene geile der amtlichen Vebannlmachungen 40 Reichs- Pfennig, die L gespaltene Reklamezeil« im textlichen Teile I Reichsmark. MachweisungsgebiPr 20 Reichspfennige. Dor. geschriebene Erscheinung». -- , läge und Piagnorschriftrn werden nach Möglichkeit Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 berücksichtig,. Anzei,«. annahmebisoorm.iouhr. Für die Richtigkeit der durch Fernruf üb ermittelten Anzeigen übernehmen wir keine Garantie. Jeder RabaNansprnch erlischt, wenn der Betrag durch Klage eingezogcn werden muß oder derAuftraggcberin Konkurs gerüt. Anzeigen nehmen alle Bcrminlungestrlicn entgegen. Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, des Amts gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt. Nr. 169 — 90. Jahrgang Telegr.-Adr.: »Amtsblatt* Wilsdruff-Dresden Postscheck: Dresden 2640 Donnerstag, den 23. Juli 1931 Aus eigener Kraft. Nein von außen her gesehen fällt bei der Londoner Konferenz etwas ganz besonders auf: das häufige Zu sammensein, die zahlreichen, bisweilen tief in die Nacht hinein dauernden Sondcrbesprechungen der deutschen Vertreter mit den amerikanischen und englischen Staatsmännern. Trotzdem wäre es falsch, nun etwa von einer deutsch-englisch-amerikanischen Front reden zu wollen, der Frankreich gegenüberstehe. So einfach liegen die Dinge nun durchaus nicht. Da ist zunächst die Absicht der Konferenz, es mit Hilfe der Notenbanken dahin zu bringen, daß endlich die Kreditabzüge aus Deutschland ab gestoppt werden und daß also der ausländische Kredit, der zurzeit bei uns noch vorhanden ist, uns nicht auch noch gekündigt wird. Die ausländischen Kreditgeber sollen mit hin „stille halten". Davon erklärt sich Frankreich „nicht berührt", weil es nämlich bereits so ziemlich den ganzen Kredit aus Deutschland weggezogen hat. Schwierig keiten könnten hier nur darin liegen, daß dieser Beschluß der Konferenz auch wirklich durchgeführt wird, daß also tatsächlich ein „Stille-Halten" auch der ausländischen Privatbankiers zu erreichen ist. Und daß nun aber auch Frankreich nicht etwa z. B. seine nach England ge legten Kredite wcgzieht, dadurch wieder die dortige Kreöit- lage verschärfen würde. Dies ist in den letzten Tagen bereits geschehen, und zwar in einem bedenklich großen Umfang. Das müßte wieder von England aus selbst bei bestem Willen sehr unangenehme und den Londoner Konferenz- absichlen natürlich widersprechende Rückwirkungen aus üben. Werden doch durch die letzten großen Zusammen brüche in Deutschland sehr erhebliche englische Kredite stark gefährdet und gerade dies hat äußerlich den Grund abge geben für das Zurückziehen französischer Kredite aus Eng land. Eine halbe Einigung also selbst nur über die .Stillehaltungsaktion" würde die Beunruhigung nicht aus der Welt schaffen, sondern es muß auch hier durch eine ganze Einigung jede Störungsmöglichkeit gründlich ausgeschaltet werden. Verhältnismäßig einfacher steht es um den 100-Mrllio- nen-Dollar-R e d i s k o n 1 k r e d i t, der von den auslän dischen Notenbanken und der BIZ. unserer Reichsbank vor dem Ultimo Juni zur Verfügung gestellt, am 15. Juli auf zunächst einen Monat verlängert wurde und jetzt in Lon don für auch weiterhin verlängerbar erklärt worden ist. Hierbei ist übrigens auch die Französische Staatsbank und dis BIZ. mit je 160 Millionen Mark beteiligt. Dann aber beginnt es von Schwierigkeiten technischer und leider auch politischer Art nur so zu wimmeln, und zwar schon bei der Verhandlung um eine große von Deutschland gewünschte, von England und Amerika für Deutschland als notwendig erachtete Verstärkung jenes Nediskontkredits der Reichsbank um einige hundert Millionen Dollar. Die neue Botschaft Hoovers behandelt in der Haupt sache und fast ausschließlich die Frage, aus welchem Wege die in Deutschland noch vorhandenen Kredite dort festge- yalten und gesichert werden sollen. Erst ganz zum Schluß ferner Vorschläge empfiehlt Hoover, durch eine Kommission »die unmittelbaren weiteren Kreditbedürfnissc untersuchen zu lassen." Diesen Vor etwas an^'" drüning ausgenommen, wenn auch in einer diaen-K^ ^rm; aber eine solche Sachverstän digen Kommission soll in Deutschland nun den Md ibn ebnen unserer Kreditbasis zeigen Das wurde, in dürren Worten gesagt, » e Kredites*'?^?" die Gewährung eines neuen 6" Augenblick nicht zu denken ist, son ¬ dern daß diese ckbgcht, die in Amerika und England besteht ^/^der Am Ätzdruck gebracht wurde, zunächst jedenfalls nicht verwirklicht wird, weil man auch hier Wieder ohue die Mitwirkung Frankreichs nicht vorwärts zu kommen, glaubt. Auch dies Hai man in London und Washington schon vor der Konferenz erklärt Frankreich scheint aber hierfür wieder zum mindesten einen Teil seiner bekannten „politilchen Bedingungen" vorzuschiebcn, die selbst England und Amerika - geschweige denn Deutsch land! — als unannehmbar erklärten und die für die aroße an sich geplante internationale Anleihe an Deutschland von absolut zerstörender Wirkung waren, über diesen Anleiheplan ist in London überhaupt nicht mehr ver handelt worden. Wenn man diese reichlich komplizierte Sachlage auf einen kurzen Satz bringt, so mußte man etwa folgendes seststcllcn: Eine „großzügige Stützung Deutschlands in positivem Sinne, etwa durch einen Milliardenkredu oder eine entsprechend große Anleihe, durfte bei der Londoner Konferenz nicht herauskommen Aber die schmalgewordene Krcditbasis ausländischen Ursprungs, au, der wir heute stehen soll vor weiterer Verkleinerung bewahr; bleiben. Fast ganz aus eigener Kraft also müssen wir den Neuauf bau unseres zukünftigen Kreditgebaude^ auffuhren, — aus eigener Kraft und mit eigenen Mitteln. Tödlicher Unfall bei Monierübungen. Magdeburg, 22. Juli. Bei Brückenschlagsubungen an der Elbe ertrank der Pionier Rudolf Meyer vom Piomewalawon 4. Seine Leiche kennte noch nicht geborgen werden. Drei andere Pioniere, die zusammen mit Meyer in die Elbe gestürzt waren, konnten gerettet werden. Oeileinigung in Lonckon Bericht der Finauziiusschuffes an die VMMerenz. London, 22. Juli. Ueber die Verhandlungen der Finanz minister am Mittwoch wurde folgende amtliche Verlautbarung ausgegeben: „Der Finarzministerausschuß hielt am Mittwoch nachmittag von 16 bis 19.45 Uhr eine Sitzung ab und erzielte ein Ueberein kommen über den Wortlaut des Berichtes, der der Vollkonfe renz am Donnerstag vormittag vorgelegt werden soll." Das Ergebnis der Konferenz der Finanzminister besteht, so weit sich die Lage am Mittwoch abend übersehen ließ, darin, daß in der Frage des Stillhaltekonsortiums gewisse Fortschritte gemacht worden sind, die zu Empfehlungen der Regierungen an ihre Banken führen dürften. Diese Empfehlungen würden dann von dem neuzuernennenden Bankierausschuß der Zentralbanker m die Praxis umzusetzen sein. Alles in allem freilich ein recht mageres Ergebnis. Es gilt als ziemlich feststehend, daß eine Einigung über die Hauptfrage, deren Losung für die Stärkung der deutschen Mark als notwendig erachtet worden war, nämlich die Eröffnung eines neuen Zusatzkredites, nicht erzielt werden konnte, so daß hierüber wahrscheinlich der morgigen Vvllkon- ferenz getrennte Berichte vorgelegt werden müßten. Zu dem Einheitsbericht des Finanzministerausschusses dürfte jedoch auch die Empfehlung gehören, den internationalen 100-Millionen- Dollar-Kredit an die Reichsbank auch über den von der BIZ- bisher genehmigten Zeitpunkt hinaus grundsätzlich zu verlängern. Deutschland hat ferner die Konferenz aufgefordert, einen Aus schuß von Bankensachverständigen zu entsenden, der, um die Worte des Reichsautzenministers Curtius zu wiederholen, den Puls des deutschen Finanz- und Wirtschaftslebens fühlen und die Verbindung mit dem Auslande Herstellen soll. Die Probleme der deutschen Kriegstribute, der internationalen Schulden, der Revi sion des Noungplanes, der Ausdehnung des Hoovermoratoriums und des Uebergauges auf die Zeit nach Ablauf des Hooverfeier- jahres find auf unbestimmte Zeit vertagt. Neben den Verhandlungen des Finanzausschusses her liefen eine Reihe von Besprechungen zwischen den Mitgliedern der verschiedenen Abordnungen. Ueber die Unterredungen des Reichs- außenministers Lurüus mit Briand und zwischen Curtius und den Belgiern wird jedoch tiefstes Stillschweigen bewahrt. Washington einverstanden. Unterstaatssekretär Castle erklärte, daß Washington mit dem Programm, das die Finanzminister der auf der Londoner Konferenz vertretenen Staaten ausgearbeitct haben, einverstanden sei. * Ergebnis der Londoner Konferenz. Die Londoner Konferenz ha! uns das gebracht, was wir uns schon vorher sagen konnten: sie hat dem deutschen Volke von neuem gezeigt, daß die Hilfe vom Ausland nur gering sein wird und daß wir uns in der Hauptsache auf eigene Kraft einstellen müssen. Amerika und England haben ja ohne Zweisel viel guten Willen gezeigt, um Deutschland in seiner Not in irgendeiner Form zu unterstützen. Aber Frankreich, das von Anfang an verärgert zu den Londoner Verhandlungen ging, hat nichts getan, um die amerikanisch-englischen Bemühungen zu fördern. Im Gegenteil, die französischen Staatsmänner haben an ihrem alten Plan festgehaüen, man solle Deutschland eine langfristige Anleihe geben, wenn es ge wissermaßen zum zweitenmal das Versailler Diktat unter schreibt. Als die Franzosen sahen, daß sie diesen Plan nicht auf die Tagesordnung der Londoner Konferenz bringen konnten, zeigten sie sich völlig interesselos. So hat man aus der Londoner Konserenz, um den Schwierigkeiten mit Frankreich auszuweichen, sich ent schließen müssen, die Pläne für eine langfristige Anleihe fallen zu lassen und sich nur mit der Frage beschäftigt, was geschehen kann, um Deutschland sosor 1 und für die nächste Zeit zu helfen. Man hat sich d a h i n g e e i n i g 1, daß die 5 Milliar den Auslandskredite, die noch in Deutschland liegen, nicht zurückgezogen werden sollen und daß die Reichs- bank ihren sogenannten Rediskontlredit bei den auslän dischen Staatsbanken verlängert bekommt. Und vielleicht kann der Kanzler auch noch einen kleinen kurzfristigen Kredit mit nach Hause bringen. Alle anderen Fragen, die man jetzt vorsichtig umgangen hat, sollen auf die Tages ordnung einer neuen Konferenz im Herb st kommen. In der Zwischenzeit sollen unsere ausländi schen Gläubiger eine Kommissionvonbekannten Bankiers nach Deutschland senden, damit sie an Ort und Stelle studieren können, wie es um die deutschen Finanzen steht. Bei allen diesen Beschlüssen hat sich Frankreich a b - s^e i t s gehalten. Es Hai erklärt, es habe nur wenige Kredite nach Deutschland gegeben, infolgedessen brauche sich Paris an dem sogenannten Stillhaltekonsortium nicht zu beteiligen. Die Haltung der französischen Staats männer Hai schließlich dazu geführt, daß sich am Kon ferenztisch eine Ari Gemeinschaftsarbeit zwischen Eng land, Amerika und Deutschland herausgebildet hat. Ob aber diese Entwicklung in der Zukunft auf Frank reich irgendeinen Eindruck macht, so daß es sich zu einer anderen Politik entschließt, ist mehr als fraglich. Man muß auch hier vor Illusionen warnen, und wir werden uns daraus einrichten müssen, daß die französische Hart näckigkeit und Unversöhnlichkeit uns auch weiterhin den Weg nach oben versperren will. Das Ergebnis der Londoner Konferenz kann man schließlich so ausdrücken, daß man sagt: Wir müssen uns in unseren Maßnahmen so einstellen, als ob wir von London keine Hilfe bekommen hätten. Wochenende in Huberiusstock? Wie aus gutunterrichtcter Quelle verlautet, ist der Besuch des englischen Premierministers Macdonald und des Außenministers Henderson tn Berlin keines wegs ausgegeben. Man spricht davon, daß beide mit der deutschen Delegation nach Beendigung der Londoner Konferenz nach Berlin kommen würden, um den ver schobenen Besuch nachzuholen. Natürlich werden sich solche Pläne erst verwirklichen lassen, wenn das Ergebnis der Londoner Konferenz seststehl. Dr. Curtius Hai auch Staatssekretär Stimson nach Berlin eingeladen. Es wird in deutschen Kreisen für außerordentlich wünschenswert gehalten, daß Stimson sich persönlich ein Bild über die Verhältnisse in Deutschland macht. Jie Zukunft Kei den Bankiers Amerikanische Bankiers hinter dem neuen Hoover-Vorschlag. In den höchsten Rcgicrungskrcisen verlautet, daß die Newyorker Großbanlicrs mit der Verlängerung der kurz fristigen Kredite an Deutschland einverstanden seien, falls die Geldgeber der anderen Länder eine gleiche Aktion unternehmen. Die Bankiers der Vereinigten Staaten stellen sich damit hinter den neuen Vorschlag des Präsi denten Hoover. Stimson über den Gang der Londoner Verhandlungen. Über den Fortgang der Verhandlungen in London äußerte sich der amerikanische Staatssekretär Stimson u. a. wie folgt: Alle strittigen Fragen seien sorrgelassen worden. Die sogenannten neuen Hoover-Vorschläge seien nichts weiter als eine Darlegung des Standpunktes Hoovers ohne beson dere Bezugnahme aus die Ergebnisse tn der Konserenz. über langfristige Kredite werde jetzt nicht mehr verhandelt. Das könne später geschehen. Bet der Konferenz handele es sich um eine Gruppe von Ministern am runden Verhand lungstisch, die die zeitweiligen finanziellen Bedürfnisse Deutschlands erwäge. Im Grunde genommen handele es sich um eine Aufgabe für den Bankier und es sei vielleicht nur ein Zufall, daß Staatsmänner zusammenberusen worden seien, wahrscheinlich nur deswegen, weil sie im Augenblick versügbar gewesen seien. Die Zukunft müsse am besten den Bankiers überlassen werden. * Über die Beteiligung Stimsons an der Aussprache wird bekannt, daß er heute deu dritten Punkt der amerikanischen Vorschläge zur Aussprache stellte, nämlich die Einsetzung eines internationalen Ausschusses, der den sinanzicllen Ausbau Deutschlands nachprüfen und bestimmen soll, wieviel „neues Geld" von Deutschland gebraucht wird. Anscheinend deckt sich der von amerikanischer Seite vorgeschlagenc Ausschuß mit dem Plan und Vorschlag Brünings, Bankiers nach Deutsch land zu berufen, um eine engere Fühlungnahme zwischen Deutschland und den anderen Ländern sicherzustellen. England soll schuld sein. Paris, 22. Juli. Der „Paris Midi" sieht heute nach der Kundgebung der nationale»;" Opposition eine starke franzofenseind- liche Front in Deutschland im Entstehen. Die Schuld daran schiebt da« Blatt England zu, das zwischen Frankreich und Deutschland seine ewige Politik der Zwietracht treibe. Die Eng länder hätten sich zwischen Frankreich und Deutschland geschoben, um jede Art der Annäherung beider Länder zu verhindern. „Wie lange werden wir das noch dulden?" ruft „Paris Midi" entrüstet aus. Er jetzt dem optimistischen Worte Curtius von dem „neuen Anfang" das drohende Work entgegen: „Anfang vom Ende". Das Dilemma der französischen Politik gegenüber der deutschen Kri'e erhellt am deutlichsten aus dem „Temps" vom Mittwoch. In dem außenpolitischen Leitartikel wird der Regie rung wiederum starres Festhalten an den politischen Forderun gen zur Pflicht gemacht', Frankreich sei geneigt, Deutschland in weitestem Matze zu unterstützen, aber nur gegen finanzielle und politische Garantien, die jegliche Ueberraschung aus'chtössen. Es werde sich keine Regierung in Frankreich finden, die von dieser Haltung abgehe. Das Matt hofft, datz die Deutschen unter dem Zwang ihrer Lage und um ihr Land vor dem Zusammenbruch zu rett'en, früher oder später die Aussprache wieder aus das