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Nummer 1S0 27. Jahrgang -Meinl «mal wSchentl. mit den illnstr. Gratisbeilagen .Di» N«»' und »Fllr unser« kleinen Leute", sowie den Teilbeträgen kt. reniw-BIatt", .llnterhaltung und Wissen", .Die Welt der grau', .Aer-Ilichcr Ratgeber". .Das gute Buch". .Fllmrund. schau". Monatlicher Bezugspreis 3 Mk. einschk. Bestellgeld, kiujklnummer 1« 4. Sonnabend- u. Sonnta siummer »v 4« Hauptschristleiter, Tr. <S. Desczhk, Dresden. Soauiag, den 1«. Juni 1S2S B««lagS»»t, Dresden Auzetgeupretsei Die lgewalten« Petttzetle S« ^.Familien- an,eigen ».Stellengesuche S«4- Die Petitreklamezeil«, SS mm breit. 1 Für «Inzeigen außerhalb des Verbreitungsgebiete» 4«^.diePetitreklamezeile I!i«^«.Offertengeb.it« Z. Im Fall« höherer Gewalt erlischt jede Verpflichtung aus Lieferung sowie Erfüllung v. Anzeigen-kluftrügen u. Leistung v. Schadenersatz. GeschSsllicher Teil: Artur Lenz, Dresden. GelchiiftSftrlle, Druck u.Berlag: Germania. il.-G. s ür Verlag und Druckerei, Filiale Dresden. DreSden-A. i. Polierstraße 17. Fernnis2I0I2. PostlchecklontoDresden 2703. Bankkonto Stadtbank TreSden Nr. «1719 Für christliche Politik und Kultur Redaktion der Sächsischen Volkszettung DreSden-Slltstadt 1. Polierstras;e 17. ^ernrui 20711 und 21012. 3M M-8M ill WM In Chemnitz, dem Zentrum der westsächsischen Textilindustrie, hält der N o r d o st d e u t s ch e Gau- verband des Verbandes Katholischer kauf männischer Vereinigungen am 9. und 10. Juni seinen diesjährigen Gautag ab. Der nordostdeutsche Gau des K. K. V. ist im großen Ringe der sechzehn K.-K.-V.- Gaue der Diaspora-Verband, der außer Freistaat und Provinz Sachsen die Mark Brandenburg und Pom mern umfaßt. Die Diasporastadt Chemnitz grüßt herzlich die Brüder aus den anderen Diasporagebieten. Der Verband K. K. V. steht heute in der vordersten Linie der katholischen Standesvereine. Sein vielumstrit- tenes Prinzip, Arbeitgeber und Arbeitnehmer in einem Verband zu vereinigen, weist ihm bei dem Ringen um den Arbeitssrieden in Deutschland eins besondere Bedeutung zu. Die Tagungen der Gauverbände der K. K. V. haben eine doppelte Bedeutung: Einmal sollen sie das Gefühl der Zusammengehörigkeit unter den Verbandsmitglie dern stärken und der Aussprache Uber die Standes fragen dienen, die den Verband seiner Zielsetzung ent sprechend in erster Linie beschäftigen müssen. Darüber hinaus aber sind diese Zusammenkünfte Kundgebungen katholischen Selbstbewusstseins, ein Vor bild für die Lauen und Abseitsstehenden, ein Beweis unserer Geschlossenheit gegenüber den Gegnern der christ lichen Weltanschauung. Von den Standesfragen geht auch der Chemnitzer Gautag aus. Der Verband K. K. V. weiß sich aber frei von den» Vorwurf, der mancher anderen Standesorganl- sation heute mit Recht gemacht werden muß, daß die Standesinteressen allen anderen Interessen vorangestellt ir erden. Seine katholische Weltanschauung hat den Ver band von jel>er davor bewahrt, eine engstirnige Standes politik zu treiben, wie mir sie sich in den parlamentari schen Splittergruppen unheilvoll für das ganze Volk aus wirken sehen. Der Verband K. K. V. hat es von jeher als seine höchste Aufgabe betrachtet, die Standesinteressen zu sehen im Nahmen der Volksinteresscn, auf keiner Standessorderung zu beharren, die der Volksgesamtheit zum Schaden gereichen müßte. Diese Einstellung grün det sich auf das Wissen von der Verbundenheit aller Glie der des Volksganzen: kein einzelnes Glied im Volkskör per kann einen Sondervorteil, der andere Glieder schä digt. ungestraft durchsetzen. Jede Schädigung des gesam ten Volkskärpers wirkt zurück auf alle Glieder, auch auf jenes, das den Schaden zu seinem vermeintlichen Vorteile verursachte. Diese althergebrachte, in der katholischen Weltanschauung begründete Auffassung des Verbandes K. K. V. ist höchst aktuell in einer Zeit, in der so viel von der Notwendigkeit einer rücksichtslosen Standespolitik vor allem in den Kreisen des Mittelstandes die Rede ist. Daß auch der Chemnitzer Gautag von der Einstellung auf das Volksganze ausgeht, zeigt das Thema des Hauptrefe rates, das Herr Peter Horn, ein Mitglied des Ver bandsvorstandes hält: „Unsere Arbeit, Dienst am Volke". Das beweist auch die Teilnahme des Neichs- tagsabgeordneten Schönborn (Berlin), der selbst seit Jahrzehnten in der K.-K.-V.-Bewegung steht und der Zentrumspartei angehört, die von je dieselben Grundsätze vertreten hat wie der Verband K. K. V. Dienst am Volke — in diesen! Zeichen kann der Gautag Vorbild und Ermunterung sein für die gesamte katholische Aktion nicht nur in Chemnitz, sondern in der gesamten sächsischen Diaspora. Auf dem Boden der so ungemein schwierigen sächsischen Diaspora, in der die Katholiken nur lvenig mehr als drei Prozent der Bevöl kerung ausmachen, können wir eine solche Ermunterung nur freudig begrüßen. Gerade der Grundsatz des K.-K-- V.-Verbandes, die Versöhnung der Stände durch gemein same Arbeit an großen Aufgaben anzustreben, verdient in Sachsen, wo Standeskampf und Klassenhaß schärfste Formen angenomen haben und nicht nur das politische und wirtschaftliche, sondern auch das religiöse Leben stören, größte Beachtung. Und die Zusammenkunft von Vertretern eines katholischen Verbandes aus einem so weiten Gebiete, wie es der nordostdeutsche Galt umfaßt, ist geeignet, alle Katholiken daran zu erinnern, daß wir den Angriffen von den verschiedensten Seiten, wie wir sie gerade in Sachsen tagtäglich erleben, wirksam begegnen können, wenn wir ihnen die katholische Einheit, den ge schlossenen Willen aller Katholiken entgegensetzen. Die Stadt Chemnitz hat 1892 zum letzten Male den Nordostdeutschen Gautag der K. K. V. ln ihren Mauern gesehen. Nach einer Pause von 36 Jahren begrüßt man um so herzlicher so liebe Gäste. Die Katholiken von Chemnitz betrachten den Umstand, daß der Gautag das „sächsische Manchester" zu seinem Tagungsort erwählt hat, als eine Auszeichnung von hohem Werte. Mit ihnen wünschen alle Katholiken der sächsischen Diaspora dem K.-K.-V.-Gautag in Chemnitz guten Verlauf und erfolg reiche Arbeit! Oylc. Das Programm -es Ganlages sieht folgende Veranstaltungen vor: Sonnabend, 9. Juni, nachmittags 6 Uhr Gandorstands- sitzung im Carola-Hotel (am Hanptbahnhof), abends 8..80 Uhr Begrüß ungsabend im Kausmiinnischcn VereinshanS, Moritz- strasie (kleiner Saal). Sonntag, 10. Juni, pormittags 3 Uhr feierlicher Eröff nungs-Gottesdienst in der St.-Josef-Kirche, Alcxanderstr. (die vorderen Bänke sind reserviert). Vormittags 9.80 Uhr Hauptversammlung des Gau tages im Kaufmännischen Vercinshans (Saal). Nachmittags 1.80 Uhr gemeinschaftliches Essen, nachmittags 8 Ubr gemeinsamer Spaziergang durch Chemnitz nach dem Schtotzgarten am Schlositeich mit anschließender Kaffee tafel. — Abends 7.30 Uhr A b sch i e d s f e i e r im Ratshcrrnstnh- chen des Ratskellers. Die neue Regierung in Württemberg Stuttgart, 9. Juni. Bei der Wahl des Staatspräsidenten im Landtage wurde Dr. Bolz (Zentrum) mit 39 von 80 alMOebene» Stimmen gewählt. Keil (Soz.) erhielt 22 Stimmen, Schneck (Komm.) 6 Stimmen, Dr. Strobel (Bauernbund) eine Stimme. Zwölf weiße Zettel wurden abgegeben. Dr. Bolz erklärte, daß er die Wahl, einem politischen Ge bote folgend, annehme. Seine Partei habe das Amt nicht angestrebt, und sie hoffe auch heute noch, daß bald der Zeitpunkt kommen möge, wo er In der Lage sein werde, einem anderen das Amt abzutreten. Solange er es zu führen habe, werde er sich bemühen, ruhig und sachlich zu arbeiten und die vorhandenen Gegensätze nicht zu verschärfen, sondern zu iiiildern. - , Die Besetzung der sämtlichen Ministerien ist die gleiche wie bisher mit Ausnahme des Wirtschastsministeriums, das vom Iustizminister Dr. Beyerle (Z.) mit verwaltet wird. Das Kul tusministerium behält der frühere Staatspräsident Dr. Bazille (Dnat. Bp.). Im Anschluß an die Wahl des Staatspräsidenten wurden zwei Mißtrauensanträge eingebracht. Der erste von der Sozial demokratie gegen die ganze Negierung, der zweite von den Demokraten und der Deutschen Volkspartei gegen dcn Kultus minister Bazille (Dnat. Vp ). Der sozialdemokratische Miß- Irauensantrag wurde mit 40 Stimmen der Rechten, des Zen trums und des Christlichen Volksdicnstes gegen 36 Stimmen der gesamten Linken bei vier Enthaltungen der Deutschen Volkspartei abgelchnt. Ein von den Demokraten und der Deutschen Volkspartei gegen den deutschnationalen Kultus minister Bazille eingebrachter Mißlrauensantrag wurde eben falls abgelehnt, und zwar mit 39 Stimmen der Rechten bei einer Enthaltung eines Mitgliedes des Christlichen Volksdien stes gegen 40 Stimmen der Deutschen Volkspartei, der Demo kraten, Sozialdemokraten und Kommunisten. Da die eine Ent haltung als Nein zählt, galt der Mihtrauensantrag als ab gelehnt. Auf Vorschlag des Abg. Bock (Z.) wurde dann die nächste Sitzung auf den 19. Juni zur Eiilgegennahme einer Regie rungserklärung anberaumt. » Zu der Regierungsbildung in Württemberg wäre zu be merken, daß die übermäßigen Forderungen der Sozialdemokra ten eine andere Mehrheitsbildung verhindert haben. Daß das Zentrum diesen Forderungen nicht nacl)gegeben. sondern lieber selbst di« Führung übernommen hat, ist ein erfreulicher Beweis für die Eigenständigkeit und Zielsicherheit der Zentrunzspolitik, die frei ist von jedem Oportunismus und von jeder politischen Konjunktur-Stimmuna Dauer und Städter Eine Betrachtung im Zeichen der Bewegung für die Grüne Internationale. Von Ignaz Seipel, österreichischer Bundeskanzler. Wien, im Juni 1928. Wenn wir den gelehrten Forschern folgen, die uns in die Vergangenheit der Kulturvölker zurücksühren, dann finden wir, daß die älteste A n s i e d l u n g s- f o r m die Stadt ist. Bevor die Menschen noch gelernt hatten, den Boden zu bebauen, haben sie sich in festen Ansiedelungen vereinigt. Aus diesen sind sie ausgezogen, als Jäger oder als Sammler der Früchte der Erde. Aber sie sind immer wieder in ihre Wohnsitze zurückgekehrt, weil sie dort Schutz fanden. Als die beiden agrarischen Großtaten geschehen waren, als die Menschen gelernt hat ten. den Boden zu bebauen, es nicht mehr dem Zufall zu überlassen, welche Früchte sie sammeln können würden, als sie gelernt hatten, die Tiere nicht nnr zu töten, son dern sie zu Hausgenossen zu machen, zu züchten, da sind sie gerade durch diese beiden Großtaten aus ihren Ur- städten hinausgesührt worden. Die einen sind im näch sten Umkreise Ackerbürger geworden, die anderen sind draußen geblieben, um dauernd der Erde, die sie bebau ten, nahe zu sein. Wieder andere mußten ihren Herden folgen. Sie sind entweder zeitweise zu ihren festen Woh nungen wieder zurückgekehrt oder Nomaden geworden. Erst als man gelernt hatte, nicht nur die Nahrung sür den Menschen dem Boden abzuringen, sondern auch das Futter sür die Tiere zu bauen, konnten sich die beiden Hauptzweige der Landwirtschaft nützlich miteinander ver einigen. Die Landwirtschaft hat also die Menschen aus der Enge des Zusammenwohnens in den Städten in die freie Natur hinausgeführt. Hierzu brauchten die Menschen den Frieden, die Ruhe, die Sicherheit, das Freisein von der Furcht. Vielleicht aus jener Zeit, in der die Land wirtschaft die Menschen aus den Städten in den Frieden der Natur hinausgeführt hatte, ist den Städtern der Ein druck geblieben, als ab sie auf dem Lande draußen immer wieder ein Stück des Paradieses finden könnte», als ob draußen der Frieden wohnte. Aber jedes Ding hat seine Kehrseite. Jene, die bei der ersten Arbeitsteilung aus den Städten in das freie Land hinausgezogen warex, haben sich freilich frei gefühlt. Aber im Laufe der Jahr hunderte hat sich gezeigt, daß gerade die Verbindung mit dem Boden die Freiheit gefährdete. Die volle Freiheit hörte auch ohne fremde Unterdrückung schon deshalb auf, weil eben der Mann, der seinen Boden bebaute, von ihm sich kaum mehr losreißen konnte. Wenn aber der Krieg ins Land kam. dann waren gerade die Landbewoh ner den ärgsten Leiden ausgesetzt: auf ihren Feldern wur den die Schlachten geschlagen, ihre Gehöfte sind den Flam men zum Opfer gefallen. Erst als die weittragenden Ge schütze, die Fliegerbomben, die Gasangriffe erfunden wor den waren, wurden in den Kriegen auch die Städte gleich unmittelbar in Mitleidenschaft gezogen. Aber noch eine andere Kehrseite brachte die Verbin dung des Landbewohners mit dem Boden. Ein großer Teil der Landbewohner war im gesellschaftlichen und staatsbürgerlichen Sinne unfrei geworden. Sie hatten sich etwa auf dem Boden, der einem fremden Herrn gehörte,> niedergelassen und sich dafür ihm zu eigen gegeben, oder sie mußten unter dem Druck der Not sich ihrer Freiheit begeben, oder sie sind in der Folge von Kriegen oder sozialen Umwälzungen gewaltsam um ihre Freiheit ge bracht worden. Nun kehrte sich die ursprüngliche Ent wicklung um. Jetzt mar es die Stadt, die den H o r t der Freiheit abgab. Wenn der Unfreie, der Hörige, lind — wo es auch das gab — der Leibeigene, in die Stadt kam und in die städtische Gemeinschaft Aufnahme fand, war er frei. In jenen Zeiten hat die Stadt die landslüchtigen Menschen ans dem Stande der Unfreiheit gehoben und zu freien Bürgern gemacht. Aber ist es denn wahr? Sind die Menschen, die in die Städte hineingezo- gen waren, wirklich frei geworden? Sie sind zwar dem Hörigkeitsverhültnis einem Grundherrn gegenüber ent gangen, aber sie sind in der Nachbarschaft der vielen, mit denen sie eng zusammenwohnten, durch die Härte des u:i- Keule: Die Welt (Illustrierte Wochenbeilagc) Unterhaltung und Wissen Filmrundschau Turnen. Sport und Spiel