Volltext Seite (XML)
MMufferTageblati Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, Das «Wilsdruffer Tageblatt" erscheint an allen Werktagen nachmittags 8 Uhr. Bezugspreis monatlich 2,— RM. sfrei Haus, bei Postbestellung 1,80 RM. zuzüglich Bestellgeld. Einzelnummern 10 Rpfg. Alle Postanstalten und Post voten, unsere Austräger u. Geschäftsstelle, nehmen zu tzeder Zeit Bestellungen ent- Wr-cheNMllll sÜk WllAdlN^ U. UMgegkNd gegen. Im Falle höherer Gewalt, Krieg od. sonstiger Betriebsstörungen besteht kein Anspruch auf Lieferung der Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. Rücksendung cingesandter Schriftstücke erfolgt, nur, wenn Rückporto deiliegt. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter Anzeigenpreis: die 8gespaltene Raunizeile 20 Rpfg-, die «gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 4V Reichs» Pfennige, die »gespaltene Reklamezeile im textlichen Teile 1 RM. Nachwcifungsgebühr 20 Reichspsennige. Vorge- schriedene E'schcinungs. „ tage und Platzvorscheistcn werden nach Möglichkeit Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 berücksichtigt. Anzeigen, annahme bisvorm.wUhr. --»» - - Für die Richtigkeit der durch Fernruf übermittelten Anzeigen übern, wir keine Garantie. Jeder Rabattanspruch erlischt, wenn der Betrag durch Klage eingezagen werden muß oder der Auftraggeber in Konkurs gerät. Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meisten, des Amts gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt Nr. 141 — 92. Jahrgang Telegr.-Adr.: „Amtsblatt* Wilsdruff-Dresden Postscheck: Dresden 2640 Dienstag, den 20. Juni 1933 Ungarn, unser Freund. Im Trubel der außenpolitischen Ereignisse, die einen Teil des Reichskabinetts nach London herübergeholt haben, wo also Dinge von weltgeschichtlicher Bedeutung vor sich gehen, ist es ein äußerlich nicht allzu sehr in die Augen fallendes Vorkommnis, daß der ungarische Ministerpräsident Gömbös nach Deutschland gereist ist und mit dem Reichskanzler Adolf Hitler eine lange Aussprache gehabt hat, an die sich Besprechungen auch mit anderen deutschen Persönlichkeiten des außen politischen Dienstes anschlossen. Diese Verhandlun gen dürften im Auslande eine größere Beachtung finden als in Deutschland, und zwar deswegen, weil wir Deutsche es durchaus nicht mehr als „sensationell" empfinden, wenn der nunmehr zum Führer der Geschicke seines Landes bestellte, die nationalen Interessen Ungarns mit rücksichtslosem Einsatz seiner Persönlichkeit verfechtende Schöpfer des erwachenden Ungarn" mit dem Haupt des erwachenden Deutschland enge Beziehungen herzustellen wünscht. Was in Deutschland seit dem 30. Januar mit elemen tarer Kraft zum Durchbruch kam, hat sich in dem 1919 durch die „Friedens"diktate so furchtbar mißhandelten Ungarn schon längst durchgesetzt, und den Deutschen, der durch Ungarn reiste, hat eine gewisse Beschämung darüber ergriffen, wenn er aus Schritt und Tritt sehen konnte, daß das ganze politische Leben und WUken in Ungarn unter dem Zeichen des Protestes gegen die Grenzziehungen und sonstigen Bestimmungen der Pariser Diktate von 1919 stand und steht. Man ist in Ungarn aber auch sehr rasch und sehr gründlich mit dem Kommunismus fertig geworden, nachdem die Ära eines Bela Kun — dem weder der ungarische Vor- noch der den „Kohn" verfälschenden Vaternahme zukam — von dem Admiral und Reichsverweser Horth mit eisernem Besen aus Ungarn hinausgefegt worden ist. Der jetzige Ministerpräsident Gömbös hat sich und den maßgebenden Einfluß seiner nationalistischen Partei erst im harten Kampf gegen innere Gegner, vor allem aber gegen, die äußeren Feinde durchsetzen können, die die Ent wicklung in Ungarn im schärfsten Mißtrauen beobachteten. Dieser Argwohn, diese Besorgnis vor dem „erwachenden Ungarn" ist in erster Linie das Band, das die Kleine Entente, also Jugoslawien, Rumänien und die Tschechoslowakei, zusammenhält. Alle diese Staaten sind ja im Besitz von ehemals ungarischen Gebiets teilen, und die Ungarn sind die letzten, die diese Mißhand lung ihrer Nation durch die Pariser Diktate vergessen. Der Argwohn der Nachbarn hat sich noch beträchtlich gesteigert, als die Beziehungen zwischen Italien und Ungarn besonders eng geworden sind und auch von Mussolini ganz unter das Zeichen der Revision des Diktates von 1919 gestellt wurden. Und das ist eine Brücke, die gerade das neue Deutschland mit Ungarn verbindet. Die Budapester Blätter deuten auch ganz offen an, daß die Verhandlungen des ungarischen Ministerpräsiden ten mit dem deutschen »Reichskanzler mehr als nur einen wirtschaftspolitischen Charakter besaßen. Herr Gömbös hat selbst erklärt, daß für einen ungarischen Politiker die innere Umgestaltung der Ungarn am nächsten liegenden Großmacht nicht gleichgültig sein könne. Wir Deutschen müssen im Kamps gegen die Verleumdungen draußen in der Welt über das neue Deutschland dem ungarischen Ministerpräsidenten für den Hinweis dankbar sein, daß Ungarns nationale Erhebung auch vom Ausland in der verkehrtesten Form behandelt worden sei, ebenso wie übrigens der italienische Faschismus. Dem erwachenden Deutschland geht es ja gerade so! Die Kleine Entente hat im Verein mit Polen ver sucht, Ungarn nicht bloß Wirtschafts-, sondern auch macht politisch in die Zange zu nehmen und den Südosten Europas auf diese Weise politisch zusammenzupressen im Sinne einer Macht st ützung für Frankreich. Allerdings stemmten sich diesem Vorhaben die wirtschafts politischen Bedingungen und Tatsachen in dem Südost raum Europas hartnäckig entgegen. Man kann, wie Tardieu es anfangs 1932 versuchte, den Agrarexport dieser Länder nicht an Deutschland vorbeizuleiten ver suchen, denn für die Überfülle der Erzeugnisse jener Länder ist die Tschechoslowakei viel zu wenig aufnahme fähig, und Frankreich selbst kommt für den Konsum dieser Agrarprodukte des europäischen Südostens gar nicht in Frage; es hat seine Grenzen gegen die Agrareinsuhr fest abgesperrt. Sehr viel besser steht es aber hinsichtlich des Waren austausches zwischen Ungarn und Deutschland. Die ersten Versuche vor zwei Jahren, hier im Verein mit Österreich gesündere handelspolitische Verhältnisse zu schaffen, sind bekanntlich durch das brutale Machtwort Frank reichs, dem sich der Völkerbund anschloß, kurzerhand zunichte gemacht worden und es blieben nur provisorische Vereinbarungen für eine künftige Verbesserung des Warenaustausches, die auf einen ganz anderen handels vertraglichen Boden gestellt waren, aber infolge des Widerspruchs anderer Staaten bisher nicht verwirklicht SA. M SS. in Oesterreich Herbsten. Der NSDAP, jede Tätigkeit untersagt. Der amtliche Bericht. Eine amtliche Verlautbarung über den österreichischen Ministerrat besagt: Der Bundeskanzler Dr. Dollfuß rief sofort nach Erhalt der Nachricht von dem Anschlag auf eine Assistcnzkompagnic in Krems den Ministerrat zusammen, der bis in die späten Abendstunden tagte. Der Sicherheitsministcr berichtete, daß die polizeiliche Untersuchung und teilweise Geständnisse der Verhafteten bezüglich der letzten Sprengstoffattentate in Wien einwandfrei erwiesen habe, daß die Teilnehmer an diesen Attentaten der Nationalsozialistischen Deutscher Arbeiterpartei und deren Schutzstaffeln (SA.- und SS.- Abteilungcrh angehvren. Auf Grund dieser Tatsachen beschloß der Ministerrat, die SA.- und SS.-Abteilungen sowie den Vaterländischen Schutzbund aufzulösen und der österreichischen National sozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (Hitlerbewegung) jede Betätigung in Österreich und insbesondere auch die Bildung irgendwelcher Parteiorganisationen zu verbieten. Damit sind auch alle Abzeichen der Partei verboten. Bezüglich der Vorgänge in Krems sind alle Maß nahmen getroffen worden, um Weiterungen restlos zu ver hindern. Die strengste Untersuchung ist eingeleitet." * Wien in Vkarmzustand. Wien, 19. <luni. In Wien ist sofort nach dem Beschluß des Ministerrates die Polizei und die Garnison in Alarmzu- stand versetzt worden. Üeber die Maßnahmen aus Grund der Verordnung herrscht noch nicht völlige Klarheit. Soweit bisher sestgestellt werden konnte, sotten den Abgeordneten der Partei die Mandate nicht aberkannt werden, da sie ja frei gewählt sind. Auch die Zeitungen sollen erscheinen können. Jede parteipoli tische Betätigung ist jedoch verboten. -i- Sandgranatenanschlag auf eine Tnrnergruppe in Krems. Zwei Tote, viele Verletzte. Von parteiamtlicher christlich-sozialer Seite wurde eine Mitteilung herausgegeben, daß in Krems an der Donau eine Gruppe der christlich-deutschen Turnerschaft, die dort in Ausbildung steht, auf einem Schießstand Übungen ver anstaltete. Während der Übungen wurden auf den Schieß platz, der in einer Mulde liegt, vom Waldhang heri zwei zusammengebundene Handgranaten herabgeworfen, die explodierten und große Verheerungen anrichteten. Zwei Mitglieder der Turnerschaft wurden schwer verletzt, eine Anzahl verwundet. In der Mitteilung wird erklärt, daß zweifellos dieser Anschlag von nationalsozialistischer Seite verübt worden sei, ohne daß sie eine Begründung für diesen Verdacht ausspricht. Nach einer weiteren Meldung aus Krems sind bei dem Handgranatenanschlag 17 Personen schwer verletzt worden, von denen einige bereits mit den Sterbesakramenten ver sehen worden sind; für drei von ihnen besteht unmittelbare Todesgefahr. MmWwrdmMlWdieMe^ Genugtuung für die schweren marxisti schen Beleidigungen gefordert. Amtlich wird mitgeteilt: Dem Präsidenten der 17. Tagung der Inter nationalen Arbeitskonferenz hat der deutsche Regierungsvertreter, der deutsche Arbeitgebervertreter und der deutsche Arbeitnehmcrvcrtrcter folgende Er klärung übergeben: „Zu Beginn der Konferenz sind in einer Gruppen sitzung der Arbeitnehmer überaus schwere Be leidigungen gegen Deutschland und seine Delegierten gefallen. Diese sind, wie nun in aller Deutlichkeit gesagt werden mutz, von dem Vorsitzenden der Gruppe, tro tz der Bitte um Zurückweisung und um Schutz der deutschen Interessen, bis jetzt nicht zurückgew lesen worden. Anschließend daran brachten Genfer Zeitungen Äuße rungen, die der deutsche Arbeitnehmervertreter, Herr Dr. Ley, aus einer Prcsscbcsprechung getan haben soll. Herr Dr. Ley hat alle ihm unterstellten Äußerungen entschieden in Abrede gestellt und öffentlich dementiert. Darüber hin aus ist von den maßgebenden deutschen Stellen erklärt worden, daß Deutschland größten Wert lege auf freund schaftliche Beziehungen zur Bevölkerung aller Länder, ins besondere auch zu den südamerikanischen Staaten. Dessen ungeachtet wurde aus sogenannten offiziösen Tagungen der Arbeinehmergruppe der Konfe- rcyz, zu denen man den deutschen Delegierten den Zu tritt brüsk verweigerte, der abgetane Vorfall wiederholt besprochen und alsdann von dem Vorsitzenden dieser Gruppe öffentlich behandelt. Diese sogenann ten offiziösen Tagungen sind durch Verlautbarungen in den amtlichen Drucksachen der Konferenz zustande ge kommen, obwohl wir gegen den nichtkorrekten Vor gang zu verschiedenen Malen, leidervergeblich,an zuständiger Stelle Einspruch erhoben haben. Wir erblicken in den bezeichneten Vorfällen eine schwere Beleidigung der deutschen Abordnung in ihrer Gesamtheit. Angesichts dieser Sachlage sieht sich die deutsche Dele gation gezwungen, die Konferenz zu verlassen. Sie be dauert lebhaft, an der sachlichen Arbeit, zu der sie sich werden konnten. Jetzt hat der Ministerpräsident Gömbös aber erklärt, seine Aufgabe in Berlin sei es, „einen gün stigen Markt für Ungarn und Deutschland vorznbereiten". Diese wirtschaftspolitische Aufgabe zu erfüllen wird ihm nicht zuletzt deswegen ermöglicht werden, weil Ungarn ebenso wie Deutschland gleichgerichtete politische Ziele vor sich sehe. wiederholt und eindeutig bereit erklärt hat, solange ver hindert zu sein, als den deutschen Forderungen nicht Ge nüge getan und den berechtigten deutschen Beschwerden nicht abgeholfcn worden ist. Genf, den 19. Juni 1933. (gez.) Hans Engel, Mans feld, Vogel, Dr. Robert Ley." Es kriselt schon in London. Die Weltwirtschaftskonferenz läuft sich fest. Die zweite Woche der Weltkonferenz beginnt mit noch schlechteren Vorzeichen als die erste. Selbst am Sonntag chatten die Verhandlungen nicht aufgehört, aber sie haben nur zu einer Verschlechterung der allgemei nen Konferenzlage geführt. Die Amerikaner haben, wenn auch in verklausulierter Form, alle Zugeständnisse, namentlich in der Währungsstabilisierungsfrage, wieder zurückge nommen. Die Delegation als solche ist gespalten, und ein Teil der Delegation mißbilligt selbst den Vorschlag von Washington, die Zölle allgemein in der Welt um 10 Pro zent zu senken. Auf der anderen Seite wünscht Roose velt, daß die Stabilisierung des Dollar oder selbst die vorläufige feste Beziehung zwischen Dollar und Pfund nicht in volle Wirksamkeit tritt. Das bedeutet, daß die Konferenz wieder an den Anfang zurückgekehrt ist. Alle amerikanischen Blätter bringen spaltenlange Berichte über die nach Meinung ihrer Korrespondenten völlig verfahrene Lage auf der Weltwirtschaftskonferenz. Es sei offensichtlich, daß nach einer Woche Konferenzreden so gut wie garkein Fortfchritt gemacht worden sei und daß, sobald es hart auf hart gehe, „die Solidarität der Natio nen, die in den Einleitungsreden so schön und wortreich betont wurde, zum Teufel geht". Sehr peinlich berührt die Tatsache, daß in der ameri kanischen Delegation selbst keine Einigkeit herrscht. Auf Grund dieser Tatsache ziehen die Zeitungen den Schluß, daß man wohlkaum großeErgebnisse erwarten könnte, wenn sich die Delegationen ein und desselben Lan des nicht einig sind. * Zn Ausschüsse zerspMeri. Am Montag tagten der F in an z - und d e r W i r t- schaftsau sschuß der Weltwirtschaftskonferenz. Auf der Sitzung des Wirtschaftsausschusses, in der Deutschland durch Staatssekretär Bang vertreten war, verlas dey französische Kolonialminister zunächst die französischen Vorschläge,sin denen Erzeugerabkommen gefordert werden.