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Weißerih-Mung Anzeiger für Dippoldiswalde «nd Umgegend Amtsblatt für die Königliche Amtshauptmamlschast, das Königliche Amtsgericht und dm Siadtrat zu Dippoldiswalde. Die Mtiberitz-ZeUung» ^scheint wöchentlich drei- /aal-Dienstag, Donners ag und Sonnabend und oird an den vorhergehen. »enAbcndon ausgegeben. Preis vierteljährlich 1 M. 25 Pfg., zweimonatlich 44 Pfg., einmonatlich 42 Ma. Einzelne Nummern W Pfg. — Alle Postan- galten, Postboten, sowie unsere Austräger nehmen Bestellungen an. Jnlerate, welche bel V«S bedeutenden Auslage de» Blattes 'ine sehr wirk- werden mit 12 solch« aus unserer Amtshaupt mannschaft mit 10 Pfg. die Spaltzeile oder deren Raum berechnet. — Ta» deilarische und kompli zierte Inserate mit ent sprechendem Aufschlag. — Eingesandt, im redaktio nellen Teile, die Spalten- zeile 20 Pfg, Verantwortlicher Vedaktenr: Paul Jehnr - Druck und Verlag von Carl Jelpke in Dippoldiswalde Mit -chLMg-M Mit land- Aptz üm-ewirLsschaftkW^ Nr. 80. Sonnabend, den 15. Juli 1905. - 71- Jahrgang! Oeffentliche Sitzung des Bezirksausschusses am 20. Juli 1905, vormittags IO Uhr, im Sitzungssaals der Königlichen Amtshauptmannschaft. Die Tagesordnilng hängt in der amtshauptmannschaftlichen Kanzlei aus. Dippoldiswalde, am 12. Juli 1905. Königliche Amtshauptmannschaft. 115 6. vr. Mehnert. Die diesjährige Obstnutzung der Straßen des Bauinspektionsbezirks Dresden ll soll Montag, den 17. Juli 1905, und zwar die der Amtsstraßenmeistereien Dresden-A., Dresden-B. und Tharandt vor» mittags l/410 Ahr im Wagnerschen Gasthause in Deuben und die der Amtsslraßen- meistereien Dippoldiswalde nachmittags >/24 Ahr im Gasthause zum „roten Hirsch" in Dippoldiswalde gegen sofortige bare Bezahlung versteigert werden. »ßl. 81ru6sn- unä lVussör-vunlnspölrtion vrosäsa H. NkNrsniWU jkiWDnlislhImi mlFlWkrM iu kr «mMischn AUklEÄnt. Nach monatelangem Hin- und Heroerhandeln zwischen Deutschland und Frankreich behufs Beseitigung der zwischen beiden Mächten Marokkos wegen entstandenen Schwierig keiten haben nunmehr die beiderseitigen Regierungen ein Einvernehmen 'mit einander getroffen, wonach Frankreich der von Deutschland gewünschten Marokko-Konferenz zu stimmt. Der französische Ministerpräsident Rouvier hat diesen wichtigen Entschluß seiner Regierung in einem amt lichen Schreiben an den deutschen Botschafter Fürsten Radolm ausgesprochen, daß sofort von dem Botschafter in der verbindlichsten Weife erwidert worden ist. Gleichzeitig werden in dem Schriftwechsel zwischen Rouvier und Nadolin eine Reihe von Grundsätzen hinsichtlich Marokkos niedergelegt; dem Schriftwechsel ist eine gemeinsame Er klärung Radolins und Rouviers auf dem Fuße nachge folgt. Weiter hat dann Ministerpräsident Rouvier in der Montagssitzung der französischen Deputiertenkammer eine Erklärung über Marokko, sowie den Wortlaut der ge wechselten diplomatischen Schriftstücke verlesen und sehr versöhnlich klingende Erläuterungen hinzufttgt,' die Kammer nahm die Erklärungen und Ausführungen Rouviers mit lebhaftem Beifall auf. In der öffentlichen Meinung Deutschlands wie Frankreichs gibt sich »verhohlene Be friedigung darüber kund, daß jetzt zwischen beiden Ländern die so wünschenswerte Verständigung in der marokkanischen Frage erzielt worden ist, und dies mit vollem Recht. Denn bei den zu Tage getretenen Differenzen lag die Möglichkeit einer kriegerischen Auseinandersetzung Deutsch lands mit Frankreich gar nicht so sehr entfernt, und es ist ja heute ein offenes Geheimnis, daß die deutsch-französi schen Schwierigkeiten eine Zeit lang sich ungemein kritisch zugespitzt halten. Die Gewandtheit Rouviers und das ge wandte loyale Auftreten der deutschen Diplomatie haben indessen die Verhandlungen nun doch zu einem glücklichen Ausgange geführt und somit den Boden für die Be sprechungen auf der künftigen marokkanischen Konferenz günstig beeinflußt. Allerdings ist durch die jetzige Einigung zwischen Deutschland und Frankreich noch nicht alles er reicht, denn man wird nun noch die Konferenz selbst zu hören haben, aber man darf wohl sagen, daß der schwierigste und vor allem gefährlichste Teil der Arbeit er ledigt ist. Von den Verhandlungen, die in Paris zwischen Herrn Rouvier und dem Fürsten Radolin geführt wurden, war sowohl von deutscher wie von französischer Seite, namentlich aber von letzterer wiederholt ganz besonders versichert worden, daß sie sich nicht nur in korrektesten, sondern sogar in einem sehr freundschaftlichen Tone ab gewickelt haben. Es ist anzunehmen, daß diese Tonart vorbildlich sein wird für die Verhandlungen auf der Kon ferenz. Durchaus grundlos war cs, wenn einzelne Fran zosen zu befürchten schienen, daß man sie auf die Kon ferenz locken wolle, um Frankreich dort wie aus einem Hinterhalte zu überfallen. Von einer solchen Politik kann und darf keine Rede sein, und man hat ganz im Gegen teil auf deutscher Seite die Absicht, den Franzosen durch aus ehrlich entgegenzukommen. Nicht um Frankreich zu kränken oder zu demütigen gehen wir auf die Konferenz, sondern mit dem festen Vorsatze, die getroffenen Ab machungen loyal zu halten. Nicht gegen Frankreich, sondern soweit als irgend möglich Hand in Hand mit ihm wollen wir zusammen arbeiten, um die Beratungen gut und nützlich zu gestalten, nützlich für Marokko und auch für Deutschland und Frankreich, die hier ein Feld zu ge meinschaftlicher und freundschaftlicher Arbeit finden können. Die Konferenz wird eröffnet unter durchaus günstigen Aussichten; zwei große Kulturvölker haben, von friedlichem Sinne beseelt, anscheinend schwer zu beseitigende Schwierig keiten gütlich aus dem Wege geräumt, und damit eine neue Lage geschaffen, die nicht nur die Gegenwart be ruhigt, sondern befruchtend auf die Zukunft wirken kann. Mit Genugtuung können daher beide Regierungen auf den 8. Juli zurückblicken, der dem diplomatischen Zwist ein Ende machte und auch dem englischen Jntriguenspiel ein Ziel setzte, das nur den Zweck verfolgte, zwei Mächte des Festlandes in einen Krieg zu verwickeln, während dessen Dauer England seine Ernte in aller Ruhe hätte in die Scheuern sammeln können. Lokales und SaÄMckes. Dippoldiswalde. Die ganze Woche über sind auf der Aue Hacke, Säge und Hammer beschäftigt, eine bretterne Stadt aufzubauen, denn das Vogelschießen soll kommenden Sonntag beginnen. Da erheben sich auf den Plätzen rechts und links der Schießhalle vielerlei Schau-, Speise- und Trinkzelte, Glücks- und Kaufbuden. Bald wird sich bei dem weithin schallenden Klang der Musikwerke das Karussell drehen und die Schaukel schwingen, und auch das Kasperle wird sein Publikum mit alten und neuen Späßen erfreuen. Nach einem Rund gang um den Schießplatz erfrischen wir uns in dem schattigen Schützenhausgarten oder in Ler Halle und Zelt an Speise und Trank, während das junge Volk sich im Saale zum Tanz vereinigt. Unterdessen zielen mit scharfem Auge und sicherer Hand die Schützen nach Vogel und Scheibe. Mit dem Zapfenstreich am Sonnabend nimmt das Fest seinen fröhlichen Anfang, und am Dienstag er reicht es mit dem Brillantfeuerwerk sein effektvolles Ende. Nur ist zu wünschen, daß ein Heller, klarer Himmel dem Feste hold ist. Mit einem Redner der vorjährigen Fest tafel fragen wir, ob überhaupt die Schützengesellschasten und die Vogelschießen noch die nötige Existenzberechtigung haben und antworten mit demselben: „Verneint wird diese Frage von dünkelhafter Überhebung, von verschrobenem Protzentum und abgelebter Blasiertheit, aber gesunder Geist, echt deutsches Empfinden, Freimut und heitere Lebens lust treten für Beibehaltung dieser Volksfeste ein." Von Alters her war Waffenfreudigkeit der Bürger Zierde, früher zu ernster Verteidigung der ererbten Heimat und des Vaterlandes, das die deutschen Stämme heute fester als sonst umschließt. Heute ergreift der ruhige Bürger die Waffe nur zu freudigem Waffenspiel, und Gott gebe es, daß es immer nur beim Spiele bleibe, daß nie des rauhen Krieges Horden unsere Gefilde durchtoben, oder das Vaterland wohl gar unter den Zuckungen des Auf ruhrs verblute. So lange noch in den Bürgern treues Schützenblut wallt, kann das Vaterland ruhig sein. Darum gönne man gern dem Schützen sein Wasfenipiel und freue sich mit den Fröhlichen an heiteren Festtagen. — Große Ferien. Nur noch wenige Stunden, dann werden von allen Kathedern beim Schluß der Unterrichts die „großen Ferien" verkündet. Welches unendliche Glück umschließt dieses Wort. Wer noch nicht so alt ist oder sich doch ein so junges Herz bewahrt hat, daß er sich noch der Zeiten erinnern kann, da er selbst die harte Schul bank drückte, der weiß, mit welchem Jubel dieses Wort die Kinderseele erfüllt. Zwar nicht mit den, lauten Jubel des Kindes, aber ebenfalls mit herzlicher Freude wird der Beginn der Ferientage von der Lehrerschaft begrüßt. Bringen sie doch dem Leben Erholung, dem Geiste neue Spannkraft, dem Arbeitsleben einen frischen Wellenschlag. Auch den begeistertsten Pädagogen beugt der Druck der Schularbeit mit der Zeit nieder, wenn nicht eine Unter brechung stattfindet und der Geist, der immer austeilen und ausgeben soll, wieder frisch sich sammeln kann. Die Ferienbilder begleiten den Lehrer mit in seine Schulstube und bilden im Unterricht den Hintergrund, auf dem sich alles lichter, freundlicher ousnimmi, als auf dem fahlen Tablan eintöniger Wcrktagsarbeit. Und was wäre dem Erzieher notwendiger als Jugend und Frische. Mit den Kindern erhalten endlich auch die Eltern große Ferien, und die Reisesaison steht im Zeichen der schulfreien Sommer tage. Die Coupes sind überfüllt, und in den Bädern und Sommerfrischen motiviert man in dieser Zeit die Preise für die Zimmer und das Logis mit dem bedeutungsvollen Hinweise auf die sog. Haupt- und Hochsaison, welche sich von anderen Saisons dadurch „auszeichnet", daß die Preise höher, die Wohnungen knapper sind und das Menschen gewühl größer denn je ist. Der größte Teil der Glücklichen, denen jetzt Ferien bescheert werden, geht wohl in die hei mischen Gebirge, ein kleiner Teil nur an die See, besonders an die waldumsäumte Küste der Ostsee, die lieber außer halb der Hochsaison aufgesucht wird. Das Meer und die Natur bleiben zwar ewig jung und schön, aber augen blicklich machen die Berliner „Rangen" dort einen allzu- großen Spektakel. — Zu dem Berichte über die diesjährige Haupt konferenz der Lehrerschaft des Jnspektionsbezirks Dippol diswalde sei noch ergänzend bemerkt, daß die Turnvor führungen der Turnklassen der Stadtschule unter Leitung der Herren Lehrer Schröter und Eidner geradezu vorzüg liche waren. Die exakten, mit militärischer Präzision aus geführten Übungen der Knaben, die anmutigen, eleganten Bewegungen der Mädchen verdienen das beste Lob. Auch sei noch dankend der vielen Bemühungen des Herrn Schuldirektors Burkhardt, um den Konferenztag zu einem Festtage zu gestalten, gedacht. Es sei nur an die Über reichung von Vlumensträußchen seitens der Mädchen beim Eintritt in die Turnhalle, an das Arrangement der Fest tafel, die Festzeilung u. s. w. erinnert. Der Konferenztag war ein Höhepunkt in unserem Lehrerleben, ein wahrer Festtag. — In der letzten Monatsversammlung des Steno graphenvereins erstattete Herr Stadtwachtmeisler Burk hardt Bericht über die Landesoersammlung in Bautzen. Unter den vom Vorstand, Herrn Amtsgerichtssekretär Schiffner, verlesenen Eingängen war für den Verein er freulich eine freundliche Zuwendung durch Herrn Ober amtsrichter Geuder. Zum Ansporn für junge Steno graphen diene die Mitteilung, daß vom Stenograph. Ver mittelungsbureau eine große Zahl Stenographen und Maschinenschreiber auf gutbezahlte Stellen gesucht wird. Während der dreiwöchigen Schulferien werden auch die Unterrichtskurse im Stenographenverein ausgesetzt. — Zur Personentarifreform schreibt man: „Die zahlreichen in der Presse gepflogenen Besprechungen über die geplante Personentarisreform, wonach im allgemeinen nicht von einer Personentarifreform, sondern von einer Personentarifverteuerung gesprochen worden ist, haben sicher manches für sich. Indessen die Sache hat ver schiedene Gesichtspunkte. Zweifellos wäre es an sich etwas Leichtes gewesen, die Fahrpreise zu verbilligen, die vierte Wagenklasse an Sonn- und Festtagen zu führen, das Ge päckfreigewicht bestehen zu lassen und vieles mehr, wenn die Regierung nicht die weiteste Rücksicht auf die finan zielle Wirkung dieser Maßnahmen hätte nehmen müssen, was, wie die Sachen bei uns in Sachsen nun einmal stehen, aber unbedingt notwendig ist. In einer Zeit, wo es fast ohne fortwährende Anleiheaufnahmen und ohne Erhebung außerordentlich hoher Steuern nicht möglich ist, die laufenden Staatsbedürfnissc zu decken und wo die Überschüsse der Staatseisenbahnen kaum ausreichen, um das Anlagekapital nnt einem solchen Zinsfüße zu ver zinsen, den die Regierung bei Ausgabe der in den Eisen bahnen verwendeten Anleihen zu gründe legen mußte, muß ein in dieser Weise herbeigeführter Einnahmeausfall auf jeden Fall sorgsam vermieden werden. Wenn be hauptet wird, daß in der Verzinsung der Staatseisenbahnen im Jahre 1903 und auch 1904 eine wesentliche Ver besserung eingetreten sei und daß eine gewisse Verbilligung der Fahrpreise wohl angängig gewesen wäre, so ist dem entgegcnzuhalten, daß die Mehrüberschüsse der Staatseisen- bahncn in den letzten Jahren nur unter den allergrößten Anstrengungen erreicht worden sind. Manche in den letzten Jahren vermiedene Ausgabe wird sich nicht länger aufschieben lassen. Beispielsweise hat in den letzten Finanzperioden eine Vermehrung der Betriebsmittel nicht stattgefunden, obgleich der Verkehr stetig steigt. Hierzu notwendige Neuanschaffungen verschlingen aber unheim liche Summen. Die Verzinsung unserer Staatseisenbahnen war bekanntlich im Jahre 1902 die schlechteste mit von