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Freitag. Rr. S1. 21. November 1873. Weißerih-Aeitung. Amts-Matt für die Kerichts-Aemter und Stadträtpe zu Dippoldiswalde und Krauenstein. Verantwortlicher Redakteur: Carl Sehne in Dippoldiswalde. Dieses Blatt erscheint wöchentlich zwei Mal: Dienstags nnd Freitags. Zu beziehen durch alle Post-Anstalten und die Agenturen. Preis vierteljährlich 12 Ngr. 5 Pfg. Inserate, welche bei der bedeutenden Auflage des Blattes eine sehr wirksame Ver breitung finde», werden mit 1 Ngr. für die Spalten-Zeile berechnet. Taftesgeschichte. Dresden. Der deutsche Kaiser hat den General der Infanterie und Commandeur der 23. Inf.-Division, den Prinzen Georg von Sachsen, zum commandirenden General des 12. (königl. sächs.) Armeecorps ernannt. Dresden. Der Landtag hat am 15. Novbr. bei der Vorberathung über das, die Gehaltsaufbesserung der Elementarlehrer betreffende Dekret dasselbe nach der Vor lage der Regierung angenommen. — Die Zweite Kammer beschäftigte sich in ihrer Sitzung vom 18. Novbr. ausschließlich mit dem Antrag auf Abänderung der Verfassungsurkunde. Nach vier stündiger, stürmisch erregter Debatte wurde der Antrag: tzZ 92 und 103 der Zweiten Kammer gegenüber außer Kraft zu setzen, der Ersten Kammer gegenüber aber fortbestehen zu lassen, nur mit 43 gegen 33 Stimmen, also nicht mit der nöthigen Zweidrittel-Mehrheit angenommen; dagegen fand der Antrag: die gedachten zwei Paragraphen ganz aus der Ver fassung zu streichen, und desgleichen ein Zusatzantrag, wonach der König so viele Mitglieder in die Erste Kammer berufen kann, als ihm nöthig erscheint, mit 68 gegen 7 Stimmen Annahme. — Nach dem, den Ständen zugegangenen Entwürfe eines Gesetzes über die direkten Steuern soll das Gesetz von 1843, die Einführung eines neuen Grundsteuershstems betr., und das Gewerbe- und Personalsteuergesetz von 1847 aufgehoben worden. Der durch direkte Steuern zu deckende Staatsbedarf wird darnach künftig vurch 1) die Ertrags steuer, nämlich die Grund-, Gebäude- und Personalsteuer, sowie 2) die Einkommensteuer aufgebracht. Für jede Finanz periode wird bei Berathung des Finanzgesetzes das Verhält- niß festgesetzt, nach welchem der durch direkte Steuern zu deckende Staatsbedarf einestheils auf die Ertragssteuern, anderntheils auf die Einkommensteuer zu vertheilen ist. Der durch die Ertragssteuern zn deckende Theil des Staatsbe darfs wird auf die Gesammtzahl der bei der Einschätzung der gründ-, gebäude- und gewerbe- nnd personalsteuer pflichtigen Einkünfte sich ergebenden Steuereinheiten umgelegt. Durch das Finanzgesetz wird die Anzahl der Pfennige be stimmt, welche gleichmäßig von jeder Steuereinheit in jedem Jahre erhoben werden soll. Was dagegen den durch die Einkommensteuer zu deckenden Theil des Staatsbedarfs an langt, so werden für jedes Jahr so viel Einkommensteuer- Termine ausgeschrieben, als nach dem bei der Einschätzung des stMrpflichtigen Einkommens ermittelten Steuerwerth eines Einkommensteuer -Termins zu vollständiger Deckung des jährlich aufzubringenden Sollbetrages erforderlich sind. In dem Finanzgesetze wird die Anzahl der in jedem Jahre zur Erhebung zu bringenden Termine festgesetzt. — Am Mittwoch, 18. Novbr., Morgens gegen 3 Uhr brach auf dem Dachboden des Fletcher'schen Seminars Feuer aus, welches in nicht viel mehr als einer Stunde den ganzen Dachstuhl des 20 Fenster langen Gebäudes verzehrte, außer dem eine kurze Strecke weit auch die Decke der dritten Etage durchbrannte. Die in den abgebrannten Räumlichkeiten auf bewahrt gewesene und nicht versicherte Garderobe und Wäsche vieler Seminaristen wurde rettungslos ein Raub der Flammen, so daß auch in dieser Beziehung der Schaden ein sehr be deutender genannt werden kann. — In und um Zwickau geht das Kohlengeschäft so flott, daß die Produktion den Bedarf nicht mehr zu decken vermag. Die Kohlenpreise haben in Folge dessen eine Höhe erreicht, wie noch nie, und dennoch sind nur schwer Kohlen zu bekommen. Leipzig. In voriger Woche war das Dienstmädchen eines hiesigen Gewerbetreibenden damit beschäftigt, die Petro leumlampe auSzulösche»; sie that dies leider auf die so übliche Weise, indem sie die Helle Flamme von oben herein ausblasen wollte; dieses Verfahren mißglückte aber, die Lampe explo- dirte und das bedauernswerthe Mädchen verbrannte sich der artig, daß sie bald ihren qualvollen Leiden erlag. Möge in diesem traurigen Beispiel für jede Familie eine Lehre liegen, die Lampe nicht auszublasen, sondern einfach zurück zu drehen. Aus der OberlausiH schreibt ein Rittergutsbesitzer: „Seitdem die Noch mit den Dienstboten auf dem Lande in der Weise gestiegen ist, daß sie selbst für enorme Löhne geradezu gar nicht mehr zu haben sind, — sie wollen alle in die großen Städte, wo sie sich goldene Berge versprechen, seitdem hat es auch aufgehört, ein Vergnügen zu sein, ein größeres Landgut, welches man nicht mit seiner Familie allein bewirthschaften kann, zu besitzen. Mag man es mit Erfindung der Maschinen noch so weit bringen: den Mangel an Dienstleuten werden sie nie ganz ersetzen können. Um die jetzige Zeit haben wir auf dem Lande in der Regel das beim Jahreswechsel herkömmlicher Weise neu antretende Ge sinde bereits gemiethet. Heuer und bis jetzt ist es mir aber noch nicht gelungen, auch nur einen Knecht, auch nur eine Magd zu miethen. Mit mir befinden sich 18 andere Guts besitzer in hiesiger Gegend in gleicher Lage. Der totale soziale Umschwung in den Arbeiterverhältnissen trifft uns Landwirthe mit am härtesten." Berlin. Die Finanzlage in Preußen ist nach dem Bericht des Finanzministers Camphausen, den er im Ab geordnetenhause vortrug, eine außerordentlich günstige: er hat im vorigen Jahre einen Ueberschuß von nahe an 24 Millionen