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Rümmer 273 — 2«. Jahrgang «richeint «mal w»»«nNiq «It den illustrierten «rati»beilngeu .Di« «eit" und .Fllr inilere «einen veicke-. sowie den reit- »,»a,eii .«t. riemio-VIait'. „Viiierdaitimg und Wissen'. .Die «eli der Frau-, .«erzMcker Natgeder'. .Da» y„I« Buch", .stiimniudsihai,'. Monatlicher BeziiaSprei» Mt. einschl. Bestellgeld, ikiuzeliiunimer I<» z Sonntagnummer SU Z. Hanpischrislleiler! De. iS. DeScM, Dresden. Sächsische Sonnaven-» 2K.Rovemver 1S27 Anzeigeupreil«, Die Igelpaltene Pettteeite!»U 4. Familie», an,eigen und Stellengesuche SU 4. Die Pcl!1ce«ame»etle. 89 Millimeter breit. 1 Offerlengeviibr SU .> bet Uebec» senduug durch die Post autzerdem Porto «Uschlag. Im Falle höherer Aetvalt erltscht jede üterpflichiuug aus Lieferung sowie ttrsiillung t>. ltlnzeigen-Austriige» u. Leist«»>g d Schadenersatz, «eschästlicher Teill Artur L«»<. Dresden. U»«schSft»s«elle, Drniku.Verlag: Mermania stir Perlag und Druckerei. Filiale Dresden. DreSdeu-A. l, Polierslrahe >7. Feniniieiois. Postichecklonto Dresden S7»9 Pauttouto Gtadtbau» Dresden »Ir Ul719 Für christliche Politik und Kultur Redaktion der Siichflschen Valktgeituug DreSden-Altstadt 1. Polierstratze >7. Femrui S07II und riOIL veMandsfahrl Von Dr. Fritz «ratz. M d. L. Dke angenehme Fahrt über die Ostsee von Stettin nach Riga liegt hinter uns. Wir fahren in die Gewässer des lettländischen Hoheitsgebietes ein und auf dem Mast der ..Nordland" wird di« rotweißrote Fahne Lettlands gehißt. Eine Stund« noch und dann erkennen wir die Konturen von Riga. Eine Gruppe preußischer Landtagsabgeord neter, die zu einer Studienreise nach Lettland eingeladen ist. steht an der Reeling und genießt den malerischen An blick des Rigaschen Hafens. Schon erkennt man deutlich die stolzen Wahrzeichen der alten Stadt: links von uns liegt das uralte Ordensschloß, wo heute der Präsident der Republik residiert, rechts erheben sich die Türme von Rigas Kirchen. Von weither erkennbar, grüßt uns der Hahn von St. Peter, und in nächster Nachbarschaft erheben sich die Türme des Doms und der St. Iakobikirche. Auf Grund eines Konkordats, das zwischen Pius Xl. und dem inzwischen verstorbenen Ministerpräsidenten Meierovics geschloffen wurde, ist die Jakobikirche den Katholiken Leit- lands übergeben worden. Wenn auch die vorherrschende Religion in Lettland die evangelisch-lutherische ist, so sind die Gebiete der Provinz Lettgallen von überwiegend katholischer Mehrheit. Im lettischen Parlament finden wir heute von 100 Mitgliedern nicht weniger als 14 katho lische Abgeordnete, was prozentual eine sehr stattlich« Ziffer ist. Im Jahre 1926 hat der Heilige Stuhl zu seinem Vertreter in Riga mit dem Titel eines Jnternuntius den Erzbischof Monsignore A. Cechini ernannt. Unser Besuch in Lettland war ein weiterer Schritt zur Ausgestaltung der deutsch-lettischen Be ziehungen, die in den letzten Jahren eine merklich« Belebung erfahren haben. In letzter Zeit hat eine Reih« solcher gegenseitiger Besuche stattgefunden. Die lettischen Journalisten besuchten Deutschland, und vor nicht allzu langer Zeit waren die Stettiner Handelsherren Gäste der Stadt Riga. Bei unserem Aufenthalt in Lettland hatten wir Ge legenheit. Land und Leute aus allernächster Nähe kennenzulernen. Wir kamen mit allen Schichten der Be völkerung in Berührung, und es war interessant, die inner politische Lage des jungen Staates zu studieren. Man er innert sich, daß Lettland in den Wirren des Jahres 191k selbständig wurde. Aber ehe man dort zum friedlichen Wiederaufbau schreiten konnte, vergingen noch gute drei Jahre blutigen Kampfes. Es war ein regelrechter Sieben jähriger Krieg, den Lettland hinter sich hat. Der Aufbau des Staates war nicht einfach. Es galt die ganze seit Jahrhunderten bestehende soziale Ordnung von Grund aus umzugestalten. Man weiß, daß der deutsch-baltische Adel 700 Jahre lang der eigentliche Beherrscher des Landes mar und so mußte, um überhaupt eine Grundlage für ein demo kratisches Staatswesen zu schaffen, eine sehr radikale Agrarreform durchgeführt werden. Auf Kosten der enteigneten Großgrundbesitzer hatte man ungefähr 90 000 Landarbeiter zu Neusiedlern gemacht. Bei der Landver teilung wurden diejenigen, die sich bei den Befreiungs kriegen ausgezeichnet hatten und Ritter des dem russischen Georgskreuz entsprechenden Bärentöterordens waren, ganz besonders berücksichtigt, und so kam es, daß auch Leute, denen die sachliche Eignung zum Landmann fehlte, an di« Scholle gebunden wurden. Daher waren in den folgenden Jahren hier einiye Verschiebungen unausbleib lich. und wirtschaftlich schwächere Siedler sind von wirt schaftlich stärkeren absorbiert worden. Da die Durch führung der Reform zeitlich nicht allzu weit zurückliegt, dürste eine genaue Statistik darüber, wieviele der Neu siedler sich als lebensfähig erwiesen haben, zur Zeit sich noch kaum aufstellen lassen. Manche werden wohl die ihnen zugeteilte Scholle verlaßen haben, und wie sich die Agrar reform in Zukunft auswirken wird, soll hier dahingestellt bleiben. Es muß aber gesagt werden, daß zur Zeit di« Schaffung von 90 000 Neusiedlungen sich im Aussehen des Landes bemerkbar macht. Viel der genügsamen lettischen Ansiedler haben seit 1920 mit ihren Familien in Block, Häusern gewohnt, jetzt erst fangen sie an, Wohnhäuser zu bauen. Agrarisch ist das Land durchaus im Aufbau be griffen. Das Molkereiwesen wurde von deutschen Fach leuten als vorbildlich bezeichnet. Besondere Beachtung und »ollste Anerkennung fand die neue Zentralgenossenschafts- riolkerei in Riga. Man muß erstaunt sein über die Zweck mäßigkeit und Großzügigkeit der auf das modernste aus- zestatteten Anlage. Die Milchversorgung der Stadt Riga kann als vorbildlich bezeichnet werden. Wenn es immer bei uns geheißen hat, daß die lett- ländische Agrarreform eine kratz gegen das Deutschtum ge richtete Maßnahme gewesen sei, so läßt sich diese Auslegung in dieser Form doch nicht ganz aiifreckterhalten. Eine Agrarreform war aus Gründen der Staatsraison not wendig. dag geben auch die Deutschnationalen zu. Lettischer- seits iab man in dieser Lösung des Aararoroblems ein Boll- Die heutige Nummer enthält das St. Benno. Blatt, da» Sonntagsblatt für die Diözese Meißen und den literarischen Ratgeber «Das gut« Buch". Aach Bralianus To- Die Krise in Rumänien — Rückkehr -es Kronprinzen Carvl? Bukarest, 25. November. Die neue Regierung mit Veutila Bratianu an der Spitz« hat vor dem Regentsckiastsrat den Eid abgelegt. Die neu« Negierung hat eine Kundgebung an das rumänische Volk g«. richtet, in der zur Aufrechterhaltung der Ruhe und zur Einig keit ausgefordert wird. Wie in politischen Kreisen verlautet, wurde der Vorsitz der Regierung zunächst dem Auhenministertum Titulescu angetragen, der jedoch mit Rücksicht auf seine Erkrankung ablehnte. Wie weiter erklärt wird, ist für die Ministerpräsi- dentschoft der jetzige Innen- und frühere Außenminister Du ca in Aussicht genommen. Er soll auch der Vorsitzende der Lilieralen Partei werden. Der vorläufige Ministerpräsi dent Veutila Bratianu hat die Bildung einer nationalen Re gierung vorgeschlagen. Falls die Bildung einer solchen Negie rung gelingen sollte, schlägt er den Prinzen Stirbey als Ministerpräsidenten vor. Nach seinem Empfang durch den Negentsä-aftsrat er klärte Dr. Manin, der Vorsitzende der Nationalen Bauern partei. den Pressevertretern gegenüber, der Regentschaftsrat habe sich dahin geäußert, daß die Negierung unter Vorsitz Ventil« Bratianns nur ein Provisorium sei. Der Regent- schastsrat empfehle dle Bildung einer nationalen Regie rung. Manlu habe darauf den Standpunkt seiner Partei' in dieser Frage dem Regentschaftoral auseinandergesetzt. Die Nationale Bauernpartei sei unter folgenden Bedingungen ge neigt, einer Koalition beizutreten: 1. Rückkehr zu ordnungsmäßigen Verhältnissen: 2. Freie Wahlen; 3. Bildung einer Negierung, die das Vertrauen des »eugewählten Parlaments besitzt. Der außerordentliche Ministerat, der heute mittag zu sammentrat, hat beschlossen, im ganzen Lande Trauerfeier- lichkeiten für Bratianu zu veranstalten. Der Leichnam wird in einem Festsaal des Atheneums aufgebahrt. Am Sonntag wird er nach Florlca übergeführt. «l Paris. 25. November Nach den hier in den späten Abendstunden vorliegenden Meldungen aus Rumänien sollen die Opvositions;>arteien den friil)«r«n Kronprinzen Karol nach dem Ableben Bra- tianus verständigt haben, sofort nach Bukarest zurückzukeh ren. Gerüchtweise verlautet hier, daß Karol Poris bereit» verlasse» habe. Eine Bestätigung dieses Gerüchts ivar aller dings bisher nicht zu erhalten. Anderseits verlautet nach weiteren Meldungen aus Bukarest, daß die rumänischen Truppen Bereitschaftsbefehl erhalten haben, und daß stark« Militärpatrouillen die rumänische Hauptstadt durchziehen. Tumulk im englischen Unterhaus London. 24. November Ini Unterhaus kam es gestern zu schweren Tu multen und Lärmszenen bei der Beratung eines Ge setzentwürfe über die Abänderung der Sozialversicherung. Als der Arbeitcrabgeordnete Max ton den den Vorsitz führenden Sprecher Hope beschuldigte, die Opposition in der Darlegung ihre» Standpunktes zu verhindern, wurde er mit 262 gegen 13l Stimmen ausgeschlossen, weil er von einer illoyalen Haltung des Sprechers gesprochen hatte. Der Ausschluß Max- tons rief einen großen Lärm auf den Bänken der Arbeiter partei hervor, in dessen Verlauf drei weitere Abgeord nete ausgeschlossen wurden. Stundenlang war es dem Redner unmöglich, zu Worte zu kommen. Schließlich verließ der Sprecher Hope unter Lärmen und Pfeifen der Arbeiter partei den Saal, und der zweite Sprecher, Bitz rot, über nahm sein Amt. Nachdem noch eine Anzahl Konservativer den Saal verlassen hatte, konnte die Debatte weiiergesührt werden Die Debatte über die Arbeitslosenversicherung dauerte die ganz« Nack über kort und wurde erst aeaen 5 Ubr früh aelchlossen wett gegen den Bolschewismus, dem aus diese Weis« eins seiner besten Agitationsmittel genommen wurde. Daß sich nun der Großgrundbesitz durch einen geschichtlichen Zufall fast ausschließlich aus dem deutsch-baltischen Element zu- janimensetzte, dafür konnten di« neuen Machthaber natür lich nichts. Die Spannung, die in den ersten Jahren des Bestehens des Staates zwischen Letten und Deutfch- balten bestand, ist jetzt fast völlig gewichen. Man kam sich gegenseitig entgegen und traf sich auf dem golde nen Mittelwege. Der Chauvinismus der Letten hat merk lich nachgelassen und ist eigentlich heute nur noch aus ein paar im Grunde einflußlose extreme Gruppen beschränkt. Die Deutschen haben schon lange ihre Reserve gegen den Staat aufgegeben und sind heute zusammen mit den Letten am Aufbau ihres Landes beteiligt. Die jetzt in Lettland bestehende Linksregierung hat sich in feiner Minderheiten politik einer großen Toleranz befleißigt, uird sie war es, die das neue Untertan«nschaftsgesetz, das den Bedürfnissen der Minderheiten «ntgegenkam, vor dem Parlament durchbrachte. Die Regierung Skujeneek-Zeelens hat einen starken sozialistischen Einschlag, findet aber trotz dem Unterstützung der rein bürgerlich eingestellten deut schen Fraktion, und dies darum, weil st« in weit größerem Maße als die bisherigen Regierungen für die Bedürfnisse der Minderheiten Verstnändnis aufbringt. In diesem Zu sammenhang« darf erwähnt werden, daß der Komman dierende der lettischen Seestreitkräfte ein Dsutschbalt« ist: Graf Archibald Kayserlingr. Außenpolitisch hat Lettland unter der jetzigen Regierung ein« ziemlich starke Aktivität entfaltet. Im Mittelpunkt des außenpolitischen Interesses fand ich das Verhältnis zu Rußland. In bezug auf di« Ostpolitik hat der neue Außenminister Zeelens ein« eigen« Linie einge- schlagen, die auf ein gutnachbarliches Verhält nis zur Sowjetunian abzielt. Von der ganz richtigen Erkenntnis ausgehend, daß die Beziehungen zum großen Nachbar im Osten für das kleine Lettland eine Lebensfrage sind, ging Zeelens bewußt allen Bindungen mit dritten Mächten aus dem Wege, di« Lettland in Kon flikte verstricken könnten. Gegenüber Deutschland macht sich eine weit praktischere Einstellung bemerkbar, als dies früher der Fall war. Dies erscheint auch wirtschaftlich durchaus gerechtfertigt, steht doch Deutschland im lettländi schen Außenhandel hinsichtlich des Gesamtumsatzes schon feit Jahren an erster Stelle. 1926 betrug die lettländische Aus fuhr nach Deutschland 45,8 Millionen Lat und di« Einfuhr aus Deutschland 103 Millionen Lat. Was di« Beziehun gen ZU den baltilcken Nachbarstaaten anlanat la !<>t-i Zeelens die schon von Meierowics begonnene Linie der Annäherung fort. Mit Estland wurde ein Zollunions vertrag geschlossen, und es ist das Bestreben vorhanden, auch mit Litauen in enge Fühlung zu kommen. Lettland hat mit der Sowjetunion einen Handels vertrag abgeschlossen, der jetzt seiner Ratifizierung harrt. Nun haben sich aber laut« Stimmen vornehmlich aus den führenden Wirtfchaftskreisen gegen die?« Ratisizie» rung erhoben, und in der Saima stehen aus diesem Grund« schwere Kämpfe bevor. Der Kampf um den Handeln vertrag hat jetzt eine Form angenommen, die unter Um ständen für di« Regierung kritisch werden kann. Die Er regung der Gemüter ist verständlich, wenn man die große Bedeutung der Wirtschaftspolitik für Lettland kennt. Lettland ist jetzt fast ausschließlich Agrarstaat. Wäh rend des Krieges, als di« deutschen Truppen im Anmarsch auf Riga waren, haben die russischen Machthaber die Fa briken des Landes in das Innere Rußlands evakuiert und somit der lettländischen Industrie ein vorzeitiges End« be reitet. Es ist natürlich außerordentlich schwer, die ver nichtete Industrie wiederer stehen zu lassen; doch auch hier finden sich schon vielversprechende Ansätze, namentlich was diejenigen Industrien betrifft, die auf einheimischer Rohstoffbasis aufgebaut sind. Es gilt dieses von der Holzindustrie, den Flachsspinnereien und Webereien u. a. Der Wert der Produktion der lettländi schen Industrie betrug im Jahre 1922 nur 137 Mill. Lat (Eoldfrank) und im Jahre 1926 das 2t4fache — 311 Milk Lat. Lettland könnte zu seinem wirtschaftlichen Wiederauf bau natürlich eine ü u ß e r e A n l e i h e gebrauchen. Jedoch sind die Bedingungen, die bis jetzt gestellt worden sind, für die Wirtschaft kaum tragbar. In dieser Beziehung hat Est land bereits einen Erfolg zu verzeichnen, indem es eine Völkerbundsanleihe auf 40 Jahre zu 7.8 Proz. in der Höhr von 1350 000 Pfund Sterling bewilligt bekommen hat. Im Jahre 1922 betrug die äußere Schuld Lettlands 117 Mill. Lat. Diese Schuld stammt aus der Zeit der Befreiungskämpfe, als Lettland sich seine politische Selb ständigkeit erwarb. Sie ist durch Kriegslieserungen und Beförderung von lettländischen Kriegern aus dem fernen Osten nach Lettland entstanden. Der lettländische Staat hat vom ersten Tage der Stabilisierung seiner politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse an sofort mit der Tilgung der Schuld und mit der Zinszahlung begonnen. Zur Zeit beträgt die lettländische Auslandsschuld 87 Mill. Lat, woraus ersichtlich ist. daß ein großer Teii der Schuld bereit» abgetragen worden ilt.